„Kompetenzgerangel und fehlendes Geld“: Bundestagspräsidentin fordert Reform des Bildungswesens

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Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hält eine Reform des Bildungswesens in Deutschland für nötig. «Die Kommunen sind für Gebäude zuständig, die Länder für Personal und Finanzen, und der Bund allenfalls behelfsmäßig wie beim Digitalpakt. Kompetenzgerangel und fehlendes Geld; es klappt vorne und hinten nicht», sagte sie der «Neuen Osnabrücker Zeitung».

„Klappt vorne und hinten nicht“: Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD). Foto: photothek / Bärbel Bas

«Von Bildungsgerechtigkeit sind wir leider noch weit entfernt», meinte Bas. «Wie gut ein Kind unterrichtet, gefördert und ermutigt wird, hängt immer noch entscheidend davon ab, wo es zur Schule geht.» Finanzschwache Kommunen hätten kein Geld für angemessene Gebäude und Ausstattung, geschweige denn für eine besondere Förderung. «Dabei bräuchten wir gerade in sozialen Brennpunkten die besten Schulen. In der Folge verlieren wir zu viele Kinder, die keinen Abschluss machen – und das bei wachsendem Fachkräftemangel.»

Eine Kommission könnte die Zuständigkeiten zwischen Kommunen, Ländern und Bund neu ordnen, meinte die Bundestagspräsidentin. «Wir brauchen eine Reform unseres Bildungssystems, die für echte Chancengleichheit unabhängig von Herkunft, Wohnort oder dem Geldbeutel der Eltern sorgt.»

Bislang schreibt das Grundgesetz vor, dass die Bundesländer in der Bildung für alles zuständig sind, was nicht ausdrücklich laut Grundgesetz in der Hand des Bundes liegt. Schulen sind damit Ländersache. Für den Unterhalt der Schulgebäude sind die Kommunen zuständig. News4teachers / mit Material der dpa

Föderalismus? So nicht! Warum wir einen Nationalen Bildungsrat brauchen – notfalls auch ohne Bayern und Baden-Württemberg

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14 Kommentare
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Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

„Es klappt vorne und hinten nicht“.
Oben scheint es zu klappen und unten zusammenzuklappen.

Last edited 1 Jahr zuvor by Dil Uhlenspiegel
Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Für die Reform des Bildungswesens braucht man vermutlich Verweser.
A word a day keeps critics at bay.

Ron
1 Jahr zuvor

«Wir brauchen eine Reform unseres Bildungssystems, die für echte Chancengleichheit unabhängig von Herkunft, Wohnort oder dem Geldbeutel der Eltern sorgt.»

Ne, das brauchen wir nicht. Wir brauchen einen Ideologieabbau und schlicht ganz viel Bildung. Das heißt Leistung, Anstrengung und Lernziele statt Gleichheitsgerede.

Sissi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Sehr geehrter Ron,

Ein Haus, das auf Boden gebaut wird, der uneben, nicht mit festem Fundament, den falschen Materialien, von schlecht Ausgebildeten errichtet wird, wird Ihnen immer Probleme machen,
-> Ihr Nachbar, der auf Untergrund, Materialien, Handwerker geachtet und gebaut hat, wird bessere Chancen haben.
-> Sie können sich noch so anstrengen, Stahlträger einziehen und das Bauhandwerk neu erfinden, das wird nix mehr.

Bildung für ALLE ( die sie wollen ) muss möglich sein,
dass dazu Anstrengung und Leistung, ein Plan ( LZ ) nötig sind – klar.

PS: Welche Ideologie wollen Sie abbauen ?

Ron
1 Jahr zuvor
Antwortet  Sissi

Wir haben Bildung für ALLE. Sie wird nur nicht von allen produktiv genutzt.

Georg
1 Jahr zuvor

«Dabei bräuchten wir gerade in sozialen Brennpunkten die besten Schulen. In der Folge verlieren wir zu viele Kinder, die keinen Abschluss machen – und das bei wachsendem Fachkräftemangel.»

Das stimmt, nur gibt es so etwas wie eine freie Berufswahl. Ohne Zwangsabordnungen von Beamten kann ich mir kaum vorstellen, dass eine nennenswerte Anzahl der gerade fertigen Lehrer mit den besten Abschlussnoten sich einen sozialen Brennpunkt aussuchen, wenn sie parallel auch ein gutbürgerlicher Stadtteil mit überwiegend leistungswilliger Schülerklientel eine Stelle anbietet. Man muss schon mit Geld oder sehr starken Entlastungen locken, was aber nicht geschehen wird.

OlleSchachtel
1 Jahr zuvor

Im ersten Moment finde ich die Idee gut. Wenn ich dann aber die Berliner Schulen etc sehe, graust es mich, unser Schulsystem von Berlin aus lenken zu lassen. Ich bekam letztes Jahr einen Berliner Schüler in die dritte Klasse. Er kam in unserem Schulsystem (BW ) nicht mit. Er war auf dem Stand eines Zweitklässlers. Aber das Bildungssystem gehört gründlich saniert, bitte nicht von Politikern (die oft keinen blassen Schimmer haben von Schule), sondern von Experten_innen, die bis vor kurzem noch selbst in der Schule unterrichtet haben und wissen wo der Schuh drückt. In der Grundschule könnten wir in Mathematik gerne die Wahrscheinlichkeiten aus dem Plan streichen, dass kann man tatsächlich später auch noch ruckzuck lernen. Zunächst sollten die Grundrechenarten sitzen.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  OlleSchachtel

Das Problem ist, dass sich die 16 Bundesländer auf ein Niveau einigen müssten. Bayern und Sachsen würden ihr Niveau nicht auf das von Berlin oder Bremen absenken wollen, umgekehrt aber auch nicht. Ich persönlich würde ein Bayern 1989 (Lehrplan von kurz vor der Wende) einem Bremen oder Berlin 2022 mit allen Konsequenzen, insbesondere einer Abiturquote von im Schnitt 20%, in Bremen und Berlin mit Glück 10%, das aber auf einem wissenschaftspropädeutischen Niveau, vorziehen.

Geht's noch?
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Georg dreht wieder die Zeit zurück. Kannste dir nicht ausdenken.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Wir haben doch längst einheitliche und „verbindliche“ KMK-Bildungsstandards für die Primarstufe. Das Problem ist nur, dass sowas halt beschlossen wird und auf dem Papier steht, aber nicht praktisch umgesetzt wird. Das würde sich bei einem Bildungs-Zentralismus kaum ändern, aber vielleicht etwas abmildern.
Schauen wir nach Frankreich: das ist ein zentralistischer Staat, aber die sozialen Disparitäten hinsichtlich der Bildung sind laut PISA dort größer als in Deutschland.

kanndochnichtwahrsein
1 Jahr zuvor

«Dabei bräuchten wir gerade in sozialen Brennpunkten die besten Schulen. In der Folge verlieren wir zu viele Kinder, die keinen Abschluss machen – und das bei wachsendem Fachkräftemangel.»
Ja, richtig! Allerdings brennt es langsam überall, das sind nicht mehr Brennpunkte, sondern Flächenbrände.

Wir sollten auch den zweiten wichtigen Aspekt von Schule nicht vergessen: Sie tritt an, Menschen zu mündigen, in unserer Demokratie verankerten Bürgern werden zu lassen. Schule soll auch Werte und Haltungen vermitteln bzw. deren Entwicklung bei den Kindern ermöglichen, soll sie „gesellschaftsfähig“, umsichtig, rücksichtsvoll und verantwortungsbewusst entlassen.
Was passiert, wenn Schule jahrzehntelang nicht alle erreicht, sieht man seit drei Jahren bei den Querdenkern und all ihren Ablegern, in den Rechtstendenzen und nicht zuletzt am Silvesterabend am absolut unsäglichen Verhalten vieler Individuen, die ja auch mal irgendwo zur Schule gegangen sind.
Da läuft nicht erst jetzt heftig viel schief.

Wenn Schule/Bildung nicht funktioniert, werden noch ganz andere Bereiche zusammenbrechen als „nur“ die Fachkräfteversorgung der Wirtschaft.
Mit Sparen an der falschen Stelle demontiert sich ein Staat selbst.

kanndochnichtwahrsein
1 Jahr zuvor

«Dabei bräuchten wir gerade in sozialen Brennpunkten die besten Schulen. In der Folge verlieren wir zu viele Kinder, die keinen Abschluss machen – und das bei wachsendem Fachkräftemangel.»
Ja, richtig! Allerdings brennt es langsam überall, das sind nicht mehr Brennpunkte, sondern Flächenbrände.

Wir sollten auch den zweiten wichtigen Aspekt von Schule nicht vergessen: Sie tritt an, Menschen zu mündigen, in unserer Demokratie verankerten Bürgern werden zu lassen. Schule soll auch Werte und Haltungen vermitteln bzw. deren Entwicklung bei den Kindern ermöglichen, soll sie „gesellschaftsfähig“, umsichtig, rücksichtsvoll und verantwortungsbewusst entlassen.
Was passiert, wenn Schule jahrzehntelang nicht alle erreicht, sieht man seit drei Jahren bei den Querdenkern und all ihren Ablegern, in den Rechtstendenzen und nicht zuletzt am Silvesterabend am absolut unsäglichen Verhalten vieler Individuen, die ja auch mal irgendwo zur Schule gegangen sind.
Da läuft nicht erst jetzt heftig viel schief.

Wenn Schule/Bildung nicht funktioniert, werden noch ganz andere Bereiche zusammenbrechen als „nur“ die Fachkräfteversorgung der Wirtschaft.
Mit Sparen an der falschen Stelle demontiert sich ein Staat selbst.

Carsten60
1 Jahr zuvor

„Schule soll auch Werte und Haltungen vermitteln …“
Nur sind die Werte im familiären Umfeld oft gänzlich andere als die, die die Schule anstrebt. Und schon haben die Kinder eine „Schere im Kopf“. Die Silvester-Krawalle deuten das irgendwie an, schließlich sind die meisten beteiligten Jugendlichen in Deutschland aufgewachsen und zur Schule gegangen. Daher waren sie durchaus mit unseren „Werten und Haltungen“ bekannt. Etwas konkreter: es gibt halt Leute, die diese „Werte und Haltungen“ einfach ablehnen und stattdessen eigene für wichtiger halten.

Christoph Riedl
8 Monate zuvor

Sehr geehrte Frau Bas,

Es braucht mehr Mut zu Reformen im Bildungsbereich. Obwohl ich ein Befürworter des Föderalismus bin, muss sich bundesweit einiges entscheidend ändern:

  1. Eine Schule für alle (Dies war einmal eine sozialdemokratische Idee, welche aber von der SPD nicht mehr unterstützt wird – oder nur halbherzig)
  2. Demokratiebildung muss in diesen Zeiten im Zentrum des Unterrichtes stehen. Wie wollen wir eine funktionierende Demokratie aufrechterhalten, wenn Sie den SchülerInnen nicht in zentraler Bedeutung vermittelt wird (Hauptfach)

Lesenswert ist das neue Buch von Lisa Graf „Abgehängt“, welches die Probleme an unseren Schulen gut beschreibt und Lösungsvorschläge macht.

Ebenfalls lesenswert ist das Buch der Schulleiterin Lisa Müller „Wir verlieren unsere Kinder“, dass die Herausforderungen zur Digitalisierung gut beschreibt.

Es gilt zu handeln und dies schnell. Sonst ist es vielleicht zu spät für unsere deutsche Demokratie und das Projekt einer freien liberalen europäischen Union.

Hochachtungsvoll
Christoph Riedl