Soziologe: „Schulische Sortierprozesse haben eine hohe gesellschaftliche Bedeutung“

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BONN. Auf welche weiterführenden Schulen gehen Schülerinnen und Schüler? Wie werden sie auf verschiedene Klassen verteilt? Welche Auswirkungen haben solche Sortierprozesse hinsichtlich Ungleichheit und Zusammenhalt einer Gesellschaft? Solche Fragen untersucht Dr. Hanno Kruse.

Das gegliederte Schulsystem verteilt Bildungschancen frühzeitig. Illustration: Shutterstock

“Kinder und Jugendliche durchlaufen in ihrer Schullaufbahn an verschiedenen Stellen Sortierprozesse”, sagt Dr. Hanno Kruse. Ein Beispiel ist der Übergang nach der Grundschule in verschiedene weiterführende Schulformen. Doch auch aus soziologischer Sicht haben schulische Sortierprozesse „eine hohe gesellschaftliche Bedeutung”, so Kruse. “Sie prägen nicht nur individuelle Schullaufbahnen, sondern beeinflussen auch, wie stark Ungleichheiten in einer Gesellschaft ausgeprägt sind, etwa nach Ethnie, Geschlecht oder sozialer Schicht.” Denn nicht alle Personen durchlaufen schulische Sortierprozesse gleich.

Auswirkungen auf Beziehungen, Identitäten und Verhaltensweisen

Einige Sortierprozesse sind nicht darauf angelegt, Kinder und Jugendliche zwischen Schulen zu verteilen, sondern innerhalb dieser Bildungsstätten. Kruse: “Schulleitungen und Lehrkräfte teilen Kinder und Jugendliche in spezifische Schulklassen und Kurse ein – mit deutlichen Auswirkungen auf die sozialen Beziehungen unter den Schülerinnen und Schülern.” Denn Klasseneinteilungen entscheiden maßgeblich über den Schulalltag von Kindern und Jugendlichen. Sie beeinflussen, mit wem sie tagtäglich zusammentreffen und gemeinsam Freundschaften, Identitäten und Verhaltensweisen herausbilden. Ob sich diese Verhaltensmuster entlang von ethnischen, geschlechter- oder schichtspezifischen Gruppengrenzen herausbilden oder nicht, hängt somit maßgeblich von innerschulischen Sortierentscheidungen ab.

“Schulleitungen und Lehrkräfte haben mit scheinbar kleinen Sortierentscheidungen großen Einfluss auf die Peerdynamiken der Klassen”, sagt Kruse. Wie sich mit diesem Potential Zusammenhalt stärken und soziale Gräben in den Klassen vermeiden lassen, will der Bonner Wissenschaftler mit seinem Forschungsteam in einem bundesweit angelegten Feldexperiment untersuchen. Es wird von einer mehrjährigen Befragung begleitet, die sich an Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler richtet. Amtliche Daten der lokalen Schulbehörden sollen mit einfließen. Es sind auch Kooperationen mit der Universität zu Köln und der Princeton University (USA) geplant. News4teachers

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4 Kommentare
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Ron
1 Jahr zuvor

Dr. Hanno Kruse kommt in seinen Studien zu dem Schluss: Man hat in aller Regel mit denen Umgang, von denen man prägend umgeben ist. Brilliant.

Georg
1 Jahr zuvor

Kurz zusammengefasst: Homogenität bezogen auf Arbeitseinstellung ist in der Summe besser als Diversität. Kultur, Ethnizität usw. hat wenig Einfluss, wenn man den Einfluss auf das Arbeitsverhalten selbst rausrechnet.

Last edited 1 Jahr zuvor by Georg
Julia
1 Jahr zuvor

Das ist ja alles ganz was Neues! DANKE!!!

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

Das Ergebnis der Studie wird erst in ein paar Jahren vorliegen, aber für die Ungeduldigen unter uns: 42

PS: Hat jemand mein Handtuch gesehen? Ich hatte gestern damit einen Platz im Lehrerzimmer reserviert und heute war es verschwunden.