Gewalt an Schulen: Immer mehr Straftaten mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen

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MAINZ. Gewalttaten an Schulen haben deutlich zugenommen, wie eine Antwort des rheinland-pfälzischen Bildungsministeriums auf eine parlamentarische Anfrage zeigt. Die oppositionelle CDU vermutet eine hohe Dunkelziffer. Die GEW will die Ursachen diskutieren.

An den rheinland-pfälzischen Schulen ist die Zahl von Gewalttaten deutlich gestiegen. Das geht aus einer Antwort des Bildungsministeriums auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Martin Brandl hervor. Lag die Zahl der Straftaten mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen in Schulgebäuden oder auf Schulgeländen im Vor-Corona-Jahr 2019 bei 70, so kletterte sie im vergangenen Jahr auf 147. Auch während der Pandemie gingen die Zahlen laut Ministerium nach einer Abnahme 2020, einem Jahr mit Schulschließungen, stetig nach oben.

aufgeklapptes schwarzes Butterflymesser auf rotem Grund
Das rheinland-pfälzische Bildungsministerium verzeichnet deutlich mehr Vorfälle mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen an Schulen. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Nach oben ging von 2019 bis 2023 der Antwort zufolge auch die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die bei solchen Taten verletzt oder bedroht wurden. Lag sie 2019 landesweit bei 20, so sank sie 2020 auf 6, um dann kontinuierlich bis auf 108 im vergangenen Jahr zu steigen. Lehrer waren 2019 laut Ministerium von sechs Straftaten mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen betroffen. Im vergangenen Jahr waren es zwölf.

Bei der Auflistung einzelner Schulen fällt beispielsweise auf, dass 2023 gleich 16 Schüler an einer Schule in Contwig und im selben Jahr 15 an einer Schule in Ingelheim betroffen waren. Dabei habe es sich um einmalige Vorfälle gehandelt, bei denen Pfefferspray gesprüht worden sei, erklärte das Ministerium. Zu Stichwaffen und gefährlichen Werkzeugen im Sinne der Polizeilichen Kriminalstatistik könnten auch Gegenstände zählen, die nicht Waffen im eigentlichen Sinne seien, etwa Scheren, Metallzirkel oder ein Hammer.

Brandl, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion im Landtag in Mainz, kündigte an, das Thema im Juni ins Plenum bringen zu wollen. Es müsse auch genau geschaut werden, ob die Dunkelziffer bei solchen Vorfällen nicht noch deutlich höher sei.

GEW-Chef: Schulen Spiegelbild der Gesellschaft

Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Klaus-Peter Hammer, sagte, einerseits hätten ihn die gestiegenen Zahlen erschrocken, andererseits aufgrund der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung aber auch nicht völlig überrascht. Auseinandersetzungen würden heutzutage häufig gewalttätiger ausgetragen, es fehle an einer gewissen Frustrationstoleranz. Schulen seien letztlich ein Spiegelbild der Gesellschaft.

Die vorliegenden Zahlen müssten nun genau betrachtet werden, sagte Hammer. Es müsse über mögliche Ursachen nachgedacht werden. Mancher fühle sich vermutlich auch durch die Corona-Pandemie abgehängt.

Es gelte, Lehrkräfte und Schulleitungen zu stärken, sie bei solchen Vorfällen zu unterstützen und zu beraten. Wichtig sei, an Schulen eine möglichst angstfreie Atmosphäre zu schaffen. Schülerinnen und Schülern müsse vermittelt werden, dass sie über Gefühle und Ängste reden könnten. Letztlich gehe es darum, Alarmsignale frühzeitig zu erkennen. Auch Eltern seien gefordert. News4teachers / mit Material der dpa

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Pit2020
1 Monat zuvor

„Brandl, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion im Landtag in Mainz, kündigte an, das Thema im Juni ins Plenum bringen zu wollen. Es müsse auch genau geschaut werden, ob die Dunkelziffer bei solchen Vorfällen nicht noch deutlich höher sei.“

Ach, wie schön, dass – wieder mal – genau geschaut wird.
DAS ALLEIN wird echt was bringen, das hat es bisher noch immer und bei jedem Problem innerhalb und außerhalb von Schule (bis hier IRONIE!) … aber immerhin ist genau geschaut völlig kostenneutral (wirklich!)

Auch ohne „genau geschaut“ würde ich Milchgeld für eine Person und für eine Woche verwetten, dass die Dunkelziffer bei solchen Vorfällen noch deutlich höher sei. 🙁

Mary-Ellen
1 Monat zuvor
Antwortet  Pit2020

Haha, ja, genau DAS kam mir beim Lesen des Zitats /Brandl auch sofort in den Sinn!
Wahlweise kann aber auch mal „ein Blick geworfen“ oder „sorgfältig beobachtet“ werden,
Da muss man schon flexibel sein können! 😉

Gelbe Tulpe
1 Monat zuvor

Mehr Schulstress und eine zunehmen Kluft zwischen Arm und Reich mit auch absoluter Verarmung der Geringverdiener führen leider zu mehr Gewalt.

Unter Umständen ist auch die Anzahl der Schüler mit mangelnder Impulskontrolle gestiegen. Das müsste empirisch untersucht werden.

Besseranonym
1 Monat zuvor

Erst dachte ich: Schön, endlich sieht jemand auch uns LehrerInnen 🙂
Weil:
“ Wichtig sei, an Schulen eine möglichst angstfreie Atmosphäre zu schaffen.“

Und dann: geht es wieder ausschließlich um die Angst unserer Kleinen-Großen.

Lieber Lehrernachwuchs, denkt an Selbstverteidigungskurse und Schutzausrüstung. Yoga und Achtsamkeit könnten zu wenig sein 😉

PS: Bisher hatte/habe ich in der Schule noch keine Angst. Ich überlegte aber manchmal bei Quereinsteigern/ Referendaren, ob ich raus könnte, weil die Situation schwierig wurde…..
Es ist unverantwortlich, wie diese teilweise in den Unterricht geschickt werden.

Lisa
1 Monat zuvor

Für das Pfefferspray möchte ich eine Anmerkung machen. Das nehmen viele Schüler und darunter auch verglichen mit anderen Waffen verhältnismäßig viele Mädchen “ zum Schutz “ mit. Teilweise kaufen das sogar die Eltern. Der Name suggeriert, dass es nicht so gefährlich ist und tatsächlich kennen die Meisten die Wirkung auch nicht am eigenen Leib – es sei denn, sie sprühen sich selbst damit ein, das geschieht in der Aufregung öfter als man denkt. Ist sogar einer Kollegin passiert.
Ich fände es besser, das Zeug als “ Reizgas“ zu betiteln. Und über die Wirkung wirklich vermehrt aufzuklären.