Abitur: Warum scheiden Schüler aus einem Bundesland immer am schlechtesten ab?

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KIEL. Bei den Abiturnoten schneiden Schülerinnen und Schüler aus Schleswig-Holstein traditionell schlechter ab als die aus anderen Bundesländern. Die SPD möchte die Gründe unter die Lupe nehmen lassen. Die Regierung sieht ebenfalls Handlungsbedarf – allerdings auf anderer Ebene.

Die SPD möchte die Frage, warum Schleswig-Holsteins Abiturientinnen und Abiturienten im Schnitt stets schlechter abschneiden, klären. Illustration: Shutterstock

Beim Abitur schneiden Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein schlechter ab als in anderen Ländern. Daher wollte die SPD-Landtagsfraktion die Gründe aufschlüsseln lassen, ihr entsprechender Antrag wurde im Parlament allerdings abgelehnt.

Aus dem schwächeren Schnitt resultiere, dass Abiturienten aus dem Norden bei der Suche nach einem Studienplatz geringere Chancen hätten, erklärte der SPD-Bildungssprecher Martin Habersaat zur Begründung des Antrags. Eine Studie sollte demnach den Unterschied zwischen Schleswig-Holstein und Thüringen als Bundesland mit dem besten Abiturschnitt untersuchen. Mit einer anonymen Zweitkorrektur der Abiturklausuren beider Länder «könnte man Licht ins Dunkel bringen», erklärte Habersaat.

Der Auswertung der Kultusministerkonferenz zufolge belegte Schleswig-Holstein im Schuljahr 2022/23 mit einem Abiturschnitt von 2,46 im bundesweiten Vergleich den letzten Platz. Thüringen lag mit einem Schnitt von 2,09 dagegen an der Spitze.

Prien: Bundesweite Anpassung notwendig

Bildungsministerin Karin Prien (CDU) gab zu, dass der Abiturschnitt ungerecht sei – allerdings aufgrund der «Noteninflation» in den anderen Bundesländern, erklärte sie. Prien verwies auf die Bemühungen der Kultusministerkonferenz, die Standards in den Ländern weiter anzugleichen. Etwa die Zahl der in die Abiturnote eingebrachten Fächer sei nun bundesweit festgeschrieben. «Das dringt offenbar nicht zu ihnen durch», sagte die Ministerin.

Prien stimmte zu, dass die Unterschiede beim Notenschnitt ein Problem für Schülerinnen und Schüler seien. Die Bildungsminister würden an einem Mechanismus arbeiten, der die Unterschiede ausgleiche. Das gestalte sich aber kompliziert, sagte Prien: «Da besteht Handlungsbedarf.» Auch zur eigenen Korrekturpraxis wolle sie sich mit Schulleitungen und Fachkommissionen austauschen.

Bei der Abstimmung im Landtag schloss sich nur die FDP der SPD an. Harte Benotungen bei den Abiturprüfungen seien zwar nur «ein Teil der Wahrheit», sagte FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Dennoch sei eine Untersuchung einen «Versuch wert», erklärte er. «CDU und Grüne prüfen hier im Bildungsbereich immer alles Mögliche.» News4teachers / mit Material der dpa

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18 Kommentare
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Schlaubi
8 Tage zuvor

Schreibt doch ein bundeseinheitliches Abitur und wir können nach (tatsächlichen) Ursachen suchen. Es wäre so einfach…

Reibeisen
8 Tage zuvor
Antwortet  Schlaubi

Aber aber!
Das wäre doch der Tod der “pädagogischen Freiheit”.
Das geht auf gar keinen Fall!!!
Außerdem wäre das sowas wie Standardisierung. Pfui. Teufelszeug.

Küstenfuchs
8 Tage zuvor
Antwortet  Schlaubi

Es ist nicht die Abiturprüfung, die ist schon weitgehend angeglichen. Es sind die Einbringungspflichten bei den Vornoten.

Nebenbei: Ein Notenschnitt von 2,09 wie in Thüringen ist doch einfach dumm! Wozu haben wir eine Skala von 1 bis 6 bzw. von 15 bis 0 Punkten? Und wir sollen wir wirklich gute Schüler erkennen, wenn jeder, der halbwegs seinen Namen schreiben kann, eine 1 vor dem Komma bekommt?

Der Zauberlehrling
7 Tage zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

“weitgehend angeglichen”?

Nicht wirklich.

Am besten schrieben alle das selbe Abitur und ein Kollege korrigierte alle. Dann wären auch Unschärfen bei der Bewertung ausgemerzt. Also zumindest solange, bis der Kollege in die Klapse einfährt.

Die Notenskala von 1 bis 6 steht nur noch in der Notenbildungsverordnung.

Welcher junge Kollege traut sich denn ein “ungenügend” zu vergeben und das auch auf Nachfrage zu begründen.

Mo3
8 Tage zuvor
Antwortet  Schlaubi

Bundeseinheitliche Abi-Prüfungen machen aber nur einen Teil der Abi-Note aus. In der Qualifikationsphase können je nach Anspruch der Schule bessere oder schlechtere Noten herauskommen, die ja auch in die Abi-Gesamtnote eingehen. Finde den Fehler, wenn Gymnasiasten zur Oberstufe auf eine Gesamtschule wechseln, weil das Abi dort vermeintlich einfacher ist. Wenn die Anforderungen und der Abschluss gleichwertig sind, wäre dieses doch unnötig.

JoE
7 Tage zuvor
Antwortet  Mo3

Das ist ein bisschen sehr kurz gedacht. Vielleicht ist dort auch einfach das Klima miteinander oder gar der Unterricht besser? Es gibt jedenfalls viele “weiche” Faktoren, die die tatsächliche Leistung von Schüler*innen beeinflussen können, schließlich handelt es sich um Menschen und keine Lernmaschinen.

JoE
7 Tage zuvor
Antwortet  Mo3

*entweder Klima oder Miteinander meine ich natürlich

ed840
8 Tage zuvor
Antwortet  Schlaubi

Wie viel Prozent machen denn die schriftlichen Abiturprüfungen an der Gesamtnote überhaupt aus? Ich tippe mal auf weniger als 30%?

Küstenfuchs
8 Tage zuvor
Antwortet  ed840

Nein, 33%

ed840
7 Tage zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

Laut meinen Recherchen wäre die Grundgesamtheit für das Abitur in SH 900 Pkt. Die Abiturprüfung besteht dort üblicherweise aus 3 * schriftlich + 1 mal mündlich, also max 225 Pkt schriftlich. Soll auch 3* schriftlich und 2 * mündlich geben, da wären es dann 180 Pkt schriftlich. Ich vermute mal, dass man bei einer Anteilsberechnung auch im Norden eher auf 20% -25% käme als auf 33% ?

Küstenfuchs
7 Tage zuvor
Antwortet  ed840

Was ist das für eine wirre Rechnung? Es gibt max. 900 Punkte. Die Ergebnisse aller 4 Prüfungsfächer werden mit 5 multipliziert. Also beträgt die Maximalpunktzahl in der Prüfung 300 Punkte. Und das war die letzten 25 Jahre, die ich in SH unterrichte, schon immer so und es ist und war immer genau ein Drittel.

ed840
7 Tage zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

Sie sind also Lehrkraft? Ich vertraue trotzdem darauf, dass die Information auf schleswig-holstein.de stimmt, und die Abiturprüfung in SH nicht nur aus schriftlichen Teilen besteht, sondern auch aus mündlichen Teilen. Aber jeder muss selber wissen, was er glauben möchte oder nicht. Wenn Sie also der Meinung sind, dass der Anteil der schriftlichen Abiturprüfungen in SH 33% ausmachen würde, ist das Ihr gutes Recht.

Der Zauberlehrling
8 Tage zuvor

Da hilft nur eines: Die Abituraufgaben so anpassen, dass der Notenschnitt besser wird.

“Bildungsministerin Karin Prien (CDU) gab zu, dass der Abiturschnitt ungerecht sei – allerdings aufgrund der «Noteninflation» in den anderen Bundesländern, erklärte sie.”

Die anderen tragen für das Drama die Verantwortung. Wie immer und überall.

Prien verwies auf die Bemühungen der Kultusministerkonferenz, die Standards in den Ländern weiter anzugleichen. Etwa die Zahl der in die Abiturnote eingebrachten Fächer sei nun bundesweit festgeschrieben.”

KMK und Bemühungen. “Die KMK hat sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten stets bemüht, eine einheitliche Bundesbildungspoltik über 16 Bundesländer hinweg anzudenken.”

“Zur eigenen Korrekturpraxis wolle sie sich mit Schulleitungen und Fachkommissionen austauschen.”

Da ist doch die Lösung des Problems. Was Fehler ist und wie viel Abzug es dafür gibt, entscheiden doch die Lehrer.

Auf in die nächste Runde des Niveau-Limbo.

Erst, wenn alle ein Abitur mit einem Schnitt mit 1,0 haben, ist das Ziel der Sinnlosigkeit des Abiturs erreicht.

Lisa
8 Tage zuvor

Dabei gäbe es Ursachen. Wenige große Städte und daher wenige Gymnasien. Die meisten Gymnasien sind somit Mittelpunktsschulen eines großen ländlichen Umfeldes.
Ich selbst hatte zwei Kinder auf solch einer Schule. Den Stil würde ich als anspruchsvoll, wenig einfühlsam, sehr leistungsorientiert umschreiben. In den fünften Klassen ging trotz Gymnasialenpfehlung ein Drittel der Schüler ab. Integriert oder inkludiert? Eher nicht. Ähnlich werden auch die Prüfungen sein.

Lisa
8 Tage zuvor

Es könnte sein, dass die Abiturprüfungen schwieriger sind?
Ich habe jedenfalls nie gehört, dass ein Schleswig – Holsteiner an einer Universität eines anderen Bundeslandes Probleme hätte .
Unfair wäre lediglich, wenn sie dann für NC- Studiengänge keinen Bonus bekämen..

ed840
8 Tage zuvor
Antwortet  Lisa

Zu Schleswig Holstein kenne ich keine Studien . Dass z.B. die Abiturprüfung im Leistungskurs Mathematik in Berlin weniger anspruchsvoll sein soll als die Abiturprüfung im bayerischen Mathe-Grundkurs, die in Bayern Pflicht ist, wurde aber m.W. schon im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit nachgewiesen.

Thomass
8 Tage zuvor

Vielleicht weil…

… 27 Stunden Unterrichtsverpflichtung für L an GemSen
… 28 SuS auf 3 Niveaus binnendifferenziert in Sek 1 an GemSen
… dauerndes Gym-Bashing
… völlig zerklüftete Oberstufe
… Eltern in SH (noch) harmlos
… Kollegen anderer Bundesländer haben keinen Bock mehr (d.h. haben es kapiert) und geben eher gute Noten -> wenig Konflikte mit niemandem, alle zufrieden, Unterricht läuft super
… Bildungsmysterium plan- und kompetenzlos
… Investitionen fehlen oder falsch
… Bürokratismus überbordend (Leonie -> Evaluationsquatsch, Dokumentationsblödsinn etc.)
… krasse Ungleichbehandlung angestellter Lehrer
… hoher Krankenstand in SH wegen Überlastung und folgende
… zu wenig Personal
… Integration funktioniert hinten und vorne nicht
… alles viel zu langsam (Wlan, Portale, Bürokratie)

Ergänzungen gerne. Frau Prien müsste sich mal aus dem Korsett der grüngewaschenen CDU befreien. Oder zurücktreten. Aber auch dann wenig Hoffnung.

Küstenfuchs
8 Tage zuvor
Antwortet  Thomass

Fast alles falsch…