MÜNCHEN. Das jüngste Ifo-Bildungsbarometer zeichnet ein ernüchterndes Bild der deutschen Bildungslandschaft. Der Befragung zufolge sind viele Bürger:innen unzufrieden mit den Schulen und der Bildungspolitik in ihrem Bundesland. Dabei bestehen große Unterschiede zwischen den Bundesländern, wobei kein Bundesland durchweg positive Bewertungen erhält. Eine Forderung wird durchgängig gestellt: die nach mehr staatlichen Investitionen in die Bildung.
Das Bildungsbarometer zeigt, dass die Deutschen in ihrer Bewertung der Schulen gespalten sind. Während 29 Prozent der Befragten die Schulen in ihrem Bundesland mit der Note 1 oder 2 bewerten, vergeben 25 Prozent eine negative Bewertung (Note 4, 5 oder 6). Der größte Anteil, 46 Prozent, beurteilt die Schulen durchschnittlich mit der Note 3. Das Ifo-Institut hatte für das Bildungsbarometer 2024 von Mitte April bis Anfang Juni rund 9.700 Menschen in Deutschland durch die Talk Online Panel GmbH befragen lassen. Die Stichproben seien repräsentativ, auch auf Bundeslandebene.
Besonders auffällig sind die regionalen Unterschiede: Bayern führt mit einem Anteil von 41 Prozent, der die Schulen mit 1 oder 2 bewertet, gefolgt von Hamburg (35 Prozent) und Sachsen (33 Prozent). Bremen hingegen bildet mit nur 18 Prozent positiver Bewertungen das Schlusslicht. In Berlin zeigt sich eine starke Polarisierung: Jeweils 30 Prozent der Befragten geben den Schulen die Note 1 oder 2, während ebenso viele die Note 4, 5 oder 6 vergeben.
„Gerade in den Stadtstaaten sind die Befragten bezüglich der Bewertung ihrer Schulen gespalten“, betonen die Autor:innen der Studie. Ein Vergleich der Umfragedaten mit den aktuellen Testergebnissen des Schülerleistungstests IQB-Bildungstrend 2022 deute darauf hin, „dass sich die Bevölkerung des Leistungsniveaus in ihrem Bundesland durchaus bewusst ist beziehungsweise dass sich die persönlichen Einschätzungen mit den Ergebnissen der Leistungstests decken“.
Während die Zufriedenheit mit den Schulen insgesamt mittelmäßig ausfällt, wird die Bildungspolitik der Bundesländer noch kritischer gesehen. Nur 20 Prozent der Deutschen vergeben hier die Note 1 oder 2, während 34 Prozent sie mit den Noten 4 bis 6 bewerten. Besonders drastisch fällt das Urteil in Bremen aus, wo 28 Prozent der Befragten die Bildungspolitik mit der Note 5 oder 6 bewerten und weitere 30 Prozent mit der Note 4.
Mehr Zufriedenheit in Bayern
Die regionalen Unterschiede finden sich auch in den meisten Antworten zu den Fragen, wie gut es dem Bildungssystem des eigenen Bundeslandes im Vergleich zu anderen Bundesländern gelingt, verschiedene Ziele zu erreichen. Besonders auffällig dabei: Die meisten positiven Rückmeldungen erhält das Bildungssystem in Bayern. 39 Prozent der dort Befragten glauben etwa, dass ihr Bundesland es besser schafft, gute Fähigkeiten in Lesen, Schreiben und Rechnen zu vermitteln. Auch denken jeweils mehr Befragte in Bayern als in anderen Bundesländern, dass ihr Bundesland die folgenden Herausforderungen besser meistert als andere:
- Umgang mit neuen Technologien und Künstlicher Intelligenz (KI),
- Gewaltprävention in der Schule,
- Unterstützung von Schüler:innen in sozialen Notlagen,
- Integration von Kindern und Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf und
- Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt.
Während die Befragten in den meisten Bundesländern eher die Auffassung vertreten, ihr Bildungssystem sei in den genannten Punkten schlechter aufgestellt als andere, zeigen sie sich beim Thema Nachmittagsbetreuung etwas optimistischer: In zehn Bundesländern glauben relativ mehr Befragte, dass ihr Bundesland diese Aufgabe besser bewältigt als andere. „Neben Hamburg und Bayern ist es insbesondere die Bevölkerung der östlichen Bundesländer, die hier relativ positive Einschätzungen abgibt. So schätzen 33 Prozent in Thüringen, ihr Bildungssystem sei besser darin, Nachmittagsbetreuung anzubieten. In Schleswig-Holstein denken dies nur 18 Prozent“, heißt es in der Analyse.
Für eine deutlich pessimistischere Sicht sorgt das Thema Lehrkräftemangel. Nahezu überall gibt es mehr Befragte, die der Ansicht sind, ihrem eigenen Bundesland gelingt es nicht so gut wie anderen, diese Herausforderung zu bewältigen. Das gilt besonders für Bremen, wo 57 Prozent diese Auffassung vertreten und nur 13 Prozent denken, Bremen sei darin besser. Lediglich in Bayern halten sich die beiden Lager mit jeweils 24 Prozent die Waage.
Forderung nach höheren Bildungsausgaben
Große Einigkeit über Bundesländergrenzen hinweg zeigt sich allerdings in dem Wunsch nach höheren Ausgaben für das Bildungssystem. Deutschlandweit sprechen sich 78 Prozent der Befragten für steigende Staatsausgaben für Schulen aus, während nur drei Prozent eine Kürzung wünschen. In Brandenburg fordern mit 86 Prozent die meisten Befragten eine Erhöhung, in Bayern sind es mit 73 Prozent die wenigsten. Ein Vergleich mit früheren Wellen des Ifo-Bildungsbarometers zeigt dem Bericht zufolge, dass dieser Wunsch bereits seit 2014 besteht. Schon damals sprachen sich 71 Prozent für steigende staatliche Bildungsausgaben aus.
Dass der Wunsch der Bürgerinnen und Bürger nach mehr Geld für Kitas und Schulen in den Bundesländern unterschiedlich stark ausgeprägt ist, hat durchaus Gründe: Bayern wandte laut Destatis 2021 pro Schüler 10.500 Euro auf (getoppt nur von den Stadtstaaten Berlin und Hamburg) – Brandenburg nur 9.000 Euro. Schlusslicher waren Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern mit gerade mal 8.300 bzw. 8.200 Euro.
Die große Zustimmung zur Forderung, mehr Mitteln in den Bildungsbereich fließen zu lassen, sei ein klares Signal an die Politik, Prioritäten zu setzen, so Stefan Behlau, Landesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung NRW. „Was die Kolleginnen und Kollegen in den Schulen trotz dieses Ressourcenmangels leisten, verdient großen Respekt und Anerkennung.“
Dem stimmt auch Simone Fleischmann zu, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV): Die politisch Verantwortlichen sollten sich „ein Beispiel an den Lehrerinnen und Lehrern nehmen und sich endlich an die Arbeit machen“. Die Umfrage selbst sieht sie in ihrer Aussagekraft eingeschränkt. „Was wir brauchen, sind keine mittelmäßigen Noten, die uns suggerieren, dass ‚alles irgendwie läuft‘. Was wir brauchen, ist die Anerkennung der Realität: überlastete Lehrkräfte, chronisch unterbesetzte Schulen sowie Schülerinnen und Schüler, die in diesem System viel zu oft zu kurz kommen.“ Die Politik müsse endlich hinhören, „was Schulleitungen und Lehrkräfte, die so viel Expertise vereinen, berichten“. News4teachers
In Bayern sind die Bürger zufriedener mit Schulen als in Nordrhein-Westfalen
Wohl mehr ein “Wunsch” nach höheren Bildungsausgaben, der bei Wahlen nicht ins Gewicht fällt, keine Konsequenzen erfolgen lässt, wenn die Landesregierung nichts tut und in der Regel nach der Schulbesuchszeit der Kinder zu erliegen scheint… =/
Wenn mehrere eigene Kinder unterschiedlicher
Altersstufen das Schulsystem besuchen, so steigt
das Interesse der Eltern deutlich an.
Man erlebt den Vergleich unterschiedlichster
Lehrmethoden und Persönlichkeitscharakteristika
unterschiedlichster Lehrerpersönlichkeiten.
In jedem Fall ist es als Eltern zwingend erforderlich,
sich in den Bildungsprozess der eigenen Kinder mit
einzubringen, sei es durch die weitgehend automatisierte
Vermittlung des Erlernen des Lesen durch tagtägliche
Leseübungen gemeinsam mit den eigenen Kindern in
einer angenehmen Atmosphäre, die die nachhaltige
und lebenslange Freunde am Lesen zu vermitteln weiß.
Glücklich sind jene Kinder, die engagierte Eltern haben,
denen das Bewusstsein für Bildung nicht verloren gegangen ist.
Ist es doch ein evidenter Bestandteil demokratisch erzogener
Mitbürger diese Fähigkeit leisten zu können, um
verantwortungsbewusst an demokratischen Entscheidungsprozessen
teilnehmen zu können und einer Einflussnahme durch
Demagogen widerstehen zu können.
Spannend wäre zu wissen, welcher Anteil der derzeitigen Schüler*innen ein weiteres Ausufern der staatlichen Ausgaben befürwortet. Leider wird diese Generation kaum gefragt, schon gar nicht, wenn es ums Geldausgeben geht. Denn fragte man sie, müsste man sich evt. mit ihren Einwänden auseinandersetzen, und der Frage, wie nachhaltig und generationengerecht das denn eigentlich sei: denn es sind die heutigen Kinder, die die Schulden für das Geld, das wir munter verteilen, später einmal zurückzahlen müssen.
Kein vernunfterzogener Schüler wird sich gegen Ausgaben
für seine eigene Bildung entscheiden.
Und ein Staat, der die notwendigen Investitionen in die nächste Generation
nicht durchführt schadet sich selbst und seinen Bürgern,
weil Bildung eine Investition in die Zukunft ist.
Sich für besser halten, kann auch schlicht mit Arroganz zu tun haben. Unser Nachbardorf hält sich auch für was besseres und entsprechend bewerten die auch alles was sie tun prinzipiell positiv.
Es handelt sich um eine Umfrage, das ist nun mal etwas ganz anderes, als “sich für besser halten”. Hier wird doch sonst so sehr auf Umfragen und studien gesetzt, auf einmal wohl nicht mehr? Davon abgesehen, ich unterrichte tatsächlich lieber in Bayern als in NRW. Aber deswegen halte ich mich nicht für “etwas besseres”.
Ich glaube der Studie top! Die Frage war, finden Sie, dass ihr Land alles supi macht und die Antwort der Bayern ist:”Klar san mir supi, wählen doch CSU, bis aufn paar Komische!”
Das ist Ihre Interpretation, aber genau genommen ging es um die Zufriedenheit mit der Schule und nicht um “mir san supi”. Allzu typisches reflexartiges Bayernbashing.
Wenn die Leistungen bei IQB deutlich über dem Schnitt liegen und Bayerns Schüler regelmäßig die Ränge 1 und 2 belegen, wenn dabei auch der Punktabstand zwischen SuS mit und ohne Migrationshintergrund deutlich geringer ausfällt als in den anderen BL, auch die Quote SuS ohne ausreichendes Mindestniveau in Lesen und Rechnen im Vergleich am niedrigsten ist, ebenso der Anteil junger Menschen ohne Schulabschluss oder Berufsausbildung usw, , kann das m.M. nach schon dazu führen, dass man in Bayern evtl. etwas weniger unzufrieden ist als in anderen Bundesländern. Welche Partei in Bayern seit 2018 das zuständige Ministerum führt, könnte sich aber in Tat noch nicht überall rumgesprochen haben.
Übrigens sind es doch die beiden Staaten, die unabhängig sein und unter sich bleiben wollen, die da prozentual finden, dass es bei ihnen besser ist als anderswo. Das passt schon zusammen, dass das bei so einer Befragung im Hinterkopf ist und zumindest zu einen kleinen Prozent Vorteil führt. In Bremen wiederum haben wir einen riesigen Anteil an abgehängten Menschen, die eben auch ganz anders ticken als der alteingesessene, stolze Bayer! Man könnte auch einen Ihrer Schüler, der gut in der Schule klar kommt mit einem Ihrer auffälligen Schüler vergleichen. Die unterschiedlichen Aussagen über Ihren Unterricht sagen dann eigentlich auch mehr über die Schüler selber aus.
Ihre Ausführungen verstehe wer will, ich nicht. Die Befragung ging ausschließlich um die Zufriedenheit mit den Schulen, und nicht um das Land an sich.
Rückmeldung dankend angenommen!
Ich unterrichte selbst in Bayern und bin froh, dass diese Tatsache es endlich in die Öffentlichkeit geschafft hat. Ironie off 🙂
Es ist nicht wirklich gut, sondern eher ein ” Unter den Blinden ist der Einäuigige König”
Habe mich auch schon an der Formulierung “am wenigsten unzufrieden” gestört. Erinnert mich an “wir müssen das NOCH besser machen” für eine Sache, die an sich nicht gerade gut ist oder an den Silly – Song “Alles wird besser (alles wird besser, aber nichts wird gut)”.