Qualitätsstandards in der Montessori-Pädagogik: Unterstützung für Reflexion, Weiterentwicklung und Außenwahrnehmung

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Der Begriff „Montessori-Pädagogik“ ist nicht geschützt. Daher ist es für Eltern, aber auch für interessierte (Nachwuchs-)Pädagog:innen nicht immer einfach nachzuvollziehen, ob und wie ein Kinderhaus, eine Schule oder ein Ausbildungskursanbieter tatsächlich nach einem schlüssigen und gut adaptierten Konzept auf Basis der Montessori-Pädagogik arbeitet. Abhilfe hat nun der Montessori Bundesverband Deutschland mit einem Qualitätsrahmen (QR) geschaffen. Annette Heißenberg, Kita-Leiterin des Montessori-Zentrums Hofheim, spricht im Interview über den erfolgreichen QR-Anerkennungsprozess ihres Kinderhauses, die Vorteile der QR-Anerkennung und ihren persönlichen Weg in die Reformpädagogik.

Arbeitet ein Kinderhaus, eine Schule oder ein Ausbildungskursanbieter tatsächlich nach einem schlüssigen und gut adaptierten Konzept auf Basis der Montessori-Pädagogik? Der Montessori Bundesverband Deutschland schafft nun mit einem Qualitätsrahmen (QR) Klarheit für Eltern und pädagogische Fachkräfte. Die ersten Einrichtungen haben sich bereits auf den Weg zur QR-Anerkennung gemacht. Foto: Montessori Deutschland.

Warum haben Sie sich dazu entschieden, mit Ihrer Einrichtung das Verfahren zur QR-Anerkennung durch Montessori Deutschland zu durchlaufen?

Annette Heißenberg: Wir sind seit 30 Jahren eine Montessori-Einrichtung und haben uns natürlich im Laufe der Zeit bereits intensiv mit dem Thema Qualität auseinandergesetzt. Das Angebot vom Bundesverband für die QR-Anerkennung fanden mein Vorstand und ich sehr überzeugend.

Wie lief das Verfahren genau ab? Was musste Ihre Einrichtung dafür leisten?

Heißenberg: Wir haben von Montessori Deutschland einen Fragenkatalog bekommen und Qualitätskriterien, die es zu überprüfen galt. Dazu gehören zum Beispiel die Kategorien der sogenannten vorbereiteten Umgebung oder der Lernmaterialien – beides wesentliche Merkmale der Montessori-Pädagogik und mit ausschlaggebend für das Gelingen von Bildung und Erziehung in der praktischen Umsetzung. Ein weiterer Punkt ist die Philosophie der jeweiligen Einrichtung. Da wir hier im Kinderhaus schon einen hohen Standard haben, ist es uns leichtgefallen, die Fragen zu beantworten. Viele der Kriterien sind in unserer Konzeption bereits vorhanden gewesen.

Der Fragenkatalog und die Qualitätskriterien haben uns dabei geholfen, unsere Arbeit zu reflektieren und an der ein oder anderen Stelle noch einmal nachzujustieren.

Gab es Hürden auf dem Weg bis zur Anerkennung?

Heißenberg: Unsere Einrichtung hat schon einige Vorerfahrungen mit dem Thema Qualitätsmanagement mitbringen können. Unser offenes Konzept und die Ausstattung in (Kinder-)Küche und Werkraum beispielsweise ermöglichen es, gut nach den Prinzipien der Montessori-Pädagogik arbeiten zu können. Deshalb waren wir uns relativ sicher, das Verfahren zur QR-Anerkennung erfolgreich zu durchlaufen.

Welche positiven Effekte erhoffen Sie sich nun für das Kinderhaus durch die QR-Anerkennung?

Heißenberg: Das Zertifikat ist für uns einfach die Bestätigung, dass unsere Arbeit im Sinne der Montessori-Pädagogik ist. Und nach außen hin zeigt es natürlich auch den Eltern, dass wir im Kinderhaus gute Arbeit machen.

Was zeichnet Ihrer Ansicht nach das Montessori-Zentrum Hofheim aus?   

Heißenberg: Wir begleiten hier junge Menschen von elf Monaten angefangen bis zu ihrem jeweiligen Schulabschluss pädagogisch. Bei uns können die Schüler:innen den Haupt- oder Realschulabschluss sowie das Abitur erlangen. 80 Prozent der Kinder wechseln von unserem Kinderhaus in unsere Montessori-Schule. Im Team haben wir eine lange Betriebszugehörigkeit, sodass wir wenig personellen Wechsel haben und eine hohe Arbeitszufriedenheit. Auch kann unser Team auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Ich bin stolz auf meine Kollegen und Kolleginnen und ihre Arbeit.

Hier wird jeder so angenommen, wie er oder sie ist. Auch verhaltensauffällige Kinder oder Kinder mit Beeinträchtigung finden hier ihren Platz und werden von den anderen Kindern inkludiert. In unserer Küche kochen die Kinder selbstständig. Die Kochbücher dafür haben wir innerhalb der letzten 30 Jahre selbst entwickelt. Vom Pudding bis zum Eintopf ist alles mit dabei. Am Anfang waren die Kochbücher gemalt, heute sind sie digitalisiert.

Außerdem sind wir eine Hospitationsstätte und haben oft internationale Gäste aus Kursen der Association Montessori Internationale (AMI) im Haus.

Würden Sie andere Einrichtungen dazu ermutigen, sich ebenfalls QR-anerkennen zu lassen?

Heißenberg: Ich glaube, dass die QR-Anerkennung gerade für Einrichtungen, die sich auf den Weg zur Montessori-Pädagogik machen, aber auch für Einrichtungen mit einer langen Tradition wie unsere, eine große Hilfe ist. Die Qualitätskriterien sind für Bildungseinrichtungen als Entwicklungsziele formuliert und es ist hilfreich zu schauen, welche Kriterien die jeweilige Einrichtung bereits erfüllt und in welche Richtung sie sich noch weiterentwickeln kann. Das wird einem in der alltäglichen Arbeit gar nicht so bewusst.

Kommen wir nun zu Ihrer Person. Sie sind nicht nur Leiterin des Kinderhauses im Montessori-Zentrum Hofheim, sondern auch Dozentin. Wie sind Sie zur Montessori-Pädagogik gekommen?

Heißenberg: Meine Mutter erwarb ihr Montessori-Diplom, als ich zwei Jahre alt war. Sie leitete jahrelang ein Kinderhaus in Bad Homburg. Sie war Dozentin und hat dieses Kinderhaus hier in Hofheim gegründet.

Als Jugendliche und junge Erwachsene wollte ich etwas anderes machen als meine Mutter, also habe ich einen anderen Weg eingeschlagen und wurde von Beruf Masseurin und medizinische Bademeisterin, was mir viel Freude bereitet hat. Irgendwann brauchte ich eine Pause und arbeitete in einem Heim für Kinder mit geistiger und körperlicher Beeinträchtigung. Ich wurde dann doch Erzieherin und absolvierte eine Fortbildung im Kinderhaus in Hofheim. Daraufhin beschloss ich, mein Montessori-Diplom zu machen. Nach meiner Schwangerschaft wurde mir hier in Hofheim die Stelle als stellvertretende Leitung im Kinderhaus angeboten. Das war vor zwanzig Jahren. Seit elf Jahren bin ich nun die Leiterin des gesamten Kinderhauses.

Was ist Ihrer Ansicht nach das Besondere an Ihrer Arbeit im Kinderhaus und was macht Ihnen daran am meisten Freude?

Heißenberg: Die Kinder und mein Team! Jeder im Team achtet hier auf jeden und ich freue mich, wenn ich morgens zur Arbeit komme. Mit den Kindern und den Familien zu arbeiten, bereitet mir ebenfalls große Freude. Ich habe das Gefühl, zur richtigen Zeit an der richtigen Position zu sein. Ich bin einfach angekommen.

Warum würden Sie anderen Pädagog:innen empfehlen, Montessori-Fachkraft zu werden?

Heißenberg: Diese Pädagogik passt meiner Ansicht nach besonders gut zu den Kindern. Sie nimmt diese ernst und jedes Kind kann an seinen Stärken arbeiten. Es darf aber auch an seinen Schwächen arbeiten. Jedes Kind verlässt unser Kinderhaus als kleine Persönlichkeit, die schon gut auf ihren weiteren Lebensweg vorbereitet wurde. Die Kinder können später in der Schule genau artikulieren, was sie möchten und was nicht, und dies den Lehrkräften oder Mitschüler:innen gegenüber auch begründen. Und selbst als Pädagogin lerne ich durch die Fragen der Kinder jeden Tag etwas Neues dazu.

Weitere Infos

Fragen zur QR-Anerkennung beantwortet auch Montessori Deutschland. Weitere Infos finden Sie hier: www.montessori-deutschland.de/qr/

Und zum Qualitätsrahmen hier: www.montessori-deutschland.de/ueber-uns/qualitaetsrahmen/

Dies ist eine Pressemitteilung von Montessori Deutschland.

 

Qualitätssicherung: Erste Schule erhält QR-Anerkennung von Montessori Deutschland

 

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