BERLIN. Deutschlands Erwachsene schneiden in einer OECD-Vergleichsstudie überdurchschnittlich gut in den Bereichen Mathematik und Textverständnis ab. Gleichzeitig kämpfen jedoch etwa 20 Prozent hier mit größeren Schwierigkeiten. Das Bundesbildungsministerium verweist auf den Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Grundkompetenzen: Was man in Schulstudien sehe, setze sich im Erwachsenenalter fort.
Tapete für einen Raum berechnen, schriftliche Regeln richtig lesen und verstehen, eine Route mit mehreren Stopps planen – Erwachsene in Deutschland sind in Alltagsmathematik, Textverständnis und bei der Problemlösungskompetenz besser als der Durchschnitt anderer Industrieländer. Viele Menschen haben aber eine deutliche Lese- und Rechenschwäche. Das zeigt die OECD-Vergleichsstudie PIAAC – auch «Pisa für Erwachsene» genannt.
Deutschland im oberen Mittelfeld
Die Erwachsenen in Deutschland landen in der Studie im oberen Mittelfeld. Die Kompetenzen haben sich im Vergleich zur letzten Erhebung vor rund zehn Jahren kaum verändert. Auf einer Punkteskala bis 500 erreichen sie im Schnitt im Lesen 266, in Mathematik 273 und beim Problemlösen 261 Punkte.
Die Spitzenländer Finnland, Japan und Schweden kommen auf Punktwerte beim Lesen zwischen 274 und 296, in Mathematik zwischen 285 und 294 und im Problemlösen zwischen 273 und 276. Am unteren Ende der Skala stehen Chile, Polen, Portugal und Litauen mit Werten zwischen 214 und 239 Punkten.
Für die Studie wurden 2022 und 2023 in 31 Ländern mehr als 160.000 Menschen zwischen 16 und 65 Jahren getestet. In Deutschland nahmen rund 4.800 Menschen teil. Die Erhebung ist nach OECD-Angaben repräsentativ, teilgenommen haben auch Menschen mit schlechten Deutsch-Kenntnissen. Die Aufgaben wurden unter Aufsicht auf Tablets ohne Zeitbegrenzung bearbeitet. Zudem wurden persönliche Daten etwa zum Bildungsstand und Beruf abgefragt.
Ein Fünftel hat Probleme mit einfachsten Aufgaben
In einer Aufgabe wurde den Teilnehmer:innen zum Beispiel eine Liste mit Kita-Regeln vorgelegt: «Bitte sorgen Sie dafür, dass ihr Kind bis 10:00 Uhr hier ist», «Ziehen Sie ihr Kind bequem an und bringen Sie Kleidung zum Wechseln mit» und weitere Regeln waren dort aufgeführt. Die Aufgabe war dann, auf der Liste die Regel zu markieren, die zu folgender Frage passt: «Um welche Uhrzeit sollten die Kinder spätestens im Kindergarten eintreffen?» Ein großer Teil habe mit solchen Aufgaben wirklich Schwierigkeiten, sagt OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher. «Das ist die Lesekompetenz eines 10-jährigen Kindes.»
20 bis 22 Prozent erreichen der Studie zufolge maximal die niedrigste Kompetenzstufe im Lesen, in Alltagsmathematik und im Problemlösen. Sie können allenfalls kurze Texte verstehen, einfache Rechenaufgaben etwa mit Geld lösen und «tun sich schwer mit der Lösung von mehrstufigen» Problemen, wie es heißt.
Was man in Schulstudien sehe, setze sich im Erwachsenenalter fort, sagte Abteilungsleiterin Johanna Börsch-Supan aus dem Bundesbildungsministerium und verwies auf einen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Grundkompetenzen. Man müsse daher ganz am Anfang, möglichst früh im Bildungsverlauf ansetzen.
OECD: Mehr Einkommen und Vertrauen durch Bildung
Die OECD weist darauf hin, dass höhere Kompetenzen sich auch positiv im Einkommen niederschlagen und zu mehr Lebenszufriedenheit führen können. Schleicher beschreibt auch einen Zusammenhang zwischen Vertrauen und dem Bildungsgrad. Wer bessere Kompetenzen habe, habe in der Regel auch das Gefühl, dass er dem Staat und den Menschen mehr vertrauen könne. «Vertrauen hängt halt mit dem zusammen, was wir über die Welt wissen und wie wir mit dieser Welt umgehen können.» News4teachers mit Material der dpa
Wenn die Stichproben der Teilnehmerländer ähnlich repräsentativ wären wie bei PISA, TIMSS etc. würde ich einen Ländervergleich der durchschnittlichen Gesamtpunktzahlen nicht überbewerten.
“20 bis 22 Prozent erreichen der Studie zufolge maximal die niedrigste Kompetenzstufe im Lesen, in Alltagsmathematik und im Problemlösen.”
Passend dazu:
“Mehr als jede dritte 45- bis 49-jährige Frau mit niedriger Bildung hatte 2022 mindestens drei Kinder. Im Vergleich dazu war nur jede siebte Frau mit mittlerer oder hoher Bildung kinderreich”
Die Betonung liegt auf ” mindestens”.
“Demografieportal – Fakten – Kinderzahl”
https://www.demografie-portal.de/DE/Fakten/kinderzahl.html
Wer die Dinge bzgl. des “Klientels” jetzt schon für problematisch hält, kann das einmal in die Zukunft extrapolieren. Und da gerade ein anderer Artikel hier erschienen ist, einmal darüber sinnieren, ob ein Lehramtsstudium als “Fach”-studium noch in irgendeiner Hinsicht sinnvoll oder zu verteidigen ist.
Egal wieviel in Bildung investiert wird. Es wird immer Menschen geben, die nur die niedrigsten Kompetenzstufen erreichen. Das ist die Laune der Natur.
Wenn in Deutschland der Anteil derjenigen, die wenig Lesekompetenz besitzen, im internationalen Vergleich besonders hoch ist und ziemlich genau den früheren PISA-Befunden bei den Schülerinnen und Schülern entspricht – dann hat das mit “Laune der Natur” erkennbar wenig zu tun.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Wie hoch ist denn der Anteil an Migrant*innen aus armen Ländern in Deutschland und in den Vergleichsstaaten unter den Getesteten?
Nicht, dass Sie mich wieder falsch verstehen: Ich mache den Menschen selbst keinerlei Vorwurf!
Ich habe zum Beispiel eine afghanische Schülerin, die mit Eltern und Großeltern hier in Deutschland lebt. Die Erwachsenen sind alle Analphabeten.
Das dürfte doch eine große Rolle spielen.
Laut Statistikportal wären z.B. in Finnland 3,86% der Einwohner Drittstaatler, in Schweden 5,09%, in DE 9,15%.
Schau mal einer an! Das ist schon eine Hausnummer.
Aber besser, wir tun so, als wäre Deutschland per se immer schlechter in allem.
Wenn man nur Durchschnittspunktzahlen vergleicht ohne zu überprüfen wie vergleichbar die Ergebnisse wären, könnte man sich leicht täuschen lassen. Bei PISA 2022 wären in DE z.B. im Bereich Lesen 25% der getesteten Probanden “low performer” , in Schweden 24%, in Dänemark 20%. Könnte man auf den ersten Blick meinen, in Skandinavien wären die Anteile vermeintlich geringer. Wenn man aber berücksichtigen würde, dass in DE nur 2,5% “low performer” vorab aus der Sichprobe aussortiert und nicht mitgetestet wurden, in SWE 7,5% und DK 11,5%, würde die Beurteilung der “realen” Anteile vermutlich ganz anders ausfallen.
Wie kommen Sie bei “besondershoch” auf den Vergleich mit PISA? Bei PISA 2022 lag der Anteil mit wenig Lesekomptenz in DE mit 25% ja niedriger als der OECD-Schnitt von 26% und auch nur 1%Punkt über den Werten Schwedens. Da in Schweden bei PISA ca. dreimal so viele “low-performer” vorab aus der Stichprobe aussortiert wurden wie in DE, enthalten die 24% von SWE noch dazu auch eine erhebliche statistische Verzerrung. Würde mich nicht wundern, wenn es auch bei PIAAC wieder ähnlich gravierende Unterschiede bei der Stichprobengestaltung gäbe.
Wenn der Vergleich sauber durchgeführt wurde, dann ja.
Ob durch mehr Investition in Bildung dieser Unterschied behoben werden kann, ist aber eine andere Frage.
Bspw. wäre auch wichtig zu erfahren, ob bei dem Vergleich berücksichtigt wurde, ob die untersuchten Personen überhaupt in Deutschland schulisch ausgebildet wurden.
Wenn die Stichproben der Vergleichsländer ähnlich stark voneinader abweichen würden wie bei PISA und TIMSS, wären die Ergebnisse statistisch verzerrt, so dass ein direkter Vergleich der Durchschnittspunktzahlen wie z.B. SWE – DE eher wenig aussagekräftig wäre. Auffällig wäre aber z.B bei Schweden, dass der Punktabstand zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund mit 59 Punkten massiv höher ist als in DE mit 39 Punkten. Auch der Punktabstand zwischen Menschen mit hohem und einfachen Bildungsgrad wäre in Schweden wesentlich höher als in DE usw.
Dann möge man massenhaft Psychologen, Psychotherapeuten, Pädagogen mit unterschiedlichen Spezialisierungen ausbilden und an die Schulen schicken.
Für Lehrer scheint es eben keinen Bedarf mehr zu geben.
Das sollte dann aber auch den Lehramtsanwärtern MINT im Klartext mitgeteilt werden.
Ich brannte vor der Verrentung dafür, meinen Schülern die Naturwissenschaften nahe zu bringen. Die Kräfte zu kennen, die die Welt zusammen halten ist nicht das Schlechteste. Zumal diese Kräfte z.Z. verändert ineinander greifen.
Pädagogische und fachliche Versierung schließen einander nicht aus.
Ersteres wird aber sträflichst vernachlässigt, obwohl es von Jahr zu Jahr wichtiger wird.
Da gibt’s auch interessante Untersuchungen dazu.
In allen Ländern haben Menschen, die selbst oder deren Eltern im Ausland geboren wurden, im Schnitt niedrigere Testergebnisse. Das stellt die Studie selbst fest. Ein Länderranking ohne Berücksichtigung der weit unterschiedlichen Migrantenquoten ergibt überhaupt keinen Sinn.
An der Studie haben Menschen mit schlechten Deutsch-Kenntnissen teilgenommen. Haben sie die Aufgaben dann überhaupt verstanden oder scheiterten sie schon an der Aufgabenstellung?
Mal von sog. “Kompetenzen” abgesehen, sollte man sich klar machen, dass wir von einer Normalverteilung von Intelligenz ausgehen können. Etwa 16% der Bevölkerung liegen dabei unter dem Normalbereich von 85-115.
Sind die Ergebnisse dann so verwunderlich?
Und welcher Prozentsatz der Bevölkerung anderer Länder ist in einem unzureichenden Bereich bei dem Test?
Dennoch haben die Erwachsenen besser abgeschnitten als die Schüler und das, obwohl diese ja regelmäßig mit dem Neusten vom Neusten an didaktischen Erkenntnissen überschüttet werden. Normalerweise war bisher jede Generation gebildeter als ihre Vorgängergeneration, und die Entwicklung ins Gegenteil finde ich bedenklich. Die Kenntnisse der Erwachsenen gerade in Mathematik und Naturwissenschaften haben sich kaum verschlechtert ( trotz Zuwanderung), was für mich bedeutet, dass sie sich bei manchen dann eben doch verbessert haben. Die der Schüler aber gravierend verschlechtert.
Was ist es denn nun? Neue Medien oder doch Corona?
“Lesekompetenz eines 10jährigen Kindes” – dieser “Richtwert” irritiert mich etwas. Welche 10jährigen Kinder wurden für diesen Richtwert herangezogen? Ich kenne 10jährige, die sehr schlechte Leser sind und 10jährige, die ganze Bücher lesen und verstehen. Wurde der Wert an jetzigen 10jährigen festgelegt, oder an denen von vor 10, 20 oder 30 Jahren? Das wäre schon wichtig, da die Leseleistungen der Grundschüler im Durchschnitt ja auch nicht so toll sind.
Viel interessanter: Warum steigen diese Erwachsenen dann immer in die Bildungspolitik ein und werden von ihren Parteien auch noch mit KuMi-Jobs belohnt?
Sorry, den konnte ich mir nicht verkneifen…
Ich merk das, wenn ich bei Kleinanzeigen inseriere. Keiner kann lesen (Augenroll)…
” Verschenke….” ” was letzter Preis?” : D
Nee, schlimmer!
Verkaufe Produkt für 20 Euro. 6,99 Versand per DHL.
Nachricht in korrektem Deutsch, ganz ohne Rechtschreibfehler:
Hallo! (Smiley) Was kostet das Produkt mit Versand? LG
Antwort: 26,99 Euro. Mfg
Danke für die schnelle Antwort, das ist leider über meinem Limit. LG.
Ungebildet? Langeweile? Strategie, um den Verkäufer zum Preis senken zu bringen? Keine Ahnung. Immerhin keine Ein-Satz-Frage und freundlich. Aber wer wirklich kaufen will, fackelt meist nicht lange und gibt auch seinen Namen an. Beim gleichen Produkt auch schon Unterhaltung mit 15 belanglosen Fragen eines Käufers, natürlich ohne Ergebnis. Wohl doch eher Langeweile als Dummheit…
Laut anderen Berichten landen die Erwachsenen deshalb über dem Durchschnitt, weil die Gruppe der 55 bis 65 jährigen einen Spitzenplatz einnehmen.
“Was man in Schulstudien sehe, setze sich im Erwachsenenalter fort.”
Das ist ja nun wirklich sehr ungewöhnlich.