Beziehen die Eltern zum Beispiel Wohn- oder Bürgergeld, haben die Kinder bei Bedarf ein Anrecht auf kostenlosen Nachhilfeunterricht. Aber viele Berechtigte wissen nichts von ihrem Anspruch. Berliner Schulen machen vor, wie durch Kooperationen zwischen Nachhilfeanbietern und Schulen die Berechtigten besser erreicht werden. Ein Schulleiter berichtet.

30 frisch eingewanderte Schülerinnen und Schüler lernen in den drei Willkommensklassen an der Fritz-Reuter-Oberschule (FRO) in Berlin-Lichtenberg-Hohenschönhausen. Aber nicht allen fällt der deutsche Spracherwerb leicht. Ein Teil der Jugendlichen besucht deshalb zweimal in der Woche nach der Schule den Studienkreis Hohenschönhausen/Wartenberg und vertieft dort mithilfe von Nachhilfe in kleinen Gruppen das Gelernte. Die Finanzierung dafür übernimmt der Staat – sie ist über das Gesetz für Bildung und Teilhabe (BuT) geregelt, über das der Staat unter anderem die Kosten für Schulausflüge, Mittagsverpflegung und eben auch Lernförderung übernimmt, wenn die Eltern Sozialleistungen erhalten.
Das Gesetz soll für mehr Bildungsgerechtigkeit und Teilhabe sorgen, erreicht aber viele Berechtigte nicht. Die Antragstellung ist kompliziert, insbesondere ihren Anspruch auf Lernförderung kennen viele Familien nicht. In Berlin hat sich ein Modell etabliert, dass den individuellen Anspruch auf BuT-Lernförderung besser zugänglich macht: Schulen kooperieren direkt mit Nachhilfeanbietern.
Förderbedarf wird im Lernentwicklungsgespräch abgefragt
„Als Schule arbeiten wir gern mit externen Kooperationspartnern zusammen, nicht nur mit dem Studienkreis, sondern auch zum Beispiel mit einem Imker oder einer Kunstschule, die am Nachmittag Aktivitäten anbieten“, sagt Jens Steer, Schulleiter der Fritz-Reuter-Oberschule.

Foto: Studienkreis
Zweimal im Jahr finden an der FRO Lernentwicklungsgespräche statt: Jedes Kind hat dann mit seinen Eltern einen Termin mit der Klassenleitung. Gemeinsam besprechen sie, ob das Kind in einzelnen Fächern Förderung braucht und welche Förderangebote am besten passen, zum Beispiel eine Teilnahme an einem von der Schule organisierten Prüfungscamp, Förderung am Nachmittag oder Nachhilfe. „Die Klassenleitungen wissen, welche Kinder einen Anspruch auf BuT-Leistungen haben. In der Vergangenheit haben nur Kinder aus den Willkommensklassen über BuT den Studienkreis besucht“, sagt Steer. „In Zukunft wollen wir das auch den BuT-berechtigten Jugendlichen in den Regelklassen bei Bedarf vorschlagen.“ Insgesamt 205 Schülerinnen und Schüler an seiner Schule haben einen Anspruch auf Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket.
So funktionieren die Kooperationen zwischen Schule und Nachhilfeanbieter
Die Fritz-Reuter-Oberschule ist nur eine von rund 250 Berliner Schulen, die mit dem Studienkreis kooperieren, ungefähr 2.500 Schülerinnen und Schüler nehmen dadurch jeden Monat BuT-Lernförderung in Anspruch. Seit 2018 haben etwa 15.000 Schülerinnen und Schüler in Berlin auf diesem Weg Förderung erhalten, die sich die Eltern nicht hätten leisten können.

Die Modelle der Zusammenarbeit sind dabei sehr unterschiedlich. Je nach räumlicher Entfernung und Bedarf kommen die Jugendlichen in die Nachhilfeinstitute oder umgekehrt deren Lehrkräfte in die Schulen. „Wir suchen mit den Schulen immer nach individuellen Lösungen“, sagt Bodo Pohl, Gebietsleiter Berlin beim Studienkreis. „An einigen Schulen bieten wir sogar am Vormittag Kurse für Kinder mit sehr geringen Deutschkenntnissen an, die dann aus dem regulären Unterricht herausgenommen werden.“ Darüber hinaus bietet der Studienkreis allen Schulen und deren Teilnehmenden die Förderung auch während der Sommerferien an. Feedback und Austausch mit den schulischen Lehrkräften ist beim Studienkreis immer möglich. „Wenn unsere Nachhilfelehrkräfte an die Schulen gehen, ist der Kontakt aber manchmal intensiver“, sagt Pohl.
Die Rahmenbedingungen gibt das Gesetz für Bildung und Teilhabe vor, die genaue Umsetzung liegt bei Bundesland oder Gemeinde. In Berlin ist einheitlich geregelt: Bescheinigt die Schule einem BuT-berechtigten Kind Förderbedarf, hat es Anspruch auf zweimal 90 Minuten Nachhilfe in der Woche bzw. täglich 180 Minuten in den Ferien. Maximal sechs Kinder lernen in einer Gruppe zusammen, werden dabei aber individuell betreut.
Mehr Bildungsgerechtigkeit durch Förderung in kleinen Gruppen
Ohne externe Partner, sagt Schulleiter Jens Steer, könne seine Schule kaum alle Förderangebote auf die Beine stellen – obwohl Förderung fest zum Konzept gehört, insbesondere seitdem an den integrierten Sekundarschulen das Sitzenbleiben abgeschafft wurde. „Wir haben schon alle Hände voll damit zu tun, Stellen neu zu besetzen, wenn Lehrkräfte in Pension gehen. Der Berliner Senat hat den Schulen ein umfangreiches Angebot an die Hand gegeben, das zum Beispiel pädagogische Assistenz, Unterrichtshilfen und Logopädie umfasst. Aber das erreicht ja nicht alle Schülerinnen und Schüler einer Klasse. Deshalb finde ich es sehr hilfreich, dass wir auch auf externe, individualisierte Förderangebote zugreifen können.“ Allein die geringeren Gruppengrößen in der BuT-Förderung seien schon ein wichtiger Indikator, um mehr Bildungsgerechtigkeit für die betroffenen Schülerinnen und Schüler herzustellen. „Deshalb bin ich sehr froh über dieses Angebot“, bilanziert Steer.
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