Bildungsausgaben: Kein anderes Bundesland wendet weniger Geld pro Schüler auf als…

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WIESBADEN. Das Statistische Bundesamt hat die Ausgaben der Bundesländer für die Ausbildung pro Schülerin und Schüler miteinander verglichen. Das Ergebnis: Ausgerechnet das bevölkerungsreichste Bundesland trägt die rote Laterne. Das zuständige Schulministerium hat eine andere Sicht. Der VBE beschreibt allerdings die Folgen.

Rote Laterne (Symbolfoto). Foto: Shutterstock

Nordrhein-Westfalen belegt bei den Ausgaben für die Ausbildung pro Schülerin und Schüler 2023 laut Bundesstatistik unter allen 16 Ländern den letzten Platz. Deutschlandweit gaben die öffentlichen Haushalte nach vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamts durchschnittlich 9.800 Euro für die Ausbildung einer Schülerin oder eines Schülers an einer öffentlichen Schule aus. In NRW waren es im Jahr 2023 demnach rund 8.900 Euro. Das sei unter allen Ländern am wenigsten pro Kopf, hieß es in Wiesbaden.

Zugleich wies das Bundesamt allerdings in puncto Vergleichbarkeit darauf hin, dass es Unterschiede unter den Ländern etwa bei Schulstruktur, Unterrichtsangebot, Schüler-Lehrer-Relationen oder auch Besoldungsstrukturen gebe. Die Ausgaben lagen 2023 nominal – nicht preisbereinigt – im Bundesschnitt etwa um 300 Euro höher als im Jahr zuvor.

Ministerin weist auf gewachsenen Schuletat hin

Nordrhein-Westfalens Schulministerin Dorothee Feller betonte, Bildung habe für die Landesregierung oberste Priorität. Auch in Zeiten knapper Kassen werde bei Kindern und Jugendlichen nicht gespart. NRW investiere so viel wie nie zuvor in die Bildung der jungen Generation. Der Schuletat wachse 2025 im Vergleich zum Vorjahr um 2,2 Milliarden Euro auf insgesamt 24,5 Milliarden Euro – ein Plus von fast zehn Prozent, sagte die CDU-Politikerin auf Anfrage. Es handele sich um den größten Einzelposten im Landeshaushalt. «Kein anderes Bundesland investiert einen so großen Anteil seines Haushalts in die Bildung. Und kein anderes Bundesland gibt pro Einwohner so viel Geld für Bildung aus wie wir.»

Für die Anhebung der Lehrkräftebesoldung stelle das Land bis 2026 insgesamt 900 Millionen bereit. Auch das werde sich langfristig auszahlen. Bei der Unterrichtsversorgung komme man Schritt für Schritt voran.

SPD und Gewerkschaft fordern mehr Geld für Schulen in NRW

Die Bildungsgewerkschaft VBE kritisierte, NRW belege schon seit 2010 den letzten Platz bei den Pro-Kopf-Ausgaben für die Schülerinnen und Schüler. Die Klassen seien zu groß, es fehlten weiterhin Lehrkräfte und Sonderpädagogen, eine Förderung in kleinen Lerngruppen sei Mangelware. Schwächen in den Grundkompetenzen beim Lesen, Schreiben und Rechnen seien weit verbreitet, zu viele junge Leute hätten keinen Schulabschluss. Das Land müsse mehr in seine Schulen investieren, forderte die Landesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung, Anne Deimel (siehe “Im Wortlaut”).

Auch die SPD-Opposition mahnte, nach mehreren Jahren als Schlusslicht bei der Schulfinanzierung müsse NRW die Mittel erhöhen. Es brauche wirksame Investitionen in die schulische Infrastruktur und eine klare Aufgabenteilung zwischen Bund, Land und Kommunen, wer was genau bezahle. News4teachers / mit Material der dpa

Im Wortlaut

Anne Deimel, Landesvorsitzende des VBE, kommentiert die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts Destatis mit Blick auf Nordrhein-Westfalen:

“Der Krankenstand an vielen Systemen ist hoch”: Anne Deimel, Landesvorsitzende des VBE. Foto: Caro Simon / VBE

„Die Landesregierung stellt hohe Anforderungen an die Schulen in NRW, stets mit der Begründung, dass die Ergebnisse in den Leistungsstudien – wie beispielsweise IQB oder IGLU – besser werden müssen. Die Schülerinnen und Schüler in NRW zeigen Schwächen in den Grundkompetenzen beim Lesen, Schreiben und Rechnen. Zu viele Schülerinnen und Schüler verlassen die Schule ohne Abschluss. Wer sich die Realität an vielen Schulen anschaut, stellt schnell beispielsweise folgende Herausforderungen fest:

  • Die Klassen sind zu groß.
  • Schülerinnen und Schüler erleben sich täglich in einer superdiversen Gemeinschaft.
  • Zeit für eine Förderung in kleineren Lerngruppen ist Mangelware.
  • Es gibt noch kein durchgehendes Konzept zur Förderung eines wertschätzenden Umgangs mit Mehrsprachigkeit.
  • Ausgebildete Lehrkräfte für das allgemeine Lehramt und für die Sonderpädagogik fehlen.
  • Kolleginnen und Kollegen aus den multiprofessionellen Teams finden sich zu oft im Vertretungsunterricht wieder und können nicht professionsspezifisch eingesetzt werden.
  • Je kleiner eine Schule, desto mehr schulinterne Aufgaben lasten auf den Schultern der Einzelnen.

Jeder dieser Aspekte führt dazu, dass der Krankenstand an vielen Systemen hoch ist, die Kolleginnen und Kollegen sind den Anforderungen nicht mehr gewachsen.

Die Landesregierung verfolgt ihr Ziel mit Vorgaben, die die Beschäftigten in den Schulen umsetzen sollen, ohne zusätzliche Unterstützung, ohne entsprechende Anrechnungsstunden, ohne eine Verkleinerung der Lerngruppen. Destatis zeigt, dass die Ausgaben für die Schülerinnen und Schüler in NRW bundesweit am niedrigsten sind. Mit dieser Situation kann niemand zufrieden sein.

In NRW ist es dringend geboten, das Schulsystem als Ganzes genau zu betrachten und an entscheidenden Stellen dafür zu sorgen, dass Schülerinnen und Schüler und die Beschäftigten Zeit für Selbstwirksamkeitserfahrungen und Lernen erhalten. Kleinere Klassen wären ein unerlässlicher erster Schritt.“

Menschen in NRW sind besonders unzufrieden mit Schulen – kein Wunder

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AlterHase
6 Monate zuvor

Das stammt alles noch aus Zeiten der SPD-Regierung in NRW. Die hat daran nie was ändern wollen.

anka
6 Monate zuvor
Antwortet  AlterHase

Und: Die Verantwortung für das Bildungsministerium lag bei: den Grünen.

ed840
6 Monate zuvor
Antwortet  anka

Ist aber nicht überraschend. Andere Bundesländern in denen diese Partei die Ministerien für Bildung und Finanzen führt liegen bei den Bildungsausgaben pro Schüler*in auch unter dem Bundesdurchschnitt.

Mimü
6 Monate zuvor

Was soll das Wort „ausgerechnet“ im Einleitungstext. Skaleneffekte sorgen dafür, dass große Bundesländer weniger Geld pro Schüler für Verwaltung, Lehrplanentwicklung etc. benötigen. Das Gegenteil von „ausgerechnet“ wäre also angebracht.

Mimü
6 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

NRW hat etwa 10 mal so viele Einwohner wie Hamburg. Selbst wenn es vier Bezirksregierungen gibt, ist das effektiver als Kleinstaaterei.

dickebank
6 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Hamburg hat aber zwei Verwaltungsebenen, die Senatsverwaltung und die Bezirksverwaltungen. Es gibt insgesamt 104 Bezirke.
Das gleiche gilt für Berlin. Die besonderheit bei den Stadtstaaten ist Bremen, das aus zwei Städten besteht – also auch zwei Kommunalverwaltungen hat.

dickebank
6 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Ihr Post erinnert mich an etwas Anderes. Ein Verfechter schlanker Strukturen, äußerte, dass Finnland nur eine staatliche Apothekenaufsicht hat, während das in NRW in fünf Aufsichtsbereiche (Regierungsbezirke) aufgeteilt ist. Der Gute hatte natürlich recht, übersah aber, dass Finnland weniger Einwohner und folglich auch weniger Apotheken hat als der kleinste Regierungsbezirk in NRW, also OWL (Ostwestfalen-Lippe).

Btw Bayern unterhält sieben Bezirksregierungen; Niederbayern, Oberbayern, Unterfranken, Mittelfranken, Oberpfalz und Schwaben.
Die Badenwürttemberger kommen mit vier aus (Stuttgart, Tübimgen, Freiburg und Karlsruhe).

ed840
6 Monate zuvor
Antwortet  Mimü

Geht aber auch in Flächenländern schon etwas mehr. Bayern hätte z.B. nach NRW die höchste Einwohnerzahl bei wesentlich niedriger Bevölkerungsdichte . Trotzdem in BY mit Abstand die höchsten Beträge/Schüler aller Flächenländer und mit +6% auch eine leichte reale Zunahme, während es in NRW inflationsbereinigt sogar weniger wäre als im Vorjahr.

ed840
6 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Brandenburg wäre nach meiner Definition allerdings auch ein Flächenbundesland und läge bei den Schülerleistungsvergleichen laut Bildungsmonitor 2024 einen Rang hinter NRW auf Platz 14 , dahinter dann Berlin und Bremen.

Hans Malz
6 Monate zuvor

Aber dafür wird das Geld doch besonders effizient ausgegeben. Da braucht man einfach weniger…

ed840
6 Monate zuvor

Ich würde bei dieser Thematik nicht eine Partei allein in der Pflicht sehen. Zwar lagen die Beträge in NRW auch zu dieser Zeit schon auf dem letzten Platz der Bundesländer, allerdings wurde das Bildungsmisterium damals nicht von der SPD geführt.

ginny92
6 Monate zuvor
Antwortet  ed840

Wenn wir ehrlich sind ist es doch schnurz pip egal welche Partei an der Macht in NRW war oder das Bildungsministerium hatte. Wirklich sinnvolle Dinge oder wirklich mehr Geld gab es nie.

Grumpy
6 Monate zuvor
Antwortet  ed840

Eine CDU geführte Landesregierung und eine FDP Schulministerin, beide für ihre Posten ungeeignet und planlos.
In NRW ändert und verbessert sich kaum etwas in Sachen Bildung und Inklusion.
Hier investiert man lieber Millionen in Meldestellen und macht das Volk zu Denunzianten. Bildung oder ordentliche Schultoiletten sind nicht so wichtig.

ed840
6 Monate zuvor
Antwortet  Grumpy

Es ging eigentlich darum, dass NRW bereits unter rot/grün bei den Bildungsausgaben pro Schüler*in Schlusslicht war.

ed840
6 Monate zuvor

Vielleicht ein schwacher Trost, aber wenn man beim Bildungsmonitor 2024 die “relativen Bildungsausgaben an allgemeinbildenden Schulen” betrachtet, läge NRW zumindest noch vor Hessen, Niedersachsen und Bremen.

OMG
6 Monate zuvor

Hessen ist mit 9600 unterm Schnitt, erwartet aber dafür von den Schulen die Spitzenposition. Erinnert ein wenig an Schalke 04

ed840
6 Monate zuvor
Antwortet  OMG

Wenn es allein nach der Höhe der Bildungsausgaben pro Schüler ginge, müsste Berlin in den Leistungsvergleichen an der Spitze liegen, Sachsen auf den Abstiegsrängen. Ist aber in der Realität ganz anders.

ed840
6 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Das mag sein, ändert aber nichts an dem Fakt, dass es keine eindeutigen Zusammenhänge zwischen der Höhe der Bildungsausgaben in den Bundesländern und der Rangliste in den Schulleistungsvergleichen gibt. Schülerbeförderungskosten fallen es übrigens auch in Sachsen und anderen Flächenbundesländern an.

OMG
6 Monate zuvor
Antwortet  ed840

Doch. Hessen zahlt knapp Durchschnitt und ist knapp Durchschnitt.

ed840
6 Monate zuvor
Antwortet  OMG

Ob man z.B. Rang 13 von HE bei IQB 2022 Lesen, knapp vor NRW, als “Mittelfeld” bezeichen möchte, wird individuell verschieden sein. Sachsen-Anhalt läge da z.B. auf Rang 4, trotz zweitniedrigster Ausgaben pro Schüler*in, Hamburg auf Rang 10 trotz zweithöchster Bildungsausgaben.