DÜSSELDORF. Nach einer aktuellen Umfrage der GEW nutzen bislang rund 90 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland ihren Privatrechner. Damit könnte bald Schluss sein: Nordrhein-Westfalen hat als erstes Bundesland angekündigt, sämtliche Lehrkräfte mit digitalen Endgeräten samt Software auszustatten. Das ist eine Hausnummer: In NRW unterrichten knapp 160.000 Lehrerinnen und Lehrer. Der Philologenverband begrüßt die Maßnahme.
Für die digitale Ausstattung der Schulen und benachteiligter Schüler in Nordrhein-Westfalen stellt die Landesregierung weitere 55 Millionen Euro bereit. Damit werde das Sofortausstattungsprogramm des Bundes, aus dem NRW gut 100 Millionen Euro bekomme, aufgestockt, sagte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Freitag im Schulausschuss des Landtags.
Mit dem Sofortprogramm soll in der Corona-Zeit und darüber hinaus vor allem Schülern aus einkommensschwächeren Familien die Teilnahme am Unterricht auf Distanz mit Laptops, Notebooks oder Tablets ermöglicht werden. Durch die Aufstockung der Hilfe werde eine Ausstattung mit Endgeräten für alle Schüler mit besonderem Bedarf ermöglicht, sagte Gebauer. Die Geräte verblieben im Eigentum der Schulträger. Auch nach einem Ende der Corona-Pandemie seien sie von Nutzen. Die Ministerin will am Montag Einzelheiten des Digitalisierungsprogramms der Schulen vorstellen.
Laschet: Alle Lehrer werden mit Endgeräten und Software ausgestattet
Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte vor dem Hintergrund der fortdauernden Corona-Krise zuvor verstärkte Investitionen in die Digitalisierung der Schulen angekündigt. Alle Lehrkräfte würden mit digitalen Endgeräten und Software ausgestattet, so kündigte der Regierungschef an. Die Mittel für Digitalisierungsvorhaben belaufen sich nach Angaben der Landesregierung auf insgesamt 381 Millionen Euro. Davon kommen 260 Millionen Euro aus Landesmitteln. Das Sofortausstattungsprogramm des Bundes für bedürftige Schüler und für Schulen in der Corona-Krise umfasst insgesamt eine halbe Milliarde Euro.
„Die Verantwortlichen in der Landesregierung, scheinen den Ernst der Lage in NRW erkannt zu haben“, meint Sabine Mistler, Landesvorsitzende des Philologenverbands. „Die Zeit der Provisorien und Insellösungen muss beendet werden. Lehren und Lernen auf Distanz ist nur dann möglich, wenn Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern die notwendigen Geräte und die erforderliche Software bereitgestellt werden. Dies scheint jetzt zeitnah möglich zu sein.“
Philologen: Präsenzunterricht muss immer Priorität haben
Die Landesregierung müsse jedoch auch perspektivisch dafür sorgen, dass die neu angeschafften Geräte extern gewartet und administriert werden. „Die Nutzung digitaler Endgeräte setzt angemessene pädagogische Konzepte und rechtliche Rahmenbedingungen zum Lernen auf Distanz voraus“, sagt Mistler. Und: „Bei allen Möglichkeiten der Digitalisierung muss dem Präsenzunterricht als sozialem Miteinander immer oberste Priorität eingeräumt werden.“
Das Saarland hatte bereits in der vergangenen Woche angekündigt: „Lehrerinnen und Lehrer werden wir mit digitalen Endgeräten ausstatten und digitale Arbeitsplätze in den Schulen schaffen – das Lehrerzimmer der Zukunft.“ Offen blieb dabei allerdings, ob damit alle Lehrkräfte des Landes gemeint sind.
Neun von zehn Lehrkräften in Deutschland müssen ihre privaten Endgeräte für dienstliche Zwecke nutzen – das ergab unlängst eine Befragung der GEW unter ihren Mitgliedern (News4teachers berichtete). Seit Jahren fordern Lehrerverbände die Ausstattung der Lehrer mit Dienstrechnern – so auch in NRW. „Wir fordern die Landesregierung auf, den Lehrkräften Computer, Tablets oder andere geeignete Endgeräte zur Verfügung zu stellen, die ausschließlich dienstlich genutzt werden. Die Wartung der Geräte gehört in die Hände von IT-Experten. Das sollte gerade im Hinblick auf die hohen Anforderungen an die Sicherheit personenbezogener Daten und die damit verbundenen Haftungsrisiken eine Selbstverständlichkeit sein“, so erklärte etwa Brigitte Balbach, Vorsitzende des Verbands lehrer nrw, schon vor zwei Jahren. News4teachers / mit Material der dpa
Alle Schulen in Nordrhein-Westfalen können ab sofort eine neue digitale Lernplattform für den Unterricht auf Distanz nutzen. Die NRW-Landesregierung habe das rechtssichere und kostenfreie Lernmanagementsystem aus der «Logineo»-Familie angesichts der Corona-Krise schneller als geplant fertig stellen können, teilte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) mit. Dies sei ein «großer Qualitätssprung» für das digitale Lernen und das Lernen auf Distanz.
Die neue Plattform «Logineo NRW LMS» basiert auf der gängigen Plattform «Moodle». Sie erweitert die webbasierte Arbeitsplattform «Logineo», die an bisher rund 825 Schulen in NRW eingesetzt wird. LMS könne aber unabhängig vom «Logineo»-Hauptsystem beantragt und genutzt werden, betonte Gebauer. Die Landesregierung habe ein Interesse daran, dass künftig alle Schulen auf die neue Plattform LMS setzten. Die Nutzung sei aber freiwillig. Zum Ende der Sommerferien könnten theoretisch alle Schulen Zugriff auf das neue System haben.
Unterrichtsmaterial bereitstellen und mit Schülern kommunizieren
Ähnlich wie bei «Moodle» können Lehrkräfte auf der neuen Plattform Unterrichtsmaterial wie Texte, Bilder und Videos bereitstellen, mit ihren Schülern kommunizieren und chatten. Sie können auch gesprochene Rückmeldungen zum Lernstand geben. Schüler können ihre Hausaufgaben auf der Plattform hochladen. Der Datenschutz sei gesichert, sagte Gebauer. Für die Nutzung sei weder ein Download noch die Installation spezieller Software nötig. Erklärvideos und Medienberater sollen den Schulen bei der Einführung der neuen Lernplattform helfen.
Eine Überlastung von «Logineo LMS», wenn alle Schulen und Hunderttausende Schüler in NRW auf die Plattform zugreifen, ist nach Einschätzung der IT-Experten des Schulministeriums nicht zu befürchten. Bei «Moodle» war es infolge der starken Nutzung in der Corona-Krise mehrmals zu Serverausfällen gekommen. Geeignet sei die neue Plattform für Schüler ab der 3. Klasse, hieß es weiter. Zusätzlich arbeitet das Schulministerium an einem Messengerdienst für Schulen sowie Lösungen für Videokonferenzen. Dabei gehe es nicht nur um das Lernen auf Distanz in der Corona-Krise, sagte Gebauer. Die Schulen in NRW sollten langfristig fit für digitale Medien gemacht werden.
„Logineo“ ging nach mehrjähriger Verzögerung Ende 2019 an den Start
Das Hauptsystem «Logineo» dient weiterhin als reine Arbeitsplattform. «Logineo» ging nach mehrjähriger Verzögerung Ende 2019 an den Start. Pro Monat werden derzeit rund 140 Schulen an «Logineo» angebunden. Lehrer bekommen über dieses System rechtssichere dienstliche Mail-Adressen und können in gemeinsamen elektronischen Kalendern Termine organisieren. In einem geschützten Cloud-Bereich kann Unterrichtsmaterial ausgetauscht werden. Notenlisten können in einem besonders geschützten «Datensafe» abgelegt werden. Bis 2022 sollen alle interessierten Schulen an die Arbeitsplattform angeschlossen werden.
Die Lernplattform LMS wurde speziell für NRW entwickelt. Sollten andere Bundesländer Interesse an der Plattform haben, «können wir gern ins Gespräch kommen», sagte Gebauer.
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Zum Saarland haben wir einen Absatz im Beitrag ergänzt, d. Red.
Das ist ein sehr gute Schritt in Richtung digitale Schule. Und das sollte auch in anderen Bundesländern „Schule machen“, damit wir endlich mal einen großen Schritt nach vorn hinkriegen.
Also, ich als NRW-Lehrkraft würde dieser vollmundigen Ankündigung erst glauben, wenn ich mein Dienst-Tablet/-Netbook real in der Hand hielte. Und da ich aus Niedersachsen bin, muss ich ohnehin erstmal auf eine gleichwertige Ankündigung meines Dienstherren warten – Herr Weil, Herr Tonne, jetzt sind Sie am Zug!
Dann bin ich mal gespannt mit welchen Restposten wir versorgt werden und welchen Softwarezwang es geben wird.
Wo will die „Chefin“ denn die 200.000 Tablets/Netbooks herbekommen. Das gibt entweder Ladenhüter oder Ärger mit den Kommunen, die ja die Geräte der Lehrkräfte erst einmal registrieren müssen, um diese in die Schulnetze zu integrieren.
Und dann kommt noch hinzu, dass die ersten ausgelieferten Geräte vermutlich veraltet sind, wenn die letzten Schulen ausgestattet worden sein werden. Dass in Unternehmen die Hardware in max. Fünf-Jahres-Rhythmen ausgetauscht werden, wird sich im MSB vermutlich erst zeitversetzt herum sprechen.
Wer wartet diese Rechner? Wer spielt geeignete Software auf? An wen muss ich mich wenden, wenn ich weitere nötige/geeignete Software aufspielen möchte? An wen kann ich mich wenden, wenn mein Endgerät nicht mehr funktioniert oder wenn es Probleme gibt?
Da wird es doch hoffentlich als Software und Betriebssystem Open- source Produkte geben…
Unwahrscheinlich. Das Betriebssystem wird im Falle von Notebooks wohl Windows 10 werden, alles andere hängt von den Lizenzen der Schulträger ab. Die Fragen von GriasDi sind aufgrund der Erfahrungen mit den Computern an meiner Schule berechtigt. Ergänzend muss man die Frage stellen, ob das Land die Dienstgeräte auch alle höchstens fünf Jahre oder so ersetzt.
Da das Land mit Sicherheit nicht die leichten, aber sehr teuren Business-Notebooks stellen wird, muss man sich auch an 1,5kg Zusatzgewicht zzgl. Ladegerät und möglicherweise unzureichendem Akku gewöhnen. Wir werden sehen …
Die Frage ist, ob es überhaupt Software geben wird.
Das wird die Schule aus dem normalen Haushalt bezahlen müssen und dafür anderes hinten anstellen.
Fürs Betriebssystem macht der Schulträger eine Vorgabe oder setzt es um, damit eventuelle Wartung oder Angebote genutzt werden können… OpenSource wird es dann bei uns nicht geben.
Jetzt freut euch doch einfach mal.
Immerhin muss jetzt keiner mehr in unserem Kollegium diese aufdringliche Genehmigung
für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten aus der Schule durch Lehrkräfte
zu dienstlichen Zwecken auf privaten ADV-Anlagen von Lehrkräften
gem. § 2 Abs. 2 VO-DV I / § 2 Abs. 4 VO-DV II unterschreiben.
Bis allerdings die Geräte da sind, wird es wohl noch Jahre dauern…
Digitale Endgeräte sind wichtig und richtig, um datenschutzkonform arbeiten zu können.
Ich glaube es auch erst, wenn ich es in der Hand habe.
Wie mit A13 in NRW. Versprechen kann man viel, wenn die Legislaturperiode lang ist.
Was die Endgeräte angeht, hoffe ich doch sehr, dass das kein Versuch sein soll, sich von der Notwendigkeit freizukaufen, ausreichend Lehrer für die anlaoge Ausbildung einzustellen.
Digital kann m.E. immer nur das Tüpfelchen auf dem i sein.
Zum Lesen- und Schreibenlernen braucht man immer noch Lehrer.
Wenn die Kids das i nicht schreiben und lesen können und obendrein kein Netz und/oder keinen Drucker haben, nützt uns digital gar nix und fahren wir im Zweifel weiter Arbeitsblätter rund. Die Leih-Endgeräte finden dann sicher auch andere Einsatzmöglichkeiten.
Da werden die Kinder schon kreativ sein.
Ziel kann auch nicht sein, dass Eltern oder größere Geschwister die Aufgaben machen, das Netz die Inhalte und Lösungen spendiert und der Computer die Rechtschreibung übernimmt.
Genau, ein ganzes Laptop voller Frickelsoftware für Kenner und Liebhaber, I love it…
Endlich.
Dazu hat’s erst Corona gebraucht. Oh man.
Jetzt braucht’s nur noch einen IT-ler (vom Land angestellt), der die Sache einrichtet und betreut.
Da kann man nur hoffen, dass die Endgeräte geleast werden und der Leasingvertrag auch den Support beinhaltet.
Genau das!
Mit 500€ einmalig pro Gerät klappt das aber nicht. Das wären eher 500€ pro Lehrkraft und Jahr.
Ich wollte immer schon ein MAC-Book haben. In diesem Sinne – immer ran damit! 😉
Für 500 € ?? Wohl eher nicht. Ich seh es schon kommen: die Schulträger kaufen für die LK ihrer Schulen in einer Großbestellung irgendein Billiggerät und lassen den Rest des Geldes in die allgemeine Kasse fließen. Software und Wartung müssen die Schulen dann aus ihrem Budget bezahlen, wodurch weniger Geld für andere Dinge da ist.