Städte schlagen Alarm: Es fehlen noch 130 000 Kita-Plätze

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BERLIN. Die Zeit wird immer knapper: In einem Jahr kommt die Betreuungsgarantie für Kleinkinder. Doch der Ausbau kommt weiter nur schleppend voran. Die Kommunen fürchten Klagewelle von Eltern.

Städte beklagen, dass noch zahlreiche Kita-Plätze für Kleinkinder fehlen; Foto: Thomas Pompernigg/Flickr (CC BY-SA 2.0)
Städte beklagen, dass noch zahlreiche Kita-Plätze für Kleinkinder fehlen; Foto: Thomas Pompernigg/Flickr (CC BY-SA 2.0)

Ein Jahr vor Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz für Kleinkinder fehlen bundesweit immer noch 130.000 Plätze. Bis zum 1. August 2013 brauche man 750.000 Plätze für unter Dreijährige, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg. Derzeit könnten aber erst 620.000 Plätze angeboten werden.

Der Präsident des Deutschen Städtetages, der Münchener Oberbürgermeister Christian Ude, warnte vor einem Scheitern des Projekts. «Die deutschen Städte haben große Zweifel, dass der Rechtsanspruch auf Betreuung für unter dreijährige Kinder in einem Jahr flächendeckend erfüllt werden kann,» sagte der SPD-Politiker den Dortmunder «Ruhr-Nachrichten». Es bestehe die Gefahr, dass im Sommer 2013 Eltern Klagen einreichten und Schadenersatz forderten. Bund und Länder stünden in der Pflicht, dies zu verhindern.

Auch Hannovers Oberbürgermeister Stephan Weil zeigte sich besorgt. «Der Staat hat mit dem Rechtsanspruch ein Versprechen gegeben, welches er nicht halten kann», sagte der SPD-Politiker.

Landsberg rechnet dagegen damit, dass in zwölf Monaten für die weitaus meisten Berechtigten ein Platz zur Verfügung steht. «Nicht in jedem Fall wird es aber möglich sein, das Kind in die Wunsch-Kita der Eltern zu bringen», schränkte er ein. Damit kämen auf die betroffenen Väter oder Mütter auch Fahrzeiten zu.

Vor allem in einigen Großstädten wird nach seinen Worten weiter nach geeigneten Gebäude gesucht. Deshalb müssten einige bürokratische Vorgaben in der Bauordnung abgeschafft werden. «Wer heute in einer Stadt eine Kita bauen will, braucht einen eigenen Spielplatz, obwohl der öffentliche Spielplatz eventuell gleich daneben ist», kritisierte er.

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Dringend müssten zudem zusätzliche Tagesmütter gewonnen werden. Auch in diesem Bereich sei vieles falsch gelaufen. So seien Tagesmütter seit dem 1. Januar 2012 sozialversicherungspflichtig. Früher hätten Erwerbslose bis zu zwei Kinder betreuen können, ohne dass ihnen die Einkünfte aus dieser Tätigkeit angerechnet worden seien.

Nach Landbergs Ansicht sind auch größere Anstrengungen der Wirtschaft erforderlich, um die angepeilte Quote von 39 Prozent bei den Kita-Plätzen zu erreichen. Unternehmen sollten mehr als bisher eigene Kindergärten bauen. Kleinere Firmen könnten sich etwa zusammentun, um gemeinsam eine Tagesmutter fest einzustellen. Dafür gebe es sogar staatliche Fördergelder.

Nach dem 2008 verabschiedeten Gesetz haben von August 2013 auch Eltern von Kindern zwischen dem ersten und dritten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf ein Betreuungsangebot in einer Kita oder bei einer Tagesmutter. Seit 1996 gilt in Deutschland der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz vom dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt.

In Hamburg haben Zweijährige schon seit Mittwoch einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Der Stadtstaat setzt damit die Garantie bereits ein Jahr früher um als bundesweit vorgesehen. Die Sozialbehörde geht davon aus, dass von September an etwa 20.200 Kinder unter drei Jahren eine Krippenbetreuung in Kitas oder in der Kindertagespflege in Anspruch nehmen werden. dpa

(1.8.2012)

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