Die Pensionierungswelle rollt an – dennoch herrscht kein Lehrermangel

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WIESBADEN/BERLIN. An den Schulen gehen immer mehr Lehrer in den Ruhestand: Die in den 70-er Jahren massenhaft eingestellten Pädagogen scheiden aus. An Nachwuchs fehlt es nicht. Doch zu viele Junglehrer wollen ans Gymnasium.

Noch nie sind so viele Lehrer aus dem Schuldienst ausgeschieden wie 2012. Und es werden in den nächsten Jahren noch mehr werden, sagte das Statistische Bundesamt voraus. Grund sind die hohen Einstellungszahlen und der gewaltige Ausbau des Schulsystems in den 70er Jahren.

Trotz aktueller Nachwuchsprobleme in einzelnen Fächern befürchten die Kultusminister jedoch keinen pauschalen Lehrermangel. Sie erwarten, dass bis 2025 pro Jahr im Schnitt knapp 26 000 Junglehrer eingestellt werden müssen. Dem stehen nach ihren Berechnungen durchschnittlich knapp 34 000 fertig ausgebildete Junglehrer gegenüber.

Schulleiterstellen sind wenig beliebt unter Lehrern. (Foto: Simon Brown/Flickr CC BY-SA 2.0)
Der Generationenwechsel in den Lehrerzimmern ist in vollem Gange. (Foto: Simon Brown/Flickr CC BY-SA 2.0)

Rund 24 400 verbeamtete Pädagogen wurden 2012 in den Ruhestand versetzt – «der höchste Wert seit Beginn der statistischen Erfassung im Jahr 1993», heißt es in der Mitteilung der Wiesbadener Statistiker. Allein im Vergleich zu 2011 erhöhte sich die Zahl um 17 Prozent.

Dabei sind die Einstellungschancen für Junglehrer von Bundesland zu Bundesland verschieden. Während in diesem Jahr in Bayern ein Großteil der ausgebildeten jungen Gymnasiallehrer trotz Prädikatsexamen keine Anstellung findet, sucht Berlin händeringend Pädagogennachwuchs. Allerdings ist in der Hauptstadt die Bezahlung schlechter.

Noch unterschiedlicher sind die Einstellungschancen, wenn man Schulformen und einzelne Fächer betrachtet. Händeringend werden bundesweit Berufsschullehrer gesucht. Die Länder stellen hier zunehmend Seiteneinsteiger ein. Auch für die Grundschulen gibt es bundesweit zu wenig Nachwuchskräfte.

Für die Gymnasien werden dagegen nach der Prognose der Kultusminister in den nächsten Jahren rund 40 000 Nachwuchspädagogen mehr erwartet, als die Länder einstellen wollen. Vor allem Lehrer für Deutsch, Englisch und Geschichte haben schlechte Einstellungschancen. Dagegen müssen sich Pädagogen mit Unterrichtsqualifikationen für Mathematik und Naturwissenschaften in keiner Schulform und in keinem Bundesland Sorgen machen, keinen Job zu finden.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) warf den Ländern «gravierende Fehlsteuerung» vor. «Es werden viel zu viele Lehrkräfte für Gymnasien ausgebildet. An anderen Schularten wird es dagegen eng», sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. Die Länder müssten den Hebel umlegen. Tepe: «Dafür sind eine einheitlich gute Bezahlung sowie eine gute und gleichwertige Ausbildung für alle notwendig.» Für Inklusion und Ganztagsschulen würden zudem deutlich mehr Lehrer benötigt.

Beim Bildungsgipfel im Oktober 2008 hatten die Regierungschefs der Länder versprochen, die durch den Schülerrückgang in den Bildungshaushalten entstehende «demografische Rendite» weitgehend für Qualitätsverbesserungen in den Schulen zu nutzen. Doch in mehreren Bundesländern werden Lehrerstellen gestrichen. Die Rendite könnte sich laut Nationalem Bildungsbericht bis 2025 auf bis zu 20 Milliarden Euro pro Jahr belaufen.

Laut Statistischem Bundesamt wurden 2012 so wenige Lehrkräfte wie nie zuvor wegen Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt: Nur bei 15 Prozent der Pensionierungen war dies der Fall. In den 1990er Jahren war dies zum Teil über die Hälfte der Lehrkräfte. Seit Einführung des Versorgungsabschlages gibt es bei vorzeitiger Pensionierung weniger Pension. Im Schnitt waren die 2012 pensionierten Lehrkräfte 63,1 Jahre alt, bei Dienstunfähigkeit 58,4 Jahre. Sandra Trauner/Karlheinz Reith dpa

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