Apple und Microsoft werben auf Didacta-Messe um Lehrer und Schüler

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STUTTGART. Auf der Bildungsmesse Didacta stellen große IT-Konzerne Angebote für den Unterricht vom Kindergarten bis zur Berufsschule vor. Der Philologenverband freut sich über digitale Hilfen, warnt aber auch vor Abhängigkeiten.

Das Geschäft mit der schulischen Bildung ist in Deutschland ein Markt von 419 Millionen Euro – und zugleich Türöffner für den Zugang zur Kundschaft von morgen. Auf der Stuttgarter Bildungsmesse Didacta präsentieren sich denn auch die großen Firmen der IT-Branche, um für ihre Angebote zu werben. Lehrer betrachten das Engagement von Microsoft oder Apple mit ambivalenten Gefühlen. Einig ist sich die Branche, dass auch die beste Plattform für digitale Wissensvermittlung den persönlichen Unterricht nicht ersetzen kann.

«Wir werden es nicht erleben, dass der gesamte Unterricht in die Cloud verlegt wird», sagt Marianne Janik, die bei Microsoft Deutschland für den öffentlichen Sektor zuständig ist. Die Cloud ist ein System weltweit verteilter Rechenzentren, die ihre Inhalte oder andere Dienste über das Internet bereitstellen.

«Aber wir werden in den nächsten drei bis fünf Jahren sehen, dass der traditionelle Unterricht im Klassenzimmer revolutioniert wird.» Janik erwartet, dass die reine Wissensvermittlung zunehmend im Internet stattfindet – der Transfer mit Übungen im Miteinander von Schülern und Lehrern werde weiter im Klassenzimmer stattfinden.

Die "didacta" ist Europas größte Bildungsmesse. Foto: Koelnmesse Bilddatenbank
Die „didacta“ ist Europas größte Bildungsmesse. Foto: Koelnmesse Bilddatenbank

Zur Didacta stellt Microsoft mit dem Schulbuchverlag Cornelsen eine neue Unterrichtsplattform namens Scook vor. Dort können Lehrer auf digitale Ausgaben aller rund 300 Schulbücher des Verlags zugreifen und von jedem Ort aus für ihre Unterrichtsvorbereitung nutzen – sofern sie die Printausgabe gekauft haben. Microsoft hat die Internet-Plattform eingerichtet und integriert dort seine auf die Online-Nutzung ausgerichtete Büroverwaltungssoftware Office 365. Später soll die Plattform auch für Schüler geöffnet werden.

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Das digitale Klassenzimmer als Wunschtraum sei für zahlreiche Schüler in Deutschland schon heute Wirklichkeit, heißt es bei Apple, wo das iPad als Lernplattform betrachtet wird. Regelmäßig eingesetzt wird der Tablet-Computer an 160 Schulen – das sind 0,5 Prozent aller Schulen. Auf der Didacta wird demonstriert, wie er vom Kindergarten über Grundschule und Sekundarstufe II bis zur Berufsschule genutzt werden kann. An verfügbaren Lerninhalten führt Apple mehr als 65 000 Apps und mehr als 500 000 kostenlose Vorlesungen oder Videos bei iTunes U an, der Unterrichtsplattform im Apple-Shop iTunes.

Und wer zahlt das mehrere hundert Euro teuere iPad, wenn es als Lernmittel in der Schule eingeführt wird? Das sei eine von vielen offenen Fragen, antwortet Cord Santelmann. Der Referent für Medien und Informationstechnologie im Philologenverband Baden-Württemberg, in dem vorwiegend Gymnasiallehrer organisiert sind, betrachtet die Didacta-Auftritte der IT-Giganten mit gemischten Gefühlen. Ein anderer kritischer Punkt: Da alle Apps für das iPad von Apple gebilligt werden müssten, finde letztlich eine inhaltliche Kontrolle durch den Anbieter statt.

Lehrer begrüßen es nach den Worten Santelmanns, wenn Lehrbuchinhalte digital zur Verfügung gestellt würden. «Es ist aber trotzdem zwiespältig, wenn man sich als Lehrkraft ebenso wie als staatliche Schulverwaltung in ein Vertragsverhältnis mit privaten Firmen begibt, das dann automatisch Abhängigkeiten erzeugt.»

«Es geht nicht darum, Verlage und IT-Firmen auszubooten», sagt der Lehrer für Französisch, Spanisch und Geschichte am Karl-von-Frisch-Gymnasium in Dußlingen (Kreis Tübingen). «Aber es sollte vom Staat geförderte Open-Source-Bildungsprojekte geben.» Bei solchen Projekten kann jeder Nutzer in den Quellcode einer Software schauen und diese frei an eigene Bedürfnisse anpassen. Das Pendant bei den Inhalten sind «Open-Educational-Resources» – frei verfügbare Lernmaterialien, die von den Nutzern weiterentwickelt werden. Peter Zschunke/dpa

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