Schulleiter gesucht – Wer will den Job noch machen?

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ERFURT. Fehlende Bewerber auf dem Land, Konkurrenzklagen in großen Städten: Die Suche nach Schulleitern ist kompliziert. Gewerkschaften wollen mehr Transparenz und schnellere Entscheidungen. Eine Umfrage aus Thüringen.

Drei Wochen nach Schulbeginn sind an Thüringens Schulen etliche Leitungsposten unbesetzt. «Wir suchen derzeit bei rund 800 allgemeinbildenden Schulen etwa 60 Schulleiter, die Hälfte davon in Grundschulen», sagte der Sprecher des Bildungsministeriums, Gerd Schwinger. Dafür liefen Bewerbungs- oder Auswahlverfahren. «Eine Besetzung lässt sich nicht übers Knie brechen.» Die beiden Lehrergewerkschaften monierten die teilweise monatelangen Hängepartien. Sie forderten weniger Bürokratie und vor allem für Grundschulleiter auf dem Land bessere Bedingungen. Die evangelischen Schulen haben nach eigenen Angaben alle einen Leiter.

Aus Sicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und des Thüringer Lehrerverbandes muss das Auswahlverfahren reformiert und transparenter werden. «Wenn jemand in den Ruhestand geht, dann weiß ich das nicht nur ein Jahr im Voraus», sagte der Vorsitzende des Lehrverbandes, Rolf Busch. «Wir müssen es hinkriegen, dass sich der alte und der neue Leiter noch die Hand geben können.» Ein Problem: Nach 1990 sei die Mehrzahl der neuen Schulleiter zwischen 40 und 50 Jahre alt gewesen. Die kämen jetzt ins Rentenalter. Das Land bemühe sich jedoch, die Ausschreibungen schneller als in den Vorjahren durchzuziehen, meinte Busch.

In vielen Staaten mussten Lehrer in den vergangenen Jahren Gehaltskürzungen hinnehmen. Foto: Fred Rockwood / flickr (CC BY-SA 2.0)
Schulleitung ist ein Job für Überzeugungstäter. Foto: Fred Rockwood / flickr (CC BY-SA 2.0)

Nach Angaben von Schwinger sind dem Ministerium da rechtlich die Hände gebunden. Es dürfe erst eine Stelle für einen Nachfolger ausschreiben, wenn die Leiterstelle frei ist. «Jede Einrichtung hat jedoch zu jeder Zeit eine handlungsfähige Schulleitung», betonte das Ministerium. Dafür gebe es Stellvertreter. Die Gewerkschaften sehen das anders. Kleinere Schulen hätten oft auch keinen Stellvertreter. Und wenn, dann müssten die zudem für die zusätzliche Arbeit auch vergütet werden, forderten sie. Oft gebe es auch nur stundenweise eine Sekretärin oder einen Hausmeister. «Der Schulleiter wird verantwortlich gemacht und darf im Endeffekt Verantwortung gar nicht tragen», betonte Busch.

«Die Säge klemmt vor allem in Grundschulen auf dem Land abseits der Städte», erklärte der stellvertretende GEW-Vorsitzende Rüdiger Schütz. Weil die Posten teils unattraktiv und mit hoher Belastung verbunden seien, müssten sie oft mehrmals ausgeschrieben werden. Ganz anders sei die Situation bei den Regelschulen und Gymnasien, meinten Gewerkschaften und Ministerium einhellig. In Jena und Erfurt zum Beispiel gebe es einen regelrechten Wettbewerb um die Posten. Konkurrentenklagen verzögerten dort manchmal über Monate die Neubesetzung und beschäftigten die Gerichte, sagte Schütz. Er ist seit 2007 Leiter der Integrierten Gesamtschule Grete Unrein in Jena, in der Kinder von der 5. bis zur 13. Klasse gemeinsam lernen.

Im Staatlichen Schulamt Gera, das für die Städte Jena und Gera und vier Landkreise verantwortlich ist, kann man ein Lied davon singen. Zwischen fünf- und siebenmal müsse bei Grundschulen wegen fehlender Bewerber ausgeschrieben werden, sagte Schulamtsleiter Berthold Rader. In Greiz zögen Pädagogen zum Beispiel besser dotierte Stellen im nahen Bayern vor. Bei den Förderschulen stelle sich das Leiterproblem erst wieder in einigen Jahren. Problematisch seien bei Berufsschulen die Konkurrentenklagen.

Die Evangelische Schulstiftung in Mitteldeutschland kennt dieses Problem nicht. «Alle Leiterstellen sind besetzt», sagte Personalreferentin Katy Geißler. Zudem seien die Mitarbeiter vergleichsweise jung. «Der Altersdurchschnitt der Schulleitungen liegt bei 46 Jahren.» Das stiftungseigene Führungskräfteprogramm bereite vor allem junge Leute auf Leitungsaufgaben vor. Dies vermissen die Gewerkschaften für staatliche Schulen. Antje Lauschner

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