GEW empört: Bildungsministerin Ernst will «Schul-TÜV» wieder einführen

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KIEL. Knapp hundert Tage ist Britta Ernst nun Bildungsministerin in Schleswig-Holstein. Sie will den Schul-TÜV und Bildungsberichte wieder einführen, im Kern aber die Politik ihrer Vorgängerin weiter fortsetzen. Nicht nur die Opposition zeigt sich enttäuscht.

"Abschaffung war ein Fehler": Britta Ernst. Foto: SPD Schleswig-Holstein / flickr (CC BY 2.0)
„Abschaffung war ein Fehler“: Britta Ernst. Foto: SPD Schleswig-Holstein / flickr (CC BY 2.0)

Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) will in Schleswig-Holstein wieder den sogenannten Schul-TÜV einführen. Es gebe eindeutig den Bedarf externer Überprüfungen (Evaluationen), sie seien ein wertvolles Unterstützungsinstrument für schulische Arbeit, sagte Ernst am Montag in Kiel. Die komplette Abschaffung des alten Verfahrens EVIT im Jahr 2009 sei ein Fehler gewesen. Ernst kündigte an, noch in dieser Wahlperiode ein entsprechendes Angebot einzuführen, allerdings auf freiwilliger Basis. Schleswig-Holstein ist derzeit das einzige Bundesland ohne Schul-TÜV.

Derzeit werde mit Schulleitungen und dem Institut für Qualitätssicherung an Schulen an einem Modell gearbeitet. «Wir wollen die Fehler des ersten Systems vermeiden», versicherte Ernst. So soll der Schwerpunkt mehr auf dem Unterricht und dem Lernen liegen, der Aufwand für Dokumentationen «auf jeden Fall» reduziert werden. Die GEW sieht die Ministerin «auf dem falschen Dampfer». Der Schul-TÜV sei «nach nur kurzer Lebensdauer zu Recht wieder einkassiert worden», meinte GEW-Landesvorsitzender Matthias Heidn. Aufwand und Nutzen hätten in keinem vernünftigen Verhältnis gestanden.

Darüber hinaus will Ernst künftig wieder alle zwei Jahre einen Bildungsbericht vorlegen, der Entwicklungen und Probleme aufzeigt. Denn für die Debatte über die richtige Bildungspolitik sei eine Grundlage nötig, sagte Ernst. Der erste Bericht soll 2016 erscheinen.

Ernst, die Mitte September die Nachfolge von Waltraud Wende (parteilos) als Bildungsministerin antrat, zog eine positive Bilanz ihrer ersten knapp hundert Tage im Amt. Eltern und Schüler fänden ein leistungsfähiges und vielfältiges Schulsystem vor. Mit dem zweigliedrigen Schulsystem habe Schleswig-Holstein eine gute Grundlage geschaffen, um den freien Zugang zu Bildung und die Durchlässigkeit im System zu gewährleisten.

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Neben der Verbesserung von Schule und Unterricht etwa durch Evaluationen nannte Ernst drei weitere Schwerpunkte für die restliche Legislaturperiode: Das Werben für die berufliche Bildung, das Lernen in einer digitalen Gesellschaft sowie die Inklusion. Bei letzterem gehe es nicht mehr um eine Steigerung der Quantität, sondern um eine schrittweise Verbesserung der Qualität.

Die Umsetzung des noch von Wende vorgelegten Inklusionskonzeptes werde durch Bildungsdialoge begleitet und auch ein Runder Tisch zur Inklusion werde Anfang 2015 wieder einberufen. Details, etwa welche Aufgaben die Schulassistenzen ab dem kommenden Schuljahr genau übernehmen sollen, konnte Ernst noch nicht nennen. Sie sei aber überzeugt, «dass wir die Schulen stärken werden».

Die CDU-Bildungsexpertin Heike Franzen zeigte sich enttäuscht: «Keinen Erlass, keine Verordnung, kein Gesetz ihrer gescheiterten Vorgängerin will Britta Ernst ändern. Sie hat damit jeden eigenen Gestaltungsanspruch abgegeben.» Franzen bemängelte, dass die Wiedereinführung von Schulevaluationen und Bildungsberichten nicht ausreiche, um für mehr Qualität an den Schulen zu sorgen. Das Hauptproblem an den Schulen sei, dass die Landesregierung mit ihrem Schulgesetz enorme Mehrbedarfe an Stellen geschaffen habe.

Die FDP-Politikerin Anita Klahn meinte, es wäre an der Zeit, auf die Interessen der Schülerinnen einzugehen. «Stattdessen wird ideologisch in Stein gemeißelt, was einzig rot-grün-blau als richtig ansieht.» GEW-Landeschef Heidn hätte sich klarere Worte etwa zu den geplanten Schulassistenten gewünscht: «Was sollen sie tun? Welche konkrete Qualifikation sollen sie mitbringen?» dpa

Zum Bericht: 100 Tage Ernst: GEW zieht eigenes Fazit zur Leistung der Bildungsministerin

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