Chronobiologe: Früher Schulbeginn benachteiligt besonders postpubertäre Jungs

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FRANKFURT/MAIN. Schon lange fordern Schlafforscher erfolglos einen späteren Schulstart. Doch auch Lehrer können dazu beitragen, die Benachteiligung der „Eulen“ unter ihren Schülern zu verringern.

Die Schule hat wieder begonnen und die meisten Schüler stöhnen: Jetzt müssen sie wieder früh aufstehen und sich müde zur Schule schleppen. Vor allem männliche Jugendliche belastet der Unterrichtsbeginn um 8.00, sagt Prof. Horst-Werner Korf, der Direktor des Senckenbergischen Chronomedizinischen Instituts in Frankfurt. Er hat aber auch ein paar Tipps, um den «Eulen» unter den Schülern das Leben zu erleichtern.

Biorhythmus gegen Sozialrhythmus, das betrifft besonders postpubertäre Jungs. Foto: Seabamirum/Flickr (CC BY 2.0)
Biorhythmus gegen Sozialrhythmus, das betrifft besonders postpubertäre Jungs. Foto: Seabamirum/Flickr (CC BY 2.0)

«Grundschulkinder kommen in der Regel mit dem frühen Schulstart sehr gut klar», sagt der Mediziner, der sich der Chronobiologie verschrieben hat. Die innere Uhr ticke nicht nur bei jedem Menschen anders, sondern könn sich auch im Laufe des Lebens verändern. Häufig passiert das in der Pubertät: «Kleine Kinder sind fast immer Lerchen», sagt Korf. «In der Pubertät werden dann viele zu Eulen.» Lerchen stehen früh auf, Eulen bleiben lang wach. Und daran kann man nichts ändern: «Keiner kann auf Dauer gegen seine biologische Uhr leben.»

Der traditionell frühe Schulbeginn kommt Lerchen entgegen, ist für Eulen aber «absolut kontraproduktiv», sagt Korf. Wenn sie um 8.00 in der Schule sitzen müssen, bringen sie ein Schlafdefizit mit. «Aber Schlaf ist wichtig für die kognitive Leistung und das Gedächtnis.» Eulen werden also benachteiligt, «weil ihr Biorhythmus gegenüber dem Sozialrhythmus verschoben ist». Da besonders postpubertäre Jungs häufig zu den Eulen zählen, könnte das auch ein Grund sein, dass deren schulische Leistungen oft schlechter sind.

Chronobiologen fordern schon lange einen späteren Schulstart, «aber es passiert nix», bedauert Korf. Dennoch könnten die Schulen etwas tun, ohne an den Grundfesten zu rütteln. Lehrer könnten zum Beispiel Prüfungen nicht früh am Morgen schreiben, sondern «in einem Zeitfenster, wo beide Typen die gleiche Leistungsbereitschaft habe – das ist etwa zwischen 10.00 und 10.30 Uhr». Einen Tipp für Eulen hat Korf auch: «Vermeiden Sie blaues Licht am späten Abend: Handy aus.» (dpa)

“Besser erst um neun”: Schlafforscher fordern späteren Unterrichtsbeginn in Deutschland – vor allem Pubertierende leiden

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4 Kommentare
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xxx
6 Jahre zuvor

Die Schlafforscher scheinen zu übersehen, dass Grundschulkinder sehr häufig von den Eltern vergleichsweise früh ins Bett gesteckt zu werden. Bei pubertierenden Jugendlichen ist das bei noch immer ähnlichen Schlafbedarf anders. Und selbst wenn, kann YouTube auf dem Smartphone bis weit nach Mitternacht wach halten. Mit Lerchen oder Eulen hat das eher wenig zu tun.

Küstenfuchs
6 Jahre zuvor

Ich frage mich ernsthaft, wie Schule mit einem moderaten Beginn um 8 Uhr auf das Leben vorbereiten soll, wenn sie auf der anderen Seite auf jede individuelle Befindlichkeit Rücksicht nehmen soll.
An solche Dinge denken diese Schlaf“forscher“ aber wohl eher nicht.

Pälzer
6 Jahre zuvor

Belastet eine Bäckerlehre postpubertäre Jugendliche eigentlich auch?

Pälzer
6 Jahre zuvor

Langsam kommt eine Erinnerung hoch: gab es diese Meldung – oder sehr sehr ähnliche Meldungen – nicht schon ein, zwei, mehrmals? Sehr geehrte Redaktion, ist Ihnen das Thema sehr wichtig?