Im Überblick: Die Politiker, die Deutschlands Schulen regieren

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BERLIN. Jetzt ist die wieder komplett: die Riege der Kultusminister in Deutschland. Mit der Berufung von Sandra Scheeres zur neuen Bildungssenatorin von Berlin ist wieder eine Sozialdemokratin in die Runde gekommen.

Tatsächlich stellt die SPD mittlerweile neun der 16 Bildungsminister in den Ländern, die CDU nur noch zwei – so viele wie die Grünen und die FDP. Dazu kommt der Bayer Ludwig Spaenle von der CSU. In diesem Jahr gab es wieder viel Fluktuation an den Spitzen der Schulministerien. Anlass genug, um sie alle mal vorzustellen: die Politiker, die Deutschlands Schulen regieren. Teil eins unserer auf vier Folgen angelegten Serie.

Von links: Bernd Althusmann (CDU), Sandra Scheeres (SPD) und Doris Ahnen (SPD).Foto links: Kultusministerium Niedersachsen, Foto Mitte: Senatsverwaltung für Bildung Berlin, oto rechts: Marc Bleicher / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)
Von links: Bernd Althusmann (CDU), Sandra Scheeres (SPD) und Doris Ahnen (SPD).Foto links: Kultusministerium Niedersachsen, Foto Mitte: Senatsverwaltung für Bildung Berlin, Foto rechts: Marc Bleicher / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Die Dienstälteste: Doris Ahnen (SPD)

Vor bereits 15 Jahren wurde die ehemalige stellvertretende Juso-Bundesvorsitzende Doris Ahnen Staatssekretärin im Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung von Rheinland-Pfalz – vor zehn Jahren berief sie Ministerpräsident Kurt Beck dann auf den Chefsessel. Die mittlerweile dienstälteste Bildungsministerin in Deutschland macht ihren Job so souverän, dass sie immer wieder als Nachfolgerin von Beck gehandelt wird. Die Spekulation wurde unlängst wieder befeuert: Beim jüngsten Bundesparteitag der SPD wurde Ahnen (47) in den Bundesvorstand ihrer Partei gewählt – mit dem besten Ergebnis aller Vorstandmitglieder.

Die Unbekannte: Sandra Scheeres (SPD)

Mehrere Wochen lang dauerte es, bis Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit mitteilen konnte, wer die Nachfolge des aus Altersgründen ausgeschiedenen Jürgen Zöllner antreten wird. Offenbar fand sich niemand so schnell bereit für das schwierige Amt. Jetzt aber doch: Sandra Scheeres (41) heißt die neue Senatorin für Bildung, Jugend und Wissenschaft des Landes Berlin. Sandra wer? Die Sozialdemokratin ist ein weitgehend unbeschriebenes Blatt: Sie war Ratsfrau in ihrer Heimatstadt Düsseldorf, saß zuletzt fünf Jahre lang im Berliner Abgeordnetenhaus, ist ausgebildete Erzieherin und studierte Pädagogin. „Ich komme jetzt nicht hierher und sage juhu, ich habe in jedem Bereich die Weisheit mit Löffeln gegessen. Ich werde mich einarbeiten, ich werde mich beraten lassen, aber ich bringe auch Sachkenntnis und Ideen mit“, sagte sie dem „Tagesspiegel“.

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Der Davongekommene: Bernd Althusmann (CDU)

Einige Monate lang lag das Schicksal des Politikers Bernd Althusmann (45) in den Händen einer Kommission der Universität Potsdam. Die prüfte nämlich die Dissertation des Pädagogen und Betriebswirtes auf Diebstahl geistigen Eigentums. Ein Kultusminister, der abschreibt? Wäre natürlich untragbar gewesen. Umso erleichterter dürfte Althusmann gewesen sein, als das Ergebnis verkündet wurde: erhebliche Mängel, hieß es, aber kein Plagiat. Althusmann darf seinen Doktortitel behalten – und Kultusminister von Niedersachsen bleiben. Das ist er seit eineinhalb Jahren, dazu jetzt auch noch (turnusmäßig) Präsident der Kultusministerkonferenz. Das klingt gut und lenkt ein wenig von den Problemen im eigenen Haus ab: Die Staatsanwaltschaft interessiert sich derzeit für Verträge mit Hilfskräften an Ganztagesschulen, für die jahrelang – offenbar auf Empfehlung des Kultusministeriums – keine Rentenabgaben gezahlt wurden. Und beim Thema Inklusion verrenkt sich Althusmann gerade bei dem Versuch, das alte Schulsystem mit der UN-Behindertenrechtskonvention in Einklang zu bringen.

Der Lehrergewerkschafter: Klaus Kessler (Grüne)

Als grüner Bildungsminister in einer Jamaika-Koalition, also in einem Verbund von CDU, FDP und Grünen, ist es nicht so leicht, Profil zu zeigen. Immerhin: Mit dem ehemaligen Zeitsoldaten Klaus Kessler (60), der 20 Jahre nach seinem Wehrdienst denselben dann noch mal demonstrativ verweigerte, verbindet sich im Saarland immerhin das Projekt der Gemeinschaftsschule, die die Grünen als „kleine Schwester der Gesamtschule“ flächendeckend in Deutschland realisieren wollen. Auffällig ist, wie schonend die gerne auch mal schrill auftretende Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mit dem Minister umgeht – klar, ein bisschen Kritik darf nicht fehlen, aber es wird stets auch das Verbindende betont. Kein Wunder:  Kessler war bis zu seiner Berufung zum Minister selber 17 Jahre lang Landesvorsitzender der GEW.

Der Antifaschist: Mathias Brodkorb (SPD)

Als Abgeordneter im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern schaffte es Mathias Brodkorb (SPD) immer wieder, Rechtsradikale zu provozieren – mit der Internet-Platform „Endstation Rechts“ und vor allem mit dem Satire-Projekt „Storch Heinar“. Der Comic-Vogel mit Hitler-Bärtchen und Seitenscheitel, dessen Name der unter Neonazis beliebten Modemarke „Thor Steinar“ angelehnt ist, kommt schon mal auf einem martialischen Wappen mit Stahlhelm dahergeflogen – eier- statt bombenwerfend. Brodkorb wurde von „Thor Steinar“ verklagt. Vergeblich. Die Richter attestierten dem studierten Philosophen, der auch Lehraufträge an der Uni Rostock übernahm, sich mit seinen Aktionen innerhalb des Rechts auf Meinungsfreiheit zu bewegen. Dass die NPD dann trotzdem wieder in den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern einzog, ließ Brodkorb nicht resignieren. Man darf gespannt sein, wie der 34-Jährige, der schon 2003 von der Zeitschrift „Neon“ zu den 100 wichtigsten Deutschen gezählt wurde, jetzt sein Engagement gegen Rechtsextreme fortsetzen wird: Er ist seit Oktober Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Mecklenburg-Vorpommern.

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