Entschädigungen an Odenwaldschule: Wenige Opfer melden sich

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HEPPENHEIM. Weniger Opfer sexuellen Missbrauchs als erwartet haben sich bisher bei der zuständigen Stiftung an der Odenwaldschule im hessischen Heppenheim gemeldet.

«Bis jetzt sind es 20, die eigentlich am schlimmsten Betroffenen», bilanzierte die Vorsitzende von «Brücken bauen», Ingelore König-Ouvrier (66), ein Jahr nach Gründung der Stiftung in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. «Manche möchten nicht daran erinnert werden, haben mit der Vergangenheit abgeschlossen. Andere schaffen es nicht, obwohl sie dafür juristische Hilfe bekommen könnten.»

Goethehaus der Odenwaldschule; Foto: Mussklprozz / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)
Goethehaus der Odenwaldschule; Foto: Mussklprozz / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

An dem renommierten reformpädagogischen Internat hat es einem Abschlussbericht zufolge vor Jahrzehnten Übergriffe von Lehrern auf 132 Schüler gegeben. Die Taten gelten juristisch als verjährt, sie kamen erst später an die Öffentlichkeit. Opfer-Vertreter gehen von einer hohen Dunkelziffer aus.

Bisher sind nach Ansicht von König-Ouvrier «beträchtliche Summen geflossen». Zu den bereits zuvor erwähnten 130 000 Euro kämen noch einmal 94 000 Euro hinzu. Opfer hätten zwischen 4000 und 20 000 Euro bekommen. Allerdings: «Das Stiftungskapital von 100 000 Euro musste nicht angetastet werden.» Der Trägerverein der Odenwaldschule habe nach einer ersten Überweisung noch einmal 250 000 Euro zugesagt. «Die werden wir jetzt in Anspruch nehmen und einfordern.»

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Die Vorsitzende der Mitte Juli 2011 gegründeten Stiftung rechnet damit, dass der Missbrauch «uns sicherlich noch weiter in Atem halten wird». Der Opfer-Verein «Glasbrechen» stehe der Stiftung kritisch gegenüber. Er hatte sie auch schon als «Pseudo-Stiftung» bezeichnet. König-Ouvrier sagte dazu: «Die Ressentiments sind wohl ein wenig abgebaut, aber immer noch nicht völlig verschwunden.»

«Glasbrechen» bleibt bei seinem Standpunkt: Der Ansprechpartner sei weiterhin der Trägerverein der Odenwaldschule, nicht die Stiftung. Die Schule habe die Aufarbeitung wie auch die Entschädigungszahlungen zu verantworten, teilte «Glasbrechen» mit. Mit «Brücken bauen» werde dies ausgelagert. Entschädigt werde «nach Gutsherrenart», meinte der Vorsitzende Adrian Koerfer. Die angekündigten 500 000 Euro seien «niemals vorhanden» gewesen.

Für König-Ouvrier gibt es eine Lösung dieses Streits. Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, hatte vor kurzem dringend eine Mediation empfohlen. «Ich persönlich würde das für sinnvoll halten», sagte sie. dpa

(15.7.2012)

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