„Konzeptlos“: Streit im Ländle um Gemeinschafts- schulen

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STUTTGART. Chaos zu stiften, ist ein bei der Opposition beliebter Vorwurf an die Regierung. Die Einführung der Gemeinschaftsschule unter der Führung von Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer sei ein sehr gutes Beispiel dafür, sagt die CDU in Baden-Württemberg. Deshalb müsse sie gestoppt werden.

Die CDU hat eine Verschiebung der neuen Antragsrunde für Gemeinschaftsschulen verlangt. Das Fristende am 1. Oktober müsse verlegt werden, bis eine regionale Schulentwicklungsplanung abgeschlossen sei, forderte der CDU-Bildungsexperte Georg Wacker am Donnerstag in Stuttgart. Das bisher angewandte «Windhund-Verfahren», bei dem die ersten Anträge zuerst gebilligt würden, führe zu einer unseligen Konkurrenz zwischen den Schulen. Mit der Forderung biss die CDU bei Grün-Rot auf Granit.

Gabriele Warminski-Leitheußers Vorzeigeprojekt Gemeinschaftsschule steht jetzt in der Kritik der Opposition. Foto: Grüne Baden-Württemberg/Flickr
Gabriele Warminski-Leitheußers Vorzeigeprojekt Gemeinschaftsschule steht jetzt in der Kritik der Opposition . (Foto: Grüne Baden-Württemberg/Flickr)

Nachdem in der ersten Antragsrunde 42 Gemeinschaftsschulen genehmigt worden waren, erwartet Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD) im Herbst um die 100 Interessenten für die neue Schulart. Diese dürfe nicht ohne Rücksicht auf die umgebenden Schulen und regionale Empfindlichkeiten durchgedrückt werden, forderte CDU-Fraktionschef Peter Hauk.

Er bescheinigte der Ministerin eine «konzeptlose, planlose und ziellose» Bildungspolitik: «Es weiß keiner, wo’s hingehen soll.» Das beziehe sich ebenso auf die Zahl der Lehrerstellen, die die Koalition streichen will, wie auf den Zeitplan. Auch müsse klargestellt werden, welche Ressourcen in die Gemeinschaftsschulen flößen. Diese Schulart dürfe nicht bevorzugt werden. So müssten auch Verbünde von Haupt- oder Werkrealschulen mit Realschulen möglich sein. Bemühungen um eine solche Kooperation dürften nicht länger im Keim erstickt werden, forderte auch die FDP-Fraktion. Mit der von Grün-Rot propagierten «Schulentwicklung von unten» habe die Blockadehaltung der Schulverwaltung wenig zu tun, meint die CDU.

Die Kultusministerin betonte: «Das laufende Verfahren zur Antragstellung für neue Gemeinschaftsschulen wird fortgesetzt, zumal die Forderung der CDU nach Einbeziehung der Nachbarkommunen selbstverständlich längst umgesetzt wird.» Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte kürzlich verkündet, die auch von den Kommunalverbänden angemahnte aktive Gestaltung der Schullandschaft werde verstärkt angegangen. Erste Ergebnisse werde es aber nicht vor der Antragsfrist für die weiteren Gemeinschaftsschulen geben.

Laut Wacker sollte die Schulentwicklung auf zwei Ebenen erfolgen. Zunächst sollten auf Landesebene Leitplanken gezogen werden – im Konsens von Kultusverwaltung, Kommunen, Wirtschaft und Lehrern. Danach müssten Bildungskonferenzen die vereinbarten Kriterien umsetzen. Einbezogen werden müssten die Bevölkerungsentwicklung, die Wirtschaftsstruktur und die Verkehrswege.

Erst dann könne beurteilt werden, ob und wo Schulschließungen sinnvoll seien. Dabei dürfe die Größe nicht das alleinige Kriterium sein. Damit reagierte der CDU-Experte auf SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel, der eine Zahl von 40 Schülern pro Jahrgang als Mindestgröße angegeben hatte. Aus Sicht von CDU und FDP macht sich die Koalition zum «Totengräber» kleiner Schulen auf dem Land. Julia Giertz, dpa

(26.7.2012)

Zum Bericht „42 Gemeinschaftsschulen gehen an den Start“

Zum Bericht „Diskussion um Gemeinschaftsschule: Auch Realschule bald am Ende?“

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