Trotz Drittmittelrekords – Unis wehren sich gegen miese Grundausstattung

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BERLIN. In der deutschen Hochschullandschaft gärt es. Einerseits haben die deutschen Hochschulen noch nie so viel Geld von der Wirtschaft und öffentlichen Einrichtungen für die Forschung eingeworben wie 2010. Andererseits protestieren die Hochschulen immer aktiver gegen ihre schlechte finanzielle Grundausstattung.

Die gute Nachricht zuerst: Insgesamt erhielten die Hochschulen 2010 5,9 Milliarden Euro sogenannter Drittmittel – etwa 10,5 Prozent mehr als 2009, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Der Anteil der Drittmittel an allen Ausgaben der Hochschulen stieg damit binnen eines Jahre leicht um 0,6 Prozentpunkte auf 14,4 Prozent.

Fassade der Berliner Humboldt-Universität. Foto: Rolf Handke / pixelio.de
Vermutlich hätte auch der Bildungsreformer Wilhelm von Humboldt gegen die Grundausstatttung protestiert: Hier sein Abbild in Stein vor der Fassade der Berliner Humboldt-Universität. Foto: Rolf Handke / pixelio.de

Die Uni-Professoren werben mehr Geld für die Forschung ein als ihre Kollegen an anderen Hochschulen. Bei den Fächern liegt die Medizin vorn, bei den Hochschulen die Technische Hochschule (TH) Aachen. Das Geld kommt beispielsweise von der EU, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Bundesagentur für Arbeit, Stiftungen und Unternehmen. Ein Uni-Professor warb im Schnitt 261 700 Euro Drittmittel ein – 8,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Bei den Fachhochschul-Professoren waren es durchschnittlich 23 400 Euro (plus 13,5 Prozent). Medizin-Professoren erzielten im Durchschnitt 536 500 Euro, gefolgt von ihren Uni-Kollegen in den Ingenieurwissenschaften mit 509 600 Euro. Die TH Aachen warb knapp 235 Millionen Euro ein, gefolgt von der Technischen Universität (TU) München mit rund 200 Millionen Euro und der TU Dresden mit 169 Millionen Euro.

Außeruniversitäre Einrichtungen werden vom Staat mehr gefördert als staatliche Hochschulen

Weniger gut sehe dagegen die staatliche Förderung der Grundausstattung aus, kritisiert Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP). Universitäten und Fachhochschulen würden bei der Forschungsförderung benachteiligt. «Die größten Defizite im Wissenschaftssystem liegen derzeit in einer unzureichenden Grundausstattung unserer Hochschulen», sagte Heubisch in München. Geld fließe vor allem in außeruniversitäre Forschung und in die befristete Projektförderung an Unis. Zudem bekämen außeruniversitäre Forschungsstätten jährlich einen staatlichen Zuschlag in Höhe von fünf Prozent ihres Etats. Diesen Zuschlag müsse es für staatliche Hochschulen auch geben.

Dasselbe fordert das neue Bündnis „U15“, zu dem sich 15 große deutsche Universitäten zusammengeschlossen haben, um künftig eine größere Schlagkraft entwickeln. Für die Hochschulfinanzierung fordern sie zum Beispiel, dass Bund und Länder gemeinsam nicht nur einzelne Vorhaben fördern, sondern Forschung und Lehre an den Unis dauerhaft unter die Arme greifen. Dem Zusammenschluss gehören neben der Freien Universität und der Humboldt-Universität Berlin die Hochschulen in Bonn, Frankfurt, Freiburg, Göttingen, Hamburg, Heidelberg, Köln, Leipzig, Mainz, München, Münster, Tübingen und Würzburg an, teilte das Bündnis am Freitag in Berlin mit. Gemeinsam wollen sich die Volluniversitäten inklusive ihrer medizinischen Fakultäten bei Politik, Wirtschaft und Gesellschaft stärker ins Bewusstsein rücken. Es gehe darum, die Bedingungen für Wissenschaft, Forschung und Lehre zu verbessern.

In Sachsen soll die Studierendenvertretung zukünftig von freiwilligen Beiträgen finanziert werden

Gegen eine Kürzung der besonderen Art kämpft zurzeit der Studentenrat der TU Chemnitz. Bisher finanziert in Sachsen jeder Student mit einem Beitrag von vier bis neun Euro pro Semester Studenten- und Fachschaftsräte mit. Dieser Beitrag soll künftig freiwillig bezahlt werden. Damit sehen die Studentenräte ihre Existenz in Gefahr. Per Verfassungsbeschwerde will jetzt der Studentenrat der TU Chemnitz gegen das Ende September vom Landtag verabschiedete Hochschulgesetz klagen. Dort ist die Austrittsmöglichkeit für Studenten aus der «Verfassten Studierendenschaft» festgeschrieben. Der entsprechende Änderungsantrag sei erst kurzfristig von den CDU/FDP-Vertretern im Wissenschaftsausschuss eingebracht und durchgesetzt worden. Dies habe nicht nur eine angemessene Information der Landtagsabgeordneten über die weitreichenden Folgen verhindert, sondern auch das «Mitwirkungsrecht durch Anhörung der Studentenräte verletzt», sagte ein Stura-Sprecher am Freitag auf dpa-Anfrage.  nin mit dpa

(12.10.2012)

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