Protest gegen Mathe-Abitur – Löhrmann schließt neue Chance nicht aus

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DÜSSELDORF. Mit Megaphon und Trillerpfeife gegen Mathe-Frust: Nordrhein-westfälische Abiturienten finden die schriftlichen Prüfungen zu kompliziert und ziehen demonstrierend in die Landeshauptstadt. Ob sie nachschreiben dürfen, bleibt offen.

Lässt den Sachverhalt jetzt prüfen: NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne). Foto: Schulministerium NRW
Lässt den Sachverhalt jetzt prüfen: NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne). Foto: Schulministerium NRW

Mehrere hundert Abiturienten haben vor dem Schulministerium in Düsseldorf lautstark gegen die Mathematikprüfungen protestiert. Auf Transparenten forderten die Demonstranten «Fairness auch für Versuchskaninchen» und sagten «Nein zu Mathe-Schweinereien». Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) schloss eine zweite Chance nicht aus. Sie stellte sich zwar nicht den wütenden Schülern, die mit Trillerpfeifen ihrem Ärger Luft machten. Sie will die Kritik aber prüfen. Ob die Betroffenen nachschreiben dürfen oder nicht, will Löhrmann «relativ zeitnah, aber spätestens im Laufe diese Woche» entscheiden.

Die schriftlichen Prüfungsaufgaben in Mathe seien für alle Abiturienten in NRW zu kompliziert gewesen, sagte Luise Cornely (18) aus Bonn. Sie gehört zur Initiative «Faires Abitur». «Wir fordern, die Klausuren freiwillig wiederholen zu dürfen», sagte sie. In einer Facebook-Gruppe schlossen sich mehrere Tausend Schüler der Kritik an. Sie fordern die Überprüfung der gestellten Aufgaben durch eine Kommission aus neutralen Fachleuten. Nach Einschätzung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft waren die Klausuren im Vergleich zu früheren Jahren «sehr sehr schwer, aber grundsätzlich lösbar».

Cornely und zwei andere Schülerinnen konnten ihre Kritik Staatssekretär Ludwig Hecke im Ministerium vortragen. Löhrmann sagte später: «Es geht nicht um die fachliche Richtigkeit und eine grundsätzliche Lösbarkeit der Aufgaben, sondern darum, ob das zu schwer war oder nicht.» Die Bedenken der Schüler will sie nun gemeinsam mit einer Bewertung der Fachkommission fachlich sowie juristisch prüfen.

Landtag befasst sich mit dem Thema

Die schulpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion Petra Vogt verlangte von Löhrmann Aufklärung, was wo schiefgelaufen sei. «Es kann nicht sein, dass der ohnehin schon besonders belastete Doppeljahrgang durch Nachlässigkeiten und Schlampereien der Landesregierung nochmals belastet wird», sagte Vogt laut einer Mitteilung. Ihre FDP-Kollegin Yvonne Gebauer forderte, über die Möglichkeit einer Wiederholung nachzudenken. Der Landtag soll sich am Donnerstag mit dem Thema befassen.

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Auch David (17) will die verpatzte Prüfung nachholen. «Ich will zeigen, dass ich besser bin», sagt er. Für das Medizinstudium brauche er nun einmal einen Notenschnitt von 1,1 oder 1,2. Mit einer 5 in Mathe wird das nichts. Die Sorge packte ihn schon, kaum dass er am Prüfungstisch saß. Denn dass er auf die Aufgabe nicht vorbereitet war, sah er auf den ersten Blick.

Jessica Rudmann, Davids Mutter, ist stinksauer. Aufgeregt erzählt die 39-Jährige, ihr Sohn habe seit der zehnten Klasse ausnahmslos Einser geschrieben. Und nun das. «Das ist absolut unverständlich.» Selbst Davids Mathelehrer habe einige Aufgaben nicht knacken können. David nickt. Die schwierige Aufgabe, bei der Matrizen berechnet werden mussten, habe bei vielen Schülern für einen Aufschrei gesorgt. dpa

(23.4.2013)

Zum Bericht: „NRW-Abiturpanne: Ein Sechstel schreibt nach“

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Mathe-Abiturientin 2013
10 Jahre zuvor

Ich habe ebenfalls zu denen gehört, die dieses Jahr die Abiprüfung in Mathe geschrieben haben und finde die Protestwelle absolut ungerechtfertigt. Unser Lehrer hat die Klausuren HT 1, 3 und 4 (die zwei e-Funktionen und die Vektoren) ausgesucht und sogar die Schlechteste in unserem Kurs (vorbenotet mit 4,25 Punkten) konnte alle Aufgaben problemlos lösen, niemand an unserer Schule hat sich über die Aufgabenstellung beschwert. Sie war weder „schlecht verständlich“ noch „unlösbar“. Vielmehr zeigt sich hier der Unterschied zwischen den Schulen: Die Vorabi-Klausur unseres Lehrers war viel schwieriger und hat für Wutausbrüche und Tränen gesorgt, ganz im Gegensatz zum Abitur, in dem wirklich nur Basiswissen abgefragt worden ist!

Vor allem Kritik der Eltern ist mehr als unpassend, da ich davon ausgehe, dass sich keine Mutter und kein Vater auf illegalem Wege die Klausur beschafft hat.

Insgesamt wäre eine Nachschreibemöglichkeit (nach der es bestimmt wieder Proteste gibt) einfach nur unpassend und unfair den restlichen 61.000 Mathe-Abiturienten, die sich nicht beschwert haben, weil sie die Klausur lösbar fanden – immerhin reden wir vom höchsten deutschen Schulabschluss!

mehrnachdenken
10 Jahre zuvor

Für mich als Außenstehendem sind diese Hintergrundinfos aus erster Hand recht aufschlussreich.
Botschaft: Da gehen wir ‚mal so lange auf die Straße, bis uns die Aufgaben passen. Wenn dieser Fall „Schule machen“ sollte, werden wir irgendwann dahin kommen, dass ELTERN und SCHÜLER ein Mitspracherecht bei der Aufgabenfindung eingeräumt bekommen, und die Qualität des Abiturs stetig weiter abnimmt.