Große Nachfrage nach Freiwilligendienst – Wohlfahrtsverband meldet bereits Einstelllungsstopp

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WUPPERTAL/MÜNSTER/DÜSSELDORF. «Nichts erfüllt mehr, als gebraucht zu werden» – mit diesem Slogan wirbt die Bundesregierung für Freiwilligendienste. Mit Erfolg: Tausende junge Menschen machen mit. Der doppelte Abiturjahrgang sorgt in diesem Jahr für besonders große Nachfrage.

Der doppelte Abiturjahrgang beschert den Sozialeinrichtungen etwa in Nordrhein-Westfalen eine große Nachfrage für Bundesfreiwilligendienst oder soziales Jahr. «Viele Leute nutzen die Dienste, um sich nach Abitur oder Schulabschluss zu orientieren», sagte Karin Gloerfeld, Sprecherin im Fachausschuss für Freiwilligendienste der Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege.

Bei vielen Trägern gebe es in diesem Sommer mehr Bewerbungen als Plätze, berichtete Gloerfeld. Zwei Jahre nach seiner Einführung zeigen sich Experten und Zuständige in den Einrichtungen entsprechend zufrieden mit der Entwicklung des Bundesfreiwilligendienstes (BFD). 6329 «Bufdis» engagierten sich im Juli, so das zuständige Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben. Hinzu kommen Tausende Freiwillige im Sozialen Jahr.

«In den meisten Bereichen haben wir schon einen Einstellungsstopp», berichtete etwa Wilfried Theißen, der beim Paritätischen Wohlfahrtsverband NRW die Freiwilligenarbeit koordiniert. Der Paritätische bietet 850 FSJ- und 870 BFD-Plätze an – das seien sogar 300 mehr Freiwillige als Ende 2010 an Zivis und FSJ-lern zur Verfügung standen. «Insgesamt konnten wir also den Wegfall des Zivildienstes überkompensieren», berichtete Theißen. Nicht alle Bereiche sind jedoch bei den meist jungen Bufdis gleich beliebt: «Verlierer sind ganz eindeutig die stationäre und ambulante Altenplege.» Die jungen Helfer wollten lieber in der Jugendhilfe oder mit Menschen mit Behinderung arbeiten.

Der BFD wurde im Juli 2011 als Ersatz für den gemeinsam mit der Wehrpflicht weggefallenen Zivildienst geschaffen. Bundesweit waren im Juli 34 207 Menschen im BFD engagiert. Das bevölkerungsreichste Bundesland stellt mit Abstand die meisten Bundesfreiwilligen: Fast jeder fünfte Bufdi ist in NRW im Einsatz. Hinzu kommen über 6000 Freiwillige im sozialen Jahr, schätzt der Landesarbeitskreis FSJ – genaue Zahlen werden bisher nicht detailliert für NRW ermittelt, so eine Sprecherin.

Von «grandioser Entwicklung des Bundesfreiwilligendienstes» spricht auch das Deutsche Rote Kreuz in NRW. 550 Bufdis sind hier im Einsatz, sie machen allerdings bisher noch immer den kleineren Teil aller Freiwilligen beim DRK aus, immerhin 2950 FSJ-ler sind unter Vertrag: «Wir stellen fest, dass das FSJ immer noch stärker im Bewusstsein junger Menschen verankert ist», sagt Stefanie Schroer, Sprecherin für die Freiwilligendienste des DRK Nordrhein.

«Wir erleben ein echtes Nachfrage-Hoch durch den doppelten Abiturjahrgang», sagte sie, betonte allerdings, dass die jungen Leute nicht nur in die Freiwilligendienste drängen, um die Wartezeit auf einen Ausbildungs- oder Studienplatz zu überbrücken. Sie wirbt für die «berühmten Soft Skills», die junge Menschen im Umgang mit Hilfsbedürftigen, aber auch mit Vorgesetzten und bei der Teamarbeit erhielten. «Wir glauben, dass dieses dicke Plus im Lebenslauf auch immer mehr Personaler überzeugt.»

Obwohl der BFD im Gegensatz zum schon lange etablierten FSJ  Helfern aller Altersgruppen offensteht, sind die Freiwilligen im Land zu rund 80 Prozent jünger als 27 Jahre alt – ganz anders als in vielen ostdeutschen Bundesländern. In Sachsen etwa ist das Verhältnis umgekehrt: Mehr als 83 Prozent sind über 27. Aus Sicht des DRK werden die Freiwilligendienste bisher noch stark als Nachfolge des Zivildienstes wahrgenommen. Außerdem, so Schroer, sei es die Verpflichtung, 20 Stunden in der Woche tätig zu sein, die ältere Menschen oft nicht eingehen wollten. «Sie engagieren sich lieber flexibler im Ehrenamt.» dpa

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