Zirkuslehrer: Jonglieren hebt den Notenschnitt

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REGENSBURG. In Zirkuskursen können Jugendliche nicht nur Denken und Konzentration fördern, sondern auch Wesentliches für das spätere Leben lernen, so der Regensburger Zirkusleher Ferdinand Schmid.

Nadja und Helena üben in der Turnhalle des Blindenzentrums in Regensburg gerade Spagat. Sie sitzen breitbeinig auf der Turnmatte und ziehen sich gegenseitig an den Händen. Ferdinand Schmid beobachtet die beiden und gibt Hilfestellungen. «Mehr Körperspannung, streck das Bein! Ja toll», ruft der Zirkuslehrer den Mädchen zu. Neben Tricks und Jonglage sollen die 14 Kursteilnehmer bei dem 47-Jährigen aber auch Wesentliches für das spätere Leben lernen.

jonglierender Junge
Jonglieren fördert die Konzentration. Foto: myself/pixelio.de

«Sich auf eine Sache konzentrieren und sich etwas zutrauen. Sich mit seinen Stärken und Schwächen kennenlernen», betont Schmid. «Das ist nicht nur in den Zirkuskünsten wichtig.»

Der Zirkuslehrer spricht aus Jahrzehnten Bühnenerfahrung: Als Clown «Ferdi Frei» ist er es gewohnt, 400 bis 500 Kinder und ihre Eltern zum Lachen, zum Tanzen oder auch zum Weinen zu bringen. Er tritt beim Gäubodenvolksfest in Straubing auf oder in der Jurahalle in Neumarkt. Oft gemeinsam mit dem Kinderliedermacher Donikkl.

Im nächsten Moment lässt er bunte Bälle über seinen Kopf kreisen. Jonglieren ist für Ferdinand Schmid ein Kinderspiel. «Ich versuche meine Zirkusübungen nicht perfekt vorzumachen. Das demotiviert oft, weil die Kinder dann meinen, es selber doch nie so gut hinzubekommen.» Stattdessen müsse man zwar erklären, wie es geht, dann die Kinder aber selbst probieren lassen, ihnen Tipps geben und in ihrem Erfolg bestärken.

«Der Ferdinand ist einfach anders als unsere Sportlehrer in der Schule», erzählt die elfjährige Helena, die gerade einen Handstandüberschlag übt. «Er ist viel lockerer und wir dürfen uns auch eigene Stücke einfallen lassen.» Sie ist schon seit sechs Jahren bei den Zirkuskursen dabei. Ihr nächstes Ziel ist der Flickflack, ein Handstützüberschlag rückwärts.

«In den langen Schulferien haben wir nicht geübt. Jetzt sind wir ein bisschen eingerostet», sagt die 13-jährige Nadja. Aber das Stück mit der Leiter, bei denen beide verschiedene Figuren mit dem Gerät ausführen, sitzt noch. Ihr Trainer schaut genau zu und gibt auch Tipps für das Ende der Vorstellung. Ihm ist die Verbeugung nach dem Stück wichtig: «Brust raus! Kopf hoch! Zeig dass du ganz präsent bist! Und dass du weißt, dass du das gut gemacht hast.»

Der 47-Jährige hatte nach der Schule Möbelschreiner und Restaurateur gelernt. Das passte zu seiner Begeisterung für das körperliche Arbeiten, für das Gestalten mit eigenen Händen. Sein Schlüsselerlebnis hatte er im Atlasgebirge in Marokko. Vor 20 Jahren war er da mit dem Rucksack unterwegs. Der Busfahrer ließ ihn bei einem verlassenen Bushäuschen mit dem Kommentar aussteigen, der nächste Bus komme gleich. Genug zu trinken hatte Schmid dabei, zu essen nur ein bisschen Obst und Studentenfutter. «In der Weite des Atlasgebirges bin ich ganz ruhig geworden. Ich habe gemerkt: Alles, was ich in dieser Welt brauche, habe ich schon in mir. Ich habe den Rhythmus der Erde gespürt.»

Als schließlich der Bus drei Tage später kam, hatte Schmid beschlossen, seine Lebenseinstellung an andere weiterzugeben. Durch Yoga-Seminare, Lebensberatung, Motivationstraining, seine Auftritte als Clown und Zirkus- und Indianercamps für Kinder.

Später tatsächlich in der Manege arbeiten – das möchte keiner seiner Schützlinge in der Zirkusschule. Eher einen ganz normalen Berufsweg gehen. Aber es sei wissenschaftlich bewiesen, dass Jonglieren die Konzentration und das Denken fördere, behauptet Schmid: «Tests zeigten, dass Kinder durch das regelmäßige Jonglieren sogar ihren Notendurchschnitt gehoben haben. Um 0,5 Notenstufen. Mal sehen, ob das bei meinen Kindern in der Gruppe auch klappt.» (Julia Egleder, dpa)

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