KIEL. Zwei Tage vor einer mit Spannung erwarteten Sondersitzung des Landtages in Kiel haben die Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und SSW ihr Festhalten an Bildungsministerin Waltraud Wende (parteilos) bekräftigt. Sie kündigten ihr geschlossenes Nein zur Forderung von CDU und FDP an, Wende zu entlassen und das Verhalten von Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) zu missbilligen. Darüber entscheidet das Parlament am Donnerstag.
Hintergrund ist die umstrittene Option auf Rückkehr an die Universität Flensburg, die Wende vor dem Wechsel ins Kabinett zugestanden worden war. Es geht aber auch um Albig. CDU und FDP werfen ihm vor, den Landtag belogen zu haben. Seine Aussage, Wende habe am Beschluss des Uni-Präsidiums nicht mitgewirkt, sei widerlegt.
Das Regierungsbündnis hat im Landtag nur eine Mehrheit von einer Stimme. Die oppositionellen Piraten wollen dem CDU/FDP-Antrag nicht folgen. Auf ihre Rückkehroption hatte Wende im Frühjahr verzichtet. Gegen die Ministerin ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Anfangsverdachts der Bestechung und des Betrugs. Nach Ansicht Albigs und der Koalitionsfraktionen entbehren die Vorwürfe an Wende jeder Grundlage. Der Regierungschef erklärte nach Bekanntwerden der Ermittlungen unter Hinweis auf seine Aktenkenntnis sogar, es gäbe für ihn auch dann keinen Grund für eine Entlassung Wendes, wenn die Staatsanwaltschaft auf Basis der bisherigen Erkenntnisse Anklage erheben sollte und es zu einem Gerichtsverfahren käme.
Vor dem Hintergrund von Zweifeln über die Stimmung bei den Grünen betonte Fraktionschefin Eka von Kalben am Dienstag auf dpa-Nachfrage das Nein zum CDU/FDP-Landtagsantrag: «Ja, wir werden ablehnen», sagte sie. «Wir Grünen stehen weiter zu dieser Koalition und zu unserer erfolgreichen Politik, und deshalb werden wir das Ansinnen ablehnen.» Die Koalition sei weiterhin geschlossen, sagte von Kalben. «Mein Wunsch ist es, dass wir in der Öffentlichkeit wieder stärker über unsere Sacharbeit wahrgenommen werden, weil sie gut ist.»
Unterdessen bat SPD-Fraktionschef Ralf Stegner in seiner Eigenschaft als Landesvorsitzender die Mitglieder «in dieser schwierigen Phase» um die Unterstützung der gesamten Partei. Die Angriffe gelten aus seiner Sicht weniger der Ministerin als der Bildungspolitik der Koalition. In einem Mitgliederbrief, über den zunächst die «Kieler Nachrichten» berichtet hatten, räumt Stegner Verunsicherungen in der Mitgliederschaft über die Haltung der SPD ein.
Allein die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sei kein Rücktrittsgrund, heißt es in Stegners Schreiben, das der dpa vorliegt. Das Ergebnis der staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen sei abzuwarten. «Wir alle gehen nach dem, was wir wissen, davon aus, dass das Verfahren am Ende eingestellt werden wird, weil die Vorwürfe bis dahin entkräftet sein werden», führt Stegner aus. Kritik an Details des Verwaltungshandelns des Ministeriums und am Stil veröffentlichter Mails von Wende stufte er als berechtigt ein. Am Montag vergangener Woche hatte die Staatsanwaltschaft Durchsuchungen in privaten Räumen und Arbeitsräumen Wendes in Kiel, Flensburg und Berlin veranlasst. Auch die Staatskanzlei war betroffen. dpa