Darf’s ein bisschen mehr sein? Feier-Service für Abiturienten wird zum großen Geschäft

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BERLIN. Nach wochenlangem Lernstress gönnen sich viele Schüler die große Abisause: Reiseanbieter und Handel haben hier eine lukrative Zielgruppe mit dem Motto: «Abi mach‘ ich schließlich nur einmal».

Der letzte Schrei: Mit der Stretch-Limousine zum Abi-Ball. Foto: Leo Reynolds / flickr (CC BY-NC-SA 2.0)
Der letzte Schrei: Mit der Stretch-Limousine zum Abi-Ball. Foto: Leo Reynolds / flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

Die Lernerei ist vorbei, das Leben kann beginnen: Nach dem Abitur wollen es viele noch mal so richtig krachen lassen. Das kann ins Geld gehen, denn viele Unternehmen wittern längst das große Geschäft. «Es ist schon Wahnsinn, was da in den letzten Jahren passiert ist», sagt der Geschäftsführer von der Agentur Berlin Event, Olaf Marsson. «Es ist eine richtige Industrie gewachsen.» Ein Überblick:

ABIFAHRT: Am Strand, auf einem Städtetrip oder in einem Ferienhaus lassen Abiturienten gern den Prüfungsstress hinter sich. Beim Anbieter Abi-Jam! zahlte ein Schüler in diesem Jahr im Schnitt rund 420 Euro für seine Abifahrt. 2003 waren es noch etwa 250 Euro gewesen, wie Geschäftsführer Tim Vogler sagt. Grund für die höheren Preise sei ein Anstieg von Flugreisen und der Trend zu höherwertigen Hotels mit All-Inclusive-Angebot. Besonders viel investieren danach Abiturienten aus Bayern und Baden-Württemberg für ihre Fahrt. «Wir gehen davon aus, dass der Großteil der Reisen von den Eltern oder Großeltern subventioniert wird.»

ABIBALL: In der Turnhalle mit selbst gemachten Häppchen feiern – die Zeiten sind wohl vorbei. «Es geht immer mehr in Richtung Qualitätsbewusstsein», sagt Marsson von Berlin Event. Etwa zwischen 40 und 75 Euro zahlen Abiturienten bei seiner Agentur für eine Abiballkarte. Bei den teuersten Bällen – meist in Hotels – müsse alles stimmen, inklusive Feuerwerk, professionellen Künstlern, Köchen und Eistorte. «Es gibt immer mehr, die bereit sind, mehr zu zahlen.» Wichtig sei vielen: Es muss besser sein als beim Jahrgang zuvor – und schicker als an der Nachbarschule. Da wächst natürlich auch der Druck, stilsicher aufzutreten. Die Modeanbieter freut’s.

FRISUR: Das Friseurhandwerk profitiert ebenfalls. Um zum Ball die Haare schön zu haben, greift manche Abiturientin richtig tief in die Tasche. «Weil sie das Abitur geschafft haben, bekommen es viele von den Eltern bezahlt, manchmal ist sogar die Mutter dabei», sagt der Mannheimer Friseur Michele Buscarello. Bis zu 220 Euro können junge Frauen in seinem Salon für ein großes Abiball-Styling ausgeben – inklusive Schminken.

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LIMOUSINE: Bekannt aus Hollywoods Teenie-Streifen, aber auch auf deutschen Straßen gesichtet: Meterlange Schlitten mit juchzenden Jugendlichen vor heruntergelassenen Scheiben, mit einer Hand winkend, in der anderen ein Glas Sekt. Anbieter Beverly Cars spricht auf seiner Internetseite die stolzen Eltern direkt an: «Schenken Sie Ihrem Kind das unvergessliche Gefühl, wie ein Star vor dem Festsaal vorzufahren und im Mittelpunkt seiner ehemaligen Mitschüler zu stehen.» Kostenpunkt: ab 200 Euro für eine Stunde Fahrt mit Sektflasche, Softdrinks und rotem Teppich.

ABISHIRT: Lustige Sprüche, Fotos vom Jahrgang: Bedruckte Shirts sind unter Abiturienten beliebt. Die Preise variieren je nach Qualität und Ökofaktor. Anbieter verdienen auch an Kapuzenpullis, Tassen oder Abi-Unterwäsche.

ABIBUCH: Es darf in kaum einem Jahrgang fehlen. Hier sitzt der Euro nicht ganz so locker wie bei anderen Ausgaben rund ums Abitur, wie die Mitarbeiterin eines Druckservice-Unternehmens sagt. «Das Abibuch soll nicht teuer sein – das kann man ja nicht anziehen.» Das Geld werde eher für den Abiball oder die Abifahrt gespart. Trotzdem würden die Layouts dank spezieller Programme und besserer Bilder immer hochwertiger. Um die 40 Euro kostet ein teures Abibuch. Von Christine Cornelius, dpa

Zum Bericht: Geschmacklos: Hier spielen Abiturienten eine Hinrichtung – eskalierende Mottowoche treibt Polizei und Pädagogen um

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