„Tatsachen geleugnet, Warnsignale ignoriert“: GEW verabschiedet Erklärung zum Lehrermangel

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DRESDEN. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat nach den gescheiterten Verhandlungen über das Maßnahmenpaket gegen den Lehrermangel in Sachsen deutliche Verbesserungen gefordert. «Wenn allerdings keine oder nur unzulängliche Antworten auf die drängenden Fragen bei der Lehrerversorgung in Sachsen gefunden werden, ist die GEW gut darauf vorbereitet, nicht klein beizugeben», erklärte die Landesvorsitzende Uschi Kruse am Montag. Dennoch sei die Gewerkschaft gesprächsbereit, um den Lehrerberuf attraktiver zu machen und den Lehrermangel zu bekämpfen.

Der Landesvorstand der GEW Sachsen hat eine Erklärung zur Situation im Freistaat herausgegeben. Darin heißt es (wir haben das unlesbare „Gendern“ mittels Sternchen aus dem Text entfernt, d. Red.):

„Die politisch Verantwortlichen haben über Jahre hinweg Tatsachen geleugnet, Warnsignale  ignoriert und Schwierigkeiten schöngeredet. Statt ihre Verpflichtung zu erfüllen und den Generationenwechsel an den Schulen langfristig zu gestalten, waren immer wieder massive Proteste der Lehrkräfte im Bündnis mit Eltern und Schülern notwendig, um wenigstens einige Zugeständnisse zu erzwingen. Stets waren der Mehrheit im Landtag Sparmaßnahmen wichtiger als die Sicherung des Bildungsstandortes Sachsen.

Deshalb sind die Probleme heute so groß. Deshalb sind die Schulen heute in Not. Deshalb müssen nun panisch Rettungsversuche unternommen werden. Dabei ist das Desaster bisher nur in Ansätzen erkennbar:

Ab dem Jahr 2017 wird die Zahl der Lehrkräfte, die altersbedingt aus dem Schuldienst ausscheiden, gravierend ansteigen und gleichzeitig wird die Zahl der Schüler weiter zunehmen.

Im Klartext:

Wenn jeder Lehramtsabsolvent in Sachsen bliebe und nach der Ausbildung direkt in den Schuldienst wechseln würde,

• könnten an Grund- und Förderschulen sowie an Berufsbildenden Schulen weder alle ausscheidenden Lehrkräfte ersetzt noch der durch steigende Schülerzahlen entstehende zusätzliche Bedarf gedeckt werden,

• könnte an Oberschulen nur jede vierte ausscheidende Lehrkraft ersetzt werden,

außerdem wäre der durch die steigenden Schülerzahlen entstehende zusätzliche Bedarf an Lehrkräften nicht zu decken,

• könnte auch an Gymnasien der fächerspezifische Bedarf nicht gedeckt werden.

Eine solche Entwicklung hätte nicht nur Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen der Lehrer. Eine solche Entwicklung wäre verheerend für die Lernbedingungen der Kinder und Jugendlichen in unserem Land, für die Bildungsgerechtigkeit und am Ende auch für die Wirtschaft in Sachsen.

Um schwere Einbrüche bei der Qualität der schulischen Bildung zu vermeiden und um die bereits bestehenden Nachteile für die sächsischen Schüler zu begrenzen, hilft kein „Weiter so“.

Jetzt sind kluge, konsequente, souveräne und neue Lösungen nötig.

Lösungen, die tatsächlich und langfristig wirken.

Vor diesem Hintergrund erklärt der Landesvorstand der GEW:

Wir erkennen an, dass die Herausforderungen, vor denen das sächsische Schulsystem steht, außerordentlich groß sind.

Weil uns jedes Kind gleich wichtig ist, weil jedes Kind ein individuelles Recht auf hochwertige Bildung hat und im Interesse unserer Kolleginnen und Kollegen erklären wir uns auch nach den gescheiterten Verhandlungen ausdrücklich bereit, an der Lösung der Probleme mit-zuarbeiten. Zu unserem Appell, unseren zahlreichen Vorschlägen, Anregungen und Kompromissangeboten bleiben wir gesprächsbereit.

Der Landesvorstand der GEW erklärt gleichzeitig:

Wir werden uns gegen alle Maßnahmen zur Wehr setzen, die die Lernbedingungen der Kinder und Jugendlichen und die Arbeitsbedingungen der Lehrer verschlechtern.

Wir werden Versuche nicht hinnehmen, Ungerechtigkeiten oder Nachteile gegenüber anderen Bundesländern, für bestimmte Schülergruppen, Lehrer, Schularten oder Schulstandorte beizubehalten oder zu verschärfen.

Wir werden unsere gewerkschaftlichen Mittel einsetzen, um eine weitere Spaltung der Lehrerschaft, das Abhängen einzelner Schularten oder die Stärkung von schulischen oder bürokratischen Hierarchien abzuwehren.

Wir werden die Realität in den Schulen, die tatsächlichen Unterstützungssysteme und den Wert von Programmen kritisch beobachten und die Öffentlichkeit in geeigneter Form informieren.“

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1 Kommentar
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Pälzer
7 Jahre zuvor

schade, ich hätte gerne mal den gegenderten Text gelesen. Wo findet man das Original? Es gibt in unserem Beruf so wenig Gelegenheiten, sich zu amüsieren.
Wie konnte das unfähige Sachsen eigentlich in den PISA-Tests so weit kommen?