Ab Januar rollt der Rubel: Sachsens Lehrer dürfen sich über mehr Geld freuen – die Kollegen an freien Schulen gucken aber in die Röhre

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DRESDEN. Mit 213 Millionen Euro zusätzlich will Sachsen allein in den kommenden zwei Jahren mehr Lehrer gewinnen. An den Lehrern an mehr als 400 freien Schulen geht das Plus vorerst jedoch vorbei.

Sachsen möchte etwas gegen den Lehrermangel unhternehmen - und hält ab sofort ein gutes Argument parat. Foto: Andreas Hermsdorf / pixelio.de
Sachsen möchte etwas gegen den Lehrermangel unhternehmen – und hält ab sofort ein gutes Argument parat. Foto: Andreas Hermsdorf / pixelio.de

Der Freistaat Sachsen hat dem Lehrermangel den Kampf angesagt. Ab Januar sollen die ersten Lehrer deutlich mehr Geld bekommen – allerdings nur an staatlichen Schulen. Wer an einer freien Schule unterrichtet, geht vorerst leer aus. Das kritisiert Wilfried Lenssen, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Schulen in freier Trägerschaft. Er vertritt mehr als 90 Prozent der 408 freien Schulen in Sachsen.

Die freien Träger befürchten, dass ihnen die Lehrer weglaufen, weil sie die Gehälter nicht in gleichem Maße erhöhen können. Denn die Zuweisungen in Form von Schülerausgabesätzen werden erst zum nächsten Schuljahr angepasst. Das bestätigte das Kultusministerium auf Nachfrage. Demnach wird die Finanzierung der freien Schulen für 2017/18 anhand der durchschnittlichen Lehrergehälter des laufenden Schuljahres berechnet. Bis zum Sommer sei bislang kein Ausgleich in Sicht. «Wir hoffen aber noch immer auf eine kurzfristige Lösung», sagte Lenssen auf Anfrage.

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Laut Urteil des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs von November 2015 gelten öffentliche und freie Schulen als gleichrangig. Auch im Maßnahmenpaket sei laut Lenssen von «Lehrern im sächsischen Schuldienst» die Rede. Anfang des Monats habe das Kultusministerium jedoch klargestellt, dass bei diesen Verbesserungen nur Schulen in öffentlicher Trägerschaft gemeint seien.

Konrad Schneider von der Arbeitsgemeinschaft der sächsischen Schulen in freier Trägerschaft (AGFS) sagte, das Bildungspaket zeige einmal mehr, dass die Gleichwertigkeit beider Systeme im Bewusstsein der Staatsregierung immer noch nicht angekommen sei. «Es wäre ein deutliches Zeichen gewesen, wenn dieses Paket wirklich für alle Lehrer in Sachsen gewesen wäre.»

Gerd Stiehler vom Trägerverein Europäisches Gymnasium Waldenburg kritisierte: «Wir fühlen uns nach wie vor wie Schulen zweiter Klasse.» Der Verein betreibt eine Grund- und zwei Oberschulen sowie zwei Gymnasien. Da die Schülerausgabesätze keine 100-prozentige Finanzierung sichere, könne er seinen Lehrern ohnehin nur 85 Prozent des Gehalts zahlen. Mit dem Bildungspaket vergrößere sich die Kluft. «Ein Oberschullehrer zum Beispiel, der seit zehn Jahren im öffentlichen Schuldienst ist, bekommt dann rund 500 Euro mehr.»

Schon jetzt sei es schwierig, Lehrer für diese Schulart zu finden – besonders auf dem Land, wo sich die Mehrheit der sächsischen Ersatzschulen befinde. Viele dieser Einrichtungen seien durch Elterninitiativen gegründet worden, um die Schule im Ort zu halten. «Wir sind keine Privatschulen für Elite-Schüler», betonte Stiehler.

Anke Spröh vom Landeselternrat Sachsen befürchtet ebenfalls eine Benachteiligung der freien Schulen. Denn auch die demografische Frage sei weiterhin unbeantwortet. Junge Lehrer – mehr als 700 neue Stellen sind vorgesehen – sollen zwar mehr verdienen, erhalten aber noch immer deutlich weniger als ältere Kollegen.

Gehen diese aber reihenweise in Rente, wie in den kommenden Jahren abzusehen, sinke das Durchschnittsgehalt als Berechnungsgrundlage für freie Schulen und damit auch der Schülerausgabesatz. «Eigentlich hatten wir als Eltern die Hoffnung, dass das Schulgeld ganz wegfällt. Nun werden einzelne Träger das Schulgeld vielleicht sogar erhöhen müssen.» Wie es mit dem Thema Schulgeld weitergeht, soll eine von zwei freien Schulen eingereichte Verfassungsbeschwerde klären. dpa

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