Sachsen bekommt ein neues Schulgesetz und verlängert Schulschließungsmoratorium

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DRESDEN. Lange hat Sachsens Regierungskoalition über ein neues Schulgesetz für den Freistaat verhandelt. Rund 60 Änderungen am ursprünglichen Entwurf führten zum Kompromiss zwischen CDU und SPD. Doch der weckte sogleich Kritik von Elternverbänden und Opposition

Sachsen will seine Schulen auf dem Lande erhalten und schreibt das im neuen Schulgesetz fest. Das derzeit geltende «Schulschließungsmoratorium» werde eins zu eins umgesetzt, kündigten die Fraktionen von CDU und SPD Dresden an. In den Großstädten ist wegen stark gestiegener Schülerzahlen eine Schließung von Schulen ohnehin obsolet. Zudem will der Freistaat seine Oberschulen stärken und künftig mit Sozialarbeitern ausrüsten. Auch neue Freiheiten soll das Gesetz den Schulen ermöglichen.

Sachsens schwarz-rote Koalitionäre zeigen sich nach langwierigen Verhandlungen um das neue Schulgesetz zufrieden mit dem erzielten Kompromiss. Der Landeslternrat fühlt sich übergangen. Foto: Q.pictures / pixelio.de
Sachsens schwarz-rote Koalitionäre zeigen sich nach langwierigen Verhandlungen um das neue Schulgesetz zufrieden mit dem erzielten Kompromiss. Der Landeslternrat fühlt sich übergangen. Foto: Q.pictures / pixelio.de

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Christian Piwarz, sprach von einer wichtigen Weichenstellung für die Zukunft. Sachsen sei damit gut gerüstet. Das Gesetz sei keine Revolution, sondern eine Evolution. Piwarz äußerte sich auch zur langwierigen Verständigung mit dem Koalitionspartner SPD: «Die Geburt war schwierig, aber das Kind ist schön.»

«Es gibt einen Mehrwert, wenn man sich gegenseitig zuhört», sagte SPD-Fraktionschef Dirk Panter. Im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf kam es nach Angaben der Koalitionspartner zu etwa 60 Veränderungen. Der vom Landeselternrat erhobene Vorwurf mangelnder Transparenz wurde zurückgewiesen. «Ich kann die Kritik in keiner Weise nachvollziehen», sagte Piwarz. Der Landeselternrat sei umfassend eingebunden gewesen: «Wir haben das gemacht, was originäre Aufgabe von Parlamentariern ist.» Ein formales Beteiligungsrecht, wie es sich der Elternrat anmaße, existiere nicht.

«Es wird für uns entschieden anstatt mit uns», hatte der Vorsitzende des Landeselternrates, Michael Becker, zuvor beklagt. Man werde nun eine Umfrage unter den Eltern machen. Sollten wesentliche Forderungen nicht erfüllt sein, gehe man aus Protest auf die Straße. Der Landeselternrat äußerte auch Unverständnis darüber, dass der Gesetzentwurf bereits im April durch den Landtag «gepeitscht» werden und sprach von einer Hauruckaktion. Die Abstimmung im Parlament ist für den 11. April geplant.

Kritik kam auch von der oppositionellen Linken im Landtag. Sie nannte den Gesetzentwurf einen «faulen Koalitions-Kompromiss». Er werde den Anforderungen an ein zeitgemäßes neues Schulgesetz nicht gerecht, sagte die Abgeordnete Cornelia Falken. Beim Topthema «längeres gemeinsames Lernen» seien CDU und SPD ein Totalausfall.

Nach Angaben der Koalitionsfraktionen soll das Schulgesetz am 1. August 2018 in Kraft treten. Einzelne Regelungen werden vorab wirksam. Da sie Schritt für Schritt in Kraft treten, ergibt sich erst später ein finanzieller Mehrbedarf. Im Jahr 2021 soll er bei 57 Millionen Euro liegen. (dpa)

Neues sächsisches Schulgesetz - Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

– Das Moratorium zur Schließung von Schulen im ländlichen Raum gilt weiter und wird gesetzlich verankert.

– Für Oberschulen auf dem Lande reichen künftig 20 statt 25 Schüler pro Jahrgang, um eine Klasse zu bilden.

– Grundschulen in der Provinz können mit 12 statt 15 Schülern pro Klasse geführt werden, wenn die Gesamtschülerzahl mindestens 60 beträgt.

– Jahrgangsübergreifender Unterricht wird ermöglicht, selbst an Oberschulen und Gymnasien. Allerdings gilt das nicht für die Fächer Mathematik, Deutsch und die 1. Fremdsprache und auch nicht für die Oberstufe.

– Auch wenn die Mindestschülerzahl unterschritten wird, sollen vor dem Schulabschluss Klassen unverändert bleiben.

– An allen 283 Oberschulen wird es einen Schulsozialarbeiter geben.

– Für Berufsschulzentrum gilt eine Mindestschülerzahl von 550. Zunächst waren dafür 750 Schüler vorgesehen.

– Die Schulen erhalten mehr Freiheiten. Sie können zum Beispiel für die Verwaltung eingezahlter Gelder für Klassenfahrten und anderes ein eigenes Schulkonto einrichten.

– Ein Übergang von der Oberschule ans Gymnasium ist nach jedem Schuljahr möglich.

– Neue Schulmodelle können weiterhin «von unten» initiiert werden.

– Kinder mit einem besonderen Betreuungsbedarf können an der Förderschule oder an der Regelschule unterrichtet werden. Die Entscheidung obliegt den Eltern.

– Die Einführung der Inklusion wird zeitlich gestreckt und erfolgt auf freiwilliger Basis.

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