MAGDEBURG. Von der Waldorf bis kirchlich: Freie Schulen haben großen Zulauf. Um sich zu finanzieren, nehmen sie Schulgeld. Und staatliche Hilfen, die aus ihrer Sicht in Sachsen-Anhalt bei weitem nicht ausreichen.
Die freien Schulen sehen sich vom Land Sachsen-Anhalt nicht ausreichend finanziell unterstützt. «Heute führen wir als freie Schulen in Sachsen-Anhalt tatsächlich einen Existenzkampf», sagte der Leiter des Katholischen Büros Sachsen-Anhalt, Stephan Rether, am Montag in Magdeburg.
Beispielsweise sei bei den katholisch orientierten Schulen an acht Standorten im Land und mit rund 3300 Schülern zuletzt ein Jahres-Fehlbetrag deutlich im siebenstelligen Bereich entstanden. Dabei sei das Land dazu verpflichtet, die freien Schulen auskömmlich zu finanzieren.
«Unsere Existenz wird nicht wegen mangelnder Nachfrage nach unseren Angeboten bedroht. Es ist tatsächlich die Personalmarktsituation und ganz wesentlich auch die wirtschaftliche Situation.» Rether betonte: «Freie Schulen brauchen rund ein Drittel mehr an öffentlicher Finanzhilfe. Dann bleiben wir auch im Wettbewerb um die Lehrkräfte wettbewerbsfähig.» Seine Position unterstützten Vertreter evangelischer Schulträger sowie der Verband Deutscher Privatschulen in Sachsen-Anhalt. Aktuell prüfen Schulträger juristische Schritte.
Sie fordern, dass nun endlich ein im schwarz-rot-grünen Koalitionsvertrag vorgesehenes externes Gutachten zu den tatsächlichen Schülerkosten auf den Weg gebracht wird. Damit solle geklärt werden, wie hoch die Kosten an den staatlichen Schulen sind und wie entsprechend die freien Schulen finanziert werden müssten.
Zahlen aus dem Bildungsministerium zeigen für die zurückliegenden Jahre steigende Ausgaben für die freien Schulen. 2014 etwa waren es danach gut 95 Millionen, 2016 knapp 111 Millionen Euro. In diesem Jahr seien 119 Millionen Euro eingeplant und 2018 etwa 126 Millionen. Freie Träger hätten auch von der Schulbauförderung profitiert. Die Zahlen belegten, dass das Land sich nicht aus seiner Verantwortung stehe, betonte ein Ministeriumssprecher.
Die Vertreter der freien Schulen kritisierten zudem, dass etwa Kosten für die Schulgebäude überhaupt nicht übernommen würden. Zudem forderten sie, die Benachteiligung ihrer Einrichtungen mit Blick auf den Lehrkräfteeinsatz zu beenden. Wenn an staatlichen Schulen Quereinsteiger als Lehrkräfte angestellt würden, sollte das freien Schulen nicht untersagt werden.
«Insgesamt haben wir den Eindruck, dass das Land die Verantwortung manchmal nur wahrnimmt, wenn es um die Schulaufsicht geht, aber nicht, wenn es darum geht, die Schulen insgesamt zu unterstützen. Die Verantwortung des Landes besteht nicht nur für die staatlichen, sondern auch für die freien Schulen», sagte der Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft der christlich orientierten Schulen in Sachsen-Anhalt, Dietrich Lührs.
In Sachsen-Anhalt gibt es den Angaben zufolge rund 100 allgemeinbildende Schulen in freier Trägerschaft. Dort würden mehr als 16 000 Schüler unterrichtet. dpa
Ich staune immer wieder, wie selbstverständlich die, die sich aus der Solidargemeinschaft davonstehlen, dann von der Solidargemeinschaft finanzielle Hilfen erwarten, ja fordern.
Das ist, als wenn die Privatpatienten wollen, dass die Kassenpatienten dafür sorgen, dass ihre Beiträge aber bitte nicht zu hoch werden.
Diesem Staunen kann ich mich zu 100 % anschließen.
Man kann nur hoffen, dass der Wirbel um die Privatschulwahl von Ministerpräsidentin Schwesig, das Interesse in der Bevölkerung weckt, die Politiker und Behörden mögen das Grundgesetz und die Rechtsprechung künftig ernst nehmen.
Denn dann gäbe es Schulgeldgrenzen und Vorgaben und unter Beachtung dieser würden Behörden nur bestimmte Ersatzschulen genehmigen, damit eine verbotene “Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern” NICHT gefördert wird. (GG Art. 7 IV 3).
Außerdem würden dann wieder ins Bewusstsein kommen, dass der Steuerzahler nur dann zu staatlichen Finanzhilfen verpflichtet ist, wenn die Existenz des Ersatzschul-WESENS gefährdet ist. (BVerwG 6 C 18/10 und div. andere)
Bisher zahlt der Steuerzahler aber deutlich mehr Finanzhilfen. Und das auch noch an jede Ersatzschule und überlässt es diesen, wie sie diese verwenden.
Dabei zeigen die Studien der WZB-Wissenschaftler, dass die staatlichen Finanzhilfen offenbar nicht verwendet werden, damit allen Bürgern (auch Geringverdienern) ein Zugang zur Schule erleichtert wird und sich der Steuerzahler deshalb an den Kosten für deren privaten Wunsch, eine Privatschule zu nutzen, beteiligt.
Letztlich ist es so, dass viele Privatschule und deren Nutzer mit ihren Eigenleistungen zeigen, dass sie den anzubietenden gleichwertigen Pflichtschulbetrieb allein finanzieren können, oft sogar noch mehr, als das.
Dank der staatlichen Finanzhilfen werden dann weitere Wettbewerbsvorteile (kleine Lerngruppen, …) finanziert, oder – wer die Schulgeld-Hürde für das erste Kind – genommen hat, erhält für Geschwisterkinder – einkommensunabhängig – großzügige Rabatte.
dazu:
Süddeutsche Zeitung am 17.11.2016:
“”Würde man das Grundgesetz ernst nehmen, müsste Schloss Salem geschlossen werden”
http://www.sueddeutsche.de/bildung/schule-bei-der-kontrolle-von-privatschulen-missachten-die-bundeslaender-das-grundgesetz-1.3254758
Ich bin eindeutig für Privatschulen, die neben dem staatlichen Schulsystem herlaufen.
Immer mehr Sozialismus im Bildungswesen kann nicht die Lösung sein. Neiddebatten führen auch hier nicht weiter.
Empfinden Sie die Diskussion um die Missachtung des Grundgesetzes als Neiddebatte?
Es ist nichts gegen Privatschulen einzuwenden.
Allerdings darf dies nicht zu Lasten des Grundgesetzes sein.
Rechtsprechungen sind zu beachten, gerade von politischen Entscheidungsträgern und anderen Staatsdienern, oder sehen Sie das anders?
Jeder hat ein Recht eine Privatschule zu gründen oder zu besuchen.
Aber niemand darf erwarten können, dass die Gesellschaft dem einzelnen diesen Wunsch finanziert, OBWOHL er selbst über ausreichende Besitzverhältnisse verfügt.
Wie die aktuellen Studien und Ergebnisse zeigen, ist genau das in der Vergangenheit nicht beachtet worden.
Ich bin sehr dafür, dass diejenigen finanzielle Unterstützung erhalten, die das Recht eine Privatschule zu besuchen, NACHWEISLICH nur mit finanzieller Unterstützung wahrnehmen können.
Dabei sollte sich die finanzielle Unterstützung jedoch auf die Kosten für den “normalen” und gleichwertigen Unterricht begrenzen.
Luxus und Zusatzangebote sind nicht aus Steuergeldern zu finanzieren, oder sehen Sie das anders.
“Aber niemand darf erwarten können, dass die Gesellschaft dem einzelnen diesen Wunsch finanziert, OBWOHL er selbst über ausreichende Besitzverhältnisse verfügt.”
Das denke ich auch.
S.a. Joschka Langenbrinck, SPD Berlin: lt. BZ v. 10.9.2017:
„Die Privatschulen, die unsere Verfassung missachten, dürfen kein öffentliches Geld mehr bekommen“, fordert er. Der Senat habe dafür zu sorgen, dass das Grundgesetz eingehalten werde. – Quelle: http://www.berliner-zeitung.de/28394146 ©2017
Wenn der Senat dieser Aufforderung ernsthaft folgen will, dann sollte er die ganze Diskussion auch dafür nutzen, alle offenen Frage gerichtlich klären zu lassen.
Dem sollten alle anderen Bundesländer, die wie Berlin die bekannte Kritik nicht widerlegen können, folgen.
Denn die jeweiligen Deckungslücken, und davon abhängige Abgrenzung zwischen Schulgeld und anderen Eigenleistungen und die zur Beachtung der einkommensabhängigen Belastung der durchschnittlichen Haushalte notwendige Staffelung wird ja in den unterschiedlich reichen Bundesländern verschieden sein.
Würden dann nur noch diejenigen staatliche Unterstützung erhalten, die sie nachweislich benötigen, wird der Staat sehr viel Geld sparen können.
Und das (Einsparungen) ist bekanntlich eins der Hauptziele bei Privatisierungen.
In Sachsen-Anhalt zahlt der Staat Privatschulen für deren Schüler z.B. 45 % weniger, als wenn diese eine staatliche Schule besuchen. Die Privatschulen benötigen dann noch monatliche Elternbeiträge um die 150 Euro, um den dort geschätzten Unterricht anbieten zu können.
http://www.mz-web.de/sachsen-anhalt/warnruf-der-freien-schulen-unabhaengige-traeger-fuehlen-sich-an-den-rand-gedraengt-28394430
An der staatlichen Schulen, der die Mittel um die jeweiligen 100 % der abgegangenen Schülerkosten gekürzt werden, (obwohl die Kosten sicher noch nicht einmal um 45 % gesunken sind,) müssten genau diese eingesparten 45 % investiert werden.
Dann hätten die staatlichen Schulen wenigstens eine kleine Chance einen Unterricht anzubieten, der dem der Privatschule gleichwertig ist.
Der Staat könnte so wenigstens den Anschein erwecken, dass er “seine verdammte Pflicht für das Bildungswesen nach bestem Gewissen zu sorgen” wahrnimmt. ( siehe Zitat Dr. Th. Heuss BVerfGE 75, 40 Rn. 79 http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv075040.html )
@ E.S., naja, das ist wohl das, was man ein Totschlagargument nennt, oder? Weil man ja nicht neidisch sein möchte, was ja keine anerkannte Charaktereigenschaft ist, schweigt man dann und nimmt hin, was ungerecht ist?!
Und angesichts vom zwei- bzw. dreigliedrigen Schulsystem von “Sozialismus” zu sprechen, soll wohl auch nur Schreckgespenster assoziieren. 😉
Ist Inklusion für Sie dann eigentlich auch “Bildungs-Sozialismus”?
Ich bin eher nicht für das Privatschulwesen. Ich denke zwar, dass Privatschulen ihre (scheinbare) Berechtigung haben dort, wo der Staat “Lücken” nicht füllt (wenn es um spezielle Bildungsangebote geht), aber ich meine, der Staat sollte diese Lücken selber füllen und dann bräuchte man ja diese berechtigten Privatschulen nicht.
Jetzt ist es doch aber oft so, dass Leute eine Privatschule gründen, wo die staatliche Schule geschlossen wird / wurde. Man fragt sich, wieso die sich finanziell halten kann, wenn es die staatliche Schule an gleicher Stelle nicht konnte. Wegen der Schulgelder? Nein. Wegen der Lehrergehälter, die deutlich geringer sind. Es ist doch nicht anders als im ÖD, wo – wie wir wissen – die Personalkosten die höchsten Kosten sind.
Wenn Sie mir da also mit “Bildungs-Sozialismus” kommen, dann kontere ich mit “Bildungs-Kapitalismus” (Ausbeutung der Lehrerschaft), den ich ablehne und es soll ja sogar schon Privatschulen geben, die auf Profit ausgerichtet sind. Wie erwirtschaftet man denn mit Bildung Profit? (Ich nenne hier lieber keine Namen.)
Wenn Eltern das Recht haben, über die Bildung ihrer Kinder zu entscheiden (ist da jemand dagegen??), ist auch logisch, dass sie statt der staatlichen eine nichtstaatliche Schule wählen dürfen, ob Waldorf, katholisch, Montessori oder evangelisch. Nach dem Gleichheitsprinzip finde ich es selbstverständlich, dass der Staat dann für jedes Kind den selben Geldbetrag für Bildung locker macht, und wenn Alina zur Montessorischule geht, dann soll diese Schule eben das Geld für Alina kriegen. Es könnte so einfach sein.