Scheidender Beamtenbund-Chef befürchtet ohne Quereinsteiger Zusammenbruch der Nachwuchsgewinnung

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BERLIN. Der scheidende Beamtenbund-Chef Klaus Dauderstädt sorgt sich um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes in Deutschland, die Schulen eingeschlossen. Den hohen Anteil an Querseinsteigern bei Lehrer-Neueinstellungen sieht Dauderstädt kritisch; dennoch müsse die Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Dienstes gegenüber der Privatwirtschaft gesteigert werden.

Unmittelbar vor dem Gewerkschaftstag des Beamtenbunds dbb hat der scheidende dbb-Chef Klaus Dauderstädt eine Stärkung des Staatsdienstes gefordert. «Die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes muss gesichert werden», sagte er. Vom diesem Sonntag bis Dienstag findet der 24. dbb-Gewerkschaftstag in Berlin statt. Am Montag wird der Nachfolger von Dauderstädt gewählt. Dieser tritt mit 69 Jahren nicht mehr an.

Die Politik habe die demografische Entwicklung im öffentlichen Dienst lange ignoriert, findet Noch-DBB-Chef Dauderstädt. Foto: DBB
Die Politik habe die demografische Entwicklung im öffentlichen Dienst lange ignoriert, findet Noch-DBB-Chef Dauderstädt. Foto: DBB

«Die Politik hat die demografische Entwicklung im öffentlichen Dienst lange ignoriert», sagte Dauderstädt. «Erst zu reagieren, wenn die Kollegen in der Lehrerschaft oder bei der Polizei bereits in Ruhestand gehen, ist zu spät.» Ein Polizist durchlaufe eine dreijährige Ausbildung. «Also kann man nicht kurzfristig in drei Wochen eine Stelle neu besetzen.» Mittlerweile habe die Politik dies erkennen müssen.

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«Bei Lehrern greift man immer stärker auf Quereinsteiger zurück», so der dbb-Vorsitzende. Bei Neueinstellungen handele es sich teilweise bis zu 50 Prozent um Quereinsteiger. «Das ist nicht optimal.» Ein Ingenieur aus einer Berufsschule habe sicherlich die nötige fachliche Qualifikation, aber nicht unbedingt die nötige pädagogische. «Aber wir sollten uns der Möglichkeit der Quereinsteiger auch nicht völlig verschließen, sonst bricht die Nachwuchsgewinnung zusammen.»

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Um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu sichern, sei die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der Privatwirtschaft zu steigern. «Viele Fachkräfte sagen, eigentlich sind die Aufgaben im öffentlichen Dienst interessant – aber die Bezahlung stimmt im Vergleich zu privaten Unternehmen nicht.» Zentral sei auch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Als zentrales Anliegen stufte Dauderstädt zudem ein gemeinsames Eintreten mit der Politik gegen Gewalt gegen Beschäftigte im Staatsdienst ein. «Nicht nur Polizisten und Vollstreckungsbeamte werden mit Gewalt konfrontiert, auch viele andere Mitarbeiter – etwa in den Jobcentern», sagte er.«Es geht um physische Gewalt, aber auch um verbale Anfeindungen.» (dpa)

Zahl der Angriffe auf Lehrer hat stark zugenommen (in NRW jedenfalls) – rächt sich nun, dass Gewalt gegen Lehrer von Strafverschärfung ausgenommen wurde?

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2 Kommentare
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Emil
6 Jahre zuvor

Ist doch traurig! Der Staat schafft sich selber ab.
Das ist nun die Konsequenz aus seit Jahren anhaltender Verschlechterungen wie Nullrunden, Arbeitszeiterhöhung, Streichung von Urlaus- und Weihnachtsgeld, Missachtung jeglicher Hinweise auf die Zustände und Belastungen im ö.D., etc.etc., etc.

Wen wunderts , dass sich die jungen Leute abwenden?

Mark Steiner
6 Jahre zuvor
Antwortet  Emil

Ich sehe das nicht so tragisch. Die ganz Jungen wollen zwar nicht gleich Lehrer werden, weil sie den Medien die Geschichten vom Fachkräftemangel und dem guten Verdienst für Ingenieure glauben, aber ab ungefähr Mitte 30, wenn sie ihre Erfahrungen in der Wirtschaft gemacht haben, wird der Lehrerberuf doch wieder interessant.

Zum Glück behandeln die Unternehmen die Fachkräfte in diesem Land noch schlechter als der Öffentliche Dienst, sonst würde das System Schule (und vermutlich auch noch andere) wirklich zusammenbrechen. Bei uns am Berufskolleg sind inzwischen gut 80% der neuen Referendare Quereinsteiger (und das sind wirklich nicht die Schlechtesten, haben aber die S******* gestrichen voll von Zeitarbeit, Mobbing und 24h-Dauerarbeit).