Können ausländische Lehrer dabei helfen, den Lehrermangel in Deutschland zu lindern?

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POTSDAM. An den Schulen gibt es immer mehr Schüler mit Migrationshintergrund. An der Universität Potsdam weiterqualifizierte geflüchtete Lehrkräfte können ihnen bei der Integration helfen. Überhaupt: Es gibt eine „Riesengruppe“ ausländischer Lehrer in Deutschland, die in fachfremden Berufen arbeiteten – ein Reservoir gegen den Lehrermangel?

Aktuell sind Tausende von Lehrerstellen insbesondere an Grundschulen unbesetzt. Foto: Shutterstock

Die neue Brandenburger Landesregierung will das 2016 an der Universität Potsdam gestartete bundesweit erste Programm zur Qualifizierung geflüchteter Lehrer mit Änderungen weiterführen. Bereits in den kommenden Monaten wollten sich alle beteiligten Partner dazu abstimmen, teilte das Wissenschaftsministerium in Potsdam auf Anfrage mit. SPD, CDU und Grüne hatten sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, das Programm als pädagogisches Qualifizierungsangebot in veränderter Form fortzusetzen.

31 Lehrer aus Syrien hat das Land bisher eingestellt

Laut Ministerium wird es an der Universität Potsdam zunächst bis 2021 weitergeführt. Der Landeszuschuss dafür beträgt jährlich eine halbe Million Euro. Seit dem Programmstart im April 2016 haben sich 173 nach Deutschland geflüchtete ausländische Lehrer daran beteiligt – von insgesamt 1125 Bewerbern. Die zahlenmäßig stärkste Gruppe waren Pädagogen aus Syrien. Ziel des Programms ist es, den Absolventen zu einem Berufseinstieg im brandenburgischen Schuldienst zu verhelfen.

31 Lehrkräfte stellte das Land bisher befristet und unbefristet ein, wie aus der Antwort des Wissenschaftsministeriums auf eine Anfrage aus der AfD-Landtagsfraktion hervorgeht. Das entspreche einem Anteil von 2,2 Prozent aller 1440 Seiteneinsteiger, die seit dem Schuljahr 2017/2018 in Brandenburg tätig seien. Überwiegend arbeiten die Absolventen des Uni-Programms an Grundschulen, ein kleiner Teil an Gesamt-, Förder- und Oberschulen. Was künftig geändert werden soll, ist bisher offen. Es gab bereits Veränderungen – beispielsweise wurde der Deutsch-Unterricht von zwei auf drei Semester erweitert.

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Mentoren stehen den Lehrkräften laut Ministerium zur Seite

Die eingestellten ausländischen Lehrkräfte leisten nach Angaben des Ministeriums «in der Regel» keinen eigenständigen Unterricht. Ihnen zur Seite stehen Mentoren. Vorwiegend eingesetzt würden sie an Schulen mit geflüchteten oder asylsuchenden Kindern und Jugendlichen. Fehlen deutsche Sprachkenntnisse und fachliche Fähigkeiten, arbeiten sie als «sonstiges pädagogisches Personal», erklärte das Ministerium.

Grundsätzlich steht es den geflüchteten Pädagogen frei, nach erfolgreichem Abschluss des Qualifizierungsprogramms über eine Eignungsprüfung oder einen Anpassungslehrgang ein Lehramt zu erwerben. Bislang hat kein Absolvent laut Ministerium eine Lehramtsbefähigung. Sie sei neben der deutschen Staatsangehörigkeit Voraussetzung für eine Übernahme ins Beamtenverhältnis.

Ausländische Lehrer? „Es ist nicht sinnvoll, solche Potenziale zu verschenken“

Nach Angaben der Bildungswissenschaftlerin Miriam Vock, die das Qualifizierungsprogramm initiierte, war die Uni Potsdam damit bundesweit Vorbild. «Schon bald nach unserem Start legten die Universitäten in Bochum und Bielefeld ähnliche Programme auf», sagte sie im Gespräch. Auch an der Universität Wien laufe ein solches Programm. In Schweden gebe es vergleichbare Initiativen der Regierung, die an den Universitäten angeboten werden. Sie stünden allerdings auch geflüchteten Medizinern und Angehörigen anderer Mangelberufe offen. Weitere Universitäten hätten Interesse am Potsdamer Projekt.

Für die Zukunft sieht Vock einen großen Bedarf bei der Weiterbildung ausländischer Lehrkräfte in Deutschland. «Die Migration hört nicht auf, auch nicht innerhalb Europas», sagt sie. Es gebe eine «Riesengruppe» ausländischer Lehrer in Deutschland, die in fachfremden Berufen arbeiteten. «Es ist nicht sinnvoll, solche Potenziale zu verschenken, stattdessen sollten die Lehrkräfte weiterqualifiziert und eingesetzt werden.» dpa

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3 Kommentare
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Heinz
4 Jahre zuvor

Ja können sie!
Was in unserem Land teilweise als Vertretung angestellt wird, oder über Versetzungen an eine Schule kommt ist eine Zumutung. Im Sinne der Kinder kann das nur gut sein, wenn man ordentliche andere Leute findet, vollkommen egal, wo die her kommen.

AvL
4 Jahre zuvor
Antwortet  Heinz

Die hiesigen Ärztekammern ermöglichen es zu unserem Vorteil, dass Ärzte mit außereuropäischen Abschlüssen, hier in Deutschland qualifiziert oder in der Weiterbildung befindlich, hier in Deutschland medizinisch tätig werden können, und somit tragen diese sehr stark dazu bei, den Arbeitskräftemangel an Ärzten lindern zu helfen.
Außerdem lernt man andere Kulturen kennen und wertschätzen zu lernen .

AvL
4 Jahre zuvor
Antwortet  AvL

Natürlich sollen diese Lehrer hier arbeiten, denn was als anderes als bornierte Arroganz spricht gegen die Einstellung dieser Lehrer.
Und natürlich sollten auch in allen anderen beruflichen Tätigkeitsfeldern qualifizierte Menschen mit einer entsprechenden Ausbildung hier in Deutschland beruflich tätig werden.