Eisenmann lehnt Leopoldina-Rat ab: Keine Maskenpflicht im Unterricht

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STUTTGART. Baden-Württemberg steigt als letztes Bundesland ins neue Schuljahr ein. Und schon jetzt ist klar: Im Unterricht wird – Stand: jetzt – auch nach dem Urlaub auf Masken verzichtet, obwohl Wissenschaftler der Nationalakademie Leopoldina diese gefordert hatten. Doch der Gegenwind für Kultusministerin Eisenmann ist bereits spürbar. Lehrer fordern vor allem mehr Abstand.

Hält nichts von Masken im Unterricht – obwohl Virologen darauf drängen: Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann. Foto: Kultusminsterium Baden-Württemberg

Auch nach den Sommerferien wird es in baden-württembergischen Schulen keine Maskenpflicht im Klassenraum geben. «Ich halte aus pädagogischen Gründen wenig von einer Maskenpflicht im Unterricht», sagte Kultusministerin Susanne Eisenmann. Gerade im Unterricht sei es wichtig, klar kommunizieren zu können. «Stellen Sie sich zum Beispiel mal den Französischunterricht mit Maske vor, das ist schon schwierig», sagte die CDU-Politikerin.

Maskenpflicht auf Schulfluren, in der Aula und den Toiletten

Es gebe allerdings nach den Sommerferien ab Klasse fünf und an den weiterführenden Schulen eine Maskenpflicht auf den sogenannten Begegnungsflächen wie den Schulfluren, der Aula und den Toiletten. «Freiwillig darf natürlich jeder eine Maske auch im Unterricht tragen – Schüler wie Lehrer», sagte Eisenmann. An Grundschulen seien Masken auch nach den Ferien nicht vorgeschrieben. Eisenmann schließt allerdings nicht aus, dass die Pflicht zum Mund-Nase-Schutz an Schulen auch in den Unterrichtsstunden eingeführt werden muss, wenn die Infektionszahlen weiter steigen. Es könne auch bei einem lokalen Corona-Hotspot die Maskenpflicht im Schulunterricht angeordnet werden.

Nordrhein-Westfalen hat Anfang der Woche als bisher einziges Bundesland eine Maskenpflicht auch im Unterricht angekündigt (News4teachers berichtete). Im bevölkerungsreichsten Land beginnt das neue Schuljahr am kommenden Mittwoch. In Baden-Württemberg geht die Schule erst am 14. September wieder los.

Wissenschaftler wie der Charité-Virologe Christian Drosten und der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, widersprechen der Lesart Eisenmanns und zahlreicher anderer Kultusminister. In einer Stellungnahme der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina in Halle empfehlen sie, dass an Deutschlands Schulen von der fünften Klasse an auch im Unterricht Maske getragen werden sollte, wenn nicht ausreichend Abstand möglich ist. Sie sprechen sich zudem dafür aus, «überall, wo dies umsetzbar ist», kleine feste Kontaktgruppen einzurichten (News4teachers berichtet ausführlich über die Stellungnahme der Leopoldina – hier geht es zu dem Beitrag).

„Unterricht mit Maske ist besser als gar keiner“

Sozialminister Manne Lucha (Grüne) ist zwar kein Freund der Maskenpflicht im Klassenraum, allerdings schließt er eine Pflicht nicht aus: Gebe es Hinweise, dass durch den Unterricht ohne Maske die Zahl an Infektionen steige, müsse man über eine Maskenpflicht nachdenken, sagte er der «Südwest Presse». «Unterricht mit Maske ist immer noch besser als gar kein Unterricht.»

Die GEW forderte Eisenmann auf, die Empfehlungen der Wissenschaft umzusetzen. Bei älteren Schülerinnen und Schülern seien Masken zwar vertretbar und konsequent, weil sie eine höhere Infektiosität hätten. «Aber es ist doch nicht nachvollziehbar, dass sie im Klassenzimmer nebeneinander sitzen und miteinander sprechen – und sobald sie aus dem Zimmer rausgehen, müssen sie eine Maske aufsetzen», sagt die GEW-Landesvorsitzende Doro Moritz. Mehr Abstand, das sei die beste Variante im Klassenzimmer, sofern die Gebäude diesen zuließen. Außerdem müssten Lehrkräfte endlich eng anliegende sogenannte FFP2-Masken erhalten, die auch kleine Partikel und Tröpfchen zuverlässiger aus der Luft filtern können.

Philologen sprechen sich für Gesichtsvisiere aus

Die Gymnasiallehrer sind ebenfalls skeptisch: «Eine bessere und preiswertere Lösung wäre es, die rund 1,3 Millionen Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte im Land mit Visieren auszustatten», sagte der Landesvorsitzende des Philologenverbandes, Ralf Scholl. Visiere seien zwar nicht ganz so effektiv wie Masken, verminderten aber das Ansteckungsrisiko auf etwa die Hälfte. «Zudem haben Visiere im Vergleich zu Masken den großen Vorteil, dass sie problemlos sechs Stunden ununterbrochen getragen werden können und die Mimik der Träger erkennbar bleibt.» Allerdings werden Visiere zum Beispiel aus Plexiglas in NRW abgelehnt, weil der Infektionsschutz damit nach Einschätzung des RKI nicht genauso sicher ist wie eine eng am Gesicht anliegende Mund-Nasen-Bedeckung.

Die organisierten Realschullehrer in Baden-Württemberg sind trotzdem gegen die Maske: «Ich kann mir nicht vorstellen, dass man eine Maske sechs Stunden am Stück trägt, ganz egal ob als Lehrer oder als Schüler», sagt Karin Broszat vom Realschullehrerverband. Die Überlinger Rektorin bevorzugt Abstandsregeln – auch wenn das bei Klassengrößen von 30 Jugendlichen schwierig sei. Von Martin Oversohl und Nico Pointner, dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Kurz nach Schuljahresbeginn: Erste Schulen schon wieder geschlossen – Virologen: So, wie Kultusminister den Schulbetrieb planen, geht es nicht

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Osman
3 Jahre zuvor

Die neue Ministerpräsident*in im Ländle?

RiskLiveMatters
3 Jahre zuvor

Aha aus pädagogischen Gründen nicht realisierbar, dann darf man gespannt sein, wie BW die Pandemie pädagogisch im Zaum hält. Waren da zu viele bei de Querdenkern und sind die Lehrer, vornehmlich die Realschullehrer nicht fähig Studien zu lesen und Exponentialfunktionen zu lösen oder wie darf man die geballte Kompetenz verstehen?

Sara
3 Jahre zuvor
Antwortet  RiskLiveMatters

…die Lehrerinnen entscheiden hier leider überhaupt nichts. Die meisten LehrerInnen zittern bzgl. des Schulanfangs, an welchem Schülerinnen und LehrerInnen als Kanonenfutter vorgeschickt werden. Die Klassen kleiner zu machen wäre ja schon eine sehr gute Option. Statt dessen werden Klassen wieder mit bis zu 30 Schülern vollgepackt. Ich wette, die Menschen, die das entscheiden, stellen sich nicht 6-8 Stunden in eine solche Klasse!

Johann
3 Jahre zuvor

Hallo Frau Eisenmann sie wollen auf dem Rücken und der Gesundheit der Kinder und Schüler sich einen Namen machen und sich dann nicht einmal die Mühe machen und sich die Zustände ansehen wie es in den Schulen eigentlich aussieht sie sollten sich erst einmal da Stark machen und wenn sie es dann fertig gebracht haben das unsere Kinder in Menschen würdige Schulen gehen können dann können sie einmale sich auch Gedanken über die Zukunft machen der Gesundheit den meine Meinung ist das sie sich selbst nicht so richtig versteht was sie wollen gehen sie doch einfach nur mal 1Tag in eine Schule und besuchen sie auch dann mal ein WC der Schüler und nicht nur das ganze Jahr über das sie sich Gedanken machen Hauptsache die Kinder gehen zur Schule und danach haben die Eltern und Kinder die Krankheit, Daher ist es wichtig für die Kinder das sie sich selbst nicht über die Fachleute Ärzte hinweg setzen den sie haben nicht das Recht und die Fachliche Ausbildung zu solchen Aussagen zu machen und auch nicht unsere Schüler diesem Risiko aus zu setzen, Früher hat man 2 Schuljahre in 1 Jahr wen sie das mal sich überlegen sollten und ich glaube das das auch nicht so dumm ist und dann kann ich mir vorstellen das es auch für die Schüler einfacher ist und nicht nur dieser ganze Kram was man jetzt mit den Schülern macht darum kann ich nur sagen wenn es nicht möglich ist das sie sich um unsere Schulen kümmern dann kann ich nur sagen das sie auf dem falschen Weg sind und ich glaube das sie dann in 2-4 Wochen nicht mehr sich Sorgen machen müssen da sollten sie sich Gedanken machen den meine Meinung zu dem was sie da machen das sollte man sich eigentlich mal überlegen und dann kann man sich auch mal treffen um zu sehen wie es weiter geht.

Sabine
3 Jahre zuvor

Ich unterrichte an einer beruflichen Schule. Die Schüler dort sind keine Kinder mehr, sondern junge Erwachsene. Welcher normale Mensch würde sich ab nächste Woche freiwillig mehrmals täglich 90 Minuten lang in einen engen Raum mit 30 jungen Erwachsenen ohne Masken und ohne ausreichende Belüftung begeben?
Als Lehrerin fühle ich mich wie Kanonenfutter. Von meinem Arbeitgeber erwarte ich zumindest, dass mir täglich eine FFP2-Maske zur Verfügung gestellt wird. Die muss ich mir nämlich momentan selber kaufen um mich zu schützen.