Auch digitale Kontakte fördern Empathie und solidarisches Verhalten

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JENA. Psychologinnen der Universität Jena haben untersucht, mit welchen Strategien Menschen Ausnahmesituation wie den Corona-Lockdowns begegneten und welche Auswirkungen diese auf ihr Empathievermögen hatten.

Homeschooling, Distanzunterricht, Corona, Homeschooling-Scouts. Foto: shutterstock/Ulza
Soziale Kontakte ließen sich auch im Distanzunterricht pflegen. Foto: shutterstock/Ulza

Kontaktbeschränkungen, Abstandsregeln, Maskenpflicht – aus Rücksicht auf Kranke und Schwache und zum Schutz der gesamten Bevölkerung musste jede und jeder Einzelne während der vergangenen anderthalb Jahre in vielen Bereichen zurückstecken und Solidarität zeigen. Dass es empathischen Menschen dabei grundsätzlich leichter fällt, Verantwortungsbewusstsein für andere zu entwickeln, ist unter Psychologinnen und Psychologen Konsens.

Doch welchen Einfluss hat eine Ausnahmesituation wie der Corona-Lockdown auf das Empathievermögen der Menschen – und damit auf eine Grundvoraussetzung solidarischen Verhaltens? Psychologinnen der Universität Jena haben untersucht, mit welchen Strategien Menschen der Krise begegneten und welche Auswirkungen die Umgehensweise mit der Pandemie ganz konkret auf die Empathie hatten. Für die ihre Studie befragten sie mehr als 1.300 Personen aus Deutschland und Großbritannien während des ersten und zweiten Lockdowns.

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„Das Empathievermögen ist zum Teil von außen beeinflussbar. Wenn wir beispielsweise großem Stress ausgesetzt sind, dann ist es schwierig, andere Perspektiven nachzuvollziehen oder sich um das Wohlergehen anderer zu sorgen“, umreißt die Jenaer Wissenschaftlerin Stefanie Hechler die Ausgangsbasis der Studie. „Menschen, die während des Lockdowns ganz bewusst auf eine soziale Strategie zum Umgang mit der Pandemie setzten, zum Beispiel auf die Pflege von positiven sozialen Kontakten, berichteten, sich besser in andere Personen einfühlen zu können. Je stärker Menschen sozial agierten, etwa regelmäßigen Austausch mit Familie und Freunden suchten und sich generell sozial eingebunden fühlten, desto mehr wuchs ihr emotionales Mitgefühl, ihre empathische Sorge gegenüber anderen. Und diese Strategie korrelierte positiv mit der Solidarität gegenüber verschiedenen, von der Pandemie stark betroffenen Personengruppen.“, fasst sie die Ergebnisse zusammen.

Dabei spiele die Form der Kontakte keine Rolle, so die Forscherin. Sowohl persönliche Begegnungen als auch Telefonate oder Zoom-Gespräche hatten einen positiven Einfluss. Einen wichtigen Effekt darauf habe zudem, dass die Personen sich diese Vorgehensweise als ihre eigene Strategie zur Krisenbewältigung auch bewusst machten. In Phasen besonders hoher Bedrohung allerdings funktionierten diese Abwehrstrategien nicht besonders gut, etwa als die besonders hohen Inzidenzwerte große Anspannung und Stress mit sich brachten. Andererseits, so Hechler, konnten auch hier als positiv empfundene soziale Kontakte die Auswirkungen der wahrgenommenen Gefahr auf das Empathievermögen senken.

Für Stefanie Hechler ergibt sich aus den Ergebnissen eine klare Forderung. „Wir haben gezeigt, dass das Empathievermögen zum Teil variabel ist und mit welchen Mitteln wir diese Fähigkeit zum Mitfühlen beeinflussen können – auch oder gerade in Zeiten des Ausnahmezustands.“ Nicht nur die persönliche Prägung des Einzelnen habe also einen Einfluss auf die Solidarität und damit auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt, sondern auch die umgebende Situation. Gerade in Situationen, in denen eine hohe Solidarität notwendig sei, sollten daher explizit die sozialen Kontakte im Rahmen der Möglichkeiten gefördert werden. „Wir sollten Personen trotz Lockdowns zu sozialem Austausch, etwa innerhalb der Familie und des eigenen Haushaltes oder auch zu regelmäßigen Telefonaten und digitalen Kontakten ermutigen, um trotz Bedrohungssituation gegenseitige Empathie und Solidarität zu fördern“, so die Empfehlung der Psychologin. (zab, pm)

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