HANNOVER. Niedersachsens Kultusminister hat Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) erneut für das geplante Aus eines Programms zur Sprachförderung in Kitas kritisiert – in scharfen Worten. «Das ist ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten und eine Schwächung der frühkindlichen Bildung insgesamt», sagte Grant Hendrik Tonne (SPD).
Schon jetzt seien die Kitas wegen Personalmangels, der Corona-Pandemie und den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs stark belastet. Wenn nun auch noch die Förderung der Sprach-Kitas zum Jahresende wegfalle, würden Betreuungsangebote in Gänze gefährdet und die Fachkräfte weiter belastet.
Das Bundesfamilienministerium hatte im Juli in einem Schreiben an die Länder angekündigt, die Finanzierung des Programms «Sprach-Kitas» zum Jahresende einzustellen. Mit dem Programm wird seit 2016 zusätzliches Kita-Personal zur Sprachentwicklung gefördert. Nach Regierungsangaben betrifft dies derzeit etwa 8000 halbe Stellen für Sprachbildung und Beratung. Im laufenden Jahr sind dafür Kosten von 248 Millionen Euro veranschlagt. Etwa jede achte der bundesweit rund 58 500 Einrichtungen ist den Angaben zufolge eine Sprach-Kita. In Niedersachsen gibt es rund 700 Sprach-Kitas.
«Der Bruch dieses Versprechens wird im ganzen Land zu Unmut führen, bei den Eltern, dem Personal und den Einrichtungsträgern»
Kultusminister Tonne kündigte an, jetzt die niedersächsischen Bundestagsabgeordneten anzusprechen, damit der Haushaltsplanentwurf noch abgeändert wird. «Die Ampel hat in ihrem Koalitionsvertrag das klare Versprechen abgegeben, die Sprach-Kitas zu verstetigen. Der Bruch dieses Versprechens wird im ganzen Land zu Unmut führen, bei den Eltern, dem Personal und den Einrichtungsträgern», warnte er.
Der Bundesministerin Paus warf der SPD-Politiker Kurzsichtigkeit vor. Die Grüne warne zurecht vor Kinderarmut und sozialer Spaltung. Dazu passe aber nicht, «eine bewährte Struktur abzubauen, die insbesondere Kinder aus schwierigen Verhältnissen in den Blick nimmt und fördert». News4teachers / mit Material der dpa
Hintergrund für Niedersachsen ist aber auch, dass die Sprachförderung vor der Einschulung, die bis 2018 durch Lehrkräfte erfolgte, gestrichen wurde und dafür keine Lehrkräftestunden mehr zur Verfügung stehen.
Die Sprachstandserhebung bei allen Kindern mehr als 1 Jahr vor der Einschulung und wöchentliche verpflichtende Förderung (galt als Schulpflicht) über ein Jahr in Kleingruppen durch Lehrkräfte der Grundschulen sind damit entfallen.
Das linderte den Lehrkräftemangel, verbesserte die Förderung aber nicht.
An dieser Diskussion kann man deutlich sehen, wie wenig es bei Betreuung/Beaufsichtigung politisch um das Wohl der Kinder geht. „Es stehen für (beispielsweise) ukrainische Kinder genügend Betreuungs- und Schulplätze zur Verfügung“ wahrt den schönen Schein. Dazu gestellte Stühle und Kinder, die kein Wort verstehen sind nicht das Problem der Politiker. Damit angeben, wie fördernd und sogar traumalösend die institutionelle Betreuung ist, nehmen sie allerdings gerne ins Anspruch.