Studie: Mädchen fehlt es an weiblichen Vorbildern im MINT-Bereich – Lehrerinnen

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ERFURT. Fachkräfte werden überall gesucht. Im Bereich «Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft oder Technik» (MINT) fällt die Arbeitskräftelücke aber besonders groß aus – auch weil es nicht gelingt, genügend Mädchen für das Thema zu gewinnen. Das liegt auch daran, dass es nicht allzu viele MINT-Lehrerinnen gibt.

Mädchen sind auch bei "Jugend forscht" unterrepräsentiert - doch ihr Anteil steigt. Foto: jugend forscht
Mädchen sind auch bei “Jugend forscht” unterrepräsentiert – doch ihr Anteil steigt. Foto: jugend forscht e.V.

Mädchen haben in der Regel ein persönliches Interesse an naturwissenschaftlichen und technischen Themen, entscheiden sich dann aber mehrheitlich gegen eine Ausbildung oder Studiengang im Bereich «Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik» (MINT). Das ist das zentrale Ergebnis einer Studie der IU Internationale Hochschule in Erfurt, die am Montag zum Auftakt eines umfassenden Forschungsprojekts veröffentlicht wurde.

70 Prozent der in einer repräsentativen Umfrage angesprochenen Schülerinnen interessieren sich für MINT-Themen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik), werden aber durch verschiedene Umstände abgeschreckt, ein MINT-Fach zu studieren oder eine Ausbildung in diesem Bereich zu beginnen. So fühlen sich über 40 Prozent der jungen Frauen und Mädchen jedoch mit diesen Themen überfordert beziehungsweise finden den MINT-Bereich zu schwierig.

Die Weichenstellung gegen den MINT-Bereich habe auch mit Vorteilen zu tun, sagte Sibylle Kunz, Professorin für Medieninformatik an der IU Internationalen Hochschule: «Ein typisches Vorurteil ist, dass wir in MINT-Berufen ständig programmieren und unsere Mathe-Kompetenzen unter Beweis stellen müssen. MINT ist aber unglaublich vielfältig.»

«Vor allem braucht es dringend mehr weibliche Vorbilder aus dem MINT-Bereich, die jungen Frauen Mut machen»

Um etwas gegen eine Entscheidung gegen den MINT-Bereich zu tun, müsse man früh in der Schule ansetzen – etwa durch gendersensiblen Unterricht, der Mädchen und Jungen gleichermaßen anspreche, sagte Alexandra Wuttig, Kanzlerin der IU. «Vor allem braucht es dringend mehr weibliche Vorbilder aus dem MINT-Bereich, die jungen Frauen Mut machen.» Vorbilder im direkten Lebensumfeld, wie Lehrerinnen und Lehrer sowie Familienmitglieder, aber auch aus der Wirtschaft, hätten großen Einfluss auf die spätere Studien- und Berufswahl.

In der Studie erklärte über ein Drittel der Befragten (34,1 Prozent), dass sie niemanden kennen, der oder die im MINT-Bereich arbeitet. Nur sehr wenige der Befragten haben Freundinnen oder weibliche Verwandte, die in MINT-Berufen arbeiten: Gerade einmal 9,9 Prozent haben eine Freundin, 8,2 Prozent gaben ihre Mutter oder Großmutter, 14,5 Prozent sonstige weibliche Verwandte an.

Abhilfe schaffen könnten nach Einschätzung der Forscherinnen Orientierungsangebote für die Berufs- oder Studienwahl. 65 Prozent der Schülerinnen, die bereits Praktika absolviert oder in den Ferien gearbeitet haben, fänden dies nützlich. Fast ebenso beliebt (62,3 Prozent) sind Gespräche mit Freundinnen und Freunden, Familie oder Mentorinnen und Mentoren. Infoveranstaltungen wie Jobmessen, Girl’s Day oder Thementage landeten mit 45 Prozent auf Platz drei. Ähnlich populär sind mit 43,5 Prozent digitale Infokanäle – vor allem Instagram, Facebook, TikTok – und firmeneigene Webseiten.

Die IU Internationale Hochschule ist eine staatlich anerkannte private Fachhochschule mit Sitz in Erfurt und 28 Standorten in Deutschland. Mit über 85.000 Studierenden ist sie seit 2021 die größte Hochschule in Deutschland. News4teachers / mit Material der dpa

Hat die Monoedukation ausgedient? Warum eines der letzten Mädchengymnasien bald auch Jungen aufnimmt

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Georg
2 Jahre zuvor

In Deutschland können die Frauen das studieren, was sie wollen. Daher studieren sie halt weniger MINT. Ende.

Carsten60
2 Jahre zuvor
Antwortet  Georg

Beim Lehramt sind auch im Fach Mathematik mittlerweile die Frauen in der Überzahl, bald haben wir an allen allgemeinbildenden Schulen mehr Mathelehrerinnen als Mathelehrer, in der Grundschule sowieso. Ich verstehe nicht, wieso das ein Mangel an weiblichen Vorbildern sein soll. In Physik ist es wohl anders, aber in Biologie auch nicht.

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Carsten60

Uni ungleich Lehrerin

Ron
2 Jahre zuvor
Antwortet  Carsten60

Wir haben es eher mit einer totalen Feminisierung der Erziehung und Bildung zu tun. In erster Linie fehlen mittlerweile den männlichen Jugendlichen die Vorbilder und ein angemessener Unterricht.

Streamer01
2 Jahre zuvor

“Gleichberechtigung” ist in deutschen Schulen erst dann erreicht, wenn die Lehrkräfte zu 100% aus Frauen besteht.

Und Jungen und junge Männer interessieren in den westlichen Gesellschaften ja eh nicht, bestenfalls nur noch als Kanonenfutter in einem Krieg – siehe Ukr. (aber dafür brauchen sie dann ja auch nicht lesen können)

Wiebke
2 Jahre zuvor

Warum nur sollen Frauen in Berufe gedrängt werden, die sie weniger mögen als Männer? Die Geschlechter sind nun mal von Natur aus verschieden, auch in ihren Stärken, Schwächen und Interessen. Warum sollen sie also partout gleichmacht werden?

Jahrzehnte mit “girls days” und Werbung für eine berufliche Umorientierung sollten doch genügen, um nicht immer wieder dem gleichen Irrtum aufzusitzen, dass es nur mehr Vorbilder braucht, damit Männer in ihrer Berufswahl “weiblicher” werden und Frauen “männlicher”.

Ideologen kennen keine Grenzen und der “allmächtige” Mensch möchte am liebsten alles beherrschen. Nur dumm, dass er aus Fehlern oft nicht lernt, sondern seine irrtümlichen Anstrengungen noch intensiviert.

Zitrone
2 Jahre zuvor
Antwortet  Wiebke

Wow, ich bin in ein Zeitloch gefalen – direkt ins 19. Jahrhundert.

Wieso sollten denn Frauen MINT-Berufe von Natur aus “weniger mögen”? Muss man beim Stillen weniger zählen – und ist deshalb ein bisschen blöder als die Männer, die beim Jagen immerhin zusammenkriegen müssen, wie viele Mammuts sie schon erlegt haben?

Wieso sind Frauen aber dann in bestimmten Bereichen – Verfahrenstechnik, die Gesundheits- oder Textiltechnik, neuere Fächer wie Medientechnik, Bioinformatik oder Regenerative Energien – führend? Sind die da zufällig beim Wickeln, was ihrer Natur natürlich total entspricht, hineingeraten?

Quelle: https://www.iab-forum.de/ingenieur-und-naturwissenschaften-in-manchen-mint-faechern-dominieren-frauen/

Oder könnte es doch daran liegen, dass die klassischen MINT-Studiengänge seit je her dermaßen männlich dominiert sind, dass eine Frau schon arg geschlechtsblind sein muss, um das nicht als abschreckend zu erleben?

Streamer01
2 Jahre zuvor
Antwortet  Zitrone

Ruhig bleiben, Brauner!

Ganz so, wie Sie es schreiben, ist es dann doch nicht.

Wow, ich bin in ein Zeitloch gefalen – direkt ins 19. Jahrhundert.”

Ich wünschte auch wir wären etwas mehr, wie in patriarcharen Gesellschaften, wie z.B. Iran, denn die machen wirklich etwas für Frauen, denn da studieren Frauen in sehr viel größerer Zahl echtes MINT und nicht das irgendwas-mit-Medien-MINT, wie Medientechnik, von dem Sie hier schreiben.

Es gibt sogar einen Begriff für die Entscheidung von Frauen sich umso mehr für “Frauenberufe” zu entscheiden, je gleichberechtigter die Gesellschaft ist in denen sie leben: das Geschlechter-Paradoxon.

Eigentlich ist es ja, wenn man einmal ehrlich ist, jedoch ganz leicht nachvollziehbar: die Natur hat den männlichen und weiblichen Körper mit gravierenden Unterschieden bedacht, aber ausgerechnet beim Gehirn sollte das nicht gelten? Das ist sehr unwahrscheinlich.

Wieso sind Frauen aber dann in bestimmten Bereichen – Verfahrenstechnik, die Gesundheits- oder Textiltechnik, neuere Fächer wie Medientechnik, Bioinformatik oder Regenerative Energien – führend?”

Führend?! Ernsthaft? Nur weil in ein paar der von ihnen genannten Fächern (und noch nicht einmal allen) mehr weibliche Erstsemester gibt?
Führend – im Sinne von einen Fachbereich mit Expertise führen – ist da noch gar nichts.

Haben Sie sich Ihren eigenen verlinkten Text überhaupt selbst einmal angeschaut?

Oder könnte es doch daran liegen, dass die klassischen MINT-Studiengänge seit je her dermaßen männlich dominiert sind, dass eine Frau schon arg geschlechtsblind sein muss, um das als abschreckend zu erleben?”

Komischerweise lockt das solche Leute, wie Sie nur dann aus den Löchern, wenn es um einen Männerüberschuss in Studienfächern geht. Wo ist denn Ihr Entsetzen (und das ihre Heuchlerkumpels) und die Jammerartikel über das Studium Logopädie (93%), Veterinärmedizin (86%) oder oder oder.

Es kommen dieser Jammerartikel und -kommentar zu einem Arbeitsbereich, wo der Frauenanteil ausgerechnet zwischen >70% bis >90% besteht. Und auch hier wird es wieder deutlich: es interessiert Leute, wie Sie, überhaupt nicht die Bohne, wie es die Entwicklung von Jungs beeinträchtigt, wenn sie, und das ist in der Gegenwart inzwischen seeehr wahrscheinlich, von Zuhause, über Kindergarten bis zum Schulabschluss keine oder so gut wie keine männlichen Vorbilder, egal in welchem Fach oder Lebensbereich, mehr erleben.
Aber was interessieren Sie Jungs, die sind bestenfalls eh nur Verfügungsmasse als Frontmaterial oder Zahlesel.

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Zitrone

Fragen Sie mich bitte nicht. Ich zwingen im Gegensatz zu Ihnen kein Mädchen dazu, gegen den Willen Physik oder Informatik zu studieren. Das ist nämlich harte Arbeit über viele Jahre und steht jeder Familienplanung oder anderen Arten von Work Life Balance im Wege.

DerDip
2 Jahre zuvor
Antwortet  Zitrone

Sie sind in kein Zeitloch gefallen. Wiebke hatte lediglich unterstrichen, dass es zwischen Männern und Frauen bezüglich Berufswünschen Unterschiede gibt. Und die Frage ist doch: Warum sollte man überhaupt versuchen, diese Präferenzen zu ändern? Macht eine Frau etwas falsch, wenn sie sich für einen Sozialberuf entscheidet, weil sie das möchte?

Wenn die Frauen in der Biooinformatik oder Medizintechnik führend sind, so ist das doch gut. Oder müssen wir auch hier jetzt die Männer fördern und ermuntern, weil diese in einer Frauendomäne benachteiligt sind?

Gleichberechtigung bedeutet, dass alle Menschen die gleichen Rechte haben. Das ist bei uns der Fall.
Absolute Gleichheit wird es im realen Leben niemals geben.
Auch absolute Chancengleichheit wird es niemals geben, allerdings kann man hier etwas unterstützen.

Das Ziel sollte somit sein, Jugendlichen, egal welchen Geschlechts, möglichst alle Ausbildhngswege zu ermöglichen. Die Entscheidung für einen bestimmten Weg sollte aber dann auch akzeptiert werden.

Stromdoktor
2 Jahre zuvor
Antwortet  Zitrone

Liegt an der Erziehung.

Ich habe zwei Töchter und bin der Meinung, dass Mädchen an vielen Dingen genauso viel Spaß haben, wie Jungen.

Insofern sägen die Mädels mit der Stichsäge, Bohren mit dem Akkuschrauber, reparieren ihr Fahrrad selbst, haben gerade ihren Kartführerschein gemacht…

(Insbesondere) Väter müssen es ihren Töchtern nur zutrauen und nicht die klassischen Rollenbilder vorleben…dann ist vielleicht auch später die Hürde nicht zu groß und das Interesse da.

Marion
2 Jahre zuvor
Antwortet  Stromdoktor

Die wenigsten Väter leben ihren Töchtern heute noch “klassische” Rollenbilder vor. Wenn ich mir die Familien in unserer Kita so anschaue, dann habe ich schon den Eindruck, daß hier nahezu alle in gleichberechtigten Partnerschaften leben mit berufstätigen Müttern und Vätern. Natürlich kann ich nicht in das Familienleben zu Hause reinschauen. Aber ich traue den meisten Vätern durchaus zu, daß sie daheim auch den Putzlappen oder den Kochlöffel schwingen und die Kinder ins Bett bringen, während Mutti vielleicht noch am Computer sitzt und dringende Arbeiten für den Job erledigt.
Während in den Anfangszeiten meiner Tätigkeit im Kindergarten kaum Väter in den Einrichtungen zu sehen waren, kommen diese heute fast genauso häufig zum Abholen oder zum Elternabend und sind auch im Elternbeirat.
Väter gehören bei uns inzwischen genauso zum “Inventar” wie die Mütter.
Die Mehrheit der heute aufwachsenden Mädchen und Jungen wird doch schon längst nicht mehr in irgendein veraltetes Rollenklischee gepreßt.
Jeder kann in unserer Gesellschaft inzwischen lernen, studieren und den Beruf ergreifen, den er mag, unabhängig vom Geschlecht. Nie waren wir freier unser Leben individuell zu gestalten als heute.
Kann es nicht vielleicht auch sein, daß es hinsichtlich beruflicher Interessen Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen gibt?
Bei uns in der Einrichtung arbeitet z.B. eine Kollegin, die wahnsinnig gerne handwerkliche Arbeiten erledigt und obwohl bei uns inzwischen auch zwei männliche Erzieher arbeiten, ist oft sie es, die mit dem Werkzeugkasten hantiert und Dinge repariert. Sie arbeitet auch oft mit den Kindern (Mädchen wie Jungen) im Keller an der Werkbank. Auch ansonsten hindert niemand bei uns Mädchen in irgendeiner Weise daran, mit Autos zu spielen oder in der Bauecke zu bauen. Das würde im Traum niemandem einfallen. Und wie gesagt, auch unsere Eltern sind in dieser Hinsicht überwiegend fortschrittlich.
Trotzdem beobachte ich bei unseren Kindern einen deutliche Tendenz zu sog. “geschlechtertypischen” Interessen, Spiel – und Verhaltensweisen. Es gibt natürlich immer auch einzelne Kinder, die sich davon abheben, aber es trotzdem deutlich eine Richtung erkennbar.
Die Mädchen malen auch völlig anders als die Jungs. Oft kann man schon auf den ersten Blick erkennen, ob ein Bild von einem Jungen oder einem Mädchen gemalt würde. Auch hier gilt natürlich, daß das nicht immer der Fall ist, aber die Tendenz ist eindeutig zu erkennen.
Deshalb frage ich mich, ob das geringere Interesse von Frauen an sog. MINT – Berufen nicht auch ein bißchen in uns angelegt ist. Wenn @Zitrone jetzt möglicherweise wieder per Zeitloch ins 19. Jahrhundert purzelt, sorry, das war keine Absicht.

Stromdoktor
2 Jahre zuvor
Antwortet  Marion

Vielen Dank für Ihre Antwort!

Ich glaube, bei vielen Müttern und Vätern ist der Wunsch und Anspruch da, alles unter einen Hut zu bekommen. Die Bemühungen sind sicher auch tatsächlich vorhanden.

Kürzlich hatten ich einmal einen langen Kommentar dazu verfasst, wo ich einen typischen Verlauf skizzierte.

Kurzfassung:
Bis nach dem Studium passt es oft bei den Frauen. Zumeist mit besseren Leistungen als ihre männlichen Zeitgenossen und damit eigentlich mit besseren Voraussetzungen für gute Verdienstmöglichkeiten.

Die Entwicklung geht dann mit der Geburt der Kindern auseinander. Mütter haben zumeist längere Mutterschutz- und Elternzeiten als Väter. Der Wiedereinstieg erfolgt oft erst nach einem Jahr. Die Väter unterbrechen häufig “nur” für kurze Zeiträume.

Sowohl die Verdienstmöglichkeiten als auch die Aufstiegschancen sind damit im Vergleich zu den Vätern vielfach geringer. Erst Recht, wenn man “nur” in Teilzeit wieder einsteigt.

Mit jedem weiteren Kind bzw. jeder weiteren Auszeit geht die Schere in der eigenen Partnerschaft auseinander- trotz eigentlich vergleichbarer Voraussetzungen.

Bringt man dann aus irgendeinem Grund alles nicht mehr unter einen Hut und möchte Stunden reduzieren, dann ist es irgendwann eine rationale finanzielle Entscheidung – meist zu Lasten der Mütter.

Mütter werden diesbezüglich strukturell benachteiligt. Sowohl von den Arbeitgebern als auch in der eigenen Partnerschaft.

Mütter haben kaum die Chance, sich mehrere Jahre um ihre Kinder zu kümmern, ohne in Sachen Verdienst- und Entwicklungsmöglichkeiten gnadenlos abgehängt zu werden.

Das würde sicher auch den Väter so ergehen! Allerdings entscheiden sich häufiger die Mütter für die Care-Arbeit zu Hause und haben diesbezüglich eine emotionalere Bindung. Manchmal sind es auch “operative” Gegebenheiten…das Stillen beispielsweise. Wer gesellschaftlich anerkannt sein will, der muss ja schon fast 6 Monate stillen…alles andere löst betretenes Schweigen aus.

Ein zweiter Punkt…

Hier (im Großraum Braunschweig) gibt es definitiv noch keine flächendeckenden Betreuungsmöglichkeiten über alle Einrichtungen hinweg. Mit viel Glück, Hartnäckigkeit und finanziellem Aufwand bekommt man die Chance auf einen Platz. Spätestens in der Grundschule ist für viele dann aber Schluss.

Ich würde diesen Engpass in vielen westdeutschen Kommunen und Städten sehen. Über ländliche Bereiche möchte ich gar nicht nachdenken.

Dritter Punkt…

Wir wohnen in einem klassischen Neubaugebiet. Meist Doppelverdiener. Meine Beobachtung im Bekanntenkreis und unter Nachbarn:

Ich kenne nicht eine Familie, wo der Mann zu Hause die Kinder betreut und die Frau alleine arbeitet.

Ich kenne nicht eine Familie, wo beide in Vollzeit berufstätig sind.

Ich kenne viele Familien, wo die Mütter halbtags beschäftigt sind.

Meine “krasseste” Beobachtung:

2x Schichtdienst (Teilzeit/ Vollzeit) meiner direkten Nachbarn.

Ich würde Ihnen weitere Beispiele liefern, wenn ich könnte.

Abschließend…

Männer wollen gute Väter UND erfolgreich im Beruf sein. Ich würde daher Ihre Beobachtungen aus Ihrer Einrichtung hinsichtlich des Engagements auch teilen.

In Summe gleicht das aber vielfach einer Quadratur des Kreises und sollte nicht darüber hinwegtäuschen, wer im Zweifel (z.B. bei Erkrankung des Kindes) die Verantwortung übernimmt und kürzer tritt. In der Regel sind es noch die Mütter.

Ich würde es mir anders wünschen!

Dann hätte ich mich in der Vergangenheit das eine oder andere mal vielleicht nicht um 14:45 Uhr aus dem Büro schleichen müssen, weil alle anderen Kollegen wie selbstverständlich bis 17 oder 18 Uhr arbeiteten – nur ich nicht. Dass ich allerdings schon vor 7 Uhr im Büro war, blieb zumeist unbemerkt.

Ich führe das darauf zurück, dass Väter meist die Aufgabe haben, die Kinder morgens in der Kita oder Schule abzuliefern und sich bis zum gemeinsamen Abendbrot um den Job kümmern dürfen – vielfach zumindest.

Ich gebe Ihnen Recht. Es tut sich ein wenig. Ich hoffe, meine Töchter profitieren davon und können ihr Lebensmodell tatsächlich frei wählen – wie auch immer das dann aussieht.

Nochmals vielen Dank für Ihre Antwort und die Zuversicht, die darin enthalten ist!

Last edited 2 Jahre zuvor by Stromdoktor
Marion
2 Jahre zuvor
Antwortet  Stromdoktor

Danke Stromdoktor, für ihre freundliche und sachliche Antwort, die ohne Überheblichkeit und Unterstellungen auskommt. Das ist in diesen Zeiten nicht mehr selbstverständlich.

Marion
2 Jahre zuvor
Antwortet  Stromdoktor

Vielleicht sehe ich das Thema manchmal zu sehr durch meine persönliche Brille.
Da mir selbst, aus unterschiedlichen Gründen, die Gründung einer eigenen Familie versagt blieb, kann ich oft nicht nachvollziehen, warum in unserer Gesellschaft der Wert der familiären Tätigkeit gegenüber der Erwerbstätigkeit, so gering geschätzt wird, wo es, meiner Meinung nach, nichts Wertvolleres gibt, als für die eigene Familie und die Kinder da sein zu können. Anstatt einseitig das System “Berufstätigkeit beider Eltern plus möglichst frühzeitige Kinderbetreuung in öffentlichen Einrichtungen” zu fördern, würde ich es als sinnvoller betrachten, Eltern verstärkt finanziell dahingehend zu unterstützen, daß sie ihre Kinder, (zumindest die ersten drei, vier Jahre), zu Hause erziehen können. Wie beide sich das dann einteilen, wer welchen Part verstärkt übernimmt, können die Paare dann selbst entscheiden. Derjenige, der zu Hause bleibt, darf dann im Falle einer Trennung oder später bei der Rente auch nicht finanziell benachteiligt werden. Das würde ich als die Ideallösung betrachten. Beim derzeitigen Modell kommen mir einfach oft die Kinder zu kurz und die Eltern reiben sich auf in einem Spagat, den viele kaum noch bewältigen können. Die Anfälligkeit des derzeitigen Systems wurden uns durch die Pandemie ja deutlich aufgezeigt. Vielen Familien fehlt heute auch ein Netzwerk, daß sie auffängt, wenn die Kita mal nicht zur Verfügung steht.
Während der Pandemie wurde mir erstmals so richtig bewußt, auf welch wackeligen Beinen unser derzeitiges Wirtschafts- und Gesellschaftssystem steht.
Alles hängt mit allem zusamnen.
Es ist wie beim “Wackelturmspiel”: Zieht man nur ein Stäbchen heraus, kann der ganze Turm einstürzen. Deshalb bin ich der tiefen Überzeugung, das wir wieder viel mehr auf die Stärkung der familiären Strukturen setzen müssen.

Maja
2 Jahre zuvor
Antwortet  Marion

Besonders Ihren letzten Satz möchte ich dick unterstreichen.

Stromdoktor
2 Jahre zuvor
Antwortet  Marion

Vielen Dank für Ihr Feedback und Ihre persönlichen Schilderungen!

Ja. Ich würde Ihnen uneingeschränkt zustimmen und kann da aus eigener Erfahrung berichten. Auch ein Stück weit selbstkritisch.

Wir befanden uns beide aufgrund unseres Werdeganges während der Familiengründung noch mitten in der “Ausbildung: Abitur, (Grundwehrdienst), Berufsausbildung, Diplomstudium, Promotion…

Wir wollten (eher) eine Familie gründen und (eher) keine “Karriere machen” – hatten uns aber lange Zeit nicht richtig damit beschäftigt. So standen wir mit Anfang 30 vor der Doppelbelastung zwischen Promotion und Familiengründung. In Teilzeit ließe sich das (damals) nicht organisieren.

Unser “Fehler” war, dass wir nach dem Abitur eine Berufsausbildung absolvierten. Als Arbeiterkinder z.T. auch auf Wunsch der Eltern. Das Studium war dann Neuland. Das Angebot zur Promotion außerhalb der Vorstellung. So sind wir zu spät in das Studium eingestiegen und zu lange an der Uni aufgrund der Promotion in befristeten Verträgen geblieben.

Das führte dazu, dass wir in den ersten Jahren unserer ältesten Tochter Betreuungseinrichtungen genutzt haben. Sehr früh und nicht unbedingt mit voller Überzeugung.

Wir sind recht früh aber in neue Jobs gekommen und haben seitdem deutlich bessere Arbeitsbedingungen, sodass wir seit ein paar Jahren den Schwerpunkt auf unser Familienleben legen können – nun in voller Überzeugung.

Die ersten drei – vier Jahre kann ich leider nicht zurückdrehen. Wir schauen selbstkritisch auf diese Entscheidungen und würden diese nicht noch einmal so treffen.

In unserem Fall war es ein Stück weit der unklare Werdegang und vielleicht auch der Background. Auf Erfahrungen konnten wir diesbezüglich bei unseren Eltern nicht zurückgreifen.

Betrachte ich meine Generation (der Akademiker) von Außen, so stürzen sich viele in zu viele Herausforderungen zeitgleich. Meist ist der Berufseinstieg noch nicht lange her und nicht abschließend geklärt, wo einen die Reise hinführt. Von Sachbearbeiter bis Vorstand ist im Prinzip alles möglich.

Viele stellen sich dem Wettbewerb und investieren viel Zeit in den Job. Z.T. deutlich mehr, als vertraglich vereinbart. Darunter leiden dann alle Familienmitglieder. Manchmal zahlt sich das (monetär) aus…manchmal nicht.

Manche versuchen sich auch früh den Traum vom Eigenheim zu realisieren. Aus dem Studium ohne größere Rücklagen kommend, ist dann der Doppelverdienerhaushalt schon meist zwingend geboten.

Letztlich fühlt man sich mit Anfang 30 den Herausforderungen noch gewachsen und kämpft an allen Fronten zeitgleich. Hält aber keine lange wirklich durch. Die Lösung liegt dann oft in der Teilzeit der Mütter.

Die Mütter sind dann auch dankbar für eine längere Auszeit und besinnen sich früher als die Väter auf den eigentlichen Sinn des Lebens. Manche Väter ziehen später nach, einige widmen sich dauerhaft eher dem Job – mit Unterstützung der Frauen.

Als Gesellschaft müssen wir uns sicher wieder von einigen Zwangszielen verabschieden. Es muss sicher nicht immer das Einfamilienhaus sein…bezahlbaren Wohnraum sollte es aber geben. Egal, ob in der Stadt oder auf dem Land.

Die Rahmenbedingungen hierfür muss die Politik prägen. Es muss gesellschaftlich anerkannt (besser gefordert) sein, dass man sich um seine Familie (und auch um pflegebedürftige Angehörige) kümmert.

“Karriere”, Geld und Reputation ist die Währung, in der auch heute noch größtenteils bezahlt wird. Wer da nicht mitmacht, ist tendenziell ein Außenseiter.

Das muss sich ändern…

laromir
2 Jahre zuvor
Antwortet  Marion

Schön, wenn das in Ihrer Kita so ist. Wir wurden gefragt, warum unser Sohn kein Fussball spielt, ob wir das unterbinden würden, alle Jungs würden doch Fussball spielen, wäre doch prima, wenn er das auch täte. Soviel zum Thema Rollenverhalten. Ungläubigen Blick als wir sagten, dass er eben andere Interessen habe und davon ausreichend viele. Leider gibt es da noch viele Vorurteile, was Jungs und Mädchen zu mögen haben. Angefangen von Klamotte (mein Sohn war sehr enttäuscht, dass es bei Jungskleidung so viel weniger blingbling und glitzer gab), über Hobbies über Berufswünsche. Wenn man Mädels ständig sagt, dass sie eben so sozial sind und fürsorglich sein müssen etc. dann ist ja klar, dass sie eher in die Richtung gehen irgendwann (inkl der Unterbezahlung in diesen Jobs). Pflege der Angehörigen meist auch Frauensache, irgendwie sind wir über das Geschlechterding nicht weg schade in beide Richtungen. Mehr Männer in sozialen Berufen würde sicherlich zu höheren Löhnen führen und männliche Vorbilder bieten. Ihr wäre eine Förderung genauso wichtig wie eher Nawi Berufe für Mädels

Schattenläufer
2 Jahre zuvor
Antwortet  Zitrone

Gleichberechtigung kommt von gleich.
Wenn man Mädchen und Frauen im Unterricht, beim Studium und im Beruf die gleichen Chancen anbietet wie jungen Männern dann ist die Gleichberechtigung erreicht.

Meine Nicht hat als junge Frau Informatik studiert und problemlos einen guten Job bekommen. Da war nichts mit “Ich will keine Frau in MINT Berufen”. Keinerlei Probleme mit Benachteiligung. Weder an der Uni noch bei der Einstellung.

Warum hat Sie Informatik studiert? Weil es ihr Wunsch war und weil Sie es konnte. Das kann heut jedes Mädchen.

Wenn viele Mädchen das, aus egal welchem Grund, nicht möchten oder nicht tun, dann erreicht man keine Gleichberechtigung in dem man Druck auf die Mädchen ausübt um sie dazu zu bewegen das gefälligst zum Nutzen der Gleichberechtigung doch zu wollen.

Man könnte höchstens nachdenken, ob es für die Gleichberechtigung nicht sinnvoll wäre, wenn man MINT begabte Mädchen gesetzlich verpflichten würde solch ein Fach zu studieren.
Wenn das immer noch nicht hilft, könnte man das MINT Studium noch für sagen wir mal 20 Jahre für junge Männer sperren.

Danach würde das Bild wahrscheinlich ihrem Bild von Gleichberechtigung entsprechen.

Last edited 2 Jahre zuvor by Schattenläufer
Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Schattenläufer

Das Problem bei diesen Debatten ist immer, dass die Leute den Unterschied zwischen Gleichberechtigung und Gleichstellung bzw. Ergebnisgleichheit einsehen wollen oder verstanden haben.

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Georg

Da fehlt ein “nicht” …

Alx
2 Jahre zuvor

Im Hoch- und Tiefbau sind es gerade 1,8 % im gesamten Baugewerbe unter 10% und im Energiesektor unter 11%.
Im Lehrbereich ist der Frauenanteil mit 73,4 Prozent sehr hoch.

Warum nicht mal Praktikum auf dem Bau?
Warum nicht mehr Männer für den Lehrberuf begeistern?

Marion
2 Jahre zuvor
Antwortet  Alx

Warum ist die Männerquote bei Hebammen so niedrig?
Warum ist die Frauenquote bei der Müllabfuhr so gering, beim Straßenbau, im Maurerhandwerk?
Warum gibt es so wenig männliche Kosmetikerinnen und warum nur wollen so wenige Frauen Fassaden reinigen? Und warum schert sich kein Mensch irgendwas um die Frauen- oder Männerquote in diesen Berufen?

DerDip
2 Jahre zuvor
Antwortet  Marion

Und warum ist der Anteil von Frauen unter Müttern so hoch?

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  DerDip

Was ist eigentlich eine Frau?

Hilfe
2 Jahre zuvor
Antwortet  Georg

Sollte man als angeblicher Lehrer schon wissen Georg.

Streamer01
2 Jahre zuvor
Antwortet  Hilfe

Also für die angehende Richterin des Supreme Court der USA, Ketanji Brown Jackson, war die Frage unmöglich zu beantworten.

https://www.youtube.com/watch?v=BWtGzJxiONU

Warum sollten also “einfache” Menschen wie Georg oder ich diese schwierige Frage beantworten können? Also ich traue mir die Beantwortung dieser Frage jedenfalls nicht zu 😛

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Streamer01

Lustig, wie wir das gleiche Beispiel gebracht haben. Wir brauchen dringend Hilfe.

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Hilfe

Da gibt es sehr unterschiedliche Meinungen und scheint auch sehr schwer zu beantworten zu sein:

Ketanji Brown Jackson Asked to Define ‘Woman’ at Hearing – The New York Times (nytimes.com)

Somit ist die Frage nach den weiblichen Vorbildern auch hinfällig.

ODER: Man akzeptiert, dass es mit Ausnahme sehr weniger — meist unfruchtbarer — medizinscher Ausnahmen nur zwei Geschlechter gibt, nämlich die mit den Eizellen und die mit den Spermien.

Dann ist zwar die Frage nach den Vorbildern ebenfalls hinfällig, weil die Frauen hier werden können worauf sie Lust haben, jedoch können sie auch nicht schaden.

Last edited 2 Jahre zuvor by Georg
Maja
2 Jahre zuvor
Antwortet  DerDip

Wunderbare Frage! Kompliment!

potschemutschka
2 Jahre zuvor

@Redaktion
Mich würde mal interessieren, wie hoch der Frauenanteil in MINT-Berufen in der ehemaligen DDR war. Gibt es dazu eine Statistik?

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Redaktion

Ist wohl in arabischen Ländern auch so. In all den Gegenden haben Frauen mit einem solchen Abschluss tatsächliche Aufstiegschancen. In Westeuropa, insbesondere Deutschland, sind diese Chancen deutlich unabhängiger vom Studienabschluss.

potschemutschka
2 Jahre zuvor
Antwortet  Redaktion

Danke @redaktion
Jetzt wäre noch interessant, woran das wohl liegt. Liegt das vielleicht auch am Bildungssystem? Oder daran, dass in diesen Ländern die tatsächliche Gleichberechtigung von Frauen und Männern auch ohne Quoten- und Genderwahn weiter fortgeschritten ist/war? Ach nein, kann ja nicht sein, war ja alles so schlecht.

potschemutschka
2 Jahre zuvor
Antwortet  Redaktion

Das mit der Planwirtschaft in der DDR stimmt. Es wurde z. B. ziemlich genau geplant, wieviele Lehrer für die verschiedenen Fächer man in den kommenden Jahren brauchen würde (unter Berücksichtigung der Geburtenzahlen und des Renteneintrittsalters der Lehrer) und entsprechend viele Studienplätze wurden geplant. Die Planwirtschaft bedeutete aber nicht, das Mädchen in MINT-Berufe per Quote gedrängt wurden. Es haben sich viele Mädchen freiwillig dafür entschieden. Warum? Lag es vielleicht an anderen Bedingungen (Verfügbarkeit von Kita_Plätzen z. B. – Stichwort “Betriebskindergärten”-, Erziehung?, oder was?)
Thema ” Genderwahn” – m. M. n. steht er der Beteiligung von Frauen nicht unbedingt entgegen, nützt aber auch nicht viel. Da muss sich mehr in unserer Gesellschaft und im derzeitigen Bildungssystem ändern.

Alla
2 Jahre zuvor
Antwortet  potschemutschka

Wurde in der DDR eigentlich gegendert?

potschemutschka
2 Jahre zuvor
Antwortet  Alla

Nein. Vor 30 Jahren in den alten Bundesländern auch noch nicht! Aber die meisten ehemaligen Ostfrauen (zumindest die, die ich kenne) legen keinen Wert auf das Gendern. Sie haben genug Selbstbewusstsein und wissen auch wenn das generische Maskulinum gebraucht wird, wer sie sind.

Alla
2 Jahre zuvor
Antwortet  potschemutschka

Danke, so sehen es auch alle MINT liebenden Schülerinnen, die ich kenne.

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Alla

In der DDR hatten die Leute besseres zu tun als über so etwas nachzudenken. Mehr als ein “Damen und Herren” und Äquivalente dürfte es nicht gegeben haben.

Carsten60
2 Jahre zuvor
Antwortet  Redaktion

Vielleicht können die Bildungsjournalistinnen und Bildungsjournalisten in der Redaktion mal recherchieren, wieviele Mathematik- und andere MINT-Lehrerinnen es in den diversen Schulformen schon gibt. Die Überschrift des Artikels suggeriert, dass es an Mathelehrerinnen fehlt. Das stimmt aber nicht. Es mag an Physiklehrerinnen mangeln, aber Physik gilt schulisch nicht als Kernfach und wird auch von den Jungs oft abgewählt.
Vielleicht spielt auch eine generelle Geringschätzung der MINT-Fächer in der Schule eine Rolle? Die “Diskutierfächer” scheinen wichtiger zu sein, so in Richtung “Teilhabe des mündigen Bürgers an der Gesellschaft”. So ähnlich steht’s in den KMK-Bildungsstandards. Bei “Gesellschaft” denken viele eben nicht an Mathe und Physik. Bekanntlich kokettieren auch Politiker/innen gern damit, eine “5” in Mathe gehabt zu haben.

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Carsten60

Physik gilt als schwerstes Schulfach, Mathe hat (mit Latein) eine gnadenlose Progression, bei der Lücken schon in der Folgestunde auffallen. Die heutige Schülerschaft muss froh sein, dass Mathematik im eigentlichen Sinne (Logisches Schließen, Strukturen, Beweise) aus den Lehrplänen weitgehend verbannt wurde und überwiegend zum Rechnen mit oder ohne Pseudokontext verkommen ist.

Stromdoktor
2 Jahre zuvor
Antwortet  potschemutschka

Sehe ich wie Sie.

Ich lebe lebe mit meiner Frau das “ostdeutsche Lebensmodell” voller Überzeugung – wir sind nur weitestgehend alleine hier auf “westdeutscher” Seite.

Daraus resultiert dann ein Teufelskreis:
Weniger vollzeitberufstätige Mütter = weniger Bedarf für Ganztagsschulen und Betreungsplätze = weniger Angebote = geringere Erwerbsquote bei Müttern.

Ich maße mir an das zu beurteilen, da ich hier in Niedersachsen an der Grenze zu Sachsen-Anhalt lebe und viele Kolleginnen und Kollegen aus beiden Bundesländern habe…

“Westdeutsche” Frauen finden sich gerne und freiwillig mit der Teilzeitrolle ab und “westdeutsche” Männer bilden sich gerne etwas auf die Versorgerrolle ein. Diese Beobachtung mache ich bei meinen Kolleginnen und Kollegen aus den neuen Bundesländern nicht

Blöderweise wird das fehlende Betreuungsangebot insbesondere den Frauen zum Verhängnis, die gerne ein gleichberechtigteres Leben führen wollen.

Ja! Die Erziehung der Frauen und Männer in den Bundesländern wirkt bis heute nach.

Ob man es nun Gleichberechtigung oder Selbstverständnis nennt…

Mal schauen, ob ich die klare Stellungnahme bereue…ich weiß ja, dass ich damit gleich zwei Punkte erwische, die mir auf die Füße fallen werden:

1) Verunglimpfung des konservativen Lebensmodelles.

2) Ich will meine Kinder loswerden und nicht selbst betreuen…

Last edited 2 Jahre zuvor by Stromdoktor
potschemutschka
2 Jahre zuvor
Antwortet  Stromdoktor

Genau: Gleichberechtigung UND Selbstverständnis sind m. M. n. die Schlüsselwerte für die Frauen im Osten. Sie konnten, aber mussten nicht alles werden.

potschemutschka
2 Jahre zuvor
Antwortet  Stromdoktor

P.S.: Ihren Töchtern wünsche ich eine wirklich gleichberechtigte Zukunft. Sie scheinen da ja als Eltern ein gutes Beispiel vorzuleben.

Stromdoktor
2 Jahre zuvor
Antwortet  potschemutschka

Vielen Dank für die persönlichen Wünsche!

Mal schauen wie sich die Lage entwickelt. Beruflich scheint vieles möglich.

Die gesellschaftliche (Weiter-)Entwicklung und Erziehung diesbezüglich hier vor Ort scheint eher zu stagnieren…

…und zu einem gleichberechtigten Leben gehört irgendwann (vielleicht) auch ein Partner mit gleichem Verständnis / gleicher Erziehung.

potschemutschka
2 Jahre zuvor
Antwortet  Stromdoktor

Bei Ihrer Erziehung, werden sich Ihre Töchter schon den richtigen Partner suchen ;). Bleiben Sie optimistisch! Und auch in Niedersachsen geht die Entwicklung weiter!

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Stromdoktor

Sie wissen alle, dass solche Lebensweisen nur in einer kulturell halbwegs homogenen Gesellschaft funktionieren können?

Geht's noch
2 Jahre zuvor
Antwortet  Georg

Georg träumt wieder den blaubraunen Traum.

potschemutschka
2 Jahre zuvor
Antwortet  Georg

Haben sie dafür eine Quelle? Und was verstehen Sie unter einer homogenen Gesellschaft?

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  potschemutschka

Die überwiegende Mehrheit einer Gesellschaft kann nur so wie dargestellt ihre Partner finden, wenn die überwiegende Mehrheit so lebt. Das ist eine Lehrbuchdefinition von homogen.

Stromdoktor
2 Jahre zuvor
Antwortet  Georg

Zunächst wird ein Weltbild ja in der Familie geprägt. Dieses hat dann (neben finanziellen Aspekten) Einfluss auf Chancen und Aufstiegsmöglichkeiten im Beruf. Beispiel: Arbeiterkinder studieren seltener.

Ist diese Hürde genommen und der berufliche Werdegang frei wählbar, kommt es auf die eigenen Interessen an. Auch hier spielt die Erziehung und das Weltbild ggf. noch eine Rolle.

Letzter Einflussfaktor ist dann die Partnerschaft und ein ggf. abweichendes Weltbild der Partners. Hier muss man sich gemeinsam verständigen.

Grundsätzlich denke ich daher, dass viele verschiedene Lebensmodelle bei uns möglich sind und hierfür nicht zwingend eine homogene Gesellschaft erforderlich ist. Was nicht bedeutet, dass jeder die Möglichkeit bekommt, sein Lebensmodell frei zu wählen.

In unserem Fall passt die gemeinsame Vorstellung von Gleichberechtigung in der Partnerschaft. Uns verbindet zudem die liberale(re) Einstellung eines Norddeutschen.

Da meine Frau mit ihrer Ausbildung auch den MINT-Fächern zuzuordnen ist, gehen wir es gemeinsam ziemlich rational an, suchen nach Lösungen und hinterfragen auch einige Dinge, die wir vielleicht in unserer Erziehung mit auf den Weg bekommen haben – aber nicht mehr für passend erachten.

Last edited 2 Jahre zuvor by Stromdoktor
Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Stromdoktor

Ich wiederhole mich: Ihre Frau und Sie selbst wurden ähnlich erzogen und stammen somit aus einer kulturell homogenen Gruppe. Ihre Kinder aufgrund Ihres Erziehungsstils sind Teil derselben kulturell homogenen Gruppe. Laut Ihrer obigen Schilderung nehmen Sie an oder hoffen Sie, dass Ihre Kinder Partner mit ähnlichen Ansichten finden und somit in der kulturell homogenen Gruppe bleiben.

Wie homogen wollen Sie es noch haben? Interessanterweise werde ich für solche Wünsche von den zwei bis drei üblichen Verdächtigen wüst beschimpft.

Alla
2 Jahre zuvor
Antwortet  Stromdoktor

Haben wir nicht jetzt schon zu wenig Lehrer und Erzieher, um allen Ingenieurinnen und ITlerinnen den Wunsch auf einen Vollzeitjob zu erfüllen?

Stromdoktor
2 Jahre zuvor
Antwortet  Alla

Hier würde ich es mit Artikel 12 des Grundgesetzes halten…

…”alle haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz, Ausbildungsstätte frei zu wählen”.

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Stromdoktor

Korrekt. Daher ist es zu respektieren, wenn gerade Frauen keinen Bock auf anspruchsvolle Vollzeitstudiengänge aus dem harten Mint-Bereich haben.

potschemutschka
2 Jahre zuvor
Antwortet  Georg

Ich kenne auch Männer, die keinen Bock darauf haben und ich kenne Frauen, die das gern machen. Meine Schwiegertochter z. B. lehrt Informatik (KI) an einer Technischen Hochschule. Jeder nach seiner Fasson, das ist dann wirkliche Gleichberechtigung.

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  potschemutschka

Richtig. Es geht ja auch um Durchschnittswerte und um funktionierende Gleichberechtigung.

Alla
2 Jahre zuvor
Antwortet  Stromdoktor

“Alle haben das Recht….. ”
Es entscheiden sich immer weniger Menschen für die berufliche Kinderbetreuung. Mit Recht, natürlich!
Allerdings sind diese Menschen in Kitas und Schulen die einzigen, die sich überhaupt noch um die Kinder kümmern, wenn beide Eltern arbeiten. Und sogar diese haben oft Kinder, um die sie sich selbst nicht kümmern können, WEIL sie sich um andere Kinder kümmern müssen.
In einigen BL macht man schon Abstriche in der Kitabetreuung, in Schulen ja schon lange und immer mehr, WEGEN Artikel 12.

Und es wird noch schlimmer werden.

Stromdoktor
2 Jahre zuvor
Antwortet  Alla

Ich bin kein Makroökonome…

aber es gibt da aus meiner Sicht entsprechende marktwirtschaftliche Mechanismen, die greifen werden.

Wenn das Angebot knapp wird, dann steigt der Preis für die DL und damit auch der Wert der Arbeit. Das führt langfristig zun höheren Löhnen.

Dieser Mechanismus hat in der Vergangenheit im bestimmten Branchen nicht gegriffen, weil man sich ausländischen Fachkräften bedient(e). Beispiele: Spagelstecher, Altenpfleger, LKW-Fahrer…

In einigen Branchen waren die Sprachbarrierren und der Umfang der Ausbildung bisher ein Hindernis. Beispiel: Erzieher, Krankenschwester.

Langfristig gibt es nur zwei Möglichkeiten:

Entweder findet man weiterhin “günstige” Fachkräfte in den Nachbarländern bzw. durch eine kontinuierliche Migration und hält den Niedriglohnsektor am Laufen, oder der Wert der Arbeit steigt, wodurch höhere Löhne gezahlt werden.

Ich habe den leisen Verdacht, dass man politisch ein Stück weit auch auf die ukrainischen Frauen setzt, die perspektivisch Lücken bei uns schließen könnten.

Dann wäre der Zusammenbruch des Systems noch etwas aufgeschohen. Ähnlich wie nach der Öffnung des Arbeitsmarktes für die östlichen EU-Ländern.

Je weiter sich die Lebensverhältnisse in den unterschiedlichen Ländern angleichen, umso schwieriger wird es hier, dauerhaft niedrige Löhne in den Branchen zu zahlen.

Ich würde für den Bereich KiTa langfristig auch weniger schwarz sehen. Es handelt sich dabei um eine kritische Infrastruktur aus wirtschaftlicher Perspektive. Im Zweifel springen große Industrieunternehmen hier ein und schaffen entsprechende Angebote inkl. einer höheren Bezahlung.

Ich würde mit eher Gedanken um den Einzelhandel und die Gastronomie machen. Hier steckt bei weitem nicht soviel Kapital dahinter. Die Schwächsten dieser Branchen werden den Wettbewerb mit Sicherheit verlieren.

GriasDi
2 Jahre zuvor

Im MINT-Bereich gibt es überhaupt zu wenige Lehrkräfte – auch zu wenig männliche. Und das wird in den kommenden Jahren eher noch schlechter werden, da auch die Wirtschaft gerade hier Leute braucht und besser bezahlt.

Gelbe Tulpe
2 Jahre zuvor
Antwortet  GriasDi

Das Referendariat hat ja auch mittlerweile einen so schlechten Ruf als schikanöse Ausbildung, so dass die in Call-Centern arbeitenden Physiker und Chemiker lieber dort bleiben, als in den Schuldienst zu wechseln.

Bla
2 Jahre zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Weil es halt in vielen Seminaren auch dementsprechend zugeht.
Man vergrault oder braucht einige Menschen dadurch auf.
Das Referendariat gehört definitiv besser gemacht bzw. als freiwillige Option für angehende LuL, welche auf Augenhöhe!!! dort beraten und begleitet werden – falls sie das möchten/brauchen.
Der Sinn sollte sein: Gemeinsam für bessere Bildung.
Nicht: Zusätzlicher Druck für Mindestlohn wo es nur geht.

Bei den Umständen in einigen Seminaren braucht man sich nicht wundern, wenn das Referendariat als Horror (was es für sehr viele ist) dargestellt wird und einige Personen im vornherein schon abschreckt.

Wo gibt es denn 5 Jahre Studium (mit Praktika) und dann nochmal 2 Jahre Ausbildung sonst noch? [Außer Jura, wo das StEx ebenfalls nochmal eine Hausnummer wohl ist]
~7 Jahre, bis man “ausgebildet” ist? Ist das sooo komplex oder macht man da vielleicht systematisch etwas falsch?

dickebank
2 Jahre zuvor
Antwortet  Bla

In allen Bereichen des ÖD. Auch die Beamt*innen im gehobenen oder höheren technischen Dienst z.B. in Bauämtern, Planungsämtern, Katasterämtern, Eichämtern, der Wasserwirtschaftsverwaltung etc. haben einen Vorbereitungsdienst absolviert.
Darüber hinaus müssen Personen, die Tatsachen an Grund und Boden (öffentlich bestellte Vermessungsingenieur*innen) oder Berkwerksberechtigungen (Markscheider*innen) beurkunden dürfen, ein Zweites Staatsexamen bestanden haben.
Jurist*innen sind also nicht die einzigen, die einen Vorbereitungsdienst absolvieren müssen. Bei Ärzt*innen heißt der Vorbereitungsdienst eben Assistenzarztzeit und endet mit der Aprobation. Analog wird mit Apotheker*innen verfahren, heißt nur anders.

Bla
2 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Ja das ist schon klar. Aber die machen ja den Vorbereitungsdienst statt einer Ausbildung/Studium zum Teil – also teils 18 Monate bis 3 Jahre, je nach Bundesland usw.? (Mittlerer Dienst bspw.?)
Wer ist erst nach 7 Jahre “Ausbildung” denn Berufsanfänger/Berufseinsteiger?
Darum geht es mir.
Arzt, Jurist, Pharmazie … Klar haben die ein bzw. zwei StEx (außer bei ausgebildeten Apothekern?).
Dort ist der Lohn aber auch mal ganz anders….

dickebank
2 Jahre zuvor
Antwortet  Bla

Nicht wenn Ärzte, Apotheker oder Juristen mit Ausnahme von Richtern im ÖD bleiben.
Was meinen Sie denn mit ausgebildeten Apothekern?
Und da der Vorbereitungsdienst auf die berufförderlichen Zeiten angerechnet wird, fällt der angestellte “Junglehrer” ja auch nicht in Erfahrungsstufe 1. “Junglehrer” – also Berufsanfänger ist er dennoch. Ist der promovierte Ingenieurwissenschaftler an seinem ersten Tag in einem Betrieb aber auch, wenn das seine erste Stelle in der freien Wirtschaft ist. Die ersten drei Jahre gibt es dann im Regelfall noch “Welpenschutz”, da der Anfänger ja erst noch sein betriebsinternes Netzwerk aufbauen muss.

PaPo
2 Jahre zuvor

Ein Blick in die Schweiz:

Spoiler

[zitat]

“Jugendliche folgen bei der Berufswahl dem klassischen Geschlechterbild. Mehr als 12 000 starten jedes Jahr eine Lehre in den Bereichen Informatik und Technik: Davon sind 93% männlich und nur 7% weiblich. Obwohl die Industrie händeringend neues Personal sucht: Wegen des demografischen Wandels fehlen bis zum Ende des Jahrzehnts 70 000 Beschäftigte in den technischen Berufen.

[…]

Doch weshalb wollen nur wenige Frauen Ingenieurinnen oder Informatikerinnen werden? Die renommierte Zürcher Ökonomieprofessorin Margit Osterloh ist der Frage in einer neuen Analyse zusammen mit Louisa Hizli und Annina Mösching nachgegangen. Dabei sind sie auf ein verblüffendes Paradox gestossen: «Mit wachsendem Wohlstand und mehr Chancengleichheit wäre es naheliegend, dass auch die Präferenzen zwischen den Geschlechtern immer ähnlicher werden», erklärt Osterloh. «Tatsächlich aber beobachten wir das genaue Gegenteil.»

Ein Ländervergleich zeigt: Ausgerechnet in den reichsten und egalitärsten Nationen ist der Frauenanteil in der Technik am tiefsten – und der Abstand zwischen den Geschlechtern am grössten. In Finnland, Norwegen oder den Niederlanden befinden sich unter den Studierenden der MINT-Fächer weniger als 20% Frauen. Auch die Schweiz verzeichnet mit 22% einen geringen Anteil. Auf der anderen Seite stehen Algerien, Indien oder Malaysia, die bei der Gleichberechtigung schlecht dastehen: Trotzdem stellen die Frauen mehr als 40% der Studierenden in den technischen Domänen.

[…]

Wenn also die MINT-Berufe eine wichtige Bedeutung für die Prosperität eines Landes haben: Weshalb bereitet es gerade den modernen, westlichen Gesellschaften Mühe, Frauen dafür zu motivieren? In ihrer Analyse kommt Margit Osterloh zu einem überraschenden Befund: Der Grund sind genau die bisherigen Errungenschaften in der Gleichstellung.

Zunächst hält die Professorin fest, dass MINT-Berufe die grösseren finanziellen Vorteile bieten. Laut Statistiken liegt die Bezahlung im Schnitt um rund 20% höher. «Die materielle Absicherung ist aber speziell für Frauen in den ärmeren Ländern ein wichtiges Argument», erklärt Osterloh. «Bei uns dagegen ist dieser Faktor für die Berufswahl weniger bedeutend.» Somit sei das geringere Interesse auch ein «Wohlstandsphänomen».

Hinzu komme: «Studien belegen, dass mit höherem Wohlstand die Stereotypisierung von Frauen als altruistisch oder fürsorglich stärker ausgeprägt ist. Gleichzeitig wird eine kompetitive Haltung und das Streben nach Karriere als männlich assoziiert.» Wer von diesen Rollenbildern abweiche, müsse daher sogenannte psychologische Kosten oder Identitätskosten auf sich nehmen.

Das Konzept, dass unsere wirtschaftlichen Entscheidungen stark von gesellschaftlichen Normen geprägt sind, geht zurück auf den US-Ökonomen und Nobelpreisträger George Akerlof. Dieser Faktor spiele besonders bei der Berufswahl von Teenagern eine entscheidende Rolle, stellt Osterloh fest. «Wählt eine junge Frau in einem reichen, egalitären Land einen MINT-Beruf, der als weniger sozial gilt, so muss sie höhere Identitätskosten tragen. Bei Männern ist dies umgekehrt der Fall, wenn sie als Kindergärtner arbeiten möchten.»

Damit vermehrt Frauen diese Berufe ergreifen, genügten oft schon geringe Anpassungen, sagt Margit Osterloh. So sei wissenschaftlich dokumentiert, dass gerade leistungsstarke Mädchen den Wettbewerb gegen Jungen in Männerdomänen scheuten. Dieses Dilemma lasse sich lösen, indem bei der Rekrutierung der Teamgedanke anstelle der Leistung im Fokus stehe.

[…]

[/zitat]

Hier die diesbzgl. Graphik:

https://img.nzz.ch/2022/02/12/4694606d-fc85-40b2-824c-56ea7e9ef9dd.png?width=560&fit=crop&quality=75&auto=webp

Quelle:

<https://magazin.nzz.ch/wirtschaft/frauen-verschmaehen-technische-berufe-ausgerechnet-wegen-der-gleichstellung-ld.1669449?reduced=true&gt;, Stand: 12.02.2022.

Zum eigtl. Artikel:

“Um etwas gegen eine Entscheidung gegen den MINT-Bereich zu tun, müsse man früh in der Schule ansetzen – etwa durch gendersensiblen Unterricht, der Mädchen und Jungen gleichermaßen anspreche, sagte Alexandra Wuttig, Kanzlerin der IU. «Vor allem braucht es dringend mehr weibliche Vorbilder aus dem MINT-Bereich, die jungen Frauen Mut machen.» Vorbilder im direkten Lebensumfeld, wie Lehrerinnen und Lehrer sowie Familienmitglieder, aber auch aus der Wirtschaft, hätten großen Einfluss auf die spätere Studien- und Berufswahl.”

Deckt sich ja mit meiner These: Wenn ich bspw. im Rahmen von Sozialisation/Enkulturation und im Alltag primär mit weiblichen Lehrern konfrontiert werde, assoziiere ich mit dem Beruf des Lehrers und auch mit dem im generischen Maskulinum verwendeten Begriff „Lehrer“ tendenziell eher weiblichen Lehrer bzw. Lehrerinnen; d.h.: Will man bspw. Frauen in bestimmten Berufs-, Bevölkerungsgruppen u.ä. in den mentalen Repräsentationen von Menschen präsenter machen, müssen Frauen in diesen Gruppen auch faktisch präsenter sein; Gendern wird diesen Effekt nicht haben, tatsächlich kann die einschlägige Forschung einen entsprechenden Effekt des Sichtbarmachens von bspw. Frauen durch vemreintl. ‘geschlechtergerechte’ Sprache (bzw. ein Unsichtbarmachen durch die Verwendung des generischen Maskulinums) – anderslautenden Bekundungen der diesbzgl. aktiv Forschenden zum Trotz – recht eindeutig nicht demonstrieren.

Aaaber: Woher sollen wir diese realen Vorbilder nehmen, angesichts des überdeutlichen Ungleichgewichts von Frauen und Männern im MINT-Bereich zuungunsten der Ersteren? Rein fiktionale Beispiele in Schulbuchtexten und -abbildungen u.ä. oder ein vermehrter Fokus auf realweltliche Beispiele in diesen Texten und Bildern resp. im Unterricht insg. hätte etwas von systematischem Bias, der die realen Verhältnisse verzerrt (als ob Schülerinnen diese realweltlichen Begebenheiten nicht auch erfassten) und werden m.E. leider wohl kaum genügen (als ob die Sozialisation/Enkulturation im Unterricht einfach alle anderen Sozialisationsagenten übertrumpfen könne) – dabei braucht unsere Wirtschaft die Frauen dringend. Mir erscheint es da als Gefahr, dass solcher geschlechtersensibler Unterricht evtl. nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein würde und ich erhoffe mir da elaboriertere Vorschläge.

P.S.: Kleine Korrektur des Artikels: “Die Weichenstellung gegen den MINT-Bereich habe auch mit Vorteilen zu tun, sagte Sibylle Kunz […].” Ich glaube, es ist “Vorurteilen” gemeint. 😉

Last edited 2 Jahre zuvor by PaPo
Gelbe Tulpe
2 Jahre zuvor

In den medizinischen Studiengängen und Biologie stellen Frauen doch schon die Mehrheit, in Bio- und Lebensmittelchemie auch. Es ist doch so, dass sich die Frauen ungern vom schlechten Matheunterricht an den Unis schikanieren lassen, so dass sie auf mathearme MINT-Fächer ausweichen. Würden viele Dozenten und Lehrer ihre autistische Unterrichtsweise in mathematischen Fächern mal endlich aufgeben, könnten sie auch mehr Frauen in Fächer wie Physik oder Elektrotechnik locken.

dickebank
2 Jahre zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Solange die Mathematiker Ing-Mathe als zweitklassig und minderwertig im Vergleich mit der reinen Lehre der theoretischen Mathematik ansehen, wird sich daran aber nichts ändern. Mathematik ist aus der Philosophie entstanden und da sind rein anwendungsbezogene Mathe-Vorlesungen für Ingenieur*innen und Naturwissenschaftler*innen eben eine Mühsal bzw. undendlich Qual – und das muss man die Hörer*innen dann auch mal spüren lassen dürfen, und zwar deutlich.

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Physiker lernen auch heute noch anders und mehr Mathe als die Ingenieure.

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Mathearme Mint-Fächer sind als solche in einem Hochtechnologieland wie Deutschland es sein möchte nicht ernst zu nehmen, weil eher auf geisteswissenschaftlichem Niveau.

Carsten60
2 Jahre zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Wie wollen Sie das Pauschalurteil mit dem “schlechten Matheunterricht an den Unis” und der “autistischen Unterrichtsweise” begründen? Und wieso trifft das die Frauen, aber die Männer nicht? Fast alles steht auch in irgendwelchen Büchern und kann von dort aus erarbeitet und verstanden werden. In den ersten Semestern gibt es auch kleine Übungsgruppen.
Sie wollen hoffentlich nicht behaupten, dass in allen anderen Fächern außer Mathematik die didaktischen Genies lehren und nur in der Mathematik ist es schlecht.

Klaus
2 Jahre zuvor

Nicht nur in MINT-Berufen. Auch im Bauhandwerk, Straßenbau, in den Stahlwerken und bei der Müllabfuhr fehlen weibliche Vorbilder.

Maike
1 Jahr zuvor

Das MiNT-Problem ist wohl eher ein deutsches, Mädchen aus Asien oder arabischen Ländern kommen nach meiner Erfahrung eher nicht auf die Idee, dass ihnen Mathematik nicht liegt, weil sie Mädchen sind, obwohl sie dort Mädchen sicher nicht extra gefördert werden.
Dass Mathematik oder auch Physik zum Teil immer noch von Männern unterrichtet wird, die ihren Schüler/innen das Klischee des mathematikunfähigen Mädchens einreden, ist auch nicht hilfreich und dass schief geschaut, wenn man in technischen Berufen in Teilzeit oder Elternzeit möchte, ist auch ein Punkt.
Wir denken hier, wir sind vorn, was Gleichberechtigung angeht, die Realität ist doch eine andere, woran viele Eltern aber auch ihren Anteil haben, weil die ihre Töchter auch nicht gerade zu selbstbewussten Personen erziehen, die sich intellektuell etwas zutrauen.

Jonas
1 Jahr zuvor

Diese Diskussion zu führen und dabei das “Nordic STEM paradox” unerwähnt zu lassen, bringt keinen Fortschritt https://www.thejournal.ie/gender-equality-countries-stem-girls-3848156-Feb2018/
Kommentar von Georg bringt es auf den.

Rolf
1 Jahr zuvor

Interessant. Es wird seit Jahren verneint, dass der hohe Frauenanteil an Lehrerinnen ein Problem für Jungs (mangelnde Vorbilder/Rollenmodell) seien. Dort heisst es sogar (auf Basis sehr wackliger Daten), dass Lehrerinnen im Gegenteil gut für Jungs sind.

Warum sind für Jungs kein Vorbilder notwendig, für Mädchen aber schon? Oder denkt einfach niemand an die Jungs? Während in BW 48,5% der Mädchen Abitur machen, sind es bei den Jungs nur 35,9% (2019)

https://www.statistik-bw.de/BildungKultur/BilStrukturAusgaben/famZ_02_02.jsp

Ich empfinde das Bildungsdiskrimierung, und das ist in einem sehr fortschrittlich Staat für mich auch unerträglich. Vor allem weil ich selbst beinnah ein Opfer wurde: “Rolf ist ein sehr aktiver Junge und wird daher das Abitur nicht schaffen”, so die Aussage meiner Grundschullehrerin. Ich bin dann doch ob meiner sehr guten Noten von meinen Eltern ins Gymnasium geschickt worden, und habe dort als viertbester von 200 Mitschülern das Abitur gemacht.

Offensichtlich interessiert das aber niemanden.

Lizzy
5 Monate zuvor

Sehr interssanter Artikel und eine noch interessantere Diskussion hier im Kommentarbereich. Ich gebe mal als nicht-Lehrerin, sondern Ingenieurin im Bereich Werkstofftechnik und Schweißtechnik meinen Senf dazu:

Ich stamme aus dem Osten, lebe noch dort und meine beiden Eltern sind ebenfalls Ingenieure, mein Opa Schmied und mein anderer Opa Bauingenieur. Meine Oma ist klassische Hausfrau, hat Verkäuferin gelernt.

Der Grund warum ich Ingenieur geworden bin war eine Mischung aus Familientradition + frühkindliche gezielte Förderung von handwerklichen/naturwissenschaftlichen Dingen (Umgang mit Holz, Nägel, Hammer, Säge, Stabilbaukasten, Lego und der verzweifelte Versuch meines Vaters mich für seine TT Modelleisenbahn oder seinen alten Radio-Elektrobaukasten zu interessieren, obwohl ich den gleichnahmigen DDR Lernkasten Schülermikroskop viel spannender fand).

Die leider erfolglosen Versuche meiner Mutter und meiner Oma mich weiblicher zu prägen (mit Puppen, rosa Kleidern und rosa blingbling) wurden dank meiner Sturheit und der bis heute andauernden Tomboy Phase abgelehnt. Bei mir stand “ich seh aus wie ein Junge”, trotz aller Hänseleien meiner Mitschüler deswegen, voller Überzeugung im Poesiealbum, noch bevor ich 25 Jahre später lernte was genderqueer oder nonbinary ist.

Jetzt kann man spekulieren ob ich trotz meines wahrscheinlich XX Genotyps nicht genug Östrogen im Mutterleib abbekam oder meine für eine Frau doch überdurchschnittliche 3D Sicht (ist getestet) und männlichen Gehabe von dem exzessiven Lego-Bauen oder der frühkindlichen Erziehung hin zur guten Ingenieurin kam. Doch bei mir zeigte sich sehr früh ein Hang zu technischen Dingen, Naturwissenschaften, besonders Physik. Mathe war ok, das notwendige Übel um Physik zu meistern, Deutsch war okay wenn es nicht um Goethe ging sondern um Junk und Dürrenmatt oder Stephen Hawkings kurze Geschichte der Zeit. Ich bin sehr künstlerisch/musisch begabt und hoch-kreativ, obwohl ich darin sträflichst ungefördert blieb (zumindest im Bereich Musik musste ich zum Autodidakt werden und wurde es im Bereich Singen – brauch man ja nicht /s). Also meine Eltern haben trotz der Idealisierung des Ingeneurberufs in meiner Familie auch aktiv versucht mich in eine weiblichere Richtung zu erziehen – das ist misslungen.

Ich kann zumindest einige Punkte nennen, weshalb ich denke, dass so viele das Studium (oder manche technische Berufe) nicht erst wagen oder abbrechen.

1. Vorurteile: Ingenieure rechnen ja nur, sind unkreativ und machen nur trockene, theoretische Arbeit.

Mein Alltag als Entwicklungsingenieur: ich brauche für Berechnungen nur die Mathematik-Fähigkeiten bis Klasse 12 Leistungskurs (hatte nach 12 Jahren Abi). Für alle Problemlösungen muss ich extrem kreativ sein und viel um die Ecke denken. Um das zu schaffen muss ich mich selbstständig auf Arbeit in fachfremde, vertiefende Literatur einlesen, es ausprobieren, tüfteln und es in galanten, Manager-gerechten Worten niederschreiben und trotzdem wissenschaftlich arbeiten. Alles was trocken ist (Routine) muss ich aus wirtschaftlichen Gründen an meine Laborantinnen (ja auch 2 Frauen im MINT ) abgeben, da ich sonst für den Betrieb zu teuer bin.

2. Schüler haben keinen Kontakt zu technischen Betrieben in Gymnasien:
Exkursionen zu technischen Betrieben wurde auf Initiative der Eltern bei uns gestartet. Es gab keine Industrie-Patenschaften und keine Vernetzung mit den Handwerkskammern. Außer Jugend-Forscht war nicht bekannt, dass auch die IHK und der DVS Jugendveranstaltungen hat wie “Jugend Schweißt” aller 2 Jahre. Werken gab es nur von Klasse 5-7, Polytechnischer Unterricht, wo wir hätten die schicke Standbohrmaschiene oder die Thermoplaste-Heizplatten oder Schraubstöcke verwenden dürfen, fand nicht statt. In Informatik war es leider nicht üblich Delphi programmieren zu lernen und den Grundstein für Programming jeder art zu legen.

3. Die unterirdische, herabwürdigende Behandlung von Studenten und Studentinnen in den Ingenieursfächern:

Professoren denken grundlegend, dass jeder Jahrgang (Abi 07, Imma 07) zu dumm ist und nichts kann. Derweil ist unbekannt, dass sich Lehrpläne ändern und wir kein Deutschlandweites Einheitsabi haben. Fragt nicht wie die über Gen Z lästern, wenn wir als Gen Y schon so complicated waren.

4. Ingenieure haben mehr als 1 “Rausschmeißerfach” mit abgefahrener Lehrplanlogik:

In meinem Fachgebiet hatte ich meine Grundlagenvorlesung an der Fakultät Maschinenwesen und war mit 1300 Studenten immatrikuliert. Rausschmeißerfächer waren: Mathe I bis IV, Technische Mechanik 1-4 (Statik, Festikkeitslehre 1,2 und Dynamik), technische Strömungslehre, Eletrotechnik, Automatisierungstechnik.
Teilweise waren die Diffusionsgesetze (Fickschen Gesetze) eher dran, als wir in Mathe lineare Differentialgleichung 1. und 2. Ordnung hatten. Selbe in Technische Mechanik und Matritzenrechnung.

Konfusius lässt grüßen. Überleb das erstmal 4 Semester.

5. 3.Ws und damit endgültige Exma vermeidet man nur indem man teure Nachhilfe bezahlt.

Vlax hat mich in Elektrotechnik gerettet und dafür musste ich 30 Euro pro 90 min Unterrichtseinheit blechen. Am Ende war der Endboss E-Technik zu bestehen ein reines Pay-2-win, wenn ich es neudeutsch ausdrücke.

Von den 1300 Studenten unseres Jahrgangs haben ca 200 den Dipl-Ing (mit Master-Gleichsetzungs-Zertifikat) erhalten und davon nur eine handvoll in Regelstudienzeit.

Ich verteidige aber heute diese harten Bedingungen, denn ich habe zu viel fachliche Verantwortung, die ich ohne den Drill nicht gut tragen könnte. Was ich nicht verteidige, sind die absurden Lehrpläne in Mathe und die schlechte Didaktik der Dozenten. Das ist definitiv besser geworden an meiner Alma Mater.

Im übrigen hat mich meine Mutter drauf vorbereitet, dass ich als Ingenieurin fachlich mehr leisten muss als meine Kollegen, wenn ich mich in der Männerdomäne fachlich und finanziell behaupten muss. Ich finde, man muss schon Haare auf den Zähnen haben, sich ein dickes Fell zulegen gegen den ein oder anderen (sexistischen) verbalen Angriff wappnen. Gerade bei ausschließlich männlich dominierte Chefs gibt es nicht selten ein Wettpissen sondersgleichen.

Ich weiß zumindest, dass, sollte ich Glück haben und doch noch schwanger werden, dann werde ich freiwillig und so lange es geht ins Mutterjahr gehen. Denn diese Arbeitswelt ist es nicht wert, dass ich meine kostbare Lebenszeit weiterhin darin verschwende und widme mich lieber zu 100% meinem Kind und danach einer Weiterbildung im Bereich Informatik. Ja, es bringt Geld, gutes Geld Ingenieur zu sein und ich liebe mein Fachgebiet, aber… Als Frau ist das aber eher Schmerzensgeld. Das Arbeitsklima ist teilweise unterirdisch dank der altbackenen Führungs-Strukturen und erfüllend machen die Arbeit nur ausgewählte Kollegen und Kolleginnen auf meiner oder der darunter liegenden Hirarchie-Ebenen. Oder ich werde doch noch Schmuckschmied… Und wenn ich einer Frau raten sollte Ingenieurin zu werden, dann würde ich ihr zumindest raten sich einen modernen Betrieb mit guten Compliance Regeln zu suchen. Davon gibts nur eine handvoll im Osten, leider. Sie werden mehr, sie werden internationaler, aber das dauert und wird nicht besser dank dem Erstarkem der Rechten, da einigen gut ausgebildeten Fachkräften mit Migrationshimtergrund der Osten zu extrem ist. Das ist aber nur anekdotische Evidenz.

Grüße und großen Respekt an die Frontsoldaten und Soldatinnen im Klassenzimmer – lasst euch nicht ärgern, ihr leistet großartige Arbeit , Lizz

dickebank
5 Monate zuvor
Antwortet  Lizzy

Ich bi männlich und würde ein Ing-Studium nicht einmal meinen Geschlechtsgenossen empfehlen. Hohe Durchfallquoten und schlechter Return-on-Invest im späteren Berufsleben, da ja nicht alle in DAX-Unternehmen anheuern können. Die meisten landen bei Mittelständlern und werden nach (Haus-)Tarif bezahlt oder landen bei Freiberuflern und müssen betteln üben.