„Gegen Lohndumping“: GEW fordert mehr Geld für Lehrkräfte an Privatschulen

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BERLIN. Lehrkräfte an staatlich finanzierten Privatschulen verdienen meist deutlich weniger als ihre gleich qualifizierten Kolleginnen und Kollegen an den staatlichen Schulen – meint die GEW Bayern. Sie fordert ein Ende der „Zwei-Klassen-Gesellschaft bei der Bezahlung der Lehrkräfte“.

Lehrkräfte an Privatschulen bekommen meist weniger Geld – sagt die GEW. Foto: Shutterstock

Am 7. Dezember 2022 wollen die Verbände der bayerischen Privatschulen mit 8.000 Schülerinnen und Schülern auf dem Königsplatz in München für eine höhere staatliche Förderung demonstrieren – vor allem wegen der höheren Energiekosten, die nicht einfach durch eine Erhöhung des Schulgeldes finanziert werden können. Die GEW Bayern sieht das auch so: Der Freistaat muss staatlich finanzierte Privatschulen in der gegenwärtigen Situation unterstützen, ebenso wie öffentliche Schulen.

Die GEW betont aber, dass das auch für die Lehrkräfte gelten muss. Obwohl der Staat die Personalkosten weitestgehend ersetze (gilt für Ersatzschulen, nicht für Ergänzungsschulen, d. Red), da diese Schulen öffentliche Aufgaben wahrnehmen, sei das Einkommen der Lehrkräfte oft deutlich schlechter als an den staatlichen Schulen. Nach dem Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz darf dieses bei gleichen Voraussetzungen „hinter den Gehältern der Lehrkräfte an vergleichbaren öffentlichen Schulen nicht wesentlich zurückbleiben“. Erlaubt ist nach der Rechtsprechung höchstens ein Minus von 20 Prozent. Nach den Erfahrungen der GEW werden aber selbst die 80 Prozent oft nicht eingehalten. Während die kirchlichen Schulen meist Tariftabellen des öffentlichen Dienstes anwenden, gibt es bei anderen Privatschulen fast nie tarifvertragliche Regelungen.

„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Dies muss auch für Lehrkräfte an allen Schulen in Bayern gelten“

Martina Borgendale, Landesvorsitzende der GEW Bayern, unterstreicht: „Nach den bayerischen Schulgesetzen dürfte eine Privatschule weder genehmigt werden, noch staatliche Fördermittel bekommen, wenn sie zu geringe Gehälter bezahlt. Der Freistaat verzichtet aber weitgehend darauf, die Bedingungen zu überprüfen. Es ist ein Unding, wie sich der Staat hier aus der Verantwortung stiehlt.“

Die GEW Bayern fordert für Lehrkräfte an staatlich finanzierten privaten Schulen dieselben Einkommen wie an öffentlichen Schulen. „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Dies muss auch für Lehrkräfte an allen Schulen in Bayern gelten“, so Martina Borgendale weiter. Bis dieses Ziel erreicht ist, muss der Freistaat dringend sicherstellen, dass die 80 Prozent überprüft und auch unverzüglich bezahlt werden.

Die Gewerkschaft bietet allen Schulträgern und ihren Verbänden an, Tarifverträge abzuschließen. Nur dann seien 141 Millionen Euro staatlicher Förderung auch gerechtfertigt. „Tarifverträge sichern gute Arbeitsbedingungen“, betont Martina Borgendale und kritisiert die bayerische Staatsregierung: „Der Staat, der öffentliche Gelder an nicht tariftreue Träger von Privatschulen vergibt, macht sich zum Komplizen beim Lohndumping.“ News4teachers / mit Material der dpa

Jetzt erschienen! News4teachers Dossier: Blickpunkt Privatschulen 2022

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Gelbe Tulpe
1 Jahr zuvor

Es müssen weniger junge Leute Lehramt studieren. Dann verknappt sich das Angebot an Lehrkräften an Privatschulen, und die Marktkräfte sorgen dafür, dass die Gehälter steigen.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Ach jetzt verstehe ich, warum seit Jahren immer weniger junge Leute Lehramt studieren. 🙂

Gudrun
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Es gibt schon heute deutlich zu wenige Lehrkräfte. Da kann der Markt nichts mehr heilen. Insbesondere weil der Preis hier nicht Angebot und Nachfrage regelt, weil der Preis, also das Gehalt, nicht flexibel genug ist.

Aber mal im Ernst: Die Lehrkräfte an Privatschulen entziehen ihre Arbeitskraft dem öffentlichen Schuldienst, der diese Arbeitskraft dringend braucht. Heute ist niemand gezwungen bei einer Privatschule zu arbeiten. Jede Lehrkraft findet im öffentlichen Schuldienst einen Job, wenn man hinsichtlich der Region flexibel ist.

Warum sollen diese Lehrkräfte, die sich den Anforderungen des öffentlichen Schuldienstes entziehen, genauso bezahlt werden, als ob sie sich diesen Anforderungen stellen würden?

Lehrer007
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gudrun

Die Frage lässt sich leicht beantworten. Ohne Privatschulen würde unser Schulsystem noch mehr kollabieren. Man stelle sich vor alle Schüler an Privatschulen würden auf eine staatl. Schule wechseln. In Jena beispielsweise – mit relativ vielen Privatschulen, aber auch schon überfüllten staatl. Schulen – wäre das der Supergau. Und es würden vermutlich noch nicht einmal alle Lehrkräfte der Privatschulen an staatlichen Schulen eingestellt werden. Dort gibt es auch Lehrer mit wenig Deutschkenntnissen, die z. B. ihre Muttersprache unterrichten und deren ausländischen Abschlüsse unter Umständen nicht anerkannt werden.

Gudrun
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lehrer007

Wenn diese Lehrkräfte kein Lehramt haben, stellt sich mir die Frage, warum sie wie Lehrkräfte mit Lehramt bezahlt werden sollten.

Fakten sind Hate
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gudrun

Weil sie die gleiche Arbeit machen, wie alle anderen Lehrer auch.

#A13Grundschuldiskusssion
#ZweiMaßstäbe

Gudrun
1 Jahr zuvor
Antwortet  Fakten sind Hate

Tut mir leid, aber bei der A13Grundschuldiskussion geht es darum, dass die Lehrkräfte an Grundschulen trotz einer (mittlerweile) als gleichwertig eingestuften Ausbildung immer noch nicht gleich bezahlt werden.

Hier hingegen geht es darum, Lehrkräften, die teilweise über gar kein Lehramt, mancherorts noch nicht einmal über ein vollwertiges Hochschul-Studium und in seltenen Ausnahmefällen noch einmal über ein Abitur verfügen, ein Gehalt zu zahlen, wie Lehrkräften, die über ein erstes und ein zweites Staatsexamen verfügen.

Hier werden zwei Maßstäbe angelegt, weil hier auch zwei ganz unterschiedliche Berufsqualifikationen verglichen werden. Und die Begründung für diese unterschiedlichen Maßstäbe finden wir im Beamtenrecht.

Davon abgesehen scheint es mir aber auch einfach nicht gerecht, die Arbeit einer Person, die beispielsweise nach dem Realschulabschluss eine kurze Waldorf-Ausbildung gemacht hat, genauso zu bezahlen, wie die Arbeit einer Person, die über Abitur, Fachstudium und Referendariat verfügt.

Dietmar
1 Jahr zuvor
Antwortet  Fakten sind Hate

Zwischen der Arbeit einer Lehrkraft mit Lehramt und der Arbeit einer Lehrkraft ohne Lehramt gibt es deutliche qualitative Unterschiede.

ABC
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gudrun

Ich bin normalerweise große Kritikerin der GEW, finde diese Forderung von ihr aber gut und richtig.
Welchen Nachteil haben die Lehrkräfte an öffentlichen Schulen, wenn ihre Kollegen an Privatschulen besser als bisher bezahlt würden? Das ist für mich die entscheidende Frage.
Nur wenn ein solcher Nachteil bestünde oder drohen würde, könnte ich die Ablehnung der GEW-Forderung verstehen. Ansonsten kann ich in ihr nur Missgunst sehen.

Außerdem: Wenn das Unterrichten an einer Privatschule im Gegensatz zu dem an einer öffentlichen Schule ein solches Zuckerschlecken ist, was hindert Sie daran, sich an einer Privatschule zu bewerben? Wollen Sie behaupten: Idealismus?

Gudrun
1 Jahr zuvor
Antwortet  ABC

Ihre Argumentation fußt auf dem Irrglauben, dass alle Lehrkräfte gleich qualifiziert seien und sich denselben Anforderungen stellen müssten. Beides ist nicht der Fall.

Nach einer Untersuchung von Dirk Randoll aus dem Jahr 2013 hatten beispielsweise weniger als die Hälfte der befragten 1.807 praktizierenden Waldorf-Lehrkräfte ein Lehramtsstudium an einer wissenschaftlichen Hochschule abgeschlossen.

Laut Krautreporter hatten in Thüringen sogar nur rund 15 Prozent der an den angefragten Schulen eingesetzten Lehrkräfte ihre Eignung über eine einschlägige Lehramts- oder Diplom-Lehrerausbildung nachgewiesen. 74 Prozent hätten eine spezielle waldorfpädagogische Ausbildung als Nachweis ihrer wissenschaftlichen Ausbildung angegeben.

Wem das jedoch alles egal ist und wer glaubt, dass Studium und berufliche Qualifikation Schall und Rauch seien, kann sich ja demnächst von der OP-Schwester operieren lassen und auf die Ärzte verzichten…

lehrer002
1 Jahr zuvor

Ich sehe das Problem nicht. Es steht jedem frei, an einer staatlichen Schule zu arbeiten. Wenn man sich aufgrund bestimmter andersartiger Privilegien für eine Privatschule entscheidet, dann darf man sich auch nachher nicht die Rosinen aus dem Kuchen der staatlichen Schulen heraussuchen.

Jabe
1 Jahr zuvor

Ich unterrichte an einer staatlichen Schule und mein Kind besucht ein staatliches Gymnasium. Mit allen Vorteilen und Nachteilen entschieden wir uns dafür. Einige Freunde besuchen ein freies Gymnasium. Dieses macht Aufnahmetests und sucht sich nur die leistungsstärksten Kinder heraus. Außerdem werden Kinder und Eltern genau unter die Lupe genommen. „Problemfälle“ können und werden abgelehnt. Wer sich später dennoch als zu schwierig herausstellt, erhält die Kündigung des Schulvertrages. Man sucht sich Kinder aus, die ins Konzept passen. Das kann keine staatliche Schule! Dort müssen die Lehrkräfte mit einer enormen Vielfalt umgehen.
Wer sich die Rosinen rauspicken kann oder sein Kind nicht an eine staatliche Schule geben möchte, muss mit den Konsequenzen leben.
Ich bin der Meinung, dass die Eltern für diese besondere Beschulung einfach tiefer in die Tasche greifen müssen. Somit können die Lehrer auch gleich oder höher bezahlt werden. Es kann nicht sein, dass die Allgemeinheit für eine kleine auserwählte Klientel zahlen muss. Für unsere Gesellschaft finde ich es schade, dass es im Schulwesen eine Zweiklassengesellschaft gibt.

Gudrun
1 Jahr zuvor
Antwortet  Jabe

Im Zusammenhang mit den Waldorf-Schulen wurde hier auf news4teachers geschrieben, dass an Waldorf-Schulen Erfüller (also Lehrkräfte mit Lehramt) Nichterfüller (also Lehrkräfte ohne Lehramt, manchmal sogar ohne Studium oder Abitur) quersubventionieren. Ich denke, jede Lehrkraft, die sich auf dieses System einlässt, weiß, was sie erwartet. Da braucht es nicht die GEW. Die Gewerkschaft sollte sich besser für andere Dinge stark machen, z.B. besser Arbeitsbedingungen an den öffentlichen Schulen oder zumindest hygienischere Schüler-WCs.

Küstenfuchs
1 Jahr zuvor

Ich verstehe das Problem nicht so ganz. Wir haben im staatlichen System absoluten Lehrermangel. Da muss es doch sehr leicht möglich sein, an privaten Schulen hohe Gehälter durchzusetzen.

0815
1 Jahr zuvor

Wenn die GEW fordert „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit.“ denke ich daran, dass gleiche Arbeit das Resultat von gleicher Ausbildung ist. Fraglich ist, ob die Lehrkräfte an Privatschulen tatsächlich auch über ein erstes und zweites Staatsexamen für das Lehramt verfügen.

An den Waldorf-Schulen scheint das beispielsweise mehrheitlich nicht der Fall zu sein, weshalb es dort sicher nicht richtig wäre, diejenigen ohne Lehramt so zu bezahlen als ob sie ein Lehramt hätten.