Senkung der Pflichtstunden: CDU dringt auf neue Arbeitszeitmodelle für Lehrer

19

SCHWERIN. Wie in der Wirtschaft macht sich auch an den Schulen der Mangel an Fachkräften immer stärker bemerkbar. Um den Lehrerberuf attraktiver zu machen, verbeamtet Mecklenburg-Vorpommern junge Pädagogen und wirbt bundesweit um Lehrer. Das reicht aber nicht, meint die CDU.

Lehrer sollen weniger arbeiten – meint die CDU. Foto: Shutterstock

Die CDU will dem Lehrermangel im Nordosten mit einer schrittweisen Senkung der wöchentlichen Pflichtstunden und flexibleren Arbeitszeitmodellen entgegenwirken. Bislang gehöre Mecklenburg-Vorpommern mit bis zu 27,5 Stunden zu den Bundesländern mit der höchsten Unterrichtsverpflichtung für Lehrkräfte, erklärte der CDU-Landtagsabgeordnete Torsten Renz am Mittwoch in Schwerin. Er äußerte die Befürchtung, dass die hohe Belastung die Abwanderung in andere Bundesländer begünstigt und so die Lücken in den Lehrerkollegien noch größer werden.

«Mit einer grundsätzlichen Verminderung der Unterrichtsverpflichtung würde eine Anpassung an bundesweite Standards erfolgen. Ich halte diesen Schritt für dringend geboten», betonte Renz und kündigte für die Landtagssitzung Ende Januar Vorschläge der Oppositionsfraktion zur Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufs an.

Demnach soll die Absenkung der Unterrichtsverpflichtung in Stufen und zunächst in Form von Guthabenstunden auf sogenannten Lebens-Arbeitszeitkonten erfolgen. «Dadurch tritt die entlastende Wirkung zeitverzögert in Kraft, so dass genug Zeit bleibt, um das strukturelle Problem des Lehrermangels parallel zu beheben», erklärte Renz.

So solle zum Schuljahr 2024/2025 die Pflichtstundenzahl auf 25 verringert werden, mit der Vorgabe, wöchentlich zwei weitere Stunden als Unterrichtsreserve zu erarbeiten. Im Jahr darauf solle die verpflichtende Unterrichtsreserve auf eine Stunde je Woche verringert werden und ab dem Schuljahr 2026/2027 ganz wegfallen. Den Lehrkräften bleibe jedoch unbenommen, freiwillig und wie bisher im Mehrarbeitsvergütungserlass geregelt, wöchentlich bis zu drei Stunden für ihr Lebensarbeitszeitkonto zu erarbeiten. Diese könnten später als Freizeitausgleich abgerufen werden.

Anzeige

«Der Vorschlag ist zum einen geeignet, die Bestandslehrkräfte zu motivieren und zum anderen, das Interesse von Lehrerinnen und Lehrern aus anderen Bundesländern zu wecken»

Schon jetzt herrsche an den Schulen des Landes ein eklatanter Lehrermangel, konstatierte Renz. Unterrichtsausfall und fachfremd erteilter Vertretungsunterricht seien die Folgen. Da in den kommenden Jahren viele Lehrer aus Altersgründen aus dem Schuldienst ausscheiden würden, drohe sich die Lage weiter zu verschärfen. «Kurzfristig wirksame Maßnahmen sind unmittelbar erforderlich. Zeit zum Abwarten, Abwägen und Zögern besteht nicht mehr», so Renz weiter.

Laut Statistikamt sind etwa 40 Prozent der etwa 12.000 Lehrerinnen und Lehrer in Mecklenburg-Vorpommern 55 Jahre und älter, lediglich 16 Prozent 35 Jahre oder jünger. Mit großangelegten Werbekampagnen versucht die Landesregierung seit Jahren, junge Lehrer zu gewinnen. Doch muss sie immer häufiger auf Seiteneinsteiger zurückgreifen, um die größer werdenden Lücken zu füllen.

Unterstützung erhielt die CDU vom Beamtenbund dbb. «Der Vorschlag ist zum einen geeignet, die Bestandslehrkräfte zu motivieren und zum anderen, das Interesse von Lehrerinnen und Lehrern aus anderen Bundesländern zu wecken, in Mecklenburg-Vorpommern tätig zu werden», erklärte der dbb-Landesvorsitzende Dietmar Knecht. Er forderte alle demokratischen Kräfte im Landtag auf, zum Wohle der Schüler und Lehrer an einem Strang zu ziehen und parteipolitisches Gezänk zu vermeiden.

Laut Knecht plädiert auch der Verband Bildung und Erziehung (VBE) als größte Lehrergewerkschaft im Beamtenbund Mecklenburg-Vorpommern schon länger für die Absenkung der Unterrichtsverpflichtung. Doch hätten SPD und Linke in ihrem Koalitionsvertrag lediglich vereinbart, die Vorgaben erst zum Ende der Legislaturperiode 2026 auf den Prüfstand zu stellen, beklagte er. News4teachers / mit Material der dpa

Kretschmann räumt ein: Die Arbeitsbedingungen von Lehrkräften sind zu „stressig“

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

19 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
Aleidis, von edlem Wesen
1 Jahr zuvor

Man höre, lese und staune, was da aus der CDU kommt. Gerade eben las ich es für Berlin, nun auch in MV! Respekt!

So solle zum Schuljahr 2024/2025 die Pflichtstundenzahl auf 25 verringert werden, mit der Vorgabe, wöchentlich zwei weitere Stunden als Unterrichtsreserve zu erarbeiten. Im Jahr darauf solle die verpflichtende Unterrichtsreserve auf eine Stunde je Woche verringert werden und ab dem Schuljahr 2026/2027 ganz wegfallen. Den Lehrkräften bleibe jedoch unbenommen, freiwillig und wie bisher im Mehrarbeitsvergütungserlass geregelt, wöchentlich bis zu drei Stunden für ihr Lebensarbeitszeitkonto zu erarbeiten. Diese könnten später als Freizeitausgleich abgerufen werden.“

Last edited 1 Jahr zuvor by Aleidis, von edlem Wesen
Rainer Zufall
1 Jahr zuvor

Ein interessanter Schritt! Ein paar Politiker*innen haben erkannt zu haben, dass die Besoldung ein sekundäres Problem ist.

Es geht in die richtige Richtung, weiter so!

Leo Lausemaus
1 Jahr zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Naja, nachdem bei der Besoldung nun nicht mehr rauszuholen ist. Das war ja immer klar: Dann geht es weiter.

vhh
1 Jahr zuvor

Leider sind viele Lehrkräfte jetzt überlastet und arbeiten jetzt Teilzeit, um mit weniger Stunden die Gesundheit halbwegs zu erhalten. Neue Kollegen nicht in Sicht, Belastungssituation ändert sich nicht, denn bei gleicher realer Wochenarbeitszeit (=Belastung) wird dafür Freizeitausgleich zu einem unbestimmten Zeitpunkt versprochen. Die (reale) Absenkung der Stundenzahl wäre sicherlich sinnvoll und notwendig, aber warum kann ich nicht daran glauben, dass allein mit dieser formalen Verringerung die Attraktivität gesteigert wird? Die KM werden nie verstehen, dass das Problem nicht Unzufriedenheit mit der Bezahlung sondern in erster Linie Überlastung ist. Wenn der Wagen zu schwer ist, hilft auch eine größere Möhre für den Esel nicht, solche Bilder sind vielleicht einfacher zu verstehen.

Hornveilchen
1 Jahr zuvor
Antwortet  vhh

Hier wurde aber oft argumentiert, es sei das schlechte Gehalt, das die Lehrer unzufrieden mache. @Alex, @Marc und viele andere! + die Gewerkschaften

Die haben das die Kultusminister glauben machen.

Palim
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hornveilchen

Es gehört beides dazu.
Mit Bachelor, Master und 2. Staatsexamen ist A12 nicht angemessen.

Die Arbeitszeit sollte dem der anderen Beamten im öffentlichen Dienst gleichgestellt sein.
Das ist sie nicht, weil die außerunterrichtlichte Aufgaben nicht zu bewältigen sind und Überstunden weder erfasst noch ausgeglichen werden.
Dazu kommt, dass es durch den Lehrkräftemangel zu erheblicher Mehrbelastung kommt, die ebenfalls nicht abgegolten wird.

Micky
1 Jahr zuvor
Antwortet  vhh

Zumal die „bundesweiten Standards“ ohnehin viel zu hoch sind. Da müsste so dermaßen viel passieren, dass man jungen Leuten nur raten kann, das Lehramt erst wieder in Betracht zu ziehen, wenn die Bedingungen zumutbar sind (also schonmal nicht in den nächsten zwei/drei Generationen).

KARIN
1 Jahr zuvor

Abwarten und Tee trinken!
Ich habe in meinem Leben als Lehrerin schon so viele Versprechungen gehört und geglaubt!
Die meisten sind dann mit Argumenten wie: zu wenig Lehrkräfte, der Haushalt gibt es leider nicht mehr her, wir wollten ja aber die Wirtschaftslage … in den Tiefen der Politikerbüros verschwunden und wurden nie wieder gesehen!
Versprochen ist versprochen und wird dann doch gebrochen!

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

Erniedrigte sich in diesem Zuge dann die Anzahl ungesehener, undokumentierter und unbezahlter all-inclusive-Mehrarbeitsstunden** in beliebiger Höhe und ganz flexibel abhängig von all dem, was eben gerade so ansteht oder irgendjemand gerne hätte, gerne auch sonntags, weil man da gerade Zeit hätte und im TV nichts läuft?

[**die ja im Grunde den einzigartigen, abgerundeten Charme der Lehrarbeit ausmachen]

Last edited 1 Jahr zuvor by Dil Uhlenspiegel
Pappenheimer
1 Jahr zuvor

Da kann man nicht anders als die CDU zu loben. Wobei mir eine sofortige Absenkung der Pflichtstunden lieber wäre als obiges schrittweises Modell. Da ist schon so viel versprochen und nicht gehalten worden.

KARIN
1 Jahr zuvor
Antwortet  Pappenheimer

Bitte nicht ( loben), wer’s glaubt wird seelig und dann, wie immer enttäuscht !

Leo Lausemaus
1 Jahr zuvor
Antwortet  KARIN

Doch, loben und dann nicht nachlassen. Bei A13 für alle hat’s doch auch funktioniert.

KARIN
1 Jahr zuvor
Antwortet  Leo Lausemaus

In einigen Bundesländern leider nicht! Es gibt aber auch Lehrergruppen, zB. Technische Oberlehrer, welche mit 27 Stunden jahrzehntelang auf Endstufe A11 sitzen! Kein Weiterkommen in Aussicht, da Funktionsstellen , welche A 12 beinhalten, seit Jahren sehr, sehr spärlich , eigentlich gar nicht vorhanden oder geplant sind!

Leo Lausemaus
1 Jahr zuvor
Antwortet  KARIN

Ja, aber trotzdem hat es in fast allen Bundesländern inzwischen geklappt mit A13 und in den restlichen 4 wird noch darum gerungen. Das ist doch kein Gegenargument.

KARIN
1 Jahr zuvor
Antwortet  Leo Lausemaus

Ist auch nicht als Gegenargument gedacht.
Ich wollte nur darauf hinweisen, dass dann andere Lehrergruppen aussen vor bleiben, da evtl. nicht in so großer Anzahl vorhanden und somit unten durch fallen.
Wir würden uns schon über A 12 sehr freuen!

Hornveilchen
1 Jahr zuvor

Eine Senkung der Pflichtstunden für Lehrer wäre ein wirklicher Schritt der Entlastung !!!!

Rabe aus NRW
1 Jahr zuvor

Meiner Erfahrung nach wird jede Entlastungsstinde doppelt von neuen Zusatzverpflichtingen, die unsichtbar bleiben, ausgeglichen. Draem on, everyone!

Vierblättriges Kleeblatt
1 Jahr zuvor
Antwortet  Rabe aus NRW

Deshalb muss die Absenkung der Stundenverpflichtung „gerichtsfest“ beschlossen werden, sodass keine nachträglichen Tricks möglich sind, z.B. per Tarifvertrag? (nur können ja bald keine Lehrer mehr notfalls streiken, weil fast alle verbeamtet sind)

Doppel A15
1 Jahr zuvor

In der Opposition und im Wahlkampf lässt sich’s gut fordern und versprechen.