Wegen guter Bildungspolitik? Lehrermangel ist in Hamburg kaum ein Thema

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HAMBURG. So viele waren es nach Angaben der Schulbehörde noch nie: Hamburg hat in diesem Schuljahr fast 1000 neue Lehrerinnen und Lehrer eingestellt – trotz des bundesweiten Lehrkräftemangels. Ist es die Bildungspolitik, die den Schuldienst in der Hansestadt so attraktiv macht (wie die Bildungssenatorin meint)?

Hamburg zieht zahlreiche Lehrkräfte an. Foto: Shutterstock

Trotz des bundesweiten Lehrermangels hat Hamburg im laufenden Schuljahr so viele neue Lehrkräfte verpflichten können wie noch nie. Zusätzlich zu den zum Schuljahresbeginn im August neu eingestellten 575 Lehrerinnen und Lehrern seien nun im Februar zum zweiten Schulhalbjahr noch einmal 376 Lehrkräfte unbefristet eingestellt worden, teilte die Schulbehörde am Freitag mit.  Zusammen mit den zwischen September 2023 und Januar dieses Jahres verpflichteten 34 Lehrkräften ergäben dies im laufenden Schuljahr 985 neue Lehrkräfte. Das seien so viele wie nie zuvor.  Um den steigenden Anmeldezahlen an den Schulen gerecht zu werden und die Pensionierungen von Lehrkräften aufzufangen, benötigt Hamburg pro Jahr etwa 900 neue Lehrkräfte.

«Dass wir die Einstellungen so enorm steigern konnten, liegt nicht nur daran, dass Hamburg eine attraktive Stadt ist, sondern es liegt daran, dass die Bildungspolitik und vor allem die Schulen der Hansestadt bundesweit eine hohe Anerkennung genießen», sagte die neue Schulsenatorin Ksenija Bekeris (SPD) laut Mitteilung bei der Begrüßung der neuen Lehrkräfte im Rathaus. So sei es nicht zuletzt der gute Ruf der Hamburger Schulen, der Jahr für Jahr viele engagierte Menschen an die Elbe locke.

Bekeris übernahm vor drei Wochen das Amt von Ties Rabe (SPD), der aufgrund gesundheitlicher Belastungen zurückgetreten war (News4teachers berichtete). Während Rabes Amtszeit gelang es, Hamburg von den hinteren Plätzen bei Schülerleistungsstudien in die Spitze zu führen.

Von den 376 neuen Lehrkräften sind den Angaben zufolge 263 – also fast 70 Prozent – Frauen. Wie im Vorjahr seien die meisten der neuen Lehrkräfte (117) Gymnasiallehrerinnen und -lehrer. Die kleinste Gruppe mit 46 Lehrkräften bildeten die Berufsschullehrerinnen und -lehrer. Die meisten Lehrkräfte (120) haben den Angaben zufolge die Stadtteilschulen eingestellt, die wenigsten (18) die Sonderschulen. Nach Fächern sortiert werden die meisten neuen Lehrkräfte Deutsch unterrichten, gefolgt von Englisch, Mathematik, Sport, Chemie, Technik, Physik sowie Informatik/Medientechnik.

Das Durchschnittsalter der neuen Lehrkräfte liege bei 34,01 Jahren und damit etwas über dem Vorjahresschnitt von 32,64 Jahren. Die jüngste neue Lehrkraft sei 22, die älteste 64 Jahre alt. Rund drei Viertel der neuen Lehrkräfte wurden in Hamburg ausgebildet und direkt nach ihrem Referendariat übernommen. Nur 44 Lehrkräfte hätten ihr Referendariat in einem anderen Bundesland gemacht, 19 von ihnen in den Nachbarländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein.

Die Zahl der als Seiteneinsteiger eingestellten Lehrkräfte stieg im Vergleich zum Vorjahr durch ein spezielles Programm von 18 auf 49. Allerdings kann sich Hamburg auch mit diesem Anteil sehen lassen: In Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel verfügen aktuell vier von zehn neu eingestellten Lehrkräften (37 Prozent) nicht über eine klassische Ausbildung aus Lehramtsstudium und Referendariat. News4teachers / mit Material der dpa

Vorbild Hamburg: Wie haben Sie es geschafft, die Schulen der Hansestadt nach oben zu bringen, Herr Rabe?

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14 Kommentare
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Carabas
2 Monate zuvor

Liebe Redaktion,

diese Aussage ist durchaus manipulativ und ist wissenschaftlich vermutlich fragwürdig.

Während Rabes Amtszeit gelang es, Hamburg von den hinteren Plätzen bei Schülerleistungsstudien in die Spitze zu führen.

Die Schülerinnen und Schüler, die zu Beginn von Rabes Amtszeit in der Schule waren, würden im Vergleich zur aktuellen Alterskohorte Bestleistungen erbringen und die Spitze anführen.

Das heißt, das auch unter einem Senator Rabe sich die Schülerleistungen verschlechtert haben. Nur weil es in anderen Bundesländern deutlich desolater in solchen Tests verläuft, konnte Hamburg im Ranking seigen. Das sieht übrigens selbst die Hamburger Bildungsbehörde so.

Insgesamt verschlechterten sich die Leistungen der Schülerinnen und Schüler in den vier Kompetenzbereichen deutschlandweit in den letzten zehn Jahren von 2011 bis 2021 um durchschnittlich rund 34 Punkte von 500 auf 466 Punkte. In Hamburg sanken die Leistungen dagegen nur um jeweils rund 10 Punkte von 478 auf 469 Punkte. Dadurch verbessert sich Hamburg im Vergleich der 16 Länder in allen getesteten Bereichen deutlich, liegt jetzt in allen Bereichen über dem Bundesdurchschnitt.

Unter Blinden ist der Einäugige der König.

Carabas
2 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Liebe Redaktion,

die Umstände / Herausforderungen will ich keinenswegs in Skat drücken. Ohne Frage hat sich in Hamburg viel bewegt, viele Gelder wurden in die Hand genommen und gerade Hamburg als Stadtstaat war von den negtiven Auswirkungen von Migration besonders betroffen.

Sie haben die Einschränkung „relativ“ jedoch selbst benannt. Genauso gut hätte man auch schreiben können, das es auch einem Bildungssenator Rabe nicht gelungen ist, den weiteren Verfall der Schülerleistungen zu verhindern und das Schulsystem so zu gestalten, das es (nach Punkten) bessere Schülerleistungen als zum Beginn seiner Amtszeit gab.

Küstenfuchs
2 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Da kann ich der Redaktion nur beipflichten. Hamburg hat erheblich mehr Geld in die Bildung investiert und das auch noch zielgerichteter als andere Bundesländer mit ihrem Prinzip Gießkanne.

Aus Sicht eines Schleswig-Holsteiners scheinen auch die Arbeitsbedingungen in Hamburg besser. Während Schulen am direkten Hamburger Rand mittlerweile auch über Lehrermangel klagen (dort wohnen viele Kollegen in Hamburg bzw. könnten die tun), stellt die Hansestadt in großem Umfang ein.

Unfassbar
2 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Ein statistischer Trick ist es trotzdem. Nicht so viel verschlechtert wie die anderen ist eine relative Verbesserung.

mama51
2 Monate zuvor

Klingt insgesamt bestechend!
Nur eins erstaunt mich: wie schafft es jemand mit 22 Jahren als vollwertige (so lese ich das zumindest???) Lehrkraft neu in den Schuldienst? Auch bei der Person, die 64 Jahre alt sei, reibe ich mir leicht verwundert die Augen…
Ansonsten wünsche ich allen Neuen VIEL GLÜCK, auch in Hamburg werden sie es brauchen.

Lisa
2 Monate zuvor
Antwortet  mama51

Mit G8 und 3 Jahre Studium und 1,5 Jahre Referendariat sind reguläre Junglehrer auch nicht älter.

Realist
2 Monate zuvor
Antwortet  Lisa

3 Jahre Studium? Was wurde da studiert? Zirkuspädagogik?

Lisa
2 Monate zuvor
Antwortet  Realist

Stimmt ja, heutzutage sind es für Lehramt Grundschule in BW 8 Semester Regelstudienzeit ,davon 6 Semester Bachelor, 2 Semester Master.
Bei mir waren es tatsächlich noch 6 ( Abschluss Staatsexamen)

Rainer Zufall
2 Monate zuvor

Freut mich, wenn es irgendwo mal halbwegs zu laufen scheint. Bitte 15-mal wiederholen 😛

Schotti
2 Monate zuvor

Wahrscheinlich hat es auch einfach damit zu tun, dass Hamburg alle Lehrkräfte mit Universitätsabschluss zu Studienräten ernannt hat, also als einziges Land alle ausgebildeten Lehrkräfte wirklich finanziell und karrieretechnisch gleich stellt. Das zieht natürlich Fachkräfte an und wirkt gegen den Lehrermangel.

Unverzagte
2 Monate zuvor
Antwortet  Schotti

Finanzielle Gleichstellung gibt es allerdings erst seit einem Jahr…

Autobahnabfahrt
1 Monat zuvor

Komisch ja. In Berlin steigt der Lehrermangel und steigt. Trotz all der fiskalischen Besserstellungen. Warum? Anscheinend hat man lauter Maßnahmen ergriffen, die alle nicht halfen, weil sie alle die Probleme nicht lösten?!

https://www.n-tv.de/regionales/berlin-und-brandenburg/Lehrermangel-Elternvertreter-ist-gegen-Zwangsversetzungen-article24780761.html