Elterliche Ratschläge für Schüler möglicherweise wichtiger als gedacht

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URBANA (Illinois). Wenn Kinder und Jugendliche den Rat ihrer Mutter ablehnen, helfen die Ratschläge ihnen offenbar dennoch dabei, erfolgreiche Strategien zum Umgang mit schulischen Problemen zu entwickeln.

Eltern sind oft bestrebt, ihren heranwachsenden Kindern Ratschläge bei Schulproblemen zu erteilen, müssen jedoch oft feststellen, dass die Kinder und Jugendlichen für ihre weisen Worte wenig empfänglich sind. Eine neue Studie zeigt jedoch, dass junge Menschen, die scheinbar nicht auf ihre Eltern hören, dennoch von deren Ratschlägen profitieren können.

Die Forscherinnen und Forscher um Kelly Tu von der University of Illinois untersuchten Gespräche zwischen Fünftklässlern und ihren Müttern über schulische Probleme und betrachteten besonders die Beratungsstrategien der Mütter sowie die Reaktion der Jugendlichen. Schließlich setzten sie die Ergebnisse ihrer Betrachtung in Beziehung damit, wie das Kind nach dem Übergang in die Mittelschule im darauffolgenden Jahr zurechtkam – oft eine schwierige Zeit mit neuen Gleichaltrigen und schulischen Anforderungen.

Frontalansicht einer blonde Frau mit Brille, die sich von hinten über ein am Tisch sitzendes Mädchenbeugt, das mit einem Buntstsiftin ein Heft schreibt.
Wie so oft in der Erziehung, zeigt sich ein positiver Effekt elterlicher Ratschläge auch im Hinblick auf schulische Probleme nicht immer sofort. Foto: Shutterstock

„Wir wollten verstehen, was in tatsächlichen Gesprächen zwischen Eltern und Kindern passiert. Wir haben uns dabei auf schulische Herausforderungen konzentriert wie etwa Schwierigkeiten beim Verstehen von Schulaufgaben, Langeweile im Unterricht oder Probleme mit dem Zeitmanagement, da in diesem Alter die schulischen Erwartungen und der schulische Druck beginnen zuzunehmen. Wir wollten wissen, was Eltern ihren Kindern erzählen, wie sie mit diesen Stressfaktoren umgehen sollen und wie die Kinder darauf reagieren“, so Kelly Tu.

Die Studie umfasste eine sozial vielfältige Stichprobe von 100 Jugendlichen und ihren Müttern. Die einzelnen Paare wurden gebeten, fünf Minuten lang über ein schulisches Problem zu diskutieren, mit dem das Kind kürzlich konfrontiert war. Die Jugendlichen und ihre Lehrerinnen und Lehrer nahmen an einer Umfrage teil, die sich mit der Bewältigung schulischer Probleme und dem schulischen Engagement der jungen Menschen beschäftigte. Nachdem das Kind im folgenden Jahr in die Mittelschule kam, füllten die Jugendlichen und ihre Lehrkräfte erneut Umfragen aus.

Die Wissenschaftler ermittelten, dass fast alle Mütter ihre Kinder dazu ermutigten, sich aktiv mit schulischen Herausforderungen auseinanderzusetzen. Die drei häufigsten Arten von Ratschlägen waren kognitive Neubewertung (Vorschläge zur Neuformulierung des Problems, Berücksichtigung anderer Erklärungen, Betrachten von Erfahrungen als Lernmöglichkeiten), Strategieentwicklung (Ermutigung Jugendlicher, nach Lösungen zu suchen) und Hilfesuche (jemanden finden, der helfen kann, beispielsweise ein Lehrer, ein Elternteil oder ein älteres Geschwisterkind).

Die drei häufigsten Ratschläge waren kognitive Aufarbeitung (Vorschläge, wie man das Problem neu formulieren kann, andere Erklärungen in Betracht ziehen, Erfahrungen als Lerngelegenheiten betrachten), Strategieentwicklung (Jugendliche ermutigen, nach Lösungen zu suchen) und Hilfesuche (jemanden finden, der helfen kann, z. B. einen Lehrer, ein Elternteil oder ein älteres Geschwisterkind).

„Wir haben nicht festgestellt, dass Eltern ihren Kindern raten, das Problem zu ignorieren und sich keine Sorgen darüber zu machen, wie wir es manchmal bei Problemen mit Gleichaltrigen sehen. Im schulischen Bereich und vor allem beim Übergang in die Mittelstufe wollten die Eltern, dass ihre Kinder versuchen, die Herausforderungen zu meistern“, so Tu.

Die Reaktionen der Kinder reichten von Zustimmung und Akzeptanz bis hin zur Ablehnung und Zurückweisung der Vorschläge der Mütter, aber die meisten hätten irgendwo in der Mitte gelegen. Viele Jugendliche reagierten auf den Rat ihrer Mütter mit zweideutigen Aussagen wie „vielleicht“ oder „Ich weiß nicht“.

Laut Kelly Tu könnte dies die Natur eines Gesprächs widerspiegeln, bei dem die Jugendlichen mehr Informationen oder etwas Zeit zum Nachdenken benötigten, es könnte aber auch die Entwicklungsphase widerspiegeln, in der heranwachsende Kinder typischerweise nicht unbedingt wollten, dass ihre Mütter sich in ihre Probleme einmischen.

Insgesamt, so stellte das Forschungsteam fest, zeigten Jugendliche, deren Mütter Lösungen zur kognitiven Aufarbeitung anboten, erfolgreichere Bewältigungsstrategien für schulische Probleme, als es bei denjenigen, die mehr strategische und hilfesuchende Lösungen erhielten, der Fall war. Dies sei für die Forscher eine leichte Überraschung gewesen, da in der Regel die letzten beiden Arten mit Problemen umzugehen, als erfolgversprechende Bewältigungsstrategien betrachtet würden, die zu mehr Resilienz bei Kindern und Jugendlichen führen. Dabei berichteten Kinder, die die Ratschläge ihrer Mutter zur kognitiven Neubewertung ablehnten oder uneindeutig darauf reagierten, in der Mittelstufe tatsächlich über mehr angepasste Bewältigungsstrategien als diejenigen, die sie akzeptierten.

„Die Kinder sind in einem Alter, in dem sie erwachsen werden und ihre eigenen Entscheidungen treffen wollen. Ihre unmittelbare Reaktion mag Widerstand oder Widerwillen sein, aber die Ratschläge, wie sie das Problem neu formulieren, andere Erklärungen in Betracht ziehen oder darüber nachdenken sollen, was sie aus der Erfahrung lernen, bleiben bei ihnen hängen. Möglicherweise brauchen sie Zeit, um die Ratschläge zu verarbeiten und auszuwerten. Vielleicht fanden sie es auch in der konkreten Situation, über die sie diskutierten, nicht nützlich. Aber vielleicht haben sie in der Mittelschule neue Erfahrungen gemacht und können jetzt einige Strategien aus ihrem Werkzeugkasten ziehen, weil Mama ihnen andere Wege gezeigt hat, über akademische Herausforderungen nachzudenken“, erklärt Kelly Tu.

Jugendliche, die die Ratschläge ihrer Mutter zur Hilfesuche annahmen, berichteten im Übrigen seltener über erfolgreiche Bewältigungsstrategien in der Mittelstufe als diejenigen, die sie ablehnten. Auch hierzu lieferten die Daten eine mögliche Erklärung: „Die Ratschläge zur Hilfesuche, die wir in diesen Gesprächen sahen, waren einfacher: ‚Bitte deinen Lehrer um Hilfe‘ und nicht so komplex und nuanciert wie die Vorschläge zur kognitiven Aufarbeitung, und sie reichen möglicherweise nicht aus, um anhaltende und/oder komplexe schulische Herausforderungen anzugehen. Wenn dies der einzige Ratschlag ist, den die Kinder erhalten, entwickeln sie möglicherweise nicht die Fähigkeiten, sich selbst zu helfen, und verlassen sich mehr auf andere.“ (pm)

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RainerZufall
22 Tage zuvor

Ein Meilenstein, aber jemand muss es ja erheben und festschreiben…
„Wir haben nicht festgestellt, dass Eltern ihren Kindern raten, das Problem zu ignorieren und sich keine Sorgen darüber zu machen“

Wow! Die Eltern die nichts zu ihren Kindern sagten, ignorierten sie wohl oder machten sich keine Sorgen…
Aber Eltern tendenziell gut – Danke!

Kohlrabi
21 Tage zuvor

Bei mir sagen Kinder, die Eltern sagen, wenn dich jemand haut, musst du noch stärker zurückhauen. Auch gebildete Eltern.

Wir Lehrer hingegen sagen, keine Gewalt !

Und dann überfällt Russland die Ukraine, und andere Länder andere Länder. Oder Gegenden.

Sind wir noch up to date an den Schulen?

Lisa
21 Tage zuvor
Antwortet  Kohlrabi

Ja! Auch wenn die Welt untergeht, noch das Apfelbäumchen pflanzen!

Besseranonym
21 Tage zuvor
Antwortet  Kohlrabi

Sie schildern eine wichtige Problematik: Die ( Un) Fähigkeit, persönliche, peripherere aber doch wichtige berührende und! eigentlich unwichtige aber zB tiktokaufgebauschte Ereignisse zu analysieren.
Dazu müssten zunächst Eltern, Großeltern und die peergroup über dergleichen sprechen, die Schule allein schafft das nicht.
Up to date sind wir, soweit/ so lange wir die Elfenbein-Direktiven mit Menschenverstand/ Erfahrung ausführen ( können, dürfen).
Sollte mir das ein glorreicher Elfenbeinkuli verwehren – bin ich raus.

Heuwägelchen
21 Tage zuvor

„Lösungen zur kognitiven Aufarbeitung anboten, erfolgreichere Bewältigungsstrategien für schulische Probleme“

In einem Fünf-Minuten-Gespräch, bei Fünftklässler…

Ja, genau!

Sollte das übertragbar auf unsere Schüler sein…. Liebe Mütter (in der Studie werden nur Mütter erwähnt) bitte, bitte sprecht mit euren Kindern!

Die fünf Minuten sollten drin sein! 😉

Ich bin kein Wissenschaftsleugner, sehe diese erfolgreichen fünf-Minuten-Gespräche aber irgendwie skeptisch….

Lisa
21 Tage zuvor

Meine Beobachtung ist auch, dass immer etwas hängen bleibt, auch wenn die Kinder Nein sagen. Spätestens bei den eigenen Kindern der Kinder ist man dann erstaunt, seine eigenen Worte wieder zu hören. Es funktioniert aber wohl nur, wenn es eine sichere Bindung zwischen Eltern und Kindern gegeben hat.

Besseranonym
21 Tage zuvor
Antwortet  Lisa

Der andere Fall ist der Bloßnichtsowerdenwiedieie- Fall.
Dinge, die Eltern, Lehrer, Umwelt in negativem Zusammenhang sagten, bleiben auch sehr gut hängen – und kommen immer wieder aufs Tapet.

Auch mir erscheinen 5-Minuten- Gespräche schwierig.
Besser als nix, erinnert mich aber an vorgeplante Besprechungen mit Zeitlimit.
Kids erhalten dann 5 min der Mittagspause oder daheim beim Frühstück, irgendwie…..
Kann man 🙂 machen, aber sind Kids jetzt businesspartner……

Mondmatt
21 Tage zuvor

Bei den Ergebnissen dieser Studie kann es sich nur um absolut böswillige Lügen handeln.

Es ist doch allgemein bekannt, dass Erziehung von Kindern rein Garnichts mit den Eltern zu tun hat.

Eltern sind nur für den Zeugungsakt und die materielle Versorgung der Kinder da!

Sämtliche Aspekte der Erziehung und Bildung sind Sache des Staates.

Raus geplöppt, Kita, Ganztagsschule, Uni.

Eltern und Kinder sehen sich in den ersten Jahren ausschließlich beim Abendessen und dann noch kurz an der Diplomverleihung der Uni oder der Übergabe des Gesellenbriefs wieder. Jedenfalls sofern die Arbeitgeber der Eltern das ermöglichen.

So lauten jedenfalls die staatstragenden Vorstellungen des Arbeitgeberverbands und der Ministerien.

Besseranonym
20 Tage zuvor
Antwortet  Mondmatt

Geht noch übler:

„Kianpour besteht jedoch darauf, dass einige Eltern aus dem Leben ihres Kindes ausgeschlossen werden müssen (möglicherweise von Geburt an!), selbst wenn sie das Kind lieben, es sich leisten können, es zu unterstützen, und keinerlei gewalttätige Tendenzen gezeigt haben. Was ist es also, das Eltern disqualifiziert, ihre eigenen Kinder zu betreuen und aufzuziehen?“

https://erziehungstrends.info/die-dystopie-beginnt-hier

Besseranonym
20 Tage zuvor
Antwortet  Besseranonym

– 2

Schon Erich Kästner wollte die Gesellschaft und Eltern aufrütteln und sorgte sich um die Kinder im Krisenfall ( wir rutschen von einer Krise in die nächste – meinen viele – auch medial bestätigt)
Kästner wählt den Kriegsfall und formuliert wachschüttelnd:
“ Kriege lassen sich nicht vermeiden, Kriege sind Stürme wie der Taifun “
In seiner Cantate de minoribus beschreibt er, warum man die Kinder nicht mehr bei den Eltern lassen kann….

https://youtu.be/tCzkd3TwUxw?si=FAUXhM8vWiKck8tt