DRESDEN. Die Universitätsschule Dresden gilt als Deutschlands spannendster Schulversuch. Stadt und TU testen dabei ein einzigartiges Konzept, ohne feste Ferienzeiten und Pausenklingel – dafür mit viel Flexibilität und Freiheit. Jetzt haben die ersten Schülerinnen und Schüler der Schule einen Abschluss erreicht.

Am bundesweit einmaligen Versuchsprojekt Universitätsschule Dresden haben die ersten Jugendlichen ihren Hauptschulabschluss gemacht. Nach bestandener Prüfung sind an der Einrichtung erstmals Abschlusszeugnisse an die acht Absolventen übergeben worden, wie eine für den Schulversuch zuständige Sprecherin mitteilte. Drei der Teenager haben sich schon entschieden, dort in ihren Gruppen und mit ihren Freunden weiter für die Realschulprüfung in Klassenstufe 10 zu lernen. Zwei Absolventen mit Notendurchschnitt 1,53 und 1,86 erhielten eine Auszeichnung.
Die Absolventen unter den insgesamt 57 Jugendlichen in der Klassenstufe 9 haben «Geschichte geschrieben» und als Erste «diesen Meilenstein» erreicht, sagte Schulleiterin Maxi Heß. Sie seien damit «Pioniere, die den Weg für viele nachfolgende Schülergenerationen geebnet haben», und das in der Aufbauzeit der Schule und unter Pandemie-Bedingungen. «Sie haben gezeigt, dass sie flexibel, resilient und entschlossen sind», sagte Heß – und gab ihnen noch einen Rat mit auf den Weg: «Bleibt neugierig und offen für Neues.»
Clara, die seit Gründung an der USD lernte, weiß schon, wo es für sie hingeht. Sie möchte «gern ein Freiwilligenjahr machen und in verschiedene Berufe genauer hineinschauen», wie sie erzählte. In einer Kita und im Zoo hat sie das schon in Schülerpraktika gemacht, «weil ich Tiere einfach liebe», berichtete sie. In den Sommerferien will sie auf einem Bauern- und Reiterhof reinschnuppern – und dann über ihre Zukunft entscheiden.
Die Universitätsschule Dresden ist ein Gemeinschaftsprojekt von Stadt und Technischer Universität (TU). An der öffentlichen, kostenfreien und inklusiv arbeitenden Grund- und Oberschule werden seit 2019 unter wissenschaftlicher Begleitung neue Formen des Lehrens und Lernens erprobt und dabei klassische Reformansätze aus der Montessori- und Freinet-Pädagogik sowie von Jenaplan vereint.
Das bundesweit einzigartige Bildungsprojekt in Sachsens Landeshauptstadt funktioniert gut, sagt Projektleiterin Anke Langner. Sie ist Professorin für Erziehungswissenschaften mit Schwerpunkt Inklusive Bildung an der TU Dresden. Projekte und Workshops statt Frontalunterricht, jahrgangs- und fachübergreifend, zugunsten von Freiheit und Flexibilität für Schüler, Lehrer und Eltern. Hier sind Stühle und Tische mobil, nach Bedarf kombinierbar statt streng in Reih‘ und Glied auf die Tafel ausgerichtet – und es steht kein Lehrer vorn, um zu dozieren.
Gelernt wird in jahrgangsübergreifenden Teams statt Klassen, Arbeitsräumen statt Klassenzimmern, es gibt Verabredungen statt Stundenpläne, weder Hausaufgaben noch Pausenklingel in der bundesweit einzigartigen Versuchsschule. «Wir lernen alle gemeinsam, sowohl Lehrende als auch Lernende», erzählt Schulleiterin Maxi Heß. «Da gibt es viele Krisen – und dann auch tolle Konfetti-Momente.»
Eine speziell entwickelte Lern- und Schulmanagementsoftware begleitet das digital basierte Lernen, die Schüler managen sich selbst. Und die Wissenschaftler*innen bekommen Daten, mit denen sie die individuelle Lernentwicklung wie auch die Wirksamkeit des pädagogischen Ansatzes überprüfen können. Auch Studierende sind eingebunden; sie entwickeln die Lernmaterialien für die Unischule mit.
Das Konzept setzt auf Beziehung statt Erziehung, individuelle Lernwege, Entfaltung von Talent, Eigenverantwortlichkeit und Selbstverwirklichung. «Wir denken Bildung und Lernen von den Schülerinnen und Schülern aus», sagt Professorin Langner. «Wir sind Begleiter statt Wissensvermittler», sagt Schulleiterin Heß. Die Leistung wird nicht in Noten gemessen, sondern es wird eingeschätzt, was man schon kann und wo noch Hilfe sinnvoll ist. An der Unischule bleibt niemand sitzen und es gibt keine klassischen Ferien – die Eltern beantragen den Urlaub.
“Je älter die Schülerinnen und Schüler werden, umso eigenständiger arbeiten sie. Sie werden also an dieses selbstgesteuerte und eigenverantwortliche Arbeiten herangeführt”
Gegenüber News4teachers erklärte Langner vor einiger Zeit das Konzept so: «Grundsätzlich kann aus jeder W-Frage ein Projekt entstehen: Warum fliegt ein Flugzeug? Warum häuten sich Schlangen? Warum ist die Titanic untergegangen. Wie tief könne U-Boote tauchen? Wichtig ist, dass die Bearbeitung der Frage durch Pädagog*innen begleitet wird, indem den Schülerinnen und Schülern zu unterschiedlichen Themen wie Mathematik oder Deutsch Arbeitsaufträge im Kontext ihres Projektes unterbreitet werden. Je älter sie werden, umso eigenständiger arbeiten sie. Sie werden also an dieses selbstgesteuerte und eigenverantwortliche Arbeiten herangeführt und nutzen dafür immer wiederkehrende Abläufe. Es startet alles mit einer Assoziationsphase, in der die Kinder selbst herausfinden, was ihre Frage eigentlich für weitere Fragen aufwirft oder welche Begriffe zu klären sind. Dann folgt eine erste Recherche, damit das Thema genauer bestimmt werden kann, um folgend einen ersten Plan für sich zu erstellen und diesen auch bei den Pädagoginnen und Pädagogen einzureichen. Dann beginnt die eigentliche Arbeit – die Projektdurchführung, die ein sehr konkretes Ziel hat, zum Beispiel ein Modell zu erstellen. Die Projekte werden nicht durch alle Projektmitglieder gleich bearbeitet, sondern dies ist ein kooperativer Prozess, indem jeder eine bestimmte Verantwortung trägt. Damit dies gelingen kann, werden die Lehrerinnen und Lehrer unterstützt, die individuellen Entwicklungswege zu verstehen und zu dokumentieren durch die digital gestützten Lernpfade in der Lern- und Schulmanagementsoftware.»
Erziehungswissenschaftler Martin Heinrich von der Universität Bielefeld hält das Dresdner Modell für vielversprechend. Der Professor leitet die Evaluierungskommission, aus deren Sicht die Unischule mehr Förderung in den Bereichen IT, Forschung und Schulbau verdient.
Es liege auf der Hand, «dass die Aufbauarbeit eines alternativen Schulkonzeptes eher mehr Ressourcen bedarf als eine Regelschule», hieß es im vergangenen Jahr. Aus Sicht der Fachleute braucht es einen «großzügigen Pool an Anrechnungsstunden», der auch für Leitungsstrukturen genutzt werden «kann und sollte». Angeregt wird zudem eine engere Verzahnung mit der TU in Forschung und Lehrerbildung, Voraussetzung dafür wäre eine solide Grundfinanzierung der Forschungsstelle. Das externe Gremium, das den Prozess der Schulentwicklung und Forschung begleitet, zeigte sich in seinem dritten Bericht weiter überzeugt von dem Projekt. News4teachers / mit Material der dpa
Wie haben die Schüler im Vergleich zu ihren Jahrgangsgenossen anderer Schulen mit vergleichbarer Schülerschaft abgeschnitten?
Schwerpunkt: “vergleichbare Schülerschaft” und “verleichbare Ressourcen”!
Die Universitätsschule Dresden verfügt als öffentliche Schule über genau dieselben Ressourcen wie jede andere Schule der Stadt. Diese werden allerdings anders verteilt. Möglich ist dies durch die digital gestützte Shculorganisation. Die Entwicklung der schuleigenen Lern- und Schulmanagementsoftware wird aus Drittmitteln finanziert, die vom Forschungsprojekt eingeworben wurden. Auf der Projektwebseite erfahren Sie mehr: https://www.tud.de/gsw/unischule
Wissenschaftlich begleitet wird der Schulversuch von der Forschungsstelle Universitätsschule ForUS. Diese erhebt auch Vergleichsdaten mit umliegenden Schulen.
100 % Bestehensquote, über 50% qualifizierter Hauptschulabschluss und zwei der ersten Absolventen sind heute Nachmittag auf der Bühne, wenn Kultusminister Christian Piwarz die besten 161 Realschulabsolventinnen und -absolventen der Ober- und Förderschulen aus ganz Sachsen auszeichnet.
Eine vergleichbare Schülerschaft gibt es an den umliegenden Schulen nicht, denn im Schulversuch hat die Universitätsschule Dresden das Ziel, den gesellschaftlichen Durchschnitt abzubilden. Die Zusammensetzung der Schüler:innenschaft orientiert sich dabei an den Eigenschaften Geschlecht, Berufs- und Bildungsabschlüsse der Eltern, Förderbedarf und Mehrsprachigkeit. Die Schuldemographie wird regelmäßig in den Publikationen aus der Dorschungsstelle Universitätsschule ForUS veröffentlicht: https://tu-dresden.de/gsw/forschung/projekte/weitere-forschungsprojekte-an-den-fakultaeten/unischule/forschung-an-der-universitaetsschule#section-5
Dann ist der Artikel falsch:
“Es liege auf der Hand, «dass die Aufbauarbeit eines alternativen Schulkonzeptes eher mehr Ressourcen bedarf als eine Regelschule», hieß es im vergangenen Jahr. Aus Sicht der Fachleute braucht es einen «großzügigen Pool an Anrechnungsstunden», der auch für Leitungsstrukturen genutzt werden «kann und sollte».”
Es geht auch nicht anders. Wer soll das sonst planen? Was ist mit DAZ und Förderkindern? Wie werden die Deputate der Kollegen umgerechnet und wer macht das? Was ist das für eine Software? Ein Lernmanagementsystem? Eine Schulverwaltung wir Schild (nur besser und umfassender)? Ist das in die normale Verwaltungsstruktur (Sekretariat) eingebunden? … und und und.
Das ist jetzt übrigens keine Meckerei, sondern interessiert mich ernsthaft.
Danke für diese Klarstellung!
Über 50% der Absolventen haben lediglich den qualifizierten Hauptschulabschluss erhalten? Wenn die Schule den Querschnitt der Schülerschaft Sachsens (oder meinethalben auch Dresdens) widerspiegelt, hört sich das für mich jetzt nicht grade nach einer Erfolgsstory an.
Alle Details zum ersten Prüfungsjahrgang – einer Erfolgsstorys für jeden einzelnen Prüfling – haben wir auf der TUD-Webseite zum Schulversuch Universitätsschule Dresden zusammengefasst: https://tu-dresden.de/gsw/forschung/projekte/weitere-forschungsprojekte-an-den-fakultaeten/unischule/news/Erste-Abschlusspruefungen-seit-Schulgruendung-Erfolgreiche-Absolventinnen-Universitaetsschule-Dresden
Das erste Mal gibt es seit Schulgründung eine Klassenstufe 9 mit 57 Schüler:innen. Von ihnen haben 8 die Hauptschulprüfung abgelegt, 100% bestanden und über 50% den qualifizierten HSA erhalten. Das heißt: besonders gute Leistungen, die das weitere Lernen zur Vorbereitung auf die Realschulprüfung ermöglichen. Zwei Schüler wurden gestern zusammen mit den 160 beste Absolventen aus Sachsen vom Kultusminister ausgezeichnet.
Danke, dass Sie sich die Zeit nehmen, an dieser Stelle auf z.T. kritische Anmerkungen und Nachfragen zu antworten.
“Grundsätzlich kann aus jeder W-Frage ein Projekt entstehen: Warum häuten sich Schlangen?”
Weil die trockene mit Hornschuppen besetzte Haut bei Reptilien nicht mitwächst. Frage beantwortet, Kenntnis erworben und weiter geht’s mit der Vermittlung neuer fachlicher Fakten. Warum Projekt? Umfang und Zeitrahmen ernsthafter fachlicher Bildung?
Wie groß sind der Wissenszuwachs und die reproduzierbaren Kenntnisse in einem Schuljahr, wenn simple W-Fragen in kooperativen Projekten beantwortet werden (müssen)?
Oh, mir fehlen Fortbildungen in Stoffreduzierdidaktik und Talentmanagement. Erst dann darf ich meinen Stundenplan gegen Verabredungen in Arbeitsräumen mit Selbstverwirklichung und individuellem Entwicklungsweg eintauschen.
“Wir sind Begleiter statt Wissensvermittler.” Ach nee, ich lass es mit den Fortbildungen, denn ich bin gern Wissens- und Faktenvermittler in den Fachräumen meiner Bildungseinrichtung.
“Clara, die seit Gründung an der USD lernte, weiß schon, wo es für sie hingeht.”
Ob Kita oder Zoo (weil man Tiere liebt – Hä?), Bauern- oder Reiterhof – erst mal reinschnuppern, erst mal reinschauen oder vielleicht ein Freiwilligenjahr, vielleicht noch ein Praktikum…
Passt!
Man kann von dem Projekt viel oder wenig halten, aber einfach nur kritisieren ohne Vorschläge ist lahm.
Es gibt viele Studien/Versuche, diese hier gehört dazu, die versuchen Schule neu zu denken bzw. zu leben. Das ist auch gut so.
Aktuell ist unser Schulsystem ca. 150 Jahre alt, und hat sich seitdem kaum verändert.
Es hat schon Gründe warum der größte Teil der Schüler seine Neugierde und sein Interesse im Laufe der Schulbildung verlieren.
Ich bekomme in einem Weiterführenden Bildungssystem regelmäßig die Ergebnisse des Systems ins Haus, und habe dann ca. ein Jahr um das gerade zu biegen.
Ich denke auch nicht, dass es nur Projektorientierten Unterricht gab. Machen Sie sich einfach schlau über die angewandten Methoden, dann werden Sie das auch feststellen.
PS: Kinder, und Jugendliche sowie Erwachsene mit W-Fragen arbeiten zu lassen, hält das Gehirn fit, neugierig und zumeist motiviert.
Wir haben bis ca. 2004 auch am Gymnasium mit W-Fragen gearbeitet. Dann waren diese didaktisch nicht mehr erwünscht. Jede Aufgabe musste mit einem “Operator” beginnen. KuK, welche die SuS weiter mit W-Fragen motivieren wollten, wurden durch Fachberater strikt reglementiert und mit dieser Aufgabenkultur (Methodik) disqualifiziert. Danach folgte der Hype der Kompetenzentwicklung.
Allerdings haben wir damals simple W-Fragen im gymnasialen Bildungsgang nicht in kooperativen Projekten bearbeiten lassen.
Dazu wären vor den bis jetzt erfolgten zahlreichen “Entrümpelungen” der Lehrpläne (von Faktenwissen) aus damaliger Sicht für fachlich umfassende Bildung in MINT-Fächern weder Zeitrahmen noch das geforderte qualitative Anspruchsniveau geeignet gewesen.
Viele Oldschool-SuS von damals meisterten ein MINT-Studium sehr erfolgreich und motiviert.
Schule neu zu denken ist gut. Sich auf Bewährtes (Leistung und Forderung) zur Qualitätssicherung im deutschen Bildungssystem zurückzubesinnen ist es aber auch.
Wie das Lernen ohne Fächer im Projekt funktioniert, erklärte Prof. Anke Langner zuletzt beim aha-Festival Anfang des Jahres. Vielleicht ein spannender Einstieg? Der Vortrag ist als Podcast veröffentlicht und auch im Medienspiegel auf der Projektwebseite zu finden: https://tu-dresden.de/gsw/unischule/presse
Wie geht Schule ohne Fächer? – Vortrag beim aha Festival Luzern 2024
aha ein Podcast für Wissen, 08.05.2024
Wir können uns eher das Ende der Welt vorstellen als eine Schule ohne Fächer, Lehrplan und Leistungstests. Und doch gibt es sie, die Ansätze, die Schule projektorientierter, interdisziplinärer, integrativer und ja, auch schlauer zu machen. Zum Beispiel an der Technischen Universität Dresden, wo ein Team um die Erziehungswissenschaftlerin Anke Langner an der Schule der Zukunft arbeitet.
Clara möchte an den Abschluss ein Freiwilligenjahr anschließen. Wo genau, das findet sie gerade an verschiedenen Schnuppertagen heraus.
“Wir können uns eher das Ende der Welt vorstellen als eine Schule ohne Fächer, Lehrplan und Leistungstests.”
Nein, da diese ca. 100 jährigen Schulideen von damaligen Reformpädagog*innen entwickelt wurden, die über Generationen so überzeugend wirkten, dass sie auch heute noch flächendeckend z.B. in Montessorischulen praktiziert werden.
Warum es keine entsprechenden Frenetschulen gibt, bleibt ein Rätsel.
Nachdem beim Lesen der der vorherigen Absätze etwas schwindlig von den vielen wunderbaren Worten geworden ist, habe ich mich beim letzten Abschnitt gefragt, wie sich die Schülerleistung einer „normalen“ Schule bei entsprechender Investition an Ressourcen und Anrechnungsstunden wohl entwickeln würde. Gerne universitär begleitet.
Ich finde viele Ideen und Ansätze durchaus lohnenswert, die Heranführung an das selbstständige Arbeiten sollte ein Grundziel jeder Schule sein. Der vielfach gewiesene Weg dorthin erscheint mir jedoch noch immer im Nebel.
An sich ist der Weg recht klar, deutlich kleinere Klassen, bessere Ausstattung und vor allem, sehr viel mehr Freiraum für die Gestaltung des Raums Schule und deren Inhalte.
Das kann jede Schule mit passender Investition und Personal bieten.
Aktuell haben wir eher den Stand; die meisten mir bekannten Grundschüler beginnen total gerne mit der Schule, zwischen 3-7 Klasse dreht sich das total um. Aktuell ist Schule eine oft zu Teilen totalitäre Einrichtung mit Massenabfertigung, in der ein Gutteil des Arbeitsschutzes, wie er für Erwachsene oder gar jugendliche Arbeitnehmer gilt, nicht angewandt wird, angewandt werden kann. Geldmangel!
Diese Studien zeigen einfach nur andere Möglichkeiten auf.
Nicht mal was neues, wenn wir in andere EU Länder schauen.
Der Nebel kann sich lichten bei einem Blick auf die TU Dresden-Webseite: https://tud.de/gsw/unischule. Im Medienspiegel finden sich zahlreiche Beiträge, die zum Beispiel auch das projektorientierte Lernen darstellen.
Schade, dass Dresden so weit von meinem Wohnort entfernt ist. Dieser Schulversuch beinhaltet exakt meine Vorstellung von Lieblingsschule.
Ich würde auch supergerne dort mal längerfristig hospitieren!
Die Schulgemeinschaft arbeitet an einem Hospitationskonzept, denn das Projekt soll auch Fortbildungsschule werden. Sobald es losgeht, informieren wir auf der Schul- und Projektwebseite sowie auf den Social Media-Kanälen des Schulversuchs unter @unischuleTUD.
Danke für den Hinweis und die Informationen weiter oben. Weiterhin viel Erfolg!
Wie viel mehr Ressourcen an Personal sind pro Schüler im Vergleich zu anderen Schulen bereitgestellt worden? Und ist die Politik bereit, diesen Mehrbedarf für alle Schulen zu finanzieren? Ansonsten kann man sich solche Schulversuche meiner Meinung nach klemmen.
Die Versuche sollte man nicht an Schulen mit sehr bildungsnaher Klientel durchführen, weil die dort sowieso funktionieren. Ob besser als an normalen Schulen sei mal dahin gestellt, aber sei es drum. Man müsste sie in den härtesten Brennpunkten durchführen, weil alles, was dort gut funktioniert, überall funktioniert. Ist aber riskanter und aufwändiger…
Der Name der Schule verweist auf die zusammenarbeit mit der TU Dresden, nicht auf die Schüler:innenschaft. Im Forschungsprojekt ist das Ziel, genau diesen Fehler zu vermeiden, sondern eine Schule für alle zu konzipieren. Die Schulgemeinschaft soll den gesellschaftlichen Durchschnitt abbilden. Dies gelingt mit einem digital gestützten Auswahverfahren, das nach den Kriterien Geschlecht, Förderbedarf, Mehrsprachigkeit und höchste Berufs- und Bildungsabschlüsse der Eltern die “Fälle” auswählt, die in eine ideale Fallgruppe gehören. Es orientiert sich dabei am Mikrozensus. Die demographischen Daten werden regelmäßig online veröffentlicht. Die Schule hat keinen festen Schulbezirk. Kinder und Jugendlich aus ganz Dresden besuchen sie. Diese und weitere Informationen sind auf den verschiedenen Webseiten und Kanälen nachzulesen.
Die Universitätsschule Dresden verfügt als öffentliche Schule über genau dieselben Ressourcen wie jede andere Schule der Stadt. Diese werden allerdings anders verteilt. Die Entwicklung der schuleigenen Lern- und Schulmanagementsoftware wird aus Drittmitteln finanziert, die vom Forscungsprojekt eingeworben wurden. Auf der Projektwebseite erfahren Sie mehr: http://www.tud.de/gsw/unischule
“Es liege auf der Hand, «dass die Aufbauarbeit eines alternativen Schulkonzeptes eher mehr Ressourcen bedarf als eine Regelschule», hieß es im vergangenen Jahr. Aus Sicht der Fachleute braucht es einen «großzügigen Pool an Anrechnungsstunden», der auch für Leitungsstrukturen genutzt werden «kann und sollte».”
Aber wenn dann genug geforscht ist, bekommen die andern Schulen eine laminierte Handreichung und können das dann auch mit dem derzeitigen Mangel rocken. Ganz bestimmt …
Wie wäre denn, wenn alle Schulen mehr Ressourcen und Anrechnungsstunden bekommen und dann wird erstmal verglichen, wo die besseren Ergebnisse erzielt werden? Nur mal so ein Gedanke…
Volle Zustimmung! Eine laminierte Handreichung reicht aber nicht. Um es auch mit dem derzeitigen Mangel so richtig zu rocken braucht es auch den unerschütterlichen Glauben ans Gelingen. Sie wissen schon.
“Der Ungläubige macht mehr, als er meint.
Der Gläubige weniger, als ihm scheint.”
Franz Grillparzer
Verstehe ich hier etwas völlig falsch? Von 57 SchülerInnen im Jahrgang 9 haben es ganze acht geschafft, nach der vorgesehenen Regelzeit die Prüfung zum HA abzulegen? Ist ja ok, jeder in seinem Tempo, überfachliche Kompetenzen, soziale Kompetenzen, aber was ist daran die Erfolgsmeldung? Dass eine Schule manchmal auch zum Minimalziel führen kann?
Darüber bin ich auch gestolpert.
Aber vielleicht liegt das an dem jahrgangsübergreifenden Arbeiten, was u.U. auch eine Flex-Klasse einschließt bzw. diese Erweiterung letztlich einfach möglich ist. Da hat man ein Jahr länger für den ESA (Hauptschulabschluss).
Egal, welche Art Schule, welche Art Konzept, bis jetzt freuten sich die Schüler doch immer am meisten über Ausfall, Wochenende und Ferien. Wie ist es hier? Wie wird es hier sein? Wie kann man das unabhängig prüfen?
Aha, die Schüler haben “Geschichte geschrieben”, weil sie einen Hauptschulabschluss geschafft haben? Im Ernst?
Ich habe in etlichen Jahren Hauptschule KEINEN Schüler getroffen, der diesen nicht geschafft hat, solange er einigermaßen regelmäßig zum Unterricht erschienen ist und einigermaßen kooperativ im selbigen zur Mitarbeit bereit war (und ganz ehrlich: etliche Schüler haben den Abschluss auch geschafft ohne dass die beiden obigen Kriterien wirklich zutrafen). Was feiern wir denn jetzt gerade?
Vielleicht gibt es ja den einen oder anderen positiven Impuls, mal schauen, zweierlei nervt jedoch:
1. Das großspurige Storytelling: “Pioniere für nachfolgende Schülergenerationen”! Sollte in Schule und Pädagogik nicht weniger marktschreierisch kommuniziert werden, zudem jetzt gerade erst die ersten Jugendlichen ein Abschlusszeugnis überreicht bekamen?
1. Die völlig unpolitische Herangehensweise: Welche Haushaltsmittel muss das Land Sachsen für die flächendeckende Unsetzung zur Verfügung stellen? Was kommt auf die Kommunen als Schulträger vor. Ich erinnere mich das der konkrete Neubau für die Universitätsschule bezüglich seiner Finanzierung überregionale Wellen schlug.
Beim Online-Kollegium möchte ich mich für meine Montagmorgenbahn-Rechtschreibung entschuldigen.
Recherche ergab:
Gestartet ist die Schule staatlicherseits mit den gleichen Ressourcen wie alle anderen staatlichen Schulen. Es bedurfte und bedarf jedoch aktiver Drittmitteleinwerbung für die Ausstattung (u.A. individualisierte Laptops für jeden Schüler, paralleler Einsatz von Lehrkräften und Erziehern) und dauerhaften außergewöhnlichen Einsatz der Mitarbeiter (auf Deutsch: dauerhaft angelegte massive unbezahlte Mehrarbeit). Dass außergewöhnlicher Einsatz als Grundlage für eine regelhaft arbeitende Instutuion dienen kann, halte ich für fraglich, da jeder Mensch irgendwann ausbrennt, wenn er dauerhaft über seine Grenzen geht.
Weiterhin zeigt sich bereits jetzt, dass die Schule mit den staatlicherseits bereitgestellten Ressourcen und dem Drittmittelwerbesystem nicht dauerhaft auskommt: „ Experten der Technischen Universität (TU) haben erneut mehr Unterstützung für den Schulversuch Universitätsschule Dresden gefordert. Die Struktur- und Evaluationskommission appellierte, die konzeptionelle, theoretische und praktische Arbeit für die Zukunft mit den notwendigen Ressourcen abzusichern, wie die TU am Dienstag mitteilte.“
Ich fände es schade, diesen Schulversuch am Geld scheitern zu sehen. Er zeigt auf, was alles möglich wäre, wenn das Bildungssystem auskömmlich finanziert wäre. Aber solange die Politik nicht bereit ist, die notwendigen Ressourcen allen Schulen regelhaft zur Verfügung zu stellen, ist das wie Winken mit der Schokolade.
Quellen:
https://www.zeit.de/news/2023-07/18/kommission-draengt-auf-mehr-unterstuetzung
https://tu-dresden.de/gsw/ressourcen/dateien/universitaetsschule/publikationen/20211220-CORAX-4-2021-Universitaetsschule-Dresden-Mit-welcher-Vision-ist-der-Schulversuch-gestartet.pdf?lang=de
Das klingt so, wie ich das vermutet habe. Danke.
Selbst wenn das Bildungssystem von der Politik entsprechend auskömmlich finanziert würde, würde ich doch bezweifeln, dass ein großer Teil der hier schreibenden Gymnasiallehrkräfte bereit wäre, an vergleichbaren Schulen zu arbeiten.
Acht (!) Absolventen?
Ach, wie schön…nun ja: familiär.
Sind Sie sicher, dass hier eine Vergleichbarkeit mit anderen Schulen gewährleistet ist?
Warum wundert es mich nicht, dass auch hier wieder kritisiert und entgegegnet wird? Ein Lob und der Gedanke, was man aus diesen Ideen und Erkenntnissen für die eigene Arbeit mitnehmen kann- das wäre Spezialist:innen für Lehren und Lernen mit dem Willen, Kinder und Schule zu entwickeln würdig.
Aber nein, immer nur maulen und mäkeln. “Geht nicht.”, “Die haben mehr Geld, Ressourcen, andere Schüler:innen, engagiertere Eltern, bessere Bedingungen.” usf. Leute, dann sucht euch doch einen anderen Job. Fachkräftemangel ist doch allerorten.
???
Schulversuche macht man, um zu untersuchen, wie effizient das jeweils erprobte Konzept hinsichtlich vorher definierter Items ist. Natürlich gehört zu einem wissenschaftlich angelegtem Schulversuch, die dazu notwendigen Ressourcen zu erfassen. Sollte zum Gelingen ein Ressourcenaufwand notwendig sein, den das Land nicht in die Fläche zu übertragen bereit ist, kann man sich den Aufwand klemmen.
Beispiel: Ich garantiere Ihnen, dass ich in der Kurskonstellation 1 Lehrkraft auf maximal fünf Schüler jeden! durchschnittlich begabten Schüler zweistellig in Mathe durchs Abitur bringe. Absolut erfolgreiches Konzept, würde ich sagen. Allerdings bezahlt das Land dies nicht in der Fläche. Diesen Schulversuch kann ich mir also sparen.
Die übliche Vorgehensweise der Kultusminister korreliert mit Ihren Anwürfen: Ihr seht doch, dass Mika das hinbekommt! Es liegt also an Euch, wenn die Schüler das Matheabi nicht schaffen! Immer dieses Gemaule und Gemeckere… ob fünf oder 30 – laut Hattie ist die Kursgröße egal, also macht gefälligst!
Leider sind solche Antworten ein Teil des Problems. Ich kenne kein andere auf akademischer Bildung aufgebaute Profession, in der konkrete Nachfragen auf ein wissenschaftlich begleitetes Studienprojekt mit Emotionen abgewehrt werden. Was sie als “maulen und mäkeln” bezeichnen ist Teil des Diskurses, in diesem Fachmagazin und anderswo.
“Maulen und Mäkeln” empfinde ich schon als Beleidigung. Als ob die Einwände hier keine Berechtigung hätten, sondern allein dazu dienen sollen, einfach nur schlecht zu machen, was andere so tun.
Bildungsprojekte sind ja prinzipiell hilfreich. Sinn machen sie aber erst dann, wenn eine objektive Beurteilung von Konzepten gewährleistet ist. Vergleichbarkeit ist hierbei aber unumgänglich. Sonst ist jede Schlussfolgerung obsolet.
Problematisch wird es dadurch, dass dann am Schluss gerne im Raum steht: “Guck mal, geht doch, man muss nur wollen”.
Wenn ich z.B. vom “großzügigen Pool von Anrechnungsstunden” lese, sind kritische Nachfragen absolut berechtigt und keine “Maulerei”
„Guck mal, geht doch, man muss nur wollen“. So ist es doch auch. Diese Wahrheit ist halt unbequem. Wenn man nicht will, soll man das sagen- bzw. man kann sich auch einer anderen Tätigkeit widmen. Aber sich zurücklehnen und erst die Haare in der Suppe suchen, ihren Geschmack kritisieren, sich nicht die Arbeit des Kochens machen wollen und sich dann beklagen, dass das eigene Essen nicht schmeckt.
“Es liege auf der Hand, «dass die Aufbauarbeit eines alternativen Schulkonzeptes eher mehr Ressourcen bedarf als eine Regelschule», hieß es im vergangenen Jahr. Aus Sicht der Fachleute braucht es einen «großzügigen Pool an Anrechnungsstunden», der auch für Leitungsstrukturen genutzt werden «kann und sollte». Angeregt wird zudem eine engere Verzahnung mit der TU in Forschung und Lehrerbildung, Voraussetzung dafür wäre eine solide Grundfinanzierung der Forschungsstelle. Das externe Gremium, das den Prozess der Schulentwicklung und Forschung begleitet, zeigte sich in seinem dritten Bericht weiter überzeugt von dem Projekt.”
Dieses Projekt wird nach dem Abschluss womöglich schnell wieder verschwinden: Ressourcen kosten Geld, etwas was die KuMis tendenziell eher in unnötige Studien stecken als sinnvolle Entwicklungen und Ressourcen.
Anrechnungsstunden in einem großzügigem Pool?! Tolle Idee, nach dem Projekt auch weg, weil zu teuer, da mehr Ressourcen (Personal) benötigt wird. Zu dem dürften sich einige KuK ziemlich schnell den Pool genehmigen, es gibt bestimmt den einen oder andern, der diese Anrechnungsstunden gerne für sich selbst nutzt, um sein Leben zu optimieren (je mehr desto besser).
Die Idee ist schön, aber vermutlich nicht haltbar, die KuMi-Abteilung wird das sehr schnell wieder einstampfen. Schade.
Mit etwas Homeoffice und mehr digitalem Unterricht bzw. Selbstlern-oder Gruppenarbeitszeiten sicher ein tolles Konzept für alle Beteiligten!!!
Mich irritiert Ihr Name.
Als realistischer Mensch sehe ich, dass SuS an deutlich anderem interessiert sind als am Lernen.
Homeoffice finden sie toll – da können sie noch mehr zocken und tictocken.
Selbstlernzeiten nutzen sie für was anderes.
Gruppenarbeitszeiten nitzen sie für was anderes.
Den Streit kann ich dann schlichten….
Um so zu arbeiten, denn das muss gelernt und geübt werden!, muss es Leerpläne statt Lehrpläne geben.
Gerade bei der heutigen Schülerschaft (hochgradig individuell, oft sehr empathielos, “durchsetzungsstark”, “freiheitsliebend”, …. “anstrengungsbereit” , “verhaltensoriginell” … ) braucht es deutlich mehr Zeit, ein ICH mit anderen ICHs zu einer sozialen Mini-Gruppe zu – ja, erziehen (oder es da hin zu begleiten).
Realistisch gesehen gibt es unter den vielen kleinen Prinzen und Prinzessinnen ein Hauen und Stechen um den Thron.
Die Kids können nichts dafür. Sie sind das Produkt ihrer jeweiligen Sozialisation, die übrigens auch (und ich meine in erster Linie) zu Hause stattfindet.
Alleine was das betrifft, finde ich oft, dass die Schulzeit erhöht werden müsste.
Die Kids (bewusst gewählt), die heute ihren ESA-Abschluss machen, sind so viel unreifer als noch vor fünf Jahren.
Sie sehen zwar aus wie Jugendliche, sind tief drinnen aber oft noch kleine Kinder.
Und damit auch nur selten ausbildungsreif.
Das ist mein realistischer Blick auf unsere aktuelle Schülerschaft.
Der Mensch wächst und reift in Phasen.
Das Bildungssystem trägt dem keine Rechnung.
Ist halt – realistisch gesehen – besser, die Straßen zu reparieren als die Gesellschaft.