Sinkende Kinderzahlen: Chance für mehr Qualität in Kitas (oder für Einsparungen)?

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DRESDEN. Die Zahl der Mädchen und Jungen in sächsischen Kindertagesstätten geht in den kommenden Jahren zurück. Viele sehen den Rückgang auch als Chance, die Qualität der Betreuung zu verbessern.

Sparen oder investieren? Foto: Shutterstock

Zum Aktionstag für Kindertagesstätten in Sachsen sind erneut Forderungen nach einer besseren Betreuung der Mädchen und Jungen laut geworden. «Die Erzieherinnen und Erzieher in Sachsen brauchen endlich mehr Zeit für unsere Kinder», erklärte Grünen-Politikerin Christin Melcher. Ihre Partei habe sich deshalb bereits im Mai für ein Kita-Moratorium ausgesprochen. Denn sinkende Kinderzahlen böten die Chance, die Betreuungsqualität in den Kitas weiter zu verbessern. In einem gemeinsamen Antrag von CDU, Grünen und SPD werde man die Fortschreibung der Landesmittel für die Kitas angehen: «Das ist ein wichtiges Signal für alle Kitas, Träger und Familien im Freistaat.»

Landtag soll in der kommenden Woche entscheiden

Das Kita-Moratorium soll sicherstellen, dass die Finanzierung des Kita-Personals auch bei sinkenden Kinderzahlen stabil bleibt. Der Landtag muss dem Antrag der Koalitionsparteien zur Finanzierung noch zustimmen. Die nächste Sitzung findet am kommenden Donnerstag statt. Die Linken im Landtag hatten bereits im August ein Kita-Moratorium im Parlament beantragt. Mit dem Aktionstag unter dem Motto «Alarmstufe Rot! Kitas retten – Personalabbau stoppen» sollte noch einmal auf das Anliegen mehrerer Parteien und Organisationen aufmerksam gemacht werden.

Personelle Lücken in den Kitas sind täglich spürbar

«Der Aktionstag unterstreicht, wie hoch der Druck auf die Kitas und die Erzieherinnen und Erzieher ist. Nachdem es viele Jahre vor allem darum ging, ausreichend Kitaplätze zur Verfügung zu stellen, kann der Bedarf nun gedeckt werden. Dennoch ist die Betreuungsrelation in der Praxis oft nicht kindgerecht und die personellen Lücken tagtäglich spürbar», betonte Christin Melcher. Sachsen habe hervorragend ausgebildete Pädagoginnen und Pädagogen. «Nun gilt es, weiter in die Qualität der frühkindlichen Bildung zu investieren – die “demografische Rendite” muss zum pädagogischen Plus werden. Dafür ist das Moratorium der erste Schritt, weitere müssen folgen.»

Linke: Druck von der Straße ist weiter nötig

Nach Auffassung von Linke-Politikerin Juliane Nagel ist weiter Druck von der Straße nötig, um die Kitas langfristig zu sichern. «Es ist sehr wichtig, dass Eltern, das Kita-Personal und viele weitere Personen öffentlich dafür eintreten, die Kitas zu sichern und das Personal zu halten.» Man habe die Koalition von Ministerpräsident Michael Kretschmer mit dem Linke-Antrag erfolgreich unter Druck gesetzt, ein solches Kita-Moratorium zu verabschieden. Allerdings sollen die Landeszuschüsse nicht nur in der nächsten Zukunft stabil bleiben. Auch eine neue Koalition dürfe bei den Kindertagesstätten nicht kürzen. Sachsen müsse seine Zuschüsse halten und mittelfristig erhöhen. Weder die Kommunen noch die Eltern dürfen zusätzlich belastet werden.

Erzieherverband sieht dringenden Handlungsbedarf

Auch der Sächsische Erzieherverband (SEV) sieht dringenden Handlungsbedarf. «Der Geburtenrückgang ist in Sachsens Kindertageseinrichtungen bereits spürbar. In einigen Einrichtungen wurden Neueinstellungen gestoppt, und immer häufiger werden befristete Verträge von Erzieherinnen und Erziehern nicht verlängert», erklärte SEV-Vorsitzende Katja Reichel. Die Politik müsse jetzt handeln, um weiteren Personalabbau und mögliche Kita-Schließungen zu verhindern.

Gewerkschaft fordert bessere Personalschlüssel

Laut der Bildungsgewerkschaft GEW steht nach einer Einigung auf ein Kita-Moratorium die Verbesserung des Personalschlüssels im Vordergrund. «Wir brauchen dringend mehr pädagogische Fachkräfte für kleinere Gruppen, mehr Zeit für das einzelne Kind und für die Entlastung des Personals», erklärte der sächsische GEW-Chef Burkhard Naumann. Bereits im Mai dieses Jahres hat die GEW Sachsen gemeinsam mit dem Bündnis «Starke Kitas für starke Kinder» mehr als 37.000 Unterschriften an das Kultusministerium übergeben, mit denen deutlich bessere Bedingungen für frühkindliche Bildung gefordert werden.

Aktuell liegt der Personalschlüssel für die Arbeit mit Kindern in Sachsen bei 1 zu 5 (Krippe) beziehungsweise 1 zu 12 (Kindergarten). Sachsen sieht damit im bundesweiten Vergleich schlecht aus. Als idealer Schlüssel bei der Betreuung von Kindern unter drei Jahren gilt ein Wert von einem Erzieher für drei Kinder, im Kindergarten liegt er bei 1 zu 7,5. Die Bertelsmann Stiftung kommt in ihrer jährlichen Analyse schon seit Langem zu dem Schluss, dass die Betreuung in sächsischen Kitas nicht kindgerecht ist. Auch Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) hatte sich dafür ausgesprochen, Personal, das wegen sinkender Geburtenzahlen frei wird, in den Einrichtungen zu halten. News4teachers / mit Material der dpa

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2 Kommentare
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potschemutschka
16 Tage zuvor

Ein Kita-Kind mit Abakus auf dem Symbolbild? Was soll uns das denn sagen?

Adele Horn
15 Tage zuvor
Antwortet  potschemutschka

Na ganz einfach: Es rechnet die Einsparmöglichkeiten aus. ^^
Ich finde an dem Bild nichts Ungewöhnliches. Im Kindergarten meiner Kinder gab’s auch Abaki. Meine Tochter hat dort sogar gelernt, sie korrekt zu benutzen. Es war allerdings ein etwas anderes Modell. “Rechenrahmen” wurden die Dinger dort genannt.