MAGDEBURG. Aufgrund absehbar sinkender Kinderzahlen will Sachsen-Anhalts Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) per Gesetz festlegen lassen, wie viele Kinder eine Klasse mindestens besuchen müssen, damit diese zustande kommt. Scharfe Kritik kommt von der Opposition; sie fürchtet ein „Schulsterben“.
Die Linke im Landtag von Sachsen-Anhalt kritisiert die geplante Schulgesetzänderung von Bildungsministerin Eva Feußner (CDU). Vizefraktionschef Thomas Lippmann nannte die Pläne der Landesregierung „ein einziges Fiasko“ und „rückwärtsgewandt“. Das „Rumspielen“ mit den Anfangsklassen sei ein Angriff auf die Schulstruktur. Weil die Fraktion eine Schulschließungswelle befürchtet, hat sie einen Antrag mit mehreren Änderungsvorschlägen vorgelegt.
Konkret soll mit dem Gesetz ab dem 1. August 2027 eine Mindestschülerzahl für die Bildung der ersten Klasse in einem Schuljahrgang gelten. In den drei großen Städten Magdeburg, Halle und Dessau-Roßlau liegt sie bei 25 Schülern, außerhalb gilt für Grundschulen die Mindestgröße von 15 Schülern an Grundschulen, 20 an Sekundar- und Gemeinschaftsschulen sowie 25 Schülern an Gesamtschulen und Gymnasien.
Hintergrund von Feußners Vorstoß sind der Lehrermangel sowie die absehbar sinkenden Kinderzahlen in Sachsen-Anhalt. Ziel der Änderungen ist es, einen Plan für langfristig tragfähige Schulen vorzulegen.
Geplantes Gesetz ist diese Woche Thema im Landtag
„Wir setzen darauf, dass die Planungen von Ministerin Feußner im Bildungsausschuss noch umfassend geändert werden, um größeren Schaden zu verhindern“, sagte Lippmann von der Linken. Das bestehende Schulnetz müsse gesichert und stabilisiert werden. Aber auch von anderer Seite kam Kritik. So bezeichnete Olaf Meister (Grüne) das Gesetzesvorhaben zur Mindestklassengröße als völlig unausgegoren. Andreas Silbersack (FDP) äußerte, es sei wichtig, dass „wir hier kein Schulsterben erleben“ und forderte ebenfalls Korrekturen. Das Gesetz wird diese Woche im Landtag behandelt. News4teachers / mit Material der dpa
Schulleitungen beklagen schleichende Anhebung der Klassengrößen
Man kann somit davon ausgehen, dass an kleineren Sekundarschulen möglichst 59 oder 79 Schüler je Jahrgang angenommen werden, an Gymnasien 74 oder 99. Sehr kleine Sekundarschulen mit absehbar bis zu 39 Schüler je Jahrgang werden wohl geschlossen.
Wenn die Wege für die SuS nicht zu weit werden und der Transport vernünftig läuft, ist dagegen nichts einzuwenden. Schon jetzt gibt es viele Schulen, die so klein sind, dass die anfallenden Aufgaben auf zu wenigen Schultern ruhen. Bei zunehmendem Lehrkräftemangel verschärft sich das noch. Zusammenlegungen können da gegebenenfalls etwas abfedern.
Kleine Schulen können enorm fruchtbar sein. Ich habe selbst miterlebt, wie ein Schüler, der schon zwei Grundschulen hatte verlassen müssen, bei einer Kollegin in einer kleinen GS sich zum Positiven verändert hat. Vermutlich konnte er sich in diesem überschaubaren Umfeld das erste Mal sicher binden.
Schulsterben gab es schon einmal Anfang der Siebziger Jahre. Meine kleine Schwester, 7 Jahre alt, musste plötzlich fast eine Stunde Schulbus fahren. Das macht gerade für die Kleinen schon einen Unterschied.
Anekdotischer Beweis. Ich will nicht verhehlen, dass es in Einzelfällen positiv ist, in der Gesamtheit ist das nicht der Fall. Ich habe gute Kontakte zu ausgebildeten Mitgliedern der früheren “Schulinspektion”. Diese berichten, dass Winzlingsschulen in der Mehrheit keine gute Arbeit leisten (können).
Riesenlange Fahrtzeiten sind natürlich für Grundschüler/innen indiskutabel. Es gibt allerdings viele sehr kleine Grundschulen, da ist die Fahrt zur nächstgelegenen Schule kein großes Problem (bei uns in der Gemeinde sind es genau 2 km).
Die Schließung ist allerdings ein Politikum. Da wird für Wöhlerstimmen eine einzügige Grundschule mit Gebäude, Hausmeister und Sekretariat und allen anderen Kosten auf Gedeih und Verderb offengehalten, obwohl es 5 Minuten Fahrtzeit (mit bestehender Buslinie) zur Nachbargrundschule sind.
Das halte ich für fahrlässig, besonders, wenn es auf Kosten des Gesamtbudgets einer Kommune geht, die dann bei den anderen Schule sparen muss.
Das sind finanzielle Gründe, die Sie nennen “Da wird für Waehlerstimmen eine einzügige Grundschule mit Gebäude, Hausmeister und Sekretariat und allen anderen Kosten auf Gedeih und Verderb offengehalten…”, keine pädagogischen.
Das sind auch keine finanziellen Gründe, das sind rein wahltaktische Gründe.
Natürlich geht es bei Verbundgründungen oder Schließungen in erster Linie um wirtschaftliche Überlegungen. Es kostet sehr viel Geld, Winzschulen aufrecht zu erhalten. Aber auch das andere Argument der Personalausstattung lässt sich ja nicht von der Hand weisen, denn dummerweise korreliert die Schülerzahl mit den Lehrerstellen. Kleine Schulen benötigen, um gut zu funktionieren, eine bessere Personalausstattung als größere Schulen. Da ist zumindest ein Verbund zum Erhalt der kleinen Schule eine durchaus sinnvolle Überlegung.
Und ja, ich gebe Ihnen recht, an kleinen Schulen ist es für die Kinder häufig schöner, familiärer, persönlicher….ich habe 16 Jahre an so einer wunderbaren Schule arbeiten dürfen (ist heute ein Verbund) und weiß das genau….ABER schon alleine die schulinternen Lehrpläne hat uns arbeitsmäßig fast umgebracht, von anderen sinnvollen Konzepten und Schulentwicklung wollen wir mal lieber nicht sprechen….das ging einfach nicht mit 6 Kollegen….
Die pädagogischen Gründe habe ich oben ja schon genannt. Wenn bei Schulen mit vier Vollzeitkräften eine ausfällt, dann ist dort “Land unter” und geregelter Unterricht kann nur noch eingeschränkt stattfinden. Die Beispiele dazu kenne ich zuhauf. Zudem ist die Arbeitsbelastung der wenigen Lehrkräfte unglaublich hoch. Alle Aufgaben, die an einer Schule anfallen, verteilen sich auf sehr wenige Schultern, bei Ausfall einer Lehrkraft gehen die anderen nach kürzester Zeit am Stock. Weitere Ausfälle wegen Überlastung sind vorprogrammiert. Die Offenthaltung von Winzlingsschulen, wenn eine annehmbare Alternative vorhanden ist, halte ich für fahrlässig.. Pädagogisch, bezüglich des Gesundheitsschutzes für Lehrkräfte und fiskalisch..
Hier fahren die Kinder zum Teil über eine Stunde zur nächsten Schule, dem Busfahrplan und der Tuckelei über die Dörfer sei Dank. Sollten auch bei uns solche Regelungen eingeführt werden, sind sie dann wohl bis zu zwei Stunden einfache Strecke unterwegs. Aber sind ja nur Kinder und Jugendliche, die kriegen das schon hin…
Ich bin verärgert!
Es ist ja nicht so, dass es in anderen Bundesländern nicht anders ist – selbst in NRW gibt es das Problem. Dann gibt es im Primarbereich Schulverbünde mit zwei Standorten und Jahrgangsübergreifende Lerngruppen um kleine Schulstandorte zu sichern und trotzdem werden nicht alle Schulen bestehen bleiben …
Hmm…
Ich halte nicht hiel davon, andererseits wurde und wird bspw. Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf die längere Anfahrt mit einem Schultaxi zugetraut…
Vielleicht haben die Bürger*innen in Sachsen-Anhalt ein handfestes Thema zur Bildungspolitik zur nächsten Landtagswahl anstehen.