Lehramtsstudium – und dann? Lehrerin Judith Titze über ihre Entscheidung für das Neue Referendariat

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BERG. Wie geht es weiter nach dem Lehramtsstudium? Diese Frage bewegte auch Judith Titze, als sie entscheiden musste, ob sie ein klassisches Referendariat antreten wollte. Ein Podcast, ein Münzwurf und eine neuartige Ausbildung für Lehrkräfte haben die Grundschullehrerin schließlich an ihren heutigen Arbeitsplatz geführt. Im Interview berichtet sie über ihren Weg und ihre Erfahrungen mit dem sogenannten Neuen Referendariat – einer zukunftsorientieren Lehrkräfteausbildung, die die Akademie Biberkor gemeinsam mit über 70 Ausbildungsschulen in ganz Deutschland anbietet. 

“Mein Wunsch nach wohlwollender und konstruktiver Begleitung hat sich absolut erfüllt”, sagt Judith Titze über das einjährige Neue Referendariat der Akademie Biberkor, das sie an einer Montessori-Schule in Wertingen absolviert hat. An über 70 Ausbildungsschulen bundesweit können Studienabgänger:innen und Quereinsteigende, aber auch erfahrene Lehrkräfte, die Schule neu gestalten wollen, das Neue Referendariat der Akademie Biberkor absolvieren. Foto: Shutterstock

Statt nach dem ersten Staatsexamen mit dem staatlichen Referendariat weiterzumachen, haben Sie einen anderen Weg eingeschlagen. Wie ist es dazu gekommen?

Judith Titze: Das kam sehr spontan. Ich war gerade in der Phase, in der ich alle Unterlagen für das staatliche Referendariat zusammengestellt habe, als ich einen Podcast gehört habe, bei dem Flora Nieß, die Leiterin des Neuen Referendariats in der Akademie Biberkor, zu Gast war. Was sie vom Neuen Referendariat erzählt hat, fand ich so spannend, dass ich gleich im Internet recherchiert habe. Dabei habe ich dann festgestellt, dass die Bewerbungsfrist gerade abgelaufen war. Ich habe aber trotzdem angerufen und hatte ein sehr offenes und ehrliches Beratungsgespräch. Dabei kamen Fragen auf wie zum Beispiel „Wie wichtig ist mir eine Verbeamtung“?“ oder „Worauf kommt es mir beim Referendariat an?“. Darüber habe ich mir in Ruhe Gedanken gemacht und mich dann dazu entschieden, mich zu bewerben.

Was waren schlussendlich die Gründe für diese Entscheidung?

Titze: Ich hatte das Gefühl, dass ich dringend noch Futter brauche, um als Lehrkraft voranzukommen. Ich wollte eine wohlwollende und konstruktive Begleitung, um mich als Lehrerpersönlichkeit weiterzuentwickeln. Schon nach den ersten Informationen hatte ich den Eindruck, dass sich diese Wünsche beim Neuen Referendariat erfüllen würden.

Nachdem die Entscheidung getroffen war: Wie sind Sie bei der Auswahl der Schule vorgegangen?

Titze: Ich habe mir in sehr kurzer Zeit vier Schulen angeschaut. Es ist mir aber unglaublich schwergefallen, eine Entscheidung zu treffen. Im Endeffekt habe ich eine Münze geworfen und der Ausgang hat mein Bauchgefühl zum Glück bestätigt. (lacht) So bin ich an die Montessori-Schule Wertingen gekommen und das hat sich genau richtig angefühlt. Es gab dort einen unvergesslichen Empfang: Ich kam verspätet in die Aula, wo gerade eine Versammlung des Kollegiums stattfand, und wollte mich schnell nach hinten setzen und in Ruhe beobachten. Stattdessen holte die Schulleiterin mich nach vorn und sagte: „Ach toll, das ist die Judith, die Neue.“ Alle fingen an zu klatschen. Dieses Gefühl von Wärme und Willkommen sein – das ist eine Kernerinnerung, die sich eingeprägt hat. Es war der perfekte Start in mein Neues Referendariat.

Ging es dann genauso perfekt weiter?

Titze: Es war ein sehr intensives Jahr, auf das ich sehr positiv zurückblicke. Es gab aber auch Herausforderungen: Eine war, dass ich nun nach dem Montessori-Konzept unterrichten sollte, mit dem ich mich noch nicht gut auskannte. Aber ich habe mich herangetraut und schließlich so darin verliebt, dass ich noch während des Referendariats mit der Montessori-Ausbildung begonnen habe.

Als ich sehr plötzlich eine Lehrkraft vertreten musste, die über mehrere Wochen ausfiel, war das natürlich auch eine Bewährungsprobe. Bis dahin hatte ich nur kleine Unterrichtseinheiten übernommen, die Freiarbeit mitgestaltet oder einzelne Stunden gemacht. Auch das hat letztendlich gut geklappt.

Neben dem Unterrichten gehören zum Neuen Referendariat auch monatliche Seminare an der Akademie Biberkor sowie Hospitationen an weiteren Schulen. Wie hat Ihnen dieser Teil der Ausbildung gefallen?

Titze: Ich hatte zunächst einmal keine bestimmten Erwartungen und war einfach froh um jeden Input. Mir war die Mischung wichtig – dass man sich nicht nur Montessori-Schulen ansieht, sondern auch andere Konzepte kennenlernt. Das, was wir gesehen und besprochen haben, fand ich dann aber unglaublich faszinierend. Ich habe mir die Finger nahezu wund geschrieben, beim Versuch, alle Eindrücke festzuhalten und zu notieren, was ich aus den einzelnen Seminaren und Schulen mitnehmen möchte. (lacht)

Mein Wunsch nach wohlwollender und konstruktiver Begleitung hat sich absolut erfüllt. Das zeigte sich beispielsweise an den Videos, die wir von unserem Unterricht gedreht und im Seminar gezeigt haben. Ich war beim Filmen und Zeigen sehr nervös, aber alle in der Ausbildungsgruppe haben ein sehr herzliches Feedback gegeben und sind auf die Punkte eingegangen, die mir wichtig waren. Keiner hat am Fachthema gemäkelt, es wurden eher Nachfragen gestellt und Tipps gegeben. Man wurde also nicht runtergemacht, sondern hat neue Ideen bekommen. Das hat einen vertrauensvollen Rahmen geboten, in dem man auch Fehler zugeben konnte. Die Videos haben daher sehr geholfen, mit einem anderen Blick auf das eigene Handeln zu schauen.

Dass man keine perfekte Stunde zeigen oder sogar noch einen draufsetzen muss, nur weil die Kamera läuft oder jemand vom Schulamt zuguckt, das ist total schön. Das heißt nicht, dass der Anspruch geringer ist, aber es ist authentischer.

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Möchten Sie Schule neu gestalten? Ganzheitlich und zeitgemäß?

Antonia Erdmann (mitte) bei ihrer Ausbildung 2020. Foto: Akademie Biberkor

Schule neu denken – und auch als gefestigte Lehrer:innenpersönlichkeit in die Praxis umsetzen: Darum unter anderem geht es im Neuen Referendariat. Das 2020 gestartete Pilotprojekt für zukunftsorientierte Lehrer:innenausbildung geht zum Schuljahresstart 2025/26 mit inzwischen rund 70 Ausbildungsschulen in ganz Deutschland in die neue Runde. Anmeldeschluss für interessierte Lehramtsstudierende, Quereinsteiger:innen und Lehrkräfte an Schulen in freier wie auch kommunaler Trägerschaft ist der 25. April 2025.

Ausführliche Informationen finden Sie auf der Homepage der Akademie Biberkor: https://www.akademie-biberkor.de/neues-referendariat/beschreibung/

Infos für Schulträger und Schulleitungen

Haben Sie Interesse daran, mehr über das Neue Referendariat und die Ausbildungsmöglichkeiten für Ihre Schule zu erfahren? Dann rufen Sie uns gerne an!

08171/2677170 Dr. Flora Nieß (Leitung und Dozentin Neues Referendariat) oder 08171/2677155 Sabine Bauer (Administration)

 

Sie bereuen also nicht, dass sie nicht auch das staatliche Referendariat absolviert haben?

Titze: Nein. Ich habe erst vor Kurzem noch einmal festgestellt, dass ich hier genau richtig bin, und beschlossen, dass ich das staatliche Referendariat nicht nachholen werde.

Als ich das erste Mal in ein Montessori-Klassenzimmer kam, war ich fasziniert und positiv schockiert davon, dass ich nicht sagen konnte, wo vorne und wo hinten ist. (lacht) So ist das auch in meinem Klassenzimmer. In meiner ersten Amtshandlung habe ich mein Pult und ganz viele Stühle rausgeschmissen und ganz viel Material reingebracht. Ich bin schon ein Stück weit dort angekommen, wo ich Schule gut gestalten kann, und befinde mich auf einem guten Weg.

Es gibt aber natürlich viele Teilnehmer:innen, die schon ein staatliches Referendariat abgeschlossen haben oder es umgekehrt noch an das Neue Referendariat anknüpfen. Auch erfahrene Lehrkräfte und Schulleitungen, die schon lange unterrichten, nutzen das Neue Referendariat als Zusatzausbildung. Das kommt ganz auf die persönlichen Ziele und Beweggründe an.

Würden Sie denn das Neue Referendariat auch Menschen ohne Lehramtsstudium empfehlen?

Titze: Man muss auf jeden Fall die Offenheit mitbringen, sich auf etwas Neues einzulassen, bei dem man immer eingeladen ist, sich selbst einzubringen. So würde ich das Neue Referendariat zumindest beschreiben. Da ist nicht ein Konzept, das man lernt, sondern es wird ein Konzept angeboten, das noch ganz viel Leerraum enthält, den alle Teilnehmer mit ihren Ideen, Ansprüchen und ihrer Kritik füllen können.

Beim Thema Quereinstieg habe ich mir anfangs immer die Frage gestellt, ob den Lehrkräften, die auf diesem Weg an Schulen kommen, nicht etwas fehlt. Inzwischen denke ich aber, dass sie lediglich eine andere Ausbildung haben und sich eben dort Wissen angeeignet haben. Ob sie dieses Wissen vermitteln können oder nicht, ob sie ein didaktisches Geschick haben, das kommt auf die Person an, nicht auf ihr Studium. Bitte nicht missverstehen: Ich habe wirklich gerne studiert, aber ich würde sagen, meine didaktischen Fähigkeiten, die waren schon in meinem Koffer, und ich habe sie vor allem durch das Neue Referendariat, durch eine gute Begleitung und gute Mentoren angereichert. Und auch wenn ich gerne studiert habe, wünsche ich mir rückblickend, dass man uns etwas über Förderbedarfe, über Inklusion, über Dyskalkulie oder darüber, wie man Elterngespräche führt, beigebracht hätte. Denn das ist unser Alltag und das brauchen wir. Das habe ich aber nicht im Studium gelernt, sondern durch Eigeninitiative. Und deswegen glaube ich, dass das Neue Referendariat auch für Menschen ohne Lehramtsstudium geeignet ist.

Was waren für Sie im Rückblick die wertvollsten Erfahrungen, die Sie im Neuen Referendariat gemacht haben?

Titze: Das Neue Referendariat erlaubt es einem, das eigene Gefühl zu stärken – für sich und für das, was man machen möchte. Das war für mich ganz wichtig. Denn es gibt so viele Meinungen, wie man etwas am besten machen soll, und Fragen danach, ob man sich sicher sei. Und ich kann jetzt sagen: Nein, ich bin mir nicht sicher, aber ich gehe jetzt mal los. Denn ich habe durch das Neue Referendariat gelernt, dass es ganz viele Wege gibt, richtig zu unterrichten und diesen Job richtig auszuüben.

Ich habe durch das Neue Referendariat und den Montessori-Diplomkurs außerdem erlebt, dass Lernen einfach passiert. Das kann man gar nicht verhindern. Ich kann aber ein Lernumfeld so gestalten, dass Kinder die besten Grundlagen haben, um heute, morgen oder auch an einem anderen Tag zu lernen. Und vor allem: gerne zu lernen.

Das Neue Referendariat hat mir gezeigt, dass ich mir das auch selber zugestehen sollte. Und vor diesem Hintergrund ist es auch okay, dass diese Ausbildung nur ein Jahr lang ist. Weil man weiß: „Ich hätte zwar gerne mehr, aber ich bin jetzt in der Lage, selber zu schauen, was ich lernen und umsetzen möchte.“

Dies ist eine Pressemeldung der Akademie Biberkor e.v.

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Lehrer
9 Tage zuvor

Werbung hin oder her. Ehrlicherweise sollte man dazu schreiben, dass bei dieser Weiterbildung kein Staatsexamen erworben wird und die Teilnehmer hinterher entsprechend keine volle Lehrbefähigung für den staatlichen Schuldienst haben.