BERLIN. Nach zwei Jahren Stillstand kommt endlich Bewegung in die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern um den Digitalpakt 2.0. Nur wenige Tage nach seiner Ernennung treffen sich Abgesandte von (Kurzzeit-)Bundesbildungsminister Cem Özdemir mit Emissionären der Verhandlungsführerinnen der Länder, um die Chancen auf eine Einigung konkret auszuloten. Ein Brief der KMK hatte konkrete Vorschläge dafür gemacht. Die gestrige Veröffentlichung des „D-Day“-Papiers der FDP rückt unterdessen auch das Verhalten von Ex-Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) ins Zwielicht.
Der Digitalpakt Schule 2.0 nimmt unter dem Interims-Bundesbildungsminister Cem Özdemir (Grüne) Fahrt auf, wobei Bund und Länder verstärkt auf Kompromissbereitschaft setzen. Der stets gut informierte Bildungsjournalist Jan-Martin Wiarda zitiert auf seinem Blog aus einem Briefwechsel zwischen Özdemir und drei Kultusministerinnen, der Bewegung in den lange stagnierenden Verhandlungen signalisiert. Die Länder, vertreten durch die KMK-Präsidentin Christine Streichert-Clivot (SPD), Stefanie Hubig (SPD) und Karin Prien (CDU), hätten Özdemir konkrete Angebote unterbreitet.
Dazu zählen laut Wiarda insbesondere die Finanzierungsanteile, wo Ex-Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger auf eine 50:50-Teilung beharrt hatte und keinerlei Kompromissbereitschaft erkennen ließ: Die Länder seien bereit, aufwachsend ab dem dritten Jahr der Programmphase „deutlich mehr als zehn Prozent“ Eigenmittel für die Säule 1 des Digitalpakts 2.0 (digitale Ausstattung und Infrastruktur) zur Verfügung zu stellen. Bei welchem Finanzierungsanteil ab Jahr drei für die Länder die Schmerzgrenze liegt, sagen die Ministerinnen nicht.
„Die Länder werden zusammen mit den Kommunen Lösungen finden, finanzschwache Kommunen zu unterstützen”
Dafür machen sie weitere konkrete Vorschläge: Sie kommen den bisherigen Forderungen des Bundes entgegen, indem sie einen weiteren Ausbau der Fortbildungen und einen „stärker verpflichtenden Charakter“ in Aussicht stellen. Stark-Watzinger hatte hierbei darauf gepocht, dass die Länder jede Lehrkraft zu 30 Wochenstunden im Jahr Fortbildung in Sachen Digitalisierung verpflichten – was hochgerechnet dem Arbeitszeitvolumen von 20.000 Lehrkräften entspricht. Unannehmbar in Zeiten des Lehrkräftemangels aus Sicht der Länder. Auch hier: Keinerlei Kompromissbereitsschaft auf Seiten der FDP-Bundesbildungsministerin.
Die Länder wollen die Kommunen nun dem Bericht zufolge nicht aus der finanziellen Verantwortung entlassen, sie betonen, gute Bildung sei „eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen”. Bund und Länder sollten sich aber darauf verständigen, dass finanzschwache Kommunen besonders unterstützt würden. „Die Länder werden zusammen mit den Kommunen Lösungen finden, finanzschwache Kommunen zu unterstützen.” Bund und Länder sollen beim Digitalpakt 2.0 darüber hinaus für ein „bürokratiearmes Verfahren“ sorgen, „das die Abrufung der Mittel schnell, einfach und effizient ermöglicht”. Um Förderlücken zu vermeiden, soll das Bundesbildungsministerium den Ländern einen förderunschädlichen Maßnahmenbeginn ab dem 1. Januar 2025 zusagen.
„Die Länder gehen damit einen großen Schritt auf den Bund zu“, kommentieren Streichert-Clivot, Hubig und Prien ihr Angebot. Auch wenn in dieser Legislaturperiode voraussichtlich kein ordentlicher Bundeshaushalt mehr verabschiedet werde, „so sehen wir doch eine große Möglichkeit, uns so zu vereinbaren, dass ein DigitalPakt 2.0 ab Mitte 2025 tatsächlich auch gelebt und umgesetzt werden kann.“
Die freundliche Reaktion Özdemirs, die laut Wiarda zügig ebenfalls per Brief erfolgte, unterstreicht den Willen zu konstruktiven Gesprächen. Mehr noch: Schon heute schon treffen sich Bundesbildungsministerium (BMBF) und die Verhandlungsführer der Länder auf Staatssekretärsebene, um über die Verhandlungen zu sprechen. Ein Durchbruch sogar noch vor der nächsten KMK-Sitzung am 13. Dezember erscheint nun plötzlich realistisch.
Das wirft einmal mehr die Frage nach der Rolle von Ex-Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger bei der bisherigen Blockade der Verhandlungen auf. Hat die FDP gezielt auf den Bruch der Ampel-Regierung hingearbeitet – und womöglich ein Scheitern des im Koalitionsvertrag versprochenen Digitalpakts dafür forciert?
Ein internes Papier, das die FDP-Spitze unter dem Druck von Medienrecherchen veröffentlicht hat (und bereits zu Rücktritten des Generalsekretärs Bijan Djir-Sarai und des Bundesgeschäftsführers Carsten Reymann geführt hat), verschärft diesen Eindruck. Darin wird akribisch der Ausstieg der FDP aus der Ampel-Koalition skizziert. Das Konzept stößt nicht nur wegen seines Inhalts, sondern auch wegen der Wortwahl auf Kritik. In dem Dokument taucht der durch den Zweiten Weltkrieg historisch vorgeprägte Begriff «D-Day» mehrfach auf – als Synonym für den möglichen Zeitpunkt zum Ausstieg aus der gemeinsamen Regierung. Darin werden die vier verschiedenen «D-Day»-Phasen vom ersten «Impuls» – einem Presse-Statement des Parteivorsitzenden Christian Lindner – bis hin zum «Beginn der offenen Feldschlacht» genannt.
Im Papier von Ende September ist auch davon die Rede, dass der «ideale Zeitpunkt» für einen «avisierten Ausstieg» aus der Koalition zur Mitte der 45. Kalenderwoche zwischen dem 4. und 10. November liegen könnte. Am 6. November kam es dann tatsächlich zum Bruch des schon lange kriselnden Bündnisses.
Noch am 2. November hatte die Noch-Bundesbildungsministerin und FDP-Vize-Vorsitzende Stark-Watzinger der ARD ein „Interview der Woche“ gegeben, in dem sie – so der Wortlaut der Berichterstattung – „den Druck auf die Bundesländer erhöht“. „Wir vom Bund sind klar aufgestellt“, behauptete sie. 2,5 Milliarden Euro (50 Prozent der Kosten) würden als Angebot auf dem Tisch liegen. Jetzt komme es darauf an, „dass die Länder eben auch sagen, welchen Beitrag sie leisten wollen”. Eine absurde Forderung: Seit zwei Jahren war klar, dass die Bundesländer – wie im Koalitionsvertrag versprochen – eine Fortführung des alten Digitalpakts wollen. Bei dem hatte der Bund eben 90 Prozent der Kosten getragen. Ein Kompromiss war offensichtlich nie in Reichweite.
“Als sei ihnen zuvor gar nicht erlaubt gewesen, die Verhandlungen mit den Ländern zum Erfolg zu führen“
Journalist Wiarda weiß zu berichten: „Die Briefe sind das eine, die Berichte hinter den Kulissen das andere. Von ‚Tauwetter‘ zwischen BMBF und Ländern war schon seit Özdemirs Amtsantritt die Rede, jetzt berichten Ministerialbeamte aus den Ländern von Gesprächen mit BMBF-Kollegen, die einen erleichterten, ja gelösten Eindruck auf sie machten – als sei ihnen zuvor gar nicht erlaubt gewesen, die Verhandlungen mit den Ländern zum Erfolg zu führen.“ News4teachers / mit Material der dpa
Schöne Posse! Vermutet haben es ja viele, aber dass die FDP nun so blöd, auch den Beweis anzutreten….tjaja….
Lieber gar nicht regieren als gut regieren – oder so ähnlich hatte dereinst der Große Vorsitzende CL das doch ausgedrückt – tempores mutantur.
Lieber Aaal als liberal:) – Als Aal kann man sich nämlich so durchschlängeln.
Aber in Zukunft muss sich hier dann wenigstens keiner mehr über die FDP aufregen … sie wird ja wohl keine Rolle mehr spielen. Tja… Mal gucken, ob es besser wird.
Das würde bedeuten, dass Menschen aus der Geschichte lernen.
Hoffentlich wird sie keine Rolle mehr spielen. Ich höre nun schon im Freundes- und Bekanntenkreis, dass man doch nun die FDP wählen muss, damit die CDU überhaupt irgendeine Regierung zusammen bekommt. De Fritze hat sich sich ja nun schon ziemlich in die Ecke gestellt und viele Optionen ausgeschlossen. Scheint auch ein großer Taktiker zu sein.
Tja, da sind die “Liberalen” unter der egomanen Führung des Christian L. und den anderen Spießgesellen bei ihrer “Flucht nach Vorne” – der Veröffentlichung ihres Strategiepapieres aus “Transparenzgründen” 🙁 nachdem die Inhalte eh schon bekannt waren – offenbar in ihr eigenes offenes Messer gestolpert.
Ich würde mich mehr als freuen, wenn damit die Selbstdemontage von Herrn Lindner und den anderen so gründlich wäre, dass diese Gurkentruppe endlich und hoffentlich für immer aus unserem Bundestag verschwinden würde.
Herr Lindner hat ja bereits in einem Interview angekündigt die volle Verantwortung für seine Partei zu übernehmen und nun natürlich auf keinen Fall vom Parteivorsitz zurückzutreten. Das Strategiepapier sei ja nur ein internes Konzept gewesen, welches versehentlich durchgestochen wurde. Ihn selber träfe ja nun keine Schuld, da er die Interessen der FDP immer sehr gut vertreten habe….
Ja, quasi das Werk eines Praktikanten, der – in welchem Auftrag auch immer – diesen “Ausstiegsszenarien” besondere Aufmerksamkeit gewidmet hat.
Wenn der Chef einer Partei – und als solcher sieht sich Lindner ja sehr sehr gerne (weil RICHTUNGSWEISEND) von derlei Vorgängen keine Ahnung hat (wer´s glaubt wird seelig – wer Kartoffeln frisst wird mehlig), der ist für genau diese Amt nicht zu gebrauchen.
Lindner macht seiner Partei ein Angebot “dasse du nischt ableehne kannst, eh?!” —- “isch führe eusch in die nägste Wahlkampf, eh!?”
Als Pate taugt der nicht, als Finanzminister taugt der nicht, als Regierungsmitglied taugt der nicht, als Firmenberater taugt der nicht, als Porsche-Lobbyist taugt der nicht (negativ-Image verkauft sich nicht gut), als Nachfolger von Genscher und Co taugt der nicht (die rotieren in ihren Gräbern – hört ihr auch das hochfrequente Sirren?) – wer braucht Chrissi Lindner – außer seiner Frau?
Ich verfolge seit Jahren das unsägliche Selbstdarstellen ohne jeglichen Inhalt – die einzige Agenda, die für diesen Mann gilt ist in drei Buchstaben zu beschreiben – “ICH”.
Es ist einfach zum kotzen – und davon rücke ich auch nicht mehr ab.
Da würde ich mich nur allzu gerne mehr als mitfreuen!
Mir ist es zu einfach, jetzt alles an der FDP festmachen zu wollen. Wenn das z.B. mit den 50% vom Staat (Regierung) versus 90% (Länder), doch so klar im KV geregelt wart, warum hat dann der Bundeskanzler nicht fürher auf den Tisch gehauen und die Marschrichtung vorgegeben.
Kaum ist man im Wahlkampf, will natürlich keiner mehr den Bremsklotz spielen. Was letztendlich hinter der Annäherung der Länder steckt (wieviel?), wird man sehen.
Die Länder werden zusammen mit den Kommunen Lösungen finden, finanzschwache Kommunen zu unterstützen.
Den Satz finde ich einfach spannend. Da bin ich ja mal gespannt, wie sie das umsetzen.
Dem Bundeskanzler fehlt es offensichtlich an Führungsschwäche und die FDP hat zur Zeit nicht die richtigen Leute, die man ansonsten bei der FDP gewöhnt war (z.B. H.D Genscher). Lindner ist eine unglückliche Personalie, die bei der FDP auch viel kaputt gemacht hat. Der Kurs von Rot und Grün war teilweise derartig auch weit weg von der Realität und die FDP hat hier versucht dem entgegenzuhalten. Daher auch die Wahrnehmung als Blockadehaltung.
Flunkernd dilettierende Parteifreunde
Fast drei Prozent
Fatale D-Day Planung
Ist schon interessant. Der Chef der FDP will nichts von dieser Strategie gewusst haben, obwohl er hauptverantwortlich für alle Schritte in der Regierung war? Entweder hat er dann seinen Verein nicht im Griff und ist unfähig oder er meint er kommt mit so einer Ausrede gut weg und hält uns alle für total blöd.
Das Letzte ist es – zeigen wir ihm, dass das nicht stimmt – und schicken ihn in die Wüste – oder auf ne Hallig, wo er auf seinen Sylt-Style verzichten muss.
….und kommt mir jetzt nicht mit Sozialneid – den Mann kann man um nichts beneiden!!
Haben die nichts besseres zu tun als für den Mülleimer zu produzieren? Der/die neue Bildungsminister wird sich nicht an solche Absprachen gebunden fühlen.
Dafür schließt man Verträge, auch Staatsverträge. Herzliche Grüße Die Redaktion
Erzählen Sie das mal den Beamten in Hessen (Stichwort Verschiebung der Gehaltserhöhung).