Geschichtslehrer, der Höcke besiegt hat, ist jetzt Kultusminister – GEW gratuliert

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ERFURT. Bei der Landtagswahl in Thüringen war der von seinen Anhängern umjubelte, vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ geführte AfD-Politiker Björn Höcke bei der Direktwahl gescheitert. Gegen ihn gewonnen hat ein Ostthüringer Geschichtslehrer. Und der ist jetzt Kultusminister im Freistaat. Die GEW begrüßt ihn freundlich im neuen Amt – und stellt Forderungen.

«Vogtländer durch und durch»: Thüringens neuer Kultusminister Christian Tischner (CDU). Foto: Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur / Jakob Schröter

Er ist Geschichtslehrer, «Vogtländer durch und durch», wie er sagt – und nun auch so etwas wie ein Held in seiner CDU: Der Bildungspolitiker Christian Tischner hat sein Direktmandat in seiner Heimat in Ostthüringen gegen AfD-Landeschef Björn Höcke verteidigt. Dabei hatte Höcke, ebenfalls Geschichtslehrer, extra den Wahlkreis gewechselt, weil er sich in Tischners Region bessere Chancen ausrechnete als in der CDU-Hochburg Eichsfeld, wo Höcke mit seiner Familie seit vielen Jahren wohnt. «Er wollte die Region benutzen. Ich glaube, da haben viele Menschen gesagt, dass sie das nicht möchten», sagte Tischner nach seinem Sieg in Erfurt. Er verbuchte 43 Prozent der Stimmen, Höcke nur 38,9 Prozent.

Der Geschichtslehrer Tischner ist in Thüringen ein bekannter Bildungspolitiker, gilt als Vertrauter von CDU-Landeschef und Ministerpräsident Mario Voigt und gehört dessen «Kompetenzteam» an. Damit wurde er schnell als möglicher Bildungsminister gehandelt, sollte das Ressort an die CDU fallen – und tatsächlich ist er das nun auch. Am Freitag wurde er in sein neues Amt eingeführt. Zu dem Ressort gehören auch die Bereiche Wissenschaft und Kultur. Dass er nicht allein Bildungsminister sein will (wie sein Vorgänger Helmut Holter von der Linken), machte er gleich deutlich: Tischner versteht sich nach eigenen Angaben mit seinen Zuständigkeiten als Kultusminister.

«Wenn nicht gespart wird, kann´s gut werden mit Christian Tischner als Bildungs- und Wissenschaftsminister»

Innerhalb der CDU vertritt Tischner eine klare Linie im Umgang mit der AfD – für ihn ist eine Zusammenarbeit mit der Partei von Höcke unmöglich. «Wie unanständig und wie respektlos die Politik machen, wie die alles diskreditieren, wie sie die Kirchen diskreditieren, wie sie die Wirtschaft diskreditieren. Das ist schon vom Stil her absolut unmöglich, mit diesen Leuten etwas zusammen zu machen», sagte Tischner.

Der 43-Jährige ist in Ostthüringen geboren und aufgewachsen, studierte Lehramt für Gymnasien und wurde nach einem beruflichen Ausflug nach Bremen dann in Thüringen Lehrer für Geschichte und Sozialkunde. Als er davon erfuhr, dass sich Höcke seinen Wahlkreis für eine Direktkandidatur ausgesucht hatte, sei ihm klar geworden, dass es im Wahlkampf nicht mehr um Inhalte, sondern nur noch um Personen gehen werde. Tischner verzichtete nach eigenen Angaben trotzdem auf eine Zuspitzung nach dem Motto «Tischner oder Höcke». Das hätte, ist Tischner überzeugt, die Menschen nur weiter in die Arme der AfD getrieben. «Die Leute haben Sorgen und Ängste und die müssen wir lösen», sagte er. Im Wahlkampf warb er mit dem Slogan «Der von hier!».

«Wenn nicht gespart wird, kann´s gut werden mit Christian Tischner als Bildungs- und Wissenschaftsminister» – meint die GEW. Das drängendste Problem bleibe der Unterrichtsausfall, erklärt die Landesvorsitzende Kathrin Vitzthum. « Wir erwarten nachhaltige Lösungen zur Behebung des Lehrkräftemangels und die Entlastung unserer Kolleg:innen. Die demografische Entwicklung muss zur Qualitätssteigerung in den Schulen und in den Kindergärten genutzt werden, sinkende Kinderzahlen sind kein Grund für Sparmaßnahmen im Bildungshaushalt», betont sie.

Besonders lobt die GEW, dass im Koalitionsvertrag die Fortführung des Thüringer Landesprogramms für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit sowie des Thüringer Landesprogramms für Akzeptanz und Vielfalt festgeschrieben wurde. «Diese Programme sind essenziell, um ein respektvolles und inklusives Miteinander zu fördern und Thüringen als weltoffenes Bundesland zu stärken“, so GEW-Vize Thomas Hoffmann. «Wir begrüßen, dass die neue Landesregierung damit ein Zeichen für Demokratie- und Vielfaltsarbeit setzt.»

Gleichzeitig zeigt sich Hoffmann besorgt in der Fokussierung des Koalitionsvertrags auf eine Lesen-Schreiben-Rechnen-Garantie, die sich allein an den Regeln des Rates der deutschen Rechtschreibung orientiere. Hintergrund: Der Koalitionsvertrag der «Brombeer»-Koalition aus CDU, SPD und BSW sieht ein Gender-Verbot an Schulen vor. «Gerade der Freistaat Thüringen, der sich in seiner Verfassung ein Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und der sexuellen Orientierung gegeben hat, muss hier eine offene gesellschaftliche Debatte ermöglichen, statt mit Sprachverboten gesellschaftliche und rechtliche Realitäten zu leugnen», so Hoffmann. News4teachers / mit Material der dpa

Genderverbot, Handy-Verbot, Kita-Pflicht: Bildungspolitik der Brombeere nimmt Konturen an

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