MÜLHEIM AN DER RUHR. Was macht eine engagierte und beliebte Schulleitung aus? Andrea Kocks, Rektorin der Grundschule am Steigerweg in Mülheim an der Ruhr, muss es wissen: Sie wurde – auf Vorschlag ihres Kollegiums – beim Deutschen Lehrkräftepreis 2023 in der Kategorie „Vorbildliche Schulleitung“ ausgezeichnet. Im Podcast „Schulschwatz“ spricht Andrea Kocks im Gespräch mit News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek über die Bedeutung von Teamwork für eine Schule, über die wachsenden Herausforderungen in der Bildung und über ihre Vision einer guten Schule.

Die Begründungen, warum ihr Kollegium sie seinerzeit für den Deutschen Lehrkräftepreis vorgeschlagen hat, gehen zu Herzen. Andrea Kocks, so heißt es darin unter anderem, „ist offen, herzlich, kompetent und klar, achtsam, professionell nahbar, aber bestimmt. Sie lässt Raum für selbstständiges Agieren, weiß jede Persönlichkeit einzuschätzen, hat stets den Überblick, entscheidet empathisch und souverän, agiert vertrauensvoll, trägt Entscheidungen mit, lenkt mit Bedacht, kann deutliche Worte finden. Sie leitet mit Transparenz in ihrer Haltung und in ihren Entscheidungen die Schulgemeinde und lenkt überzeugt – mal offensiv, mal eher im Hintergrund – die Arbeit im Kollegium. Sie trifft Innovations-Entscheidungen gemeinsam und ist durch ihre offene Tür stets ansprechbar, mittendrin und als freundliche Rektorin präsent“.
Die Bewerbungsphase für den „Deutschen Lehrkräftepreis – Unterricht innovativ“ 2025 ist angelaufen.
Machen Sie mit! Gesucht werden engagierte Lehrkräfte, Lehrkräfte-Teams und vorbildliche Schulleitungen aller deutschen Schulformen (auch im Ausland). Schülerinnen und Schüler der Abschlussjahrgänge 2024/2025, Lehrkräfte-Teams und Kollegien können ihre Vorschläge bzw. Bewerbungen unter www.lehrkraeftepreis.de bis zum 30.6.2025 einreichen.
Über die Auswahl der Preisträgerinnen und Preisträger des „Deutschen Lehrkräftepreises – Unterricht innovativ“ entscheidet nach einer intensiven Gutachterphase eine hochkarätig besetzte Jury unter Vorsitz von Prof. Dr. David-S. Di Fuccia (Universität Kassel). Die Träger des Wettbewerbs, der Deutsche Philologenverband und die Heraeus Bildungsstiftung, wollen mit der Auszeichnung die Leistungen von Lehrkräften und Schulleitungen würdigen und in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung rücken.
Kocks selbst zeigt sich überwältigt von der Anerkennung: „Ich habe mich wirklich wahnsinnig gefreut“, sagt sie – und betont im Gespräch die Bedeutung des Teambuildings, insbesondere in Zeiten von Fluktuation und Lehrkräftemangel: „Das Team trägt einander. Das ist für mich ganz, ganz wichtig“, betont die Rektorin. So war es selbstverständlich für sie, zur Preisverleihung nach Berlin das gesamte Kollegium mitzunehmen. Kocks kümmert sich auch im Schulalltag aktiv um das Miteinander: Um eine enge Zusammenarbeit zu fördern, hat sie zum Beispiel wöchentliche Teamzeiten eingeführt, in denen die Lehrkräfte sich austauschen können.
Gemeint ist damit nicht nur ein gegenseitiges berufliches Feedback. Kocks, die sich im Gespräch als bodenständige Pädagogin zeigt, skizziert ihre Vision von einer Schule als einem verbindenden Lebensort für alle dort Tätigen: „Gemeinsam leben, miteinander lernen“ – so lautet das Motto der Mülheimer Grundschule. Andrea Kocks betont, dass damit nicht nur die Kinder, sondern auch die Lehrkräfte und sonstigen Fachkräfte im Kollegium gemeint seien. Auch für sie soll Schule mehr sein als ein Job.
Obwohl diese Perspektive immer wieder unter den Herausforderungen, denen sich Kollegium und Schulleitung gegenübersieht, leidet, bleibt Kocks optimistisch: „Ich arbeite daran, diesen Ort lebenswerter zu machen.“
Was sind denn die größten Herausforderungen? Eine schleppende Digitalisierung zum Beispiel. Kocks beschreibt die unzureichende technische Ausstattung ihrer Schule als großes Hindernis: „Wir haben für unsere 347 Kinder genau 60 Tablets zur Verfügung“, stellt sie fest. Nur im neuen Pavillon der Schule gebe es digitale Tafeln.
Ein weiteres Problemfeld: Verhaltensauffälligkeiten bei den Kindern. Kocks spricht von einer Zunahme extremer Fälle. „Wir haben eine Handvoll Kinder an der Schule, bei denen wir manchmal mit unserem Know-how am Ende sind“, sagt die Schulleiterin. Versuche des Kollegiums gegenzusteuern – wie die Einführung eines „Rote-Karten-Systems“ –, können die Probleme nicht lösen, wenn die Personaldecke zu dünn ist. Für solche Fälle wünscht sich Kocks mehr professionelle Unterstützung, etwa durch eine Schulsozialarbeiterin.
„Ich habe mehr Stress mit den Eltern, die überbehüten, weil ich die auf der Matte stehen habe. Mehr Sorgen mache ich mir aber um die vernachlässigten Kinder.“
Dabei spielen die zunehmenden soziale Herausforderungen auch eine Rolle. Kocks schildert die wachsende Heterogenität der Schülerschaft: Die Diskrepanz zwischen einerseits vernachlässigten und andererseits überbehüteten Schülerinnen und Schülern werde immer größer – und auch deren Eltern bereiten Probleme. „Ich habe mehr Stress mit den Eltern, die überbehüten, weil ich die auf der Matte stehen habe“, berichtet die Schulleiterin. „Mehr Sorgen mache ich mir aber um die vernachlässigten Kinder“ – weil die nun mal zu Hause oft alleine dastehen, erläutert Andrea Kocks. Sie berichtet von kreativen Maßnahmen zur Förderung benachteiligter Kinder wie Lesepatenschaften und Sprachförderprogrammen.
Ihr selbst ist darüber hinaus die Werte- und Demokratieerziehung besonders wichtig. Kocks, die auch Religionslehrerin ist, schildert die Initiative „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ als zentrales Projekt an ihrer Schule. In einer Projektwoche setzten sich die Kinder und Lehrkräfte mit dem Thema Rassismus auseinander, entwickelten Flyer und organisierten Informationsveranstaltungen. Bis heute wird das Thema durch eine Courage-AG und Veranstaltungen wie den Tag der Muttersprache weitergeführt. Den Anstoß hatte die Erfahrung eines Schwarzen Schülers gegeben, der sich ausgegrenzt fühlte – kein Einzelfall, wie sie betont. Die Schulleiterin schildert, wie Kinder ihrer Schule immer wieder mit Vorurteilen konfrontiert werden, diese jedoch durch Aufklärung und Austausch im Unterricht aufgebrochen werden können.
Auch die Partizipation der Schüler*innen ist ein wichtiger Bestandteil des Schulalltags. Im Schülerparlament bringen die Kinder ihre Anliegen ein, diskutieren über den Schulalltag und lernen Entscheidungsprozesse kennen. Die Förderung dieser Gremienarbeit ist für Andrea Kocks ein wesentlicher Beitrag zur politischen Bildung, um Kinder früh an demokratische Strukturen heranzuführen.
Ein weiteres Thema der Podcast-Folge ist die Schulentwicklung, die an der Schule am Steigerweg stark durch das Kollegium geprägt wird. Andrea Kocks berichtet, wie Neuerungen wie die Abschaffung der Hausaufgaben und die Einführung von Lernzeiten aus dem Team heraus entwickelt wurden. Ihre Rolle als Schulleiterin sieht sie vor allem darin, diesen Entwicklungsprozess zu begleiten und Impulse zu setzen.
Was das in der Praxis bedeutet, macht die Begründung deutlich, mit der die Lehrkräfte der Schule ihre Leitung gewürdigt haben: „Sie treibt Schul- wie Unterrichtsentwicklung voran und setzt in regelmäßigen Steuergruppen-Besprechungen die Jahres-Arbeitsschwerpunkte transparent fest. Sie berücksichtigt die Bedürfnisse von Kollegium und Schulleitung gleichermaßen und nimmt bei Neuerungen das gesamte Kollegium mit, ermöglicht zudem Fortbildungen (auch in der Unterrichtszeit) und achtet auf die Stimmigkeit von Leitbild, Arbeitsschwerpunkten und Fortbildungskonzept.“
Und das kommt an. „Wir möchten uns mit der Nominierung bei ihr bedanken, das ist das Wichtigste für uns. Das Team der GGS am Steigerweg steht geschlossen hinter Andrea Kocks!“, so heißt es in der Laudatio. Anrührend. News4teachers
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indem sie ihren Kolleginnen viel Freiraum gibt, flexibel ist, die Konferenzen digital abhält, die Stundenpläne optimiert, so dass die 4-Tage Woche für Lehrkräfte erreicht ist und manche Kurse online ermöglicht. Digitalarbeit wird so wichtig.
WO lesen Sie das denn aus dem Artikel heraus? Delusion?
Mir fehlt aber auch hier erneut die durchgängige Fettschrift mit Unterstreichung!
Und die übrigen Stunden, die die Kollegen absent sind, ganz alleine unterrichtet….alles für die leuchtenden Kollegenaugen….
Wäre schön, aber SLs sind auch nur Menschen im System…..
Aha, wo steht das, Textbeleg ?
Sie übersehen/überlesen da bewusst ?wichtige Qualitäten der Kollegin.
Ihre Forderungen wären in guten Zeiten evtl. Zum Teil realistisch machbar. ( Wir machen hier viel DU ) aber:
Derzeit riecht es in Schulen komisch: nach Überforderung, Krankheit, fehlender Anerkennung, Dauerunzufriedenheit, Querelen mit oben/ glorreich, sowie Querelen auf Augenebene/ Eltern, SAT und Querelen unten/ Rangordnung, mangelndes Interesse, doofe unbedachte Abqualifizierung Nichtverbeamteter 🙂 drum unten – doof, aber von vielen idiotischerweise so gesehen.
Das denke ich, hat die Kollegin besser drauf und das ist es, was Schulen in Zeiten der ständigen Entscheidungsnot > * Pest oder Cholera, mehr brauchen.
* zB unterqual7fizierte Quereinsteiger oder keiner
zB überqualifizierte Quereinsteiger aber pädagogische Lücken
🙂 zB wie lassen uns die Mittelglorreichen mehr in Ruhe, so dass wir unser bisher erfolgreiches Tun weiterführen können…….
Muss ich meinen Vorgesetzten LIEBEN?
Oje!
Das kommt mir vor wie die heutige Einstellung vieler Eltern, die die besten Freunde der Kinder sein wollen…
Nein, muss man nicht. Aber es schadet auch nicht!
Würg.
Selbstverständlich muss man seine Vorgesetzten inbrünstig lieben und sie achten. Huldigungen und vom Lehrerchor vorgetragene Lobgesänge sollten ein tägliches Ritual an jeder Schule sein. Nur so können alle Fehlentwicklungen wirksam korrigiert werden.