HANAU. Großartige Pädagoginnen und Pädagogen leisten jeden Tag Herausragendes – oft ohne großes Aufheben. Der „Deutsche Lehrkräftepreis“ will das ändern: Er macht sichtbar, was gute Schule ausmacht – engagierte Lehrkräfte, empathische Schulleitungen und innovativen Unterricht. In der aktuellen Folge des News4teachers-Podcasts „Schulschwatz!“ sprechen die Mitorganisatoren Alexandra Heraeus und Martin Fugmann mit News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek über die Kraft von Anerkennung, Führung im Klassenzimmer und eine Bildungslandschaft, die endlich vom Defizitblick abrücken sollte.

In der aktuellen Folge des News4teachers-Podcasts „Schulschwatz! – Der Bildungstalk“ dreht sich alles um ein Thema, das oftmals in der öffentlichen Wahrnehmung von Bildung zu kurz kommt: Wertschätzung für gute Schulen und großartige Pädagoginnen und Pädagogen. Moderator Andrej Priboschek hat dafür zwei Gäste eingeladen, die wie kaum andere für dieses Anliegen stehen: Alexandra Heraeus, Vorstandsvorsitzende der Heraeus Bildungsstiftung, und Martin Fugmann, geschäftsführender Vorstand der Stiftung. Im Mittelpunkt des Gesprächs: der Deutsche Lehrkräftepreis, der jährlich gemeinsam von der Stiftung und dem Deutschen Philologenverband vergeben wird – und längst mehr ist als eine bloße Auszeichnung.
Zum Einstieg lüftet Andrej Priboschek ein persönliches Detail: Er gehört der Jury an. „Ich darf mit auswählen, wer zu den ausgezeichneten Lehrkräften und Schulleitungen gehört“, erzählt er und bezeichnet diese Rolle als große Ehre.
Was motiviert Menschen wie Alexandra Heraeus, sich für bessere Bildung einzusetzen? Die eigene Schulzeit, sagt sie. „Schlecht war sie nicht. Ich würde mal sagen, sie war so ein guter Durchschnitt.“ Heraeus beschreibt sich selbst als anpassungsfähig und pflegeleicht – Eigenschaften, die ihr im Schulalltag halfen, aber ihr heute auch die Herausforderungen im Lehrberuf deutlich machen. Denn: „Lehrkräfte müssen sich auf alle Kinder und Jugendlichen mit verschiedenen Charaktereigenschaften einstellen.“ Besonders in Erinnerung geblieben ist ihr eine Lehrerin für Latein und Altgriechisch, die „eine warme, herzliche und auch innovative Art“ des Unterrichtens pflegte. „Ich glaube, das ist eben das, was wir in unserer Arbeit auch merken, dass es da ganz viel um das Thema Verbindung geht“, sagt Heraeus. Gerade schwierige Fächer brauchen Lehrerpersönlichkeiten, die es schaffen, Begeisterung zu wecken – und das gelingt über Beziehung.
Hintergrund: Der Deutsche Lehrkräftepreis wird in drei Kategorien verliehen – die erste davon, „Ausgezeichnete Lehrkräfte“, auf Vorschlag ehemaliger Schülerinnen und Schüler.
Die Bewerbungsphase für den „Deutschen Lehrkräftepreis – Unterricht innovativ“ 2025 läuft. Machen Sie mit! Empfehlen Sie (als ehemaliger Schüler bzw. ehemalige Schülerin) Ihre frühere Lehrkraft! Würdigen Sie (als Kollegium) Ihre tolle Schulleitung! Oder bewerben Sie sich als Lehrkräfte-Team mit Ihrem innovativen Unterrichtskonzept! Einsendeschluss ist der 30. Juni 2025.
Gesucht werden engagierte Lehrkräfte, Lehrkräfte-Teams und vorbildliche Schulleitungen aller deutschen Schulformen (auch im Ausland). Schülerinnen und Schüler der Abschlussjahrgänge 2024/2025, Lehrkräfte-Teams und Kollegien können ihre Vorschläge bzw. Bewerbungen unter www.lehrkraeftepreis.de bis zum 30.6.2025 einreichen.
Über die Auswahl der Preisträgerinnen und Preisträger des „Deutschen Lehrkräftepreises – Unterricht innovativ“ entscheidet nach einer intensiven Gutachterphase eine hochkarätig besetzte Jury unter Vorsitz von Prof. Dr. David-S. Di Fuccia (Universität Kassel). Die Träger des Wettbewerbs, der Deutsche Philologenverband und die Heraeus Bildungsstiftung, wollen mit der Auszeichnung die Leistungen von Lehrkräften und Schulleitungen würdigen und in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung rücken.
Auch Martin Fugmann teilt eine persönliche Anekdote: Ein Musiklehrer öffnete ihm früh den Weg zur Musik, indem er ihn ermutigte, bei Orffs „Carmina Burana“ mitzuwirken. „Das hat in mir meine Leidenschaft für Musik getriggert“, erinnert sich Fugmann – eine Leidenschaft, die ihn durchs Leben begleitet hat. Neben Musik weckten Lehrkräfte auch sein Interesse für Literatur, Philosophie und Sprachen. „Ich bin in der Schule wirklich in meinen Potenzialen und Talenten gefördert worden“, sagt er.

Fugmann bringt als Schulleiter des Evangelisch Stiftischen Gymnasiums in Gütersloh – und früher an der Deutschen Schule im Silicon Valley – eine klare pädagogische Haltung mit: Schule ist nicht mehr nur Schonraum, Lehrkräfte nicht länger bloße Stoffvermittler. „Es geht darum, eine gesellschaftliche Betrachtung in Gang zu setzen und junge Menschen zu Persönlichkeiten zu entwickeln“, erklärt er. Bildung sei Gemeinschaftsaufgabe – auch mit den Eltern. Der Deutsche Lehrkräftepreis ist für ihn deshalb auch ein deutliches „Zeichen der Wertschätzung“. Gute Pädagogik, so Fugmann, brauche Leidenschaft auf zwei Ebenen: fürs Fach – und für die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler. „Der Preis hebt die besondere Leidenschaft für den Unterricht und die Beziehung zur Schülerschaft hervor.“

Für Alexandra Heraeus ist Bildung mehr als Wissenserwerb: „Es hat […] ganz viel mit Wissen und mit einer Demokratiefähigkeit zu tun und damit, sich auf eine Welt vorzubereiten, die wir alle noch nicht kennen.“ Als BWL-Studentin faszinierte sie der Brückenschlag zwischen Effizienz und gesellschaftlichem Engagement. Die Bildungsstiftung, vor knapp 60 Jahren von ihrer Urgroßmutter gegründet, sei dabei für sie ein ideales Wirkungsfeld: langfristig denkend, lösungsorientiert, offen für Kooperation – und bereit, Neues zu wagen.
Auch Führung ist Thema im Gespräch – denn der Deutsche Lehrkräftepreis ehrt nicht nur Lehrkräfte, sondern auch herausragende Schulleitungen. „Empathisch mit Präsenz führen, ist glaube ich heute das Gebot der Stunde“, betont Martin Fugmann. Wichtig sei, gemeinsam mit dem Kollegium „die richtigen Fragen zu stellen“ – statt allein im Lösungsmodus zu verharren. Kommunikation sei der Schlüssel. Ein Beispiel, das für viele steht: Schulleiterin Andrea Franke aus Berlin-Wedding, die es mit ihrem Team geschafft habe, Schulabsentismus und Bildungsverweigerung wirksam zu begegnen (und dafür im Frühjahr mit dem Deutschen Lehrkräftepreis 2024, Kategorie „Vorbildliche Schulleitung“, ausgezeichnet wurde – hier geht es zu einem Interview mit ihr). Herausragende Schulleitungen machten einen Unterschied – für Kollegium und Schülerschaft.
Dabei wird klar: Führung ist nicht auf das Schulleitungsbüro beschränkt. „Wenn man es richtig denkt, dann ist die Lehrkraft Führungskraft im Klassenzimmer“, so Fugmann. Haltung, Führungsstil und Schulkultur wirken auf allen Ebenen – bis hin zur Bildungsadministration.
„Darum geht es bei der Nominierung – genau das zu zeigen, was in den Schülerinnen und Schülern steckt“
Was macht erfolgreiche Bewerbungen aus (in der dritten Kategorie, „Unterricht innovativ“, geht es um eingereichte Unterrichtskonzepte)? Martin Fugmann: Dabei gehe es um die Öffnung von Unterricht sowie um die aktive Rolle der Schülerinnen und Schüler. Zentral sei, dass sie nicht nur passive Empfänger*innen von Inhalten seien, sondern selbst gestalten, anwenden und Verantwortung übernehmen. Eindrücklich schildert er ein Food Truck Projekt, bei dem ein Schüler mit Lernbehinderung, der sonst kaum sprachlich in Erscheinung trat, plötzlich stolz seine selbst entwickelte Eiskreation präsentierte und zum ersten Mal sagte: „Das ist von mir.“ Für Fugmann ein Schlüsselmoment: „Darum geht es bei der Nominierung – genau das zu zeigen, was in den Schülerinnen und Schülern steckt.“
Alexandra Heraeus greift eine oft gestellte Frage auf: Ist es fair, einzelne Lehrkräfte stellvertretend für Zehntausende auszuzeichnen? Ihre Antwort: „Es ist schwierig, einige wenige Beispiele mit großem medialem Interesse auszuzeichnen. Gleichzeitig glaube ich, dass es auch eine gute Gelegenheit ist, […] überhaupt mal das Narrativ zu ändern.“ Der Preis setzt ein Zeichen: Weg vom Defizitblick, hin zu Engagement, Hingabe und Haltung. Es gehe nicht darum, „die beste Lehrkraft“ zu küren, betont Heraeus. Sondern Menschen sichtbar zu machen, die für viele andere stehen. Sichtbarkeit und Anerkennung – nicht als Ausnahme, sondern als Impuls für den Alltag. News4teachers
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“Schaut mal, diese Leute setzen sich ein, obwohl es so schlecht um die Bedingungen an Deutschlands Schulen steht!
Hey, dann könnt ihr anderen das doch auch! Stellt euch mal nicht so an! Es kommt nur auf die innere Einstellung an. Wenn ihr euch alle mehr zusammenreißt, dann kann man auch ohne mehr Mittel, Personal und wesentliche Veränderungen etwas erreichen.”
Ja, das ist nur mein subjektiver Eindruck. Aber für mich ergibt es derzeit keinen anderen Sinn, wenn man bestimmte Lehrkräfte so hervorhebt, als allen aufzuzeigen, dass man nur wollen muss, damit es auch läuft. Veränderungen durch bessere Schul- und Bildungspolitik sind dann gar nicht nötig. Das ist für mich keine Wertschätzung von Lehrkräften im Allgemeinen.
Trotzdem habe ich großen Respekt vor allen, die sich so reinhängen und ausgezeichnet werden. Der deutschen Schul- und Bildungspolitik und damit allen Lehrkräften bringt das Ganze mMn. jedoch gar nichts.
Der Hauptzweck der Sache ist doch, dass die Heraeus-Stiftung sich wichtig machen kann und ihre Sicht auf die Schulpolitik in die Schlagzeilen bringt. Mit solchen Preisen sollen Lehrer “geködert” werden, sich den phrasenhaften Richtlinien dabei zu unterwerfen:
„Es geht darum, eine gesellschaftliche Betrachtung in Gang zu setzen und junge Menschen zu Persönlichkeiten zu entwickeln“
BlaBlabla, Persönlichkeiten nach dem Geschmack von Bertelsmann & Co.
… und noch mehr Anerkennung würde sichtbar, wenn in der Jury tatsächlich „normale“ Lehrer säßen.
Gibt es eigentlich auch den deutschen Juristenpreis oder den deutschen Bankerpreis? Nur mal ne Frage…
Gibt ja euch keinen “IG Metaller des Jahres”-Preis und ach keinen “Eisenbahner des Jahres”-Preis.
Aber historisch gab es in der Sowjetunion und der DDR den “Held der Arbeit” oder (für ganz große “Vorbilder”) den “Verdienten Held der Arbeit”.
Was lernen wir daraus? Wenn sich jeder f… S… nur ein bisschen anstrengen würde, gäbe es keine “Bildungskatastrophe” oder so ähnlich.
Der B***-Zeitung und Herrn S. aus P. gefällt das.
Lehrkraft der Woche – Lehrkraft des Monats – Lehrkraft des Jahres
Bitte nicht ernstnehmen.
„ Bildung sei Gemeinschaftsaufgabe – auch mit den Eltern.“
Unterschreibe ich sofort!
…….und deshalb schneiden Kinder aus bildungsfernen Familien unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft schlechter ab als Kinder aus bildungsnahen Familien.
Ja, man sollte sich wirklich überlegen, für diese Kinder eine Schule von 7.30 bis 18.30 Uhr einzurichten, damit die Chancen haben.
Dann würden sie nur wenig daddeln, etwas Gesünderes zu essen bekommen, Sport treiben, ein Musikinstrument spielen lernen, Unterstützung beim Lernen bekommen usw.
Freunde könnten sie in der Schule treffen, am Wochenende die Familie. Unter der Woche ist nur Schlafen zuhause angesagt.
Noch besser wären natürlich Internate für diese Kids.
Ja, das klingt fies, jedoch denke ich inzwischen, dass es anders nicht gehen kann, um überhaupt etwas mehr Chancengleichheit herzustellen.
Es gibt Menschen, die fordern mehr Chancengleichheit, gleichzeitig ignorieren sie komplett, dass diese sehr oft nur gegen das Elternhaus erreicht werden kann, wenn diese nicht mitspielen.
Ich möchte gern wissen, wie diese Leute sich vorstellen, wie eine sogar gut ausgestattete Schule (auch Ganztag) es leisten soll, die Defizite, die die soziale Herkunft oft mit sich bringt, auszugleichen.
Wertschätzung ist toll. War auch während Corona toll, wie wir klatschend vom Balkon die Arbeit des Pflegepersonals gewertschätzt haben.
Neben Wertschätzung ist allerdings die Veränderung der Rahmenbedingungen für erfolgreiches Arbeiten wichtig. Da ist in den Krankenhäusern wenig passiert. In der Bildung werden die Rahmenbedingungen sogar wissentlich verschlechtert (s. BB).
Wenn Wertschätzung durch Preise für Einzelpersonen oder Klatschen vom Balkon dazu führt, dass sich die Politik aus der Verantwortung zieht („Ihr habt Wertschätzung, getz is auch mal genuch!“), dann sind solche Preise wie Verdeckerpflaster für Pickel: Sie dienen dazu, sich nicht ums Problem kümmern zu müssen.