Umfrage: Große Mehrheit der Bevölkerung will das gegliederte Schulsystem behalten

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BERLIN. Das Gymnasium genießt breite Zustimmung in der Bevölkerung. Laut einer aktuellen, vom Deutschen Philologenverband (DPhV) in Auftrag gegebenen und vom Meinungsforschungsinstitut Forsa im Oktober 2025 durchgeführten Umfrage sprechen sich 92 Prozent der Befragten gegen eine Abschaffung dieser Schulform aus. Damit bleibt das Gymnasium nach Ansicht vieler Bürgerinnen und Bürger ein zentraler Bestandteil des deutschen Bildungssystems.

Sauber sortiert (Symbolfoto.) Foto: Shutterstock

Die hohe Zustimmung zieht sich demnach durch alle Altersgruppen und gesellschaftlichen Schichten. Besonders ausgeprägt ist sie unter den über 45-Jährigen: 94 Prozent von ihnen befürworten den Fortbestand des Gymnasiums. Auch unter den Jüngeren (unter 45 Jahren) sprechen sich 87 Prozent gegen eine Abschaffung aus. Unterschiede zwischen Befragten mit oder ohne Kinder im Haushalt sowie zwischen Personen mit niedriger oder höherer formaler Bildung zeigen sich kaum.

Die DPhV-Bundesvorsitzende Prof. Susanne Lin-Klitzing sieht in den Ergebnissen eine klare Botschaft: „Regelmäßig wird das Gymnasium in Frage gestellt. Doch die Bevölkerung steht ganz klar hinter dem Gymnasium.“

Mehrheit lehnt Einheitsschule ab

Neben der Zustimmung zum Gymnasium zeigt die Umfrage auch eine deutliche Ablehnung gegenüber einer „Schule für alle“. 71 Prozent der Befragten sprechen sich für das mehrgliedrige Schulsystem aus, das verschiedene Schularten – darunter das Gymnasium – vorsieht. Nur 27 Prozent bevorzugen ein einheitliches Schulsystem.

Besonders in den ostdeutschen Bundesländern und unter Befragten mit geringerer formaler Bildung fällt die Zustimmung zu einer Einheitsschule etwas höher aus. Dennoch bleibt das mehrgliedrige System klar favorisiert.

Lin-Klitzing betonte, dass ein differenziertes Schulsystem den unterschiedlichen Lernvoraussetzungen besser gerecht werde: Eine Einheitsschule könne weder leistungsstarke noch leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler angemessen fördern.

Mehrheit gegen vereinheitlichte Lehrkräfteausbildung

Auch bei der Lehrkräfteausbildung zeigen sich die Befragten skeptisch gegenüber Vereinheitlichungstendenzen. 59 Prozent möchten laut Umfrage eine schulartspezifische Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern beibehalten. Dagegen meinen 39 Prozent, dass Lehrkräfte einheitlich ausgebildet werden sollten. Lehrkräfte, so Lin-Klitzing, müssten gezielt auf die Anforderungen ihrer jeweiligen Schulart vorbereitet werden, um Schülerinnen und Schüler ihren Fähigkeiten entsprechend fördern zu können.

Gerade das Gymnasium werde von vielen als Ort der gezielten Förderung leistungsstarker Jugendlicher und als Vorbereitung auf ein Hochschulstudium angesehen. Eine Vereinheitlichung der Lehrkräfteausbildung, so die DPhV-Vorsitzende, würde dieser besonderen Funktion nicht gerecht.

Warnung an die Bildungspolitik

Vor dem Hintergrund jüngster Leistungsstudien, etwa des IQB-Bildungstrends 2024, der Rückgänge in den Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern dokumentierte, warnt der DPhV vor bildungspolitischen Fehlentwicklungen. Lin-Klitzing kritisierte insbesondere Reformen, die auf Vereinheitlichung und Standardabsenkung zielten – etwa verkürzte Ausbildungszeiten im Referendariat.

Die Ergebnisse der Forsa-Umfrage versteht der Verband daher auch als Signal an die Politik: Eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung wolle weder eine Abschaffung des Gymnasiums noch eine Vereinheitlichung des Schulsystems oder der Lehramtsausbildung, so die DPhV-Vorsitzende. News4teachers 

„Das ungerechteste Schulsystem, das ich kenne“: Warum Prof. Hattie Bildungsreformen in Deutschland für dringend geboten hält

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Rüdiger Vehrenkamp
1 Monat zuvor

Unterschreibe ich. Jetzt müsste man nur die Realschulen wieder stärken und ihr klares Profil herausarbeiten. Das wurde durch die Übernahme des Kultusministeriums in BW von Herrn Stoch (SPD) ab dem Jahr 2013 nämlich total verwässert.

Unfassbar
1 Monat zuvor

Das würde voraussetzen, dass die Gymnasien ein Drittel ihrer Schüler wieder abgeben und die Hauptschulen wieder etabliert werden. Beides halte ich aktuell gesellschaftlich für nicht durchsetzbar.

Rüdiger Vehrenkamp
1 Monat zuvor
Antwortet  Unfassbar

Sie meinen “politisch nicht durchsetzbar”. Grüne Bildungspolitik träumt ja weiterhin von einer Schulart für alle, was dann aber von der Realität im Ländle kassiert wurde. Gesellschaftlich lief die Verwässerung, warum sollt es mit der Rückabwicklung nicht auch so sein? Laut dem Artikel oben will die Mehrheit (der Gesellschaft) ja ein gegliedertes Schulsystem.

Unfassbar
1 Monat zuvor

Gesellschaftlich auch nicht, weil Eltern ihre Kinder vielfach nur am Gymnasium sehen wollen, wenngleich sich das eventuell auf die Realschulen ausweiten könnte, wenn die Hauptschulen wieder etabliert werden sollten.

jagdstolz
1 Monat zuvor

Dass, was bei ihnen ein Traum “grüner Bildungspolitik” ist, ist im Rest der Welt (ganz ohne Grüne) der Standard.

Rüdiger Vehrenkamp
1 Monat zuvor
Antwortet  jagdstolz

Ja..und ist nicht unbedingt gewinnbringend.

Nova
1 Monat zuvor

doch – warum denken wir in Deutschland immer, dass unser System besser ist? Ist es nicht.

Rainer Zufall
1 Monat zuvor

“Gerade das Gymnasium werde von vielen als Ort der gezielten Förderung leistungsstarker Jugendlicher und als Vorbereitung auf ein Hochschulstudium angesehen.”
Obwohl die Leistungen dort in den Vergleichstests fielen, wie überraschend…

Vielleicht ein Indiz, nicht die “Schwarmintelligenz” zu fragen, was sie (schon immer gewohnt sind und) richtig finden? 😉

Rüdiger Vehrenkamp
1 Monat zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Eher ein Indiz dafür, dass man jahrelang jeden aufs Gymnasium gelassen hat, egal, ob er dafür geeignet war oder nicht. Wer nicht für das Gymnasium geeignet ist, schafft auch keine guten Ergebnisse in den Vergleichsarbeiten.

ed840
1 Monat zuvor

Könnte einer der Gründe sein , warum einige Bundesländer für den Übertritt aufs Gymnasium neben dem Elternwillen nun wieder zusätzliche Voraussetzungen wie Grundschulempfehlung und/oder Tests verlangen.

Rainer Zufall
1 Monat zuvor

Weil viele Menschen in der Bevölkerung das dachten, wurden alle Schüler:innen auf das Gymnasium gelassen, ABER das Gymnasium soll nach Meinung ebendieser Menschen weiterhin von anderen Schularten deutlich abgegrenzt werden?

Können Sie Ihr Indiz bitte erläutern? 😉

Rüdiger Vehrenkamp
1 Monat zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Eltern in Klasse vier wollen ihr Kind im Anschluss oft mit aller Gewalt aufs Gymnasium hieven. Viele Schüler dort stehen im Status “versuchen wir es halt mal”. Einige wurschteln sich tatsächlich durch, andere wechseln im Laufe ihres Schullebens dann aber an die Realschule.

Da in der Umfrage wahrscheinlich nicht nur Eltern mit Kindern in der 4. Klasse gefragt wurden, ergibt sich eindeutig, dass es mit einem gegliederten Schulsystem wieder Schulen geben muss, die sich auf ihr Klientel spezialisiert haben, um so auch homogenere Klassen bilden zu können.

Rainer Zufall
1 Monat zuvor

“Eltern in Klasse vier wollen ihr Kind im Anschluss oft mit aller Gewalt aufs Gymnasium hieven.”
Die Umfrage gibt diesen Eltern ja recht. Wet hievt, gewinnt angeblich :/

Kleopas
1 Monat zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Jedenfalls steht die repräsentative Umfrage etwas im Widerspruch zu dem, was der Bürgerrat der Montag Stiftung zu meinen scheint. Natürlich zu dem auch, was rot-rot-grün im Verbund mit der GEW möchte. Das ist typisch: Das Wahlvolk denkt in vielem anders als die Politiker, die in Wahlen von eben diesem Wahlvolk gewählt wurden.
FRAGE: Was würde wohl nach Abschaffung des Gymnasiums mit den Resultaten der Vergleichstests passieren? Wer möchte wetten?

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  Kleopas

“Jedenfalls steht die repräsentative Umfrage etwas im Widerspruch zu dem, was der Bürgerrat der Montag Stiftung zu meinen scheint.”

Oder umgekehrt – es wurden ja auch Menschen ohne Kinder gefragt 😉

GriasDi
1 Monat zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Zitat:
“Obwohl die Leistungen dort in den Vergleichstests fielen, wie überraschend…”
Keine Schulform konnte steigende Leistungen vorweisen.
Zitat:
“Vielleicht ein Indiz, nicht die “Schwarmintelligenz” zu fragen …”
Warum wird die Schwarmintelligenz bei Wahlen gefragt?

Gelbe Tulpe
1 Monat zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Wir sind aber eine Demokratie und keine Technokratie.

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Es geht ja nicht um die Staatsform, sondern bezieht sich darauf, dass sich gewählte Volksvetreterinnen lieber über Umfragen absichern, anstatt Probleme wissenschaftsgeleitet und lösungsorientiert anzugehen.

Die Wählerschaft kann herzlich gerne die Einschätzungen der Fachleute nachlesen, anstatt sich von Politiker*innne wider besseren Wissens nach dem Mund reden zu lassen 😉

ed840
1 Monat zuvor
Antwortet  Rainer Zufall
Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  ed840

Schwierig, zumal die Studie (ich bezahlte die Schranke nicht) von einem “traditionellen” Unterricht ausgeht, welcher Homogenität erfordert, aber zugegeben, das war ja nicht der Schwerpunkt.

Schätze, dann bleibt alles beim Alten: Gymnasien werden gepusht, alle werden ihr Möglichstest tun, das eigene Kind dort zu halten, erhalt des gegliedertern Schulsystems. Alles Tacko! 🙂

Rüdiger Vehrenkamp
1 Monat zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Fachleute bleiben für mich diejenigen, die täglich vor der Klasse stehen. Sprechen Sie ab und zu auch mal mit ihren Kollegen? Die mir bekannten Lehrkräfte sagen fast unisono, dass sie dieser aufdiktierten Heterogenität durch Vermischung der Schularten überhaupt nicht gerecht werden können. Realschullehrer wären wieder gerne Realschullehrer, Gymnasiallehrer wären wieder gerne Gymnasiallehrer. Je nach Schulart müssen sie aber in einer einzigen Klasse vom Förderschüler bis hin zum Gymnasiasten alle “individuell fordern, fördern und unterrichten”. Klingt gut, ist in der Praxis jedoch kaum machbar. Von Leuchttürmen wie Wutöschingen mal abgesehen, ist dies im Alltag, vor allem in Brennpunkten, nicht leistbar.

Rainer Zufall
1 Monat zuvor

“Fachleute bleiben für mich diejenigen, die täglich vor der Klasse stehen.”
Dementsprechend brauche ich Ihren Beitrag ja nicht mehr zu Ende lesen 😉

“Die mir bekannten Lehrkräfte sagen fast unisono, dass sie dieser aufdiktierten Heterogenität durch Vermischung der Schularten überhaupt nicht gerecht werden können.”
Na dann hoffen wir mal, dass die Kinder Deutschlands alle homogen sind! Nicht, dass das ein um jahrzehnte veraltetes System nicht mehr greift 😉
https://www.news4teachers.de/2025/10/inklusion-eine-mogelpackung-zahl-der-foerderschueler-an-regelschulen-steigt-anteil-der-schueler-an-foerderschulen-sinkt-aber-nicht/

GriasDi
1 Monat zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Zitat:
“anstatt Probleme wissenschaftsgeleitet und lösungsorientiert anzugehen.”

Macht der Bürgerrat auch nicht.

Stine
1 Monat zuvor

Ich hatte über die Grundschuljahre der Kinder den Eindruck, dass es immer mehr den “Kuschelkurs” gibt. 7-Jährige sollen in Projekten arbeiten und eigenverantwortliches Lernen erfahren… dafür kommen Grundfertigkeiten wie Lesen und Schreiben viel zu kurz. Den schwächeren Schülern und auch ihren besorgten Eltern wird vermittelt, dass jeglicher Lernstand okay ist. Die Leistungsstarken sollen den anderen helfen und die Aufgaben erklären. Niemand wird wirklich gefördert oder gefordert, das Niveau passt sich einfach nach unten an. Das nach der Grundschule noch weiter fortzuführen kann nicht gut sein. Für uns war der Übergang ans Gymnasium ein Geschenk, plötzlich Lernfreude statt Langeweile. Ich kann die Umfragewerte gut nachvollziehen.

Alese20
1 Monat zuvor
Antwortet  Stine

Interessant. Bei meiner Tochter war es genau umgekehrt. In ihrer Grundschule gab es individuelle Wochenpläne, die diese innerhalb der Woche in der Reihenfolge ihrer Wahl bearbeiten konnten und auch so schnell sie konnten. Die LuL haben dann schnell erkannt, wer schneller war und haben das angepasst. Dort war meiner Tochter nie langweilig. Am Gymnasium, wo alle im Gleischritt arbeiten, wo alles ständig für Schwächeren wiederholt werden muss, schon.

Martina
1 Monat zuvor
Antwortet  Alese20

Individuelle Wochenpläne sind gut für interessierte, arbeitseifrige Schulkinder, auf die Lehrer sich verlassen können – aber nicht für Kinder, die viel Aufsicht und Kontrolle bei der Erledigung ihrer Aufgaben brauchen. Leider sind letztere oft in der Mehrzahl.
Außerdem habe ich festgestellt, dass der Arbeits- und Zeitaufwand sowohl bei der Erstellung und erst recht bei einer unbedingt notwendigen, sorgfältigen Prüfung der individuell gestalteten Arbeit nach Wochenplan viel zu groß und nicht zu bewältigen ist.
Was sich theoretisch gut anhört, hat bei mir in der Praxis schlecht funktioniert – vor allem wegen des zu unterschiedlichen Lerninteresses und Arbeitsverhaltens der Kinder. Gute oder schlechte Selbstorganisation und -disziplin waren zu entscheidend für die Lernarbeit nach Wochenplan.

Wolfgang Kuert
1 Monat zuvor

Prof. Fend / Auszug jungewlt.de, 24.08.2024

Enttäuschte Hoffnung
Nach Beendigung seiner Langzeitstudie stellte Fend jedoch, sehr zu seinem eigenen Verdruss, fest: »Die Gesamtschule schafft unterm Strich nicht mehr Bildungsgerechtigkeit als die Schulen des gegliederten Schulsystems – entgegen ihrem Anspruch und entgegen den Hoffnungen vieler Schulreformer, denen ich mich verbunden fühle. Die soziale Herkunft, so die bittere Erkenntnis der neuen Studie, entscheidet hierzulande noch langfristiger über den Bildungserfolg der Kinder als bislang angenommen. Die größte Enttäuschung entsteht beim Blick auf die soziale Selektivität bei den verschiedenen Stufen des Bildungs- und Berufsweges. Sie wird durch die Gesamtschulen nicht reduziert! Bei ehemaligen Kindern aus Gesamtschulen, Förderstufen und dem dreigliedrigen Bildungswesen bestimmt die soziale Herkunft gleichermaßen mit, welche Schulabschlüsse, Ausbildungen und Berufe sie erreichen. Solange die Schule intern agieren kann, kann sie die soziale Selektivität durchaus reduzieren. Wenn es um die weiteren Bildungsstufen geht, um Ausbildung oder Berufslaufbahnen, dann verliert sich dieser schulische Einfluss, und die familiären Ressourcen (…) treten in den Vordergrund.«³

ed840
1 Monat zuvor
Antwortet  Wolfgang Kuert

Wenn man möchte, dass alle Gruppen möglichst gute Leistungen erzielen, könnte das gegliederte Schulsystem ggf. eine gute Wahl sein:

https://www.news4teachers.de/2021/03/studie-gegliedertes-schulsystem-staerkt-die-bildungsgerechtigkeit/

Wenn man möchte, dass die Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen möglichst gering sind, könnten andere Schulsysteme diese Ziel evtl. besser erreichbar machen.

Roland
1 Monat zuvor
Antwortet  Wolfgang Kuert

Stimme zu, betone allerdings, dass die Gesamtschule durchaus wirkt, solange sie die Schüler bei sich hat:
“Der Einfluss der Herkunft ist offenbar so groß, dass die Schulform ihn nicht brechen kann. Sie kann ihn abmildern ­ auf Dauer aber treten die familiären Ressourcen wieder in den Vordergrund. Für die Debatte über Bildungsgerechtigkeit ist das zentral. Um sie zu verbessern, reicht es nicht, das Schulsystem zu betrachten. Wir müssen die gesamte Bildungsbiographie in den Blick nehmen und schauen: Wo sind die Übergänge und Schwellen, an denen Kinder aus unterprivilegierten Familien sozusagen herausfallen?” (Helmut Fend über seine Gesamtschul-Studie. In: Frankfurter Runschau, 17.03.2009)

447
1 Monat zuvor

Mich wundert das Ergebnis sehr.

Hätte mit viel, viel mehr Zustimmung zu irgendeiner Form von Einheitsschule/Ganztag gerechnet.

So kann man sich irren.

Rüdiger Vehrenkamp
1 Monat zuvor
Antwortet  447

Mag daran liegen, dass die Befürworter des gegliederten Schulsystems eher im Stillen agieren, während die Reformer oder so genannten Experten alle Nase lang mehrere Plattformen nutzen, um ihre Ideen nach außen zu tragen, um so angeblich das Schulsystem zu retten.

Anika von Bose
1 Monat zuvor

Die Länder, die in Bildungsstudien ganz vorne stehen haben kein differenziertes Bildungssystem. Sie katalogisieren ihre Kinder nicht in Leistungsprofile und verteilen sie in entsprechende Schubladen…aber hierzulande muss das sein? Hierzulande sind wir alle „geschädigt“ vom föderalen Bildungssystem, in dem alle 5 Jahre eine „neue Sau durchs Dorf getrieben wird“ und der Zersplitterung der Zuständigkeiten…jeder kämpft für sich. Natürlich sind die Gymnasien beliebt, ist sie doch die Schule, die die höchsten Bildungsabschlüsse und das größte Ansehen bieten…Nur die besten sollen möglichst diese Schule besuchen und wer will da nicht dazugehören? Dazu kommt, dass diese Schulform, zumindest bei uns in Niedersachsen die beste Unterrichtsversorgung, von allen Schulformen, hat. Alle anderen Schulformen stellen sich hinten an.

ed840
1 Monat zuvor
Antwortet  Anika von Bose

Nennen Sie mal konkrete Beispiele für solche Länder, dann könnte ich beurteilen ob an Ihrer Theorie was dran ist oder nicht.

Anika von Bose
1 Monat zuvor
Antwortet  ed840

In den meisten Ländern werden die Schülerinnen und Schüler bis zur 9. Klasse gemeinsam ohne Differenzierung: Frankreich, Belgien, in Polen werden die Kinder 8 Jahre gemeinsam unterrichtet, in Estland 9 Jahre, in Dänemark ebenfalls, genauso wie in Schweden oder Finnland…auch die Schweiz gliedert nicht so stark. Estland bspw. gilt als das beste Schulsystem Europas, Finnland, Schweiz und Irland haben auch gute Bewertungen bekommen. Auch Irland unterrichtet seine Schülerinnen und Schüler gemeinsam….

ed840
1 Monat zuvor
Antwortet  Anika von Bose

Ich dachte es ging um Länder, die bei Bildungsstudien ganz vorne stünden? Frankreich lag ja z.B. schon hinter Gesamt-DE.

Habe Sie sich schon mal die PISA-Ergebnisse genauer angesehen, auch die Stichprobenverteilung und die einzelnen Gruppen?

In Dänemark wäre die Stichprobe so massiv verzerrt, dass ein Vergleich eigentlich gar keinen Sinn macht. Deshalb ist DK bei der OECD auch mit einem Stern gekennzeichnet.

Bei PISA-2022-Mathematik lagen die Schüler*innen ohne Migrationshintergrund in Finnland schon -4 Punkte schlechter als der Schnitt von Gesamt-DE , die Schüler*innen mit Migrationshintergrund sogar – 11 Pkt. Der Gesamtschnitt in Finnland war nur höher als in DE, da der Migrationsanteil dort mit 7% nicht so stark auf das Gesamtergebnis durchschlägt.

Schon mal mal Estland mit z.B. Bayern verglichen?

Die Schüler*innen ohne Migrationshintergrund lagen in Estland bei Mathematik +19 Pkt über dem Schnitt der Pendants in Gesamt-DE, die Pendants aus Bayern lagen bei IQB-2024 +32 Pkt über dem deutschen Schnitt.

Die Ergebnisse der Schüler*innen mit Migrationshintergrund waren in Estland zwar besser als in BY , aber da sehe ich eher soziographische Gründe ursächlich als das Schulsystem.

Estland 1% Migrationshintergrund der 1. Generation, 8% der 2. Generation, 13% sprachen in der Familie eine andere Sprache.

Bayern 13% Migrationshintergrund der 1. Generation , 25% der 2. Generation, in DE sprachen 63% der Migranten in der Familie eine anderen Sprache.

Da auch sehr viele europäische Länder mit eingliedrigen Schulsystemen wesentlich schlechter abschnitten als Sachsen, Bayern oder sogar Gesamt-DE, sehe ich kein Argument, dass die Eingliedrigkeit zwingend bessere Ergebnisse bei Leistungsvergleichen bewirken soll.

Anika von Bose
1 Monat zuvor
Antwortet  ed840

Wir haben als Familie mehrere mehrere Jahre im Ausland gelebt und ganz praktische Erfahrungen in anderen Bildungssystemen gesammelt – mein Sohn brauchte eine ganze Weile bis er die Rückkehr ins deutsche System verdaut hat. In diesen Schulen (in diesem Fall internationale Schulen mit englischem Curriculum) gab es mindestens sechs unterschiedliche Nationalitäten, deren Muttersprache nicht englisch war, in den Klassen. Alle haben Englisch in der Schule gelernt. Die Fluktuation war hoch, ständig kamen und gingen Kinder. Unser Sohn war nicht der einzige der kein Englisch sprach…
Nach einem halben Jahr sprach er Englisch, las englische Bücher usw…undenkbar in Deutschland….

Aber dann halten wir besser an „Bewährtem“ fest: Mehrgliedrigkeit, Föderalismus, Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft, usw….
Schon klar, läuft. Dann reden Sie sich weiter das „Bewährte“ schön – ich bin sehr froh, dass auch mein letztes Kind die Berufsschule erreicht hat und sein Verbleib im deutschen System Schule absehbar ist.

ed840
1 Monat zuvor
Antwortet  Anika von Bose

Wenn man die PISA-Punktzahlen als Begründung ins Feld führt, braucht man sich m.M. nicht beschweren, wenn dazu mit Daten und Sachargumenten Stellung genommen wird.

ed840
1 Monat zuvor
Antwortet  Anika von Bose

die Schule, die die höchsten Bildungsabschlüsse”

Laut website des KM-NDS würde dort die Gesamtschule die Möglichkeit bieten Abschlüsse von ESA bis AHR zu erwerben.

Anika von Bose
1 Monat zuvor
Antwortet  ed840

Natürlich bieten auch die Gesamtschulen die Möglichkeit sein Abitur abzulegen, aber das höhere Ansehen hat das Gymnasium….

dickebank
1 Monat zuvor
Antwortet  Anika von Bose

Berufkollegien auch.

Hans Malz
1 Monat zuvor
Antwortet  dickebank

Aber nicht wegen der Schulform, sondern wegen der fachlichen Komponente im Abitur und die gezieltere Vorbereitung auf einen Bereich.

Ich berate auch überwiegend zum BK.

ed840
1 Monat zuvor
Antwortet  Anika von Bose

Das mag sein. Es gibt ja z.B. auch Befürworter des Gesamtschulsystems, die die eigenen Kinder dann aber lieber aufs Gymnasium schicken.

dickebank
1 Monat zuvor
Antwortet  ed840

Deshalb bin ich auch für die Zweigliedrigkeit. Sekundarschulen bis Klasse 10 und reine Oberstufenkollegs – mit beruflichem und allgemeinbildendem Zweig.

Wiegleb
1 Monat zuvor

Ich begrüße, dass der DPhV Ergebnisse veröffentlicht – aber die Wortwahl vieler Items erzeugt absehbare Framing-Effekte. Beispiele: „Gymnasien … abschaffen“ (negativ konnotiert), „Abitur weiterhin die entscheidendeVoraussetzung“ (Status-quo- und Verstärkungsframe) sowie die Gegenüberstellung „ausschließlich Elternwille“ vs. „auch Leistung + Lehrkräfteeinschätzung“ (asymmetrisch). Hinzu kommt das politisch aufgeladene Label „Einheitsschule“, das im deutschsprachigen Diskurs meist negativ gelesen wird. So misst die Umfrage teilweise die Konnotation der Begriffe – nicht die eigentliche Strukturpräferenz.
Wer fair vergleichen will, sollte neutral formulieren: z. B. „Gemeinsame Schulform bis Klasse 10“ vs. „mehrgliedriges System“ (ohne Kampfbegriffe), „Abitur als eines von mehreren Kriterien“ vs. „alleiniges Kriterium“, und Alternativen symmetrisch anbieten. Transparenz würde zudem helfen: vollständiger Fragebogen, randomisierte Antwortreihenfolgen und ggf. ein Split-Sample-Wording-Test („Einheitsschule“ vs. „gemeinsame Schulform“). Kurz: Die hohe Zustimmung zum Gymnasium kann teilweise ein Wording-Artefakt sein – das sollte man bei der Interpretation mitdenken.

Küstenfuchs
1 Monat zuvor
Antwortet  Wiegleb

Warum soll man nicht beim Namen nennen, dass einige Parteien und die GEW das Gymnasium abschaffen wollen? Insbesondere dann nicht, wenn man die Interessen der Gymnasiallehrerinnen und Gymnasiallehrer vertritt. Prof. Lin-Klitzing macht das auch verbal schon ganz richtig so.

Roland
1 Monat zuvor

“Mehrheit lehnt Einheitsschule ab.”
Interessant finde ich die Verwendung dieses Kampfbegriffes; neutral formuliert wäre es eine “Schule mit mehreren Bildungsgängen”. Aber na ja: Philologen halt…
Dass 27% ein einheitliches Schulsystem befürworten, entspricht ungefähr dem Anteil der Kinder, die in einem solchen unterrichtet werden (runde 21% deutschlandweit). Heißt: Wer es kennt, ist weitestgehend damit zufrieden.

“Mehrheit gegen vereinheitlichte Lehrkräfteausbildung”Na ja, 39% sind dafür; Anteil, soweit ich sehen kann, zunehmend. Meine Prognose: Wenn die jungen Menschen vor Beginn eines Lehramtsstudiums realisieren, dass sie als Stufenlehrkräfte wesentlich flexibler (einsetzbar) sind, und die Unis diese Ausbildung anbieten, wird “der Markt” entscheiden.

jagdstolz
1 Monat zuvor

Es gibt in Deutschland die “Einheitsschule”. Sie heißt Grundschule. Wann wird das endlich abgeschafft?

potschemutschka
1 Monat zuvor
Antwortet  jagdstolz

In einem Teil DE gab es schon mal eine Einheitsschule bis Klasse 10.

dickebank
1 Monat zuvor
Antwortet  potschemutschka

Und ‘ne Einheitpartei – mit immerwährendem Anspruch auf Recht:)

potschemutschka
1 Monat zuvor
Antwortet  dickebank

War ja beides gaaanz böööse. Deshalb wollen das ja nur wenige. Wer sind die überhaupt, die die Einheitsschule wollen? Sind das alles “Ostalgiker”?

dickebank
1 Monat zuvor
Antwortet  potschemutschka

Sehr viele, die an der föderalen Struktur der Bundesrepublik die Axt anlegen wollen. Da das aber nicht möglich ist, werden die Phantasten ohnehin mit 16 Einheitsschulsystemen leben müssen.. Bei in etwa gleicher Einwohnerzahl haben/hatten NRW und die DDR einheitliche Schulsysteme für alle Landeskinder. Was mir zu oft vergessen wird, die Anzahl an Idioten in NRW und der ehemaligen DDR ist gleich hoch. Nur in den FNBL verteilen sich die Idioten auf einer größeren Fläche.

jagdstolz
1 Monat zuvor
Antwortet  potschemutschka

Im Rest der Welt soll das sogar immer noch der Standard sein.

Nova
1 Monat zuvor
Antwortet  jagdstolz

Das wollen viele aber nicht wahrhaben. In anderen Ländern hängt der Bildungserfolg nicht so stark vom Elternhaus ab wie in Deutschland. Ich habe noch Hoffnung, dass die nachrückende Generation bessere Visionen hat und sich bald durchsetzen kann, wenn die Alten in Rente sind.

jagdstolz
1 Monat zuvor

Warum eigentlich nur drei (bzw. mit Förderschule vier) verschiedene Schularten? Warum nicht 17 oder gleich 25 verschiedene Schularten? Dann könnte man noch besser differenzieren.

potschemutschka
1 Monat zuvor
Antwortet  jagdstolz

Naja, wenn man verschiedene Privatschulen, konfessionelle Schulen, Montessori- und Waldorfschulen … mitzählt?

jagdstolz
1 Monat zuvor

Gibts denn einen Link zu der Umfrage? Mich würde die genaue Fragestellung interessieren. Danke.

jagdstolz
1 Monat zuvor
Antwortet  Redaktion

Danke für den Link. Leider erfährt man dort auch nicht die konkrete Formulierung der Fragen. Das ist deshalb von Interesse da Forsa schon häufiger duch manipulative Fragestellungen aufgefallen ist:
https://de.wikipedia.org/wiki/Forsa

PeterMustermann
1 Monat zuvor

Funktioniert überall, außer in Deutschland: Tempolimit, Wärmepumpe und neu: Gesamtschule.

Kleopas
1 Monat zuvor

Dies sollten Befürworter und Gegner der Einheitsschule wissen:

“Schaut man detaillierter in die Schullandschaften der Länder mit Einheits-schulsystemen, so fällt jedoch auf, dass sich unter dem Begriff „Gesamtschule“ auch sehr unterschiedliche Schulen finden. In Finnland z. B. muss jede Schule dem örtlichen Bedarf entsprechend ihr eigenes Schulprofil entwerfen. Begabtenkurse werden ab Klasse 3 angeboten. Auf diese Weise entstehen Schulen, die sich im Leistungsniveau so stark unterscheiden, dass einige mit deutschen Hauptschulen, andere eher mit deutschen Gymnasien vergleichbar sind. Durch die freie Schulwahl sortieren sich die Schülerströme so, dass deutlich homogenere Klassen entstehen als der Begriff Gesamtschule impliziert.”

Quelle: Wikipedia unter dem Stichwort “Einheitsschule”