Odenwaldschule: Stiftung zahlt Pauschalbetrag von 1.000 Euro an jedes Opfer

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HEPPENHEIM. Ehemalige Schüler der Odenwaldschule, die Opfer des sexuellen Missbrauchs wurden, sollen einen Pauschalbetrag von 1.000 Euro erhalten. Dafür müssen sie bis zum 30. Juni 2012 ein Formular von der Internetseite der schuleigenen Opferstiftung „Brücken bauen“ herunterladen und dieses ausgefüllt an die Stiftung schicken. Das berichtet „Echo-Online“. Bei den Höchstgrenzen der Entschädigungssummen orientiert sich die Stiftung an den Vorgaben des Runden Tisches, der von der Bundesregierung eingerichtet wurde, und maximal 10.000 Euro als Hilfe für therapeutische Maßnahmen vorsieht, heißt es auf „Echo-Online“. Wie viel Geld über diesen Betrag hinaus noch als Entschädigung gezahlt wird, sei derzeit noch unklar.

Goethehaus der Odenwaldschule; Foto: Mussklprozz / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)
Goethehaus der Odenwaldschule; Foto: Mussklprozz / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Vor wenigen Wochen hatte die Odenwaldschule bekannt gegeben, dass sie – voraussichtlich innerhalb eines halben Jahres – 500.000 Euro zur Unterstützung missbrauchter ehemaliger Schüler bereitstellen wolle. Laut „Echo-Online“ verfügt die Stiftung derzeit über ein Gesamtkapital von etwas mehr als 360.000 Euro.

Kritik an dem Vorgehen der Stiftung äußert der Opferverein „Glasbrechen“. Dieser bemängelt auf seiner Homepage, dass es keinen echten Dialog mit den Betroffenen gegeben habe und es an Empathie fehle. Die Entschädigung durch Geld verenge den Blick auf die Bedürfnisse der Betroffenen, heißt es dort weiter. Insgesamt gehe es um „das Gedeihen der Schule und nicht um die Opfer“. Im Hinblick auf das Antragsformular kritisierte der Verein, dass nicht klar sei, wie mit den Auskünften der Betroffenen umgegangen werde. „Sie möchten wissen, an wen was wann zu welchem Zweck genau weitergegeben wird, wo es doch um Intimstes geht.“ Die jeweils drei Zeilen, die das Formular für die Schilderung der sexuellen Übergriffe und die Folgen der Tat vorsieht, kommentiert der Verein mit: „Eine Unbedachtheit? Jedenfalls schmerzt es jeden, dem sexueller Missbrauch widerfahren ist.“.

Ingesamt zeigt sich der Opferverein enttäuscht: „Die Odenwaldschule und ihre Stiftung Brückenbauen haben bislang nicht ermessen, mit welchen Verwüstungen sie zu tun haben und was die Bedürfnisse der Betroffenen sind. Diese fühlen sich als mit leeren Worten abgespeist und trotz der anerkannten augenscheinlichen Anstrengungen, Geld herbeizukarren, durch die Umgangsformen neuerlich zu Objekten degradiert.“

Die Odenwaldschule ist für den Umgang mit den Missbrauchsfällen immer wieder kritisiert worden. Hamburger Experten hatten sogar gefordert, die einstige Vorzeigeschule zu schließen. (kö)

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