Salafisten werben vor hessischen Schulen – Lehrer fordern Hilfe

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WIESBADEN. Hessens Schulen müssen sich gegen einen oft unsichtbaren Gegner rüsten: Auf oder an Schulhöfen werden Jugendliche immer wieder von islamistischen Extremisten angesprochen und bisweilen auch geworben. Lehrer fordern das Land auf, mehr zu tun.

Im Mittelpunkt des islamischen Religionsunterrichts: der Koran. Foto: rutty / Flickr (CC BY-NC-SA 2.0)
Im Mittelpunkt des islamischen Religionsunterrichts: der Koran. Foto: rutty / Flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

Von Salafisten geht in Hessen nach Überzeugung des Landes nach wie vor Gefahr aus. Auch an Schulen werben die Extremisten intensiv um neue Anhänger, wie der Leiter des Hessischen Kompetenzzentrums für Extremismus, Gregor Dietz, sagte. «Das ist kein Thema, das in sechs Monaten abgelöst wird.» Sorgen bereiten ihm junge Menschen aus Hessen, die als Dschihadisten zum Kampfeinsatz nach Syrien gingen und dann nach Deutschland zurückkehrten. Diese hätten sich dann oftmals weiter radikalisiert.

Nach Angaben des Innenministeriums in Wiesbaden haben sich 30 Menschen aus Hessen auf den Weg nach Syrien gemacht. Sechs von ihnen sind laut Staatsanwaltschaft inzwischen wieder ins Rhein-Main-Gebiet zurückgekehrt.

Bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund scheinen die Islamisten am schnellsten Gehör zu finden. «Wenn Jugendliche Identitätskonflikte haben, sich von der Gesellschaft benachteiligt fühlen und zu wenig Beschäftigungsmöglichkeiten haben, können sie empfänglich für Salafisten sein», sagte Dietz.

Nach Ansicht der Lehrer-Gewerkschaft benötigen die Schulen im Kampf gegen den Einfluss der Extremisten auf den Schulhöfen mehr Personal. Auch die Fortbildung müsse verbessert werden, sagte Jochen Nagel, der Vorsitzende des Landesverbandes der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Verwiesen Schulen Salafisten von ihrem Gelände, sei das «reine Verdrängung», befand Nagel. Er rät davon ab, sich mit geschulten Salafisten auf der Straße in einer Diskussion anzulegen. Der Versuchung für Jugendliche sei nur inhaltlich beizukommen, und zwar im Klassenzimmer. «Es ist sehr wichtig, die religiösen und sozialen Konflikte im Unterricht zu behandeln.» Das aber koste Zeit, weil der Kern des Problems oft die isolierte Lebenssituation der Jugendlichen sei.

Die Versuche der Salafisten, Schüler für ihre Zwecke zu gewinnen, knüpften an deren Wunsch an, sich zu beweisen, erklärte Nagel. «Möglicherweise wird das dadurch geschürt, dass sie in diesem Land nicht richtig angenommen wurden.» Diese Jugendlichen gelte es zu stärken. «Das Grundproblem ist, dass für diese Fragen Schulen viel zu wenig ausgestattet sind.» Das Land habe unter anderem die Fortbildung «runtergefahren bis aufs Mark».

Kultusministerin Nicola Beer (FDP) wehrt sich gegen die GEW-Vorwürfe und betont, es werde längst Unterstützung angeboten. Zudem handele es sich nicht um ein Massenphänomen. «Nach unserem Kenntnisstand sind zurzeit neun von unseren rund 800.000 Schülerinnen und Schülern betroffen», sagte Beer. Jugendliche würden zudem vor allem vor Schulen oder im Umfeld von Schulen geworben, nicht auf Schulhöfen.

Es habe bereits mehrere Info-Veranstaltungen gegeben, unter anderem für Schulleiter in Hanau sowie in Frankfurt mit zahlreichen beteiligten regionalen Schulen. Bei diesen Veranstaltungen seien den Schulleitungen konkrete Ansprechpartner genannt worden, sagte Beer. Außerdem sei mit dem neuen Islamischen Religionsunterricht das nachhaltigste «Mittel» gegen Islamismus überhaupt geschaffen worden. Dort werde gebildet, aufgeklärt und sensibilisiert. Die Schulen seien gut ausgestattet, um sich solchen Fragen stellen zu können.

Der Salafismus ist, laut Einschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz und einiger Landesbehörden für Verfassungsschutz, die gegenwärtig dynamischste islamistische Bewegung in Deutschland. Es handelt sich dabei laut „Wikipedia“ um eine Richtung innerhalb des politischen Islam, die sich strikt an der Gründungszeit der Religion ausrichtet. Diese Verfassungsschutzbehörden kategorisieren den Salafismus als extremistische Ideologie, die versucht, durch intensive Propagandatätigkeit die deutsche Gesellschaft entsprechend ihrer Vorschriften zu missionieren und islamisieren. dpa

Zum Bericht: Hessischer Schüler stirbt als Kämpfer im syrischen Bürgerkrieg

 

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